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Weißweinprobe in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe

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Weißweinprobe in Würzburg

BeitragMo 21. Mär 2011, 16:56

Hallo zusammen,

es trafen sich am vergangenen Freitag abend wieder die üblichen "Weinverdächtigen", um einige Weißweine zu verkosten. Unter die Lupe genommen wurden vor allem die international bekannten Weißweinrebsorten und ihre verschiedenen Stilformen.

Die Weine in Ihrer Reihenfolge:

------ Brut nature Pinot noir Dosage zero (Drappier)-Champagne-
Zum Einstieg und zum Beweis, dass man aus roten Trauben auch weißen Wein herstellen kann, überzeugte dieser sehr feinperlige und glasklare Champagner mit eleganten Toast- und Briochenoten sowie reifem Apfel, trotz fehlender Dosage sehr ausgewogen und absolut nicht sauer, gute, feinhefige Länge. Vorbildlicher Blanc de Noirs ! 90 P.

2009er Gelber Muskateller QW trocken (Nigl, Senftenberg)-Kremstal-
sehr feine und elegante Nase nach Rosen und reifen Trauben, dann knackig am Gaumen mit animierender Säure, leicht- bis mittelgewichtig (11,5 Vol%), toller Trinkfluss, mittlerer Abgang.
Ein phantastischer Apero- und Terrassenwein. Der Sommer kann kommen !! 86 P.

2009er Sauvignon blanc QW trocken (Juliusspital, Würzburg)-Franken-
bei diesem Wein wurden etwas früher und etwas später geerntete Traubenpartien miteinander verschnitten: sehr typische Nase nach Stachelbeere, Cassis und Paprika, fränkisch trocken, knackige, natürliche Säure (7,2 Promill), intensive Stachelbeer/Cassis-Frucht mit den aus der Frühlese stammenden grünen Paprikanoten, gefährlich trinkig trotz nicht zu spürender 13,5 Vol %, aufgrund der noch jungen Reben fehlt im Mittelteil etwas Tiefe und Dichte, sehr fruchtintensiv, mittlere Länge.
Für die Gutsweinklasse außergewöhnlich gut, Top-Preis/Leistungsverhältnis (knapp 6 EURO)
86 P.

2007er Sancerre "Les Romains" (Domaine Vacheron, Sancerre)-Loire-
sehr verhaltene und extrem mineralische Nase, man riecht geradezu die nassen Feuersteine, mit denen der Boden dieser Einzellage übersät ist, nach kräftiger Belüftung zeigt der Wein dann seine ganze Klasse, messerscharfe, absolut nicht plakative Cassisfrucht, nasser Stein, auf der Zunge extrem mineralisch und dicht, tolle Säure, die diesem Wein enorme Eleganz verleiht, völlig integrierter Alkohol (13 Vol%), sehr extraktreich bei maximaler Finesse, phantastischer Trinkfluss, mittlerer bis langer, fruchtig-mineralischer Abgang.
Einer der besten trockenen Sauvignons, die ich bisher getrunken habe. Der Wein sollte unbedingt dekantiert werden. Leider nicht ganz billig (23,40 EURO/Fachhandel), aber jeden Cent wert !! 94 P.

2007er Sauvignon blanc "Zieregg" Große STK-Lage tr. (Tement)-Steiermark-
einer der Klassiker im Bereich der barriqueausgebauten Sauvignons, zunächst ein kleiner Böckser, der aber mit Lufteinfluss vollständig verschwand, feine Sauvignonnase (reife Stachelbeere und Cassis), zarte Röstnote vom Holzausbau, die sich aber der Frucht unterordnet, absolut trocken, passende, integrierte Säure, mittlerer bis kräftiger Körper, auf der Zunge ganz zarte, aber sehr saubere Bortrytis- (Honig)Noten, gute Fülle, typische Stachelbeer/Cassis-Noten ohne Vegetabilität, sensibler Holzeinsatz, sehr gut verpackter Alkohol , gute Länge.
Gelungener Barrique-Sauvignon, mit 28 EURO (Fachhandel) leider auch kein Schnäppchen.
91 P. Gegen den grandiosen Sancerre aber auf verlorenem Posten !!

Fortsetzung folgt !!

Grüsse
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weinaffe

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Re: Weißweinprobe in Würzburg

BeitragMo 21. Mär 2011, 19:20

... und weiter geht es mit 3x Chardonnay:

2006er Chablis "Mont de Milieu" 1er Cru (Billaud-Simon, Chablis)-Burgund-
leicht mineralisch-vegetabile Nase, dezente Apfelfrucht, leicht laktisch, folgerichtig auf der Zunge, absolut trocken, keinerlei Holzeinfluss,etwas Apfel und Zitrus, deutliche BSA-Noten, dezente Säure, mittelgewichtig, leichte Mineralität, ausgewogener Alkohol, mittlerer Abgang.
Als Wein ganz akzeptabel, für einen Chablis 1er Cru aber deutlich zu wenig. 82P.

2007er Chardonnay "La Mailloche" Arbois a.c. (Andre Tissot)-Jura-
kräftige Feuerstein-/Spontinase, sehr intensiv, stark hefig, passender Holzeinsatz, eine wilde, aber sehr komplexe Angelegenheit.
Absolut trocken mit kräftiger, für Frische sorgende Säure, auch auf der Zunge hefige (nicht oxidative), an Manzanilla erinnernde Noten, mürber Apfel, deutlich Curry, zart röstige Holznoten, sehr dicht und lang, ein komplexer Ur-Wein, der zwangsläufig polarisiert. Pure Fruchttrinker werden diesen Wein nicht mögen, absolut kein easy-drinking, sondern ein fordernder Wein, mit dem man sich beschäftigen muss und der zweifellos einen hohen Wiedererkennungswert besitzt.
Klasse Wein mit sehr eigener Stilistik, 92 P.

2006er Meursault "Perrieres" 1er Cru (Albert Grivault, Meursault)-Burgund-
gelungener, dezent röstig/karamelliger Holzeinsatz, elegante Erscheinung, wiederum deutliche Malolaktik (war dies ein Jahrgangsphänomen ?),nicht sehr fruchtintensiv.
Auf der Zunge trockener Gesamteindruck mit deutlich Malo, relativ milde Säure, mittlerer Körper,reifer Apfel mit etwas Zitrus, aber nicht besonders fruchttief, dezent nachklingende Holznote, eingebundener Alkohol, nur mittlerer Abgang.
Ein durchaus renommierter Winzer, trotzdem ein nur sehr unauffälliger Meursault. Er hat weder den Schmelz, die Fülle und Länge eines sehr guten Meursault noch kann er mit den mineralisch-dichten und eleganten Crus aus Puligny und Chassagne konkurrieren.
Für die aufgerufenen knapp 40 EURO (Fachhandel) bietet der Wein deutlich zu wenig.
Etwas enttäuschend, 85 P.

Fortsetzung folgt !!

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weinaffe

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Re: Weißweinprobe in Würzburg

BeitragMi 23. Mär 2011, 16:43

.... und weiter geht es bei der Weißweinprobe zunächst mit 3 x Riesling:

2001er Wehlener Sonnenuhr Riesling Spätlese (Molitor, Wehlen)-Mosel-
dezentes helles Goldgelb, angenehme Nase nach Agrumen, Grapefruit und einem Hauch Petrol, angereift, aber noch durchaus lebendig und jugendlich. Knapp 70 Gramm Restzucker, die durch eine knackige Säure bestens ausbalanciert werden, der Wein wirkt er halbtrocken als süß, das kann wirklich nur ein Mosel (Saar und Ruwer includiert), leichter bis mittlerer Körper (8 Vol%), klare Zitrusfrucht, federleicht und elegant, mittlerer Abgang. Ein Leckerschmecker ersten Ranges, eine Flasche reicht da in keinem Falle. Wird seine Form noch einige Jahre halten. 89 P.

2007er Johannisberger Riesling "Alte Reben" QW trocken (Trenz, Johannisberg)-Rheingau-
sehr fruchtintensive Nase (reife Aprikose und Zitrus), wirkt kraftvoll, noch jugendlich.
wenige Gramm Restzucker (7g) sorgen für Fülle, kräftige, aber integrierte Säure, mittel- bis schwergewichtig (13 Vol %),auf der Zunge glasklare Aprikosen/Zitrusfrucht mit etwas Bortrytisschmelz, leichte Mineralität, eingebundener Alkohol, mittler bis langer, fruchtbetonter Abgang.
Kraftvoller, ein bischen an Pfälzer Crus erinnernder Rheingauer Riesling, der aber noch die nötige Strenge beisteuern kann. Kann ebenfalls noch reifen. 90 P.

2004er Westhofener Kirchspiel Riesling GG (Keller)-Rheinhessen-
sehr elegante, noch leicht verhaltene Grapefruit/Zitrusnase mit steiniger Mineralität, noch nicht ganz auf dem Punkt, elegante Erscheinung.
trocken mit ein paar Gramm Restzucker, feingliedrige Säure, mittlerer Körper, glasklare, laserartige Frucht, sehr fruchtdicht,mineralisch, noch etwas verschlossen, einiges an Finesse lauert im Hintergrund, fruchtig-würzige Länge.
Eleganz und Fülle im besten Verhältnis, braucht noch ein paar Jahre. 92 P.

Als Übergang noch eine Rebsorte, die sicherlich keinen Winzer reicht macht, etwas launisch im Anbau und derzeit nicht unbedingt ein Verkaufsschlager ist. Wenn allerdings solche Exemplare wie das folgende endgültig verschwinden würden, wäre das wirklich jammerschade:

2005er Würzburger Abtsleite Traminer Spätlese trocken (Juliusspital)-Franken-
13,0 Vol%, 4 Gramm Restzucker, knapp 5 Promill Säure, Abfüllung in eine Burgunderflasche.
Ultrafeine, archetypische Traminernase fast in Perfektion, frische Buschrosen, Litschi, Papoaya und Lakritze, keine Spur von Pomade und Ãœberkonzentration, tolle Finesse.
Absolut trocken, dieser Wein benötigt auch keinerlei Zuckerschminke, passende milde Säure, am Gaumen dann eine wahre Geschmacksexplosion an tropischer Frucht und floraler Würze, trotz tiefer Fruchtdichte und Extrakt eine unglaubliche Eleganz und Noblesse, Alkohol völlig untergeordnet, langer, ebenmäßiger Abgang.
Absoluter Weltklasse-Traminer in der trockenen Stilistik, den man vielleicht anders, aber nur schwerlich besser machen kann. Er steht dem Jahrgangsvorgänger, der in Tramin als weltbester Traminer gekürt wurde, in nichts nach. Großer Stoff. 95 P.

Die abschließenden 2 Süssweine folgen demnächst !

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weinaffe

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Re: Weißweinprobe in Würzburg

BeitragDo 24. Mär 2011, 14:07

...und abschließend noch zu den 2 sehr unterschiedlichen Süssweinen:
der erste mit höherem Alkohol, gemäßigter Restsüsse,dezenter Säure und Barriqueausbau in 100% neuem Holz, der zweite mit halb so hohem Alkoholgehalt, doppelt so viel Säure und Süsse und Edelstahlausbau, mit anderen Worten Frankreich vs. Deutschland !

1995er Chateau La Tour Blanche 1er Cru Classe (La Tour Blanche, Bommes)-Sauternes-
Eckdaten: 14 Vol%, 78% Semillon, 16% Sauvignon blanc, 6% Muscadelle, ca. 130 g RZ, ca. 5 Promill Säure,100% neues Barrique (Merrain), Ertrag 12hl/ha.
Mittelkräftiges Goldgelb, reife, cremige Nase nach vollreifem Semillon (Birne, Aprikose) und ebensolchem Sauvignon (gelbe Paprika), dezent rauchiger Holzeinsatz, voll auf dem Punkt.
Angenehme Restsüsse, milde Säure, die aber bestens durch das röstige und karamellige Holz austariert wird, kräftiger Körper, trotzdem schön ausgewogen mit Eleganz und Opulenz gleichermaßen, vollreife Birne, Melone und Aprikose, schmelzig, Alkohol nicht spürbar, langer, von Holz und Würze getragener Abgang.
Ein klassischer Sauternes auf dem Reifehöhepunkt, 92 P.

2004er Nordheimer Vögelein Rieslaner TBA (Waldemar Braun, Nordheim)-Franken-
laserartig fokussierte Frucht mit tropischem Einschlag (Maracuja, Ananas, Mango, Grapefruit), extrem saubere Nase, frischer und jugendlicher Eindruck.
bestens eingebundene Süsse (260 g RZ) dank gut 12 Promill Säure, klirrend frisch, leichter bis mittlerer Körper (nur 6,5 Vol %), eine Wagenladung tropischer Früchte auf der Zunge, sehr extraktreich, aber voll auf der eleganten Seite,cremiges und gleichzeitig extrem frisches Mundgefühl, absolut nichts Überladenes und Klebriges, Alkohol zu vernachlässigen, langer Abgang.
Toller Süsswein der klassisch deutschen Schule, Nektar für Erwachsene, vor ein paar Jahren Sieger beim Wettbewerb "Best of Gold" in der Süssweinklasse, abgefüllt im 0,75 l Bocksbeutel (vorbildlich mit Schrauber), ab Weingut wurde die ganze Flasche für 50 EURO abgeschenkt !
94 P.

Das wars in aller Kürze,nächste Woche gibt es eine Anzahl internationaler Weine zu probieren.
Ich werde weiter berichten !

Grüsse
Bodo

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