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Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinfex

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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 14:45

Thema war Südfrankreich (südl. Rhone,
Provence und Lang.-Rouss.). Die Weine
wurden in 5-Flights probiert.

Im 1. Flight gefiel mir insbesondere ein
prächtiger 2005 Lirac von Reine des Bois.
Das dürfte problemlos mit so manchen C9P
mithalten, sehr konzentrierte Grenache/Syrahnase
(gepfefferter Nougat), klarste und
neuholzfreie (?) Aromatik, nichts übertriebenes,
keine Alkoholexzesse, wirklich toll gelungen!
Auch der 2005 Gigondas La Gille von Perrin&Fils
gefiel mir, wenngleich er sich im Glas eher
verschloss und mit einer prächtigen Kuhstallnase
auffiel, sehe ich hier doch jede Menge Potential...
Der 2004 Pandora von der Dom. du Coubissac ist
im Gegensatz zum wirklich tollen Jahrgangsvorgänger
noch schwer zugänglich. So fehlt es im Moment etwas
an Konturen und er wirkt sehr komprimiert.
In der Nase etwas Kräuter (Lavendel), stramme Säure,
tolle Mineralität. Auch hier bin ich mir ziemlich
sicher, dass bei beginnender Trinkreife, ein wirklich
sehr guter Rotwein ins Glas kommen wird...

5 Weine aus der Provence gab es im
nächsten Flight. Quasi Neuland...
2000 Dom. Hauvette hatte nur den Makel
eines etwas spitzen Alkohols, ansonsten
passen alle Komponenten stimmig zusammen,
sehr gebündelt und frisch, ohne zu
massiv zu sein. Interessanter Wein, von
dem ich zu meiner Schande gestehen muss,
noch nie etwas gehört zu haben...
2001 Pibarnon war da weitaus verhaltener,
etwas Kuhstall, sehr klassisch, bestes
Potential das einfach Zeit benötigt.
Enttäuschend 1996 Trevallon, sollte da mal etwas
daraus werden, sind noch mindestens 10-15 Jahre
weitere Reife angesagt (ausser einem "vorsintflutlichen
Gerbstoff" kam da praktisch gar nichts), nur der Glaube
daran fehlt mir dann doch ein wenig...
Sehr interessant war von der Dom. d'Eole 2001 Lea,
auch hier war selbst die Domaine Neuland für mich,
kühle, aber reife Stilistik, beeindruckende Aromatik,
erinnert etwas an Weine der Loire, wenn es auch nicht
mit der/den Rebsorte/n passt. Eigentlich ein perfekter
Wein für die Gastronomie als Essensbegleiter...

Languedoc war das Thema des nächsten
Flights. 2005 Mas Daumas Gassac
präsentierte sich komischerweise sehr
zugänglich, aber dafür auch sehr beliebig.
Nach meinen Erfahrungen mit früheren
Jahrgängen, hätte ich ihn eigentlich
reduktiv erwartet, dafür aber auch weitaus
besser. Stellt mich ein wenig vor Rätsel.
Noch grösser wurden die Fragezeichen beim
nächsten Wein, 2005 Grange des Peres. Das
die Flaschenqualitäten sehr stark schwankend
sind, bin ich, ebenfalls von früheren
Jahrgängen, ja schon gewohnt, was aber in
diesem Fall aus der Flasche kam war eigentlich
nur "unterirdisch" zu nennen. Nun war das mein
erster Kontakt mit diesem Jahrgang, und auch
die letzten produzierten Weine habe ich nicht
mehr verfolgt, aber da bin ich doch gespannt,
ob das wirklich einmal "trinkbar" wird...
Nun da sich der 2005 Mas Jullien auch nicht
wirklich "von seiner besten Seite zeigte", also
verschlossen, könnte man ja durchaus dies auch
auf die ersten beiden Weine "entschuldigend anführen",
nur bedurfte es hier eben nicht wirklich viel Phantasie
um die "positive Zukunft" zu deuten, ganz im
Gegensatz zu den anderen...
Deutlich die Nase vorn in diesem Flight hatte
2004 Orphee von der Dom. du Courbissac. Schöne
"warme" Syrahnase, alles sehr stimmig und
wohlproportioniert, jung mit tollem Potential.
2002 Clos des Cistes von Peyre Rose war der
abschliessende Wein. Fast schwarz, jung und urgewaltig,
"bäuerliche" Konturen, schöne Länge. Soweit so
gut, man könnte vielleicht etwas am PLV herummäkeln,
aber ansonsten sehr stimmig mit älteren Jahrgängen,
die ich auch von "der Hexe" kenne. Das aber, wenn
ich mich recht entsinne, ein nicht unbekannter Händler
bei Erscheinen dieses Weines eine "Lobpreisung des
perfekten Gerbstoffes (oder so ähnlich)" schrieb,
irritiert mich dann doch etwas...

Es folgten 4x südl. Rhone und 1x Languedoc

2006 Clos des Papes ist ein absolutes Meisterstück das
mit der Perfektion flirtet, zumindest
würde es mich nicht wundern, wenn er
dies bei Trinkreife erreicht. Hier stimmt
einfach alles, trotz 15% (?) Alkohol besitzt
der Wein eine Eleganz und "innere Ruhe",
dass sogar jemand wie ich, dem diese Mächtigkeit
eigentlich zuviel des Guten ist, ins schwärmen
kommt. Jede einzelne Komponente scheint auf
die andere abgestimmt, nichts ist zuviel, nichts
zuwenig, alles nur mit dem einzigen Ziel der
perfekten Einheit. Ein grandioser C9P und mit
Abstand mein Wein des Abends.

Der 2007 Vieille Julienne C9P zeigt ebenfalls
sehr gute Ansätze, ist im Moment aber in seiner
Tanninstruktur gefangen. Aber auch hier fällt auf,
dass alles darauf zielt, ein bestmögliches
Gleichgewicht zu erzielen. Ob das nun jahrgangsspezifisch
für 06 und 07 ist, oder "bewusst vinifiziert",
entzieht sich meiner Kenntnis, jedenfalls macht so
auch mir die südl. Rhone richtig Spass.

Nicht so sehr gefallen hat mir der 2005 Gourt de Mautens.
Hier empfand ich den Jahrgang 2004 deutlich stärker,
vielleicht den besten, der bis dato abgefüllt wurde.
Hoffnung macht zwar die Nase, die einen in ihrer
Kraft fast aus dem Glas anspringt, allerdings erscheint
mir die Tanninstrukur zu grob. Es mag allerdings auch
sein, dass der Wein einfach nur Zeit benötigt um sich
zu finden. Man wird sehen...

Schwierig für mich, der 2006 Gigondas Le Claux von Saint Cosme.
Er zeigt im Moment mehr "Einzelteile", wie Homogenität.
Auch hier muss man wohl erst mal abwarten.

Schliesslich noch der Languedoc Vertreter La Peira
en Damaisela von La Peira. Böse wie ich bin, könnte
ich sagen, der perfekte Proben/Blenderwein. Allerdings
wäre das nur die halbe Wahrheit, denn der Wein
lebt eben nicht nur von dem vielen Neuholz, sondern es
steht auch ein ordendlicher Extrakt dahinter. Jedoch
könnte man die Frage schon stellen, ob die viele Eiche
wirklich sein müsste, bei den offensichtlichen Möglichkeiten...


Abgeschlossen wurde die Probe mit
einem Languedoc - Roussillon Flight.

Begeistert war ich von einem 2001 Prieure
de Saint Jean de Bebian. Was für eine
geballte Konzentration und dabei trotzdem
"kein Gramm Fett zuviel". Immer noch sehr
jung wirkend und trotzdem ungeheuren
Trinkspass bietend. Kann man problemlos in
eine Probe mit den ganz grossen und teureren
Weine der Region einbauen, er würde sich mehr als
wacker schlagen. Ältere Jahrgänge haben
mir nie so gut gefallen wie dieses Exemplar...

Gaubys 1998 Muntada wirkt immer noch sehr "hart",
da ist mir der Vieilles Vignes von ihm aus gleichem
Jahr deutlich lieber, bin gespannt ob dieser
Prestigewein sich jemals rundet, oder doch eher
austrocknet...

Die Weine von Herve Bizeuls Weingut Clos des Fees
habe ich in den Anfangsjahren fasziniert verfolgt,
inzwischen aber, wie sovieles,
etwas aus den Augen verloren. Den
Petite Siberie hatte ich vorher aber noch nie probiert,
dieses Exemplar aus dem heissen Jahrang 2003 brilliert
mit einem "ausserweltlichen Extrakt". Ein bei der Probe
neben mir sitzender Weingutsbesitzer aus dem Languedoc
vermutete Restsüsse, was ich aber nicht so sehe.
Natürlich ist es Grenzvinifikation, natürlich ist es
Stoff der polarisiert (erinnert etwas im Stil an
die Weine von Turley aus den Neunzigern, ist aber
weitaus komlexer), es zeigt aber für mich, zu was
Grenache fähig ist. Mindestens einmal "muss" man so
etwas schon probiert haben...

Nich minder polarisierend ist sicherlich ein Wein wie
der 1998 Clos des Truffieres, wobei mir hier (wieder
einmal) das immer noch sehr präsente Neuholz "im
Weg steht", denn wenn ich solches Traubenmaterial in
den Keller einbringe, benötige ich ganz sicher keine
zusätzliche Holzmaskerade. Trotzdem hat sich der Wein
ohne jeden Zweifel sehr schön entwickelt. Weh tut
mir das nur, weil ich meine, ein anderer Weg hätte noch
zu einem viel eindrücklicheren und komplexeren
Erlebnis im Glas geführt. Aber hinterher meckern ist immer
am einfachsten...

Vielen Dank Matthias für die tolle und lehrreiche Probe!
Grüsse weinfex
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weinfex

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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 14:46

Besuch hatte sich letztes Wochenende
angesagt, daraus wurde natürlich eine
kleine Probe...

Begonnen wurde zum Essen mit einem
2007 Leckerberg Riesling von Winter.
Der Name ist hier ganz klar auch das
"Programm", macht im Moment einfach
nur Spass. Ich sehe ihn zwar nicht im
absoluten Highendbereich, da fehlt mir
einfach der Glaube an Entwicklung von
Komplexität und wirklicher Tiefe, aber
zumindest in seiner Preisklasse ist er
sehr schwer zu schlagen...

Schon seit einiger Zeit trinkreif ist
der 98 Quinault L'Enclos. Ein schöner
St. Emilion mit viel Cabernet Franc.
Trotz seiner modernen Art, nicht übertrieben
oder gewollt wirkend. Schmeichelnde Süsse,
mittlerer Druck und Länge. Würde ich
jetzt trinken. 90P.
Dagegen gab es einen 98 Moulin Haut Laroque.
Ich mag micht täuschen, aber auch hier wäre
es wahrscheinlich besser gewesen ihn
innerhalb der ersten 10 Jahre zu trinken,
zumindest sehe ich die Gefahr das er austrocknen
könnte, bzw. die die Frucht nie wieder auftaucht.
Werde aber in nächster Zeit nochmals nachprobieren...

2001 La Tour Carnet ist ein wirklich
toller Wein, allerdings hatte er gegen
seinen Flightpartner 2001 Pichon Baron
nicht den Hauch einer Chance. Da wirkt
er einfach zu oberflächlich mit
fehlender Komplexität, ein bisschen zu
gewollt, ein bisschen zu gemacht.
Zwar habe ich das Gefühl, dass sich die
Offenheit vieler grösserer
Weine aus diesem Jahr nur um ein
Zwischenhoch handelt, welches so langsam aber
sicher abklingt, denn z.B. der Baron ist
längst nicht mehr so "alles überstrahlend" wie
noch letztes Jahr, trotzdem ist immer noch genug
Substanz vorhanden um das Duell klar zu enscheiden.
La Tour Carnet 89P.
Pichon Baron 92P.

Ein ganzer Kuhstall qualmte aus der Flasche des
96 Gruaud Larose. Allerdings dürfte das Hauptproblem
die anscheinend etwas zu hohen Erträge sein, denn
mir fehlt es da einfach ein bisschen ein Tiefgang.
Womit ich keinesfalls sagen will, dass der Wein schlecht,
oder nicht gelungen sei, ganz bestimmt nicht, aber mir
fehlt halt einfach der letzte Kick. 90P.
1996 Ch. Ferriere ist mit seiner immer noch etwas überstehenden
Säure sicher kein optimaler Proben- oder Solowein, aber ein
perfekter Essensbegleiter. Da jedoch kann er dann mit
seiner Frische und Eleganz, sowie seiner Anpassungsfähigkeit
perfekt eigesetzt werden. Ein Margaux, noch aus einer
anderen Epoche...89P.

Den Abschluss bildeten 94 Montrose
und 94 Pontet Canet. Der Pauillac
präsentierte sich etwas verhalten,
den hatte ich in einem wahrscheinlichen
Zwischenhoch schon deutlich besser, könnte
aber auch ein "Flaschenproblem" gewesen
sein, denn der Wein dürfte vom Gesamtzustand
in seine Trinkreife kommen, es fehlte aber etwas
Mitte und Tiefe. Vielleicht ist er aber auch nur
vor seinem Flightpartner "erblasst". Mann o Mann
war der gut, endlich einmal eine Flasche, die nicht
nur theoretisches, sondern auch "angewandtes Potential"
zeigte. Hammerdruck, tolle Süsse, abgrundartige Tiefe.
Das war nicht so arg viel hinter dem legendären
Jahrgang 1989 und mit das Beste was ich überhaupt
je aus diesem Jahrgang bisher getrunken habe, ich hoffe
meine verbliebenen Restflaschen,
sind alle auf diesem Level, dann haben sich die "sinnlos
geöffneten Flaschen" der letzten Jahre, mehr als gelohnt...
94+P.
Grüsse weinfex
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weinfex

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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 14:48

Gibt es für einen "Weinverrückten"
etwas schöneres als ebensolche Freunde?
Nicht wirklich! Entstanden aus der
Erkenntnis, dass 2 Personen weniger Flaschen
zusammmentrinken können, als eben ein paar
mehr, wurde eine relativ kurzfristige, für manche
geradezu spontan, Probe angesetzt. Thema:
Bordeaux ("reif") satt (was auch sonst)
Jeder packt 2 Flaschen ein und schon ist
für ein (viel zu kurzer) grandioser Abend gesorgt.
Leider war die vorherige Woche sehr stressig,
sodass es nur für ein "rustikales" Abendessen reichte,
was mir aber glücklicherweise verziehen wurde,
wie schon gesagt, solche Freunde braucht es halt...

Begonnen wurde mit einem 07 Riesling Leckerberg von
Winter, den ich jetzt in den letzten Monaten sehr
oft im Glas hatte, immer auf der Suche nach Grösse,
ich habe sie bis jetzt für mich nicht gefunden, nein
ich will den Wein nicht schlecht machen, er macht Spass,
er ist auch sehr gut, aber eben nicht gross. Punktemässig
immer so um 90.
Das Soave mehr, als das was man so landläufig unter Soave
versteht, sein kann und könnte, zeigt ein 1994 Soave
"Calvarino" von Pieropan. Ein Flasche davon hatte ich damals
in meinem Keller "vergraben" um zu sehen, wie dieser wohl
so reifen könnte, und das Ergebnis war wirklich sehr
erstaunlich. Immer noch frisch (keinerlei Alterungstöne),
schöne mittlere Länge, erstaunliche Aromatik (Heu, Kräuter).
Für umgerechnet rund 5Euro und 15 Jahre ein tolles Ergebnis.

Begonnen wurde mit einem 90
Clerc Milon,der mit extrem
bäuerlichen Konturen auffiel,
was sich im Glas mit etwas Luft
leicht besserte (war undekantiert).
Auffallend war die doch recht
reife Farbe einerseits und das noch nahezu
unerbittliche Tannin andererseits. Ich
möchte nicht ausschliessen, dass er noch die
Kurve bekommt, bin jedoch etwas skeptisch...

Auch der erste Flight war uns nicht wirklich wohlgesonnen,
85 Grand Puy Lacoste zeigte zwar eine sehr ausgeprägte
Cabernetnase, wirkte aber insgesamt irgendwie nicht
anwesend, ja abweisend. Hier wäre aller Wahrscheinlichkeit
nach ein LangZeitLuftBad die Lösung gewesen, aber
hinterher ist man bekanntlich ja immer klüger.
In punkto Dichte und Süsse deutlich präsenter und
im Ganzen auch weiter entwickelt, die 85 Comtesse.
Jedoch störte eine vegetale Note den Gesamteindruck,
wohl eine nicht "saubere" Flasche.

Die nächsten 2 Weine konnten fast
unterschiedlicher nicht sein, obwohl beide
rechtsufrig. 89 Angelus ist ein Beau wie er im Buche
steht, in der Nase warme Sandelholznoten,
schöne Frische, sehr jung wirkend, keinerlei
Anzeichen die auf einen 20 jährigen Wein deuten
würden, tiefe Konzentration, tolles Rückaroma und
grossartige Länge. Mein einzigster Kritikpunkt
ist die etwas fehlende Komplexität, die sich hoffentlich
entwickeln wird (bin mir aber nicht 100% sicher), dann
würde ich ihn noch höher bewerten...95 +(?)P.
Deutlich heller mit leichten Brauntönen versehen,
stand der 89 Certan de May dagegen. Gegen den Angelus
fast old fashioned wirkend. Blind könnte man ihn
problemlos auch ins Margaux oder nach Burgund stecken.
Zwar befindet sich der Wein bereits in seiner Tertiärphase,
dürfte aber noch einige Jahre problemlos auf diesem
Niveau bleiben. Deutlich mehr Eleganz und Finesse,
burgundische Tiefe und Komplexität. Ein Leckerbissen für
Freunde, vom Aussterben bedrohten, wirklich klassischem
Bordeaux...93P.

Letztes Jahr hatte ich zweimal den
89 Lynch Bages im Glas, einmal Kork,
einmal Gemüsesuppe. Peter Moser schrieb
vor kurzem im Falstaff anlässlich einer
Vertikalen, dass er langsam müde wird,
was er nach älteren Gabrielbeschreibungen
schon längst sein müsste.
Grund genug, ihn wieder zu probieren. Und er
präsentierte sich erneut nicht in Form.
Nase etwas diffus, Schmelz und Druck vorhanden,
aber längst nicht wie früher. Insgesamt einfach
konturen- und lustlos. Allerdings sehe ich ihn
in einer Umbruchphase und bin mir ziemlich sicher,
dass er wieder auftaucht. Ich würde
in den nächsten Jahren ersteinmal die Finger davon
lassen, er ist ein Schatten seiner selbst...
Wer übrigens Parkers "Geschmacksbild" ein wenig
besser verstehen will, für den ist Lynch Bages
89 (95PP.)und 90 (kürzlich auf 97PP. aufgewertet) das
perfekte "Anschauungsmaterial". Persönlich würde ich
es jederzeit (Höchstform der Weine natürlich
vorausgesetzt) andersherum sehen...

Im zweiten Glas befand sich 89 Calon Segur, dessen
Nase im ersten Eindruck sogar deutlich präsenter,
wenn auch mit etwas störenden Grüntönen. Wirkt deutlich
gröber gestrickt. Auch ihn hatte ich schon besser
probiert, und auch hier würde ich eher raten, noch
etwas (2-3 Jahre) zu warten, dann müsste/sollte hier
deutlich mehr Tiefe kommen. 90P.

Im nächsten Flight lag zunächst der
82 Grand Puy Lacoste deutlich vor dem
82 Lynch Bages, reifere Frucht, Presslufhammer-
druck, maskuliner und fokussierter, einziges
Manko etwas fehlendes Spiel und Komplexität. 94P.
Was allerdings dann passierte, erinnerte etwas
an Armstrong in seinen "besten Tagen" (wie auch
immer sie zustande gekommen sind), der Lynch
Bages lies seinen Kontrahenten stehen, wie damals,
na ihr wisst schon..., da hatte sich, zu Beginn
unbemerkt, ein Turbolader irgendwo im Glas versteckt,
was kam da einem plötzlich für eine Exotik entgegengeströmt,
Wärme, Tiefe und Komplexität bis zum Abwinken. Genial. 97P.

Danach "brannte" gleich nochmals das Glas, 82 Gruaud
Larose, eine Spur mehr Finesse als der Lynch Bages,
Nase etwas weiter entwickelt, aber alles in allem,
auf dem gleichen Niveau (97P.). Hier kann ich nur empfehlen,
den Jahrgang 2000 zu kaufen, wann irgend möglich, den
sehe ich als den legitimen Nachfolger und ist sicherlich
etwas leichter zu bekommen. Dagegen "stank" der 83 Gruaud
Larose natürlich nicht an, deutlich weiter entwickelt,
um nicht zu sagen absolut trinkreif. Für sich alleine
getrunken ein ganz grosser Trinkspass, nur bei dem
Kontrahenten im Nachbarglas tut man sich einfach schwer...92P.

Vielen Dank für diesen tollen Abend!!
Grüsse weinfex
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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 14:49

Nicht unerwähnt soll ein schöner
Nachmittag/Abend/Nacht an "Krüger's"
Badeteich bleiben. Zu trinken gab
es selbstverständlich auch, nur Stichworte/
Notizen habe ich mir keine gemacht. In der
Hoffnung noch alles richtig im "Zwischen-
speicher" zu haben:
Begonnen wurde mit einem 2005 Idig von
Christmann. Typische Pfalz"dampf"nase,
für meinen Geschmack deutlich zu breit
(aber so ist der Jahrgang wohl halt), es
fehlt deutlich an Spiel. Fehlende Tiefe
in diesem Stadium anzuprangern wäre ungerecht,
da ist er einfach noch zu jung, trotzdem
ist er mir wie auch andere Jahrgänge auch,
mal wieder einfach zu "brav"...
Da kam mir der Jahrgang 2007 schon deutlich
mehr entgegen, selbst bei Heymann-Löwensteins
Uhlen R gibt es nahezu nichts zu meckern,
na ja okay, vielleicht dürfte ein bisschen
mehr "schmutziger Schiefer" im Glas sein, aber
sonst, toller Wein...
Es gibt Weine, die hat Artur noch nie im Glas
gehabt! Ja wirklich! Inzwischen ist es allerdings
wieder einer weniger!
Geballte Konzentration qualmte aus dem Kelch, erster
Eindruck war eher burgundisch, allerdings passte
die Säurestrukur nicht dazu. Also wohl wieder Riesling,
hochreif, und irgendwie nichts innerhalb meines
"Trinkradars". Ich hätte den ganzen Abend rumraten
können, ich wäre sicher nicht draufgekommen.
Es war 2005 Unendlich von F.X..
Gefiel mir sehr gut, hier kann ich mir auch
vorstellen, dass er sich auch ebenso entwickeln kann und wird.

Zum Abschluss schliesslich noch einen Ausflug ins
"rote Glück". Den zu erkennen fiel mir dann wieder
deutlich einfacher, als den Pichlerriesling. Deutlich
Neue Welt, aber mit "Alte Welt Allüren", um nicht zu
sagen "latourhafte Ansätze", immer noch
knackig frisch in seiner Struktur, gnadenlos konzentriert,
immenses Potential anzeigend, das konnte eigentlich
nur 1997 Montelena sein, einer der wenigen Weine aus diesem
Jahrgang, die auch halten, was man sich dereinst von
ihnen versprochen hat, wenngleich ich Parkers Bewertung
nicht ganz folgen kann...95P.

Und nächstes Mal wird ganz bestimmt auch wieder
"richtig" gebadet. Wir kommen wieder. Vielen Dank!
Grüsse weinfex
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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 15:33

Wie schon kurz erwähnt, Besuch aus
Berlin hatte sich angesagt, "HAMMERS"
waren auf Winzertour an der Mosel,
Rheingau und in Rheinhessen und machten
einen kleinen Abstecher nach Wiesbaden.
Leider sehen wir uns viel zu selten,
und so war es einfach mal wieder genial
schön zusammen zu kochen, quatschen und
natürlich Wein zu probieren...

Jürgen kennt das Weingut Winter schon seit
etlichen Jahren, und war sehr positiv über die
Fortschritte des 2007 Leckerberg erstaunt,
da er die letzten Jahrgänge nicht probiert
hat, aber auch er sieht da noch ordentlich
"Luft" nach oben...
Von Andreas Barth's Lubentiushof hatten die
Beiden eine 2003 Gäns GK Riesling mitgebracht.
Da war nun wiederum ich erstaunt, endlich mal ein
Weingut, dass nicht "nur" die ultimative Reife
sucht, sondern es auch versteht, den "Boden" in
die Flasche zu bekommen. Mit 13% sicher kein
Leisetreter, aber auch kein "gebranntes Kind"
seines Jahrganges, alles sehr harmonisch und
perfekt integriert. Unglaublich frisch,
eben hochreifes Lesegut aber auch eine tolle
Schiefermineralik, endlich mal jemand der
wirklich modernen Moselriesling produziert...

Leider hatte den 78 Leoville Las Cases bereits
das Zeitliche gesegnet, es war allerdings bereits
am Füllstand zu sehen, dass es eine "off-Bottle"
sein könnte und von daher nicht wirklich überraschend.
Sehr positiv dagegen präsentierte sich der
1983 Ch. Trotanoy. Zwar schon etwas über den Höhepunkt
hinaus (bei nahezu perfektem Füllstand), zeigte
er dennoch eine tolle Süsse bei mittlerem Körper.
Natürlich auch nicht mehr überaus lang, aber alles
in allem trotzdem weitaus besser wie ich eigentlich
erwartet hatte...
Eine Bank dann einmal mehr der 1986 Domaine de
Chevalier. Trotz komplett durchtränktem Korken zeigte
er sich, wie andere frühere Flaschen auch,
wie man sich einen Graves nur
wünschen kann. Besonders in der Nase ist er in diesem
Jahrgang Haut Brion fest ebenbürtig. Etwas Jod, feuchter
Waldboden, getrocknete Morcheln, alles ein bisschen schmutzig,
alles ein bisschen "eckig, so wie ich es halt gerne
habe. Der Körper hält dann nicht ganz das Niveau des Premiers,
dafür ist er dann deutlich eleganter und käsekompatibler.

Herzlichen Dank für diesen schönen Abend!
Grüsse weinfex
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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 15:36

Vielen Dank an Gaby und Wolfgang für
einen genial schönen Abend, dazu noch
fürstlich gegessen und königlich getrunken!

Was haben wir gelacht, ich hatte schon
Befürchtungen über Folgeschäden,
so spät/früh bin ich schon seit Jahren nicht mehr
in die Kiste gekommen, den vielleicht
besten "Jungwein" probieren dürfen, dem
ich bis jetzt überhaupt begegnet bin...
Ein paar Details gibt es die Tage, wenn
ich wieder meine "Mitte" gefunden habe...


Grüsse

P.S. Ach ja und fast hätte ich diese Premiere
vergessen. Zum ersten Mal hatte ich bei einem
Flight La Mission vs. Haut Brion, erstgenannten vorne,
wenn auch nur für wenige Minuten...

Vermutlich mag es nicht nicht
so sehr viele Menschen geben, die
nachvollziehen können, warum man sich
2 Stunden ins Auto setzt, über die
Autobahn brettert, "nur" um "irgendwo"
einen schönen Abend mit genialem
Essen und fantastischen Weinen in humoriger
Runde zu verbringen. Leider lässt es
sich so sehr oft nicht einrichten, dann
aber, und mit darum vielleicht noch mehr,
beginnt die Vorfreude spätestens mit ins
Auto zu steigen, die Türe zu schliessen
und loszufahren. Allein mit sich und seinen
Gedanken zu sein, wissend einzigartige
und nichtwiederholbare Stunden und Eindrücke
vor sich zu haben, all die kleinen und grossen
alltägliche Ärgernisse sind Lichtjahre weg und vergessen.

Am Zielort angekommen, musste ich zuerst noch ins
Hotel einchecken, was für sich allein schon
immer eine Art Abenteuer darstellt, gerade wenn
man selbst in diesem Metier tätig ist, und
u.a. durch die Schrulligkeit der Betreiberin in
jeder Beziehung auch war.
Dies führte später bei der Probe auch
noch zu massig tränenreichen Lachsalven,
da unser "sterbender Romeo" detailgenaue
Beschreibungen seines Bades im Zimmer, bzw. seiner
Vorgehensweise um möglichst mit möglichst wenig
Keimen in Kontakt zu kommen, bildhaft darstellte,
was u.U. gar nicht so einfach ist...

Ein Abend dem man vielleicht mit einem Formel 1
Rennen vergleichen könnte, er ging rasend schnell
vorbei, trotz mächtig vieler "Runden",
der Kurs bzw. die Weine waren bekannt,
da offen probiert wurde, trotzdem gab es ein paar
demutsfördernte Schikanen (dylan war hier sehr kreativ
und auch sehr erfolgreich damit), es gab keine
Ausfälle, alle kamen im "Ziel" an...

Begonnen wurde mit einem 1949 Sauternes von Bastor-
Lamontagne. Nicht nur für rote Bordeaux war dieser
Jahrgang erfolgreich und langlebig, auch für die
Süssweine ein sehr gutes Jahr. Immer noch wunderbar
frisch, keinerlei Alterstöne, im Kern ein fetter
vanilliger Pfirsich, auf dem man allein stundenlang
rumlutschen könnte, mittlere Länge, nicht zu süss
und sehr gut im Gleichgewicht stehend.
Schmackofatz und ein Knallerbeginn!

2007 GG Riesling war Thema der
ersten zwei Weine. Pechstein von
Bassermann-Jordan traf auf Idig
von Christmann. Mit beiden
Betriebsstilistiken tue ich mich im
Normalfall schwer. Bei Bassermann-Jordan
ist dies auch in diesem Jahrgang der
Fall, zu breit und konturenlos steht
der Wein im Glas (wenn ich das mit
der gleichen Lage von Mosbacher, gestern
Abend mal wieder probiert, vergleiche, sind das
subjektive 5 Punkte weniger, sprich eine
Dimension). Ich komme einfach nicht zurecht damit,
ist aber mein ganz persönliches Schicksal .
Dagegen halte ich den Idig einfach für einen absoluten
Traumriesling, an der GG Probe im Kloster Eberbach
schrieb ich "best Idig ever" in mein Buch, was er
an diesem Abend erneut bestätigte. Perfekte Struktur,
tolle stützende, aber nicht agressive Säure, schon
zu diesem Zeitpunkt eine faszinierende ewige Länge,
eben einfach grandios...

Weiter ging es als Begleitung
zum Fischgang mit einem famos
passenden 2005 Zieregg Morillon
von Tement, der etwas Zeit und Luft
im Glas benötigte, dann aber mit
einer tollen Frische und Exotik den
Gang perfekt abrundete. Zum solo trinken
vielleicht etwas zu "technisch" und "gemacht"
wirkend, fand der Wein so sein ideales
"Einsatzgebiet". Weniger gut harmonierte
der 2002 Corton-Charlemagne von der
Dom. Thomas-Moillard, dafür gefiel er mir
solo umso besser. Kräftiges, aber gut integriertes
Holz, schönes mineralisches Spiel, wirkt sehr
balanciert, sicher kein ganz grosser Corton, aber
der grandiose Jahrgang macht aus ihm einen wirklich
stimmigen und perfekt trinkbaren Burgunder mit
Leckerbonus.

Was nun folgte war "Kino
für die Demut" vom Feinsten.
War bis dahin alles offen probiert
worden, folgte nun ein roter
3 Flight, blind serviert, wie es
sich zeigen sollte, eine "dramaturgische
Meisterleistung der Extraklasse" unseres
Gastgebers.

Wir wussten lediglich, dass alle
Weine aus ein und dergleichen Rebsorte
vinifiziert wurden. Gefragt wurden wir,
wie wir die Rangfolge sehen würden, was
bis auf eine Ausnahme, mit 1,3,2 beantwortet
wurde. Das man in einer solchen Konstellation,
Reife vor Potential bewertet, halte ich nur
für logisch, dass allerdings niemand auf die
Rebsorte, es war Merlot, kam, tja, da fält
mir nun nicht wirklich eine gute Erklärung ein...
Auflösung:
Nr. 1 1997 Lamaione Frescobaldi Toskana
Mein lieber Scholli, steht dieses Teil im Saft,
hier war eigentlich klar, das konnte nur aus der
Toskana sein (weiter reichte es allerdings nicht),
voll auf dem Punkt, qualmt förmlich aus dem Glas,
fantastische Länge, mir läuft heute noch das Wasser
im Mund zusammen, wenn ich nur dran denke...
Nr. 2 1998 La Fleur Petrus Pomerol
Wenn ich Punkte vergeben hätte müssen, wäre ich
knapp 10 unter der Bewertung unserer grossen 98
Bdx. Probe gewesen, nahezu unnahbar, und insbesondere neben
Wein Nr. 1 total untergehend, wie schon geschrieben,
Reife geht eben über Potential, und diese Flasche war
einfach "komatös"...
Nr. 3 1998 Galatrona Tenuta Petrolo Toskana
Auch dieser Wein präsentierte sich sehr jung, mit
einer "Sangiovessäure" (das war wohl das eigentliche
Problem bei der Rebsortenzuordnung) vom Feinsten.
Dahinter lässt sich aber eine sehr guter Fruchtkern
vermuten, benötigt aber einfach noch Zeit...

Im nächsten Flight standen sich
88 Haut Brion und 88 La Mission
im Glas gegenüber, und zum allerersten
Mal überhaupt geschah es , dass der La Mission,
wenn auch nur für ein paar Minuten ,
die Nase deutlich vorn hatte.
Ich kann mich da eigentlich blind auf meinen
Gaumen verlassen, auch wenn ich nicht weiss
bzw. nicht sicher bin, was ich im Glas habe,
die Präferenz gehört eindeutig, grundsätzlich
und immer dem Premier.

Beide Weine waren deutlich zugänglicher, als
sie sich im Januar bei gleicher Konstellation
gezeigt hatten (was wieder einmal für den Einfluss
von Wetterhochs- und tiefs auf die Weinwahrnehmung sprechen
könnte). Unser Gastgeber fragte "unschuldig" in die Runde
welcher Wein der bessere sei, was eindeutig zu
Gunsten des La Missions ausfiel, um uns dann mitzuteilen,
den La Mission in die Haut Brion Flasche, und den
Haut Brion in die La Mission Flasche dekantiert zu haben.
Also hatte der Premier doch die Nase vorne, was mich
allerdings etwas irritiert, hatte ich dann doch
dem Haut Brion eine klare Heitzaffinität attestiert,
was ja eigentlich eher für den La Mission sprechen würde...
Mit solch "simplen Tricks" bekommt man einmal mehr
aufgezeigt, wieviel man von und über Wein eigentlich
weiss, nämlich so gut wie nichts...

Auch einer der beiden Weine aus
dem nächsten Flight präsentierte
sich deutlich zugänglicher wie eine
im Januar probierte Flasche, die
83 Comtesse. Erstaunliche Frische,
benötigt einige Zeit und Luft im Glas,
um Länge und Tiefe zu entwickeln. Dann
aber sehr typisch und sinnlich...
Absolute Topflasche! 94P.
Allerdings fand sie ihren "Meister" im
Nachbarglas. Wirkt wesentlich reifer mit
"megaerotischer" Strahl- und Bannkraft. Was
für eine "Punktlandung". Extrem tiefe portige
Nase, wunderbare Süsse, hüllt den ganzen
Mundraum aus mit "flüssig gewordenem Kaschmir"
(sorry für den unrealen Bezug, aber es ist
immer ein gutes Zeichen, wenn mir die Wörter ausgehen),
einfach unnachahmlich, eben: (1983) Cheval Blanc! 96P.

Nördliche Rhone war das Thema
der nächsten beiden Weine.
Das Guigal Ampuis ein grosser Wein
ist, bestätigte der Jahrgang 1999
einmal mehr. Sicher kommt er an
die drei grossen Lagenweine aus
diesem Hause nicht vorbei, ist aber
deutlich früher trinkreif und gibt
einem zumindest "so eine gewisse Ahnung",
was einen darüber noch erwarten könnte...
Ebenfalls in der Liga der höchsten
Sphären könnte 1990 Ermitage Le Pavillon
von Chapoutier irgendwann mal spielen. Wenn
ich in der Vergangenheit mal mit diesen
Weinen in Kontakt kam, hatte ich so meine
nicht unerhebliche Schwierigkeiten mit ihnen,
inzwischen meine ich sie etwas besser zu verstehen
und habe auch meinen Spass damit, wenn es, wie
auch in diesem Fall, dass unglaubliche Potential
ist, dass dem ganz grossen Trinkspass noch im
Wege steht.

Was dann folgte, war mein grösstes Jungweinerlebnis,
dass ich jemals mit einem Weisswein hatte. Ich hatte
es ja bereits irgendwo hier geschrieben, es gibt
Augenblicke im "Weinleben", da verschlägt es einem
nur die Sprache und es bedarf eigentlich keiner
Worte mehr, was dann ungefähr so ausehen würde:

2001 Ch. d'Yquem 100P.

Ein wenig möchte ich aber trotzdem noch erklärend
beschreiben. Es ist, wie eigentlich immer bei "für
mich perfekten Weine", ein harmonisches Gesamtkunstwerk,
wo nichts zuviel und nichts zuwenig ist, alles an seinem
für ihn bestimmten Platz sitzt, unbeschreiblich facettenreich
und komplex, bereits in diesem quasi noch ungereiften
Stadium. Keine Grösse die sich aufdrängen muss, sondern
eine die durch Feinheit und Eleganz besticht, ganz sicher
kein "lauter" Wein, sondern ein "leiser", und in gewisser
Weise seelenverwandt mit Kellers G-Max. Für mich die
Quadratur des Kreises und ein unvergessliches Erlebnis.
Allein dafür wäre ich den Weg auch zu Fuss gegangen...

Beendet wurde dieser denkwürdige Abend
mit einem 98 Scavino Flight, Carobric
gegen Bric del Fiasc. Schreiben konnte
und wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr,
zu sehr hatte mich der Wein davor noch in
seinem Bann. Nun ist dieser Jahrgang immer
noch extremst unentwickelt, sodass sich beide
hinter ihrer fraglosen sehr guten Tanninqualität
verborgen hielten, objektiv mit Vorteil
Bric del Fiasc, der sehr balanciert und ausgewogen
in seiner Trinkreife werden dürfte, subjektiv
würde ich jedoch den Carobric vorziehen, weitaus
mehr Ecken und Kanten, also Charakter, zeigend,
eher traditioneller wirkend, würde mich nicht wundern,
wenn dies der komplexere werden würde...

Nochmals vielen Dank an unsere Gastgeber! Es war ein
wunderbares Geschenk bei Euch gewesen sein zu
dürfen!
Grüsse weinfex
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weinfex

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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 15:40

Bruno Giacosa Wiesbaden 05.09.09

Habe die schlechteste und die beste Bewertung
gestrichen und poste die Durchschnittsbewertung
(falls mehr Zahlen gewünscht sind, "sitze ich nach")

1988 Barbaresco Ovello Produttori 88,3 Punkte Platz 15
1989 Barbaresco Montestefano Prunotto 89,6 Punkte Platz 14

1985 Barolo Falletto Riserva Speciale B.Giacosa 91 Punkte Platz 13
1990 Barolo Falletto Riserva Speciale B.Giacosa 93 Punkte Platz 11
(mit 93 Durchnittspunkten auf einem 11.Platz zu landen bei
15 Weinen in der Hauptprobe grenzt eigentlich schon an Perver.ion)!

1990 Barbaresco Asili Riserva B.Giacosa 96,9 Punkte Platz 2
1990 Barolo Granbussia Aldo Conterno 94,1 Punkte Platz 8

1978 Barbaresco Gallina B.Giacosa 94,7 Punkte Platz 6
1971 Barolo Riserva Bussia Prunotto 92,1 Punkte Platz 12

1978 Barolo Bussia di Monforte Riserva Spec. B.Giacosa 94,7P. Platz6
1979 Barolo Bussia di Monforte Riserva Spec. B.Giacosa 94,1P. Platz8

1978 Barolo Collina Rionda Riserva Speciale B.Giacosa 97,4 P. Platz1
1982 Barolo Collina Rionda Riserva Speciale B.Giacosa 96,5 P. Platz3

1989 Barbaresco St.Stefano Riserva Speciale B.Giacosa 95,4 P. Platz4
1990 Barbaresco St.Stefano Riserva Speciale B.Giacosa 95,4 P. Platz4
1982 Barbaresco St.Stefano Riserva Speciale B.Giacosa 94,1 P. Platz8

Auch von mir noch ein (kurzer)
Rückblick auf die Giacosaprobe.

Wobei ich, wie das auch vor mir schon
andere getan haben, der ganzen Runde meine
Anerkennung und Wertschätzung teilwerden
lassen möchte. Das macht in einem solchen
Rahmen einfach nur Spass und verdient
eine besondere Erwähnung, denn normal ist
das leider nicht...

Die Vorfreude und natürlich auch die Erwartung
an diese Probe war immens, wobei mir bereits
im ersten Flight klar wurde, mir fehlt zu
diesen Weinen die Erfahrung.
Hört sich "doof" an?
Stimmt, ist aber so. Mir geht es da ähnlich wie
Hartmut es schon geschrieben hat, es ist so eine
Art "dilettantisches Gefühl", es fehlem einem
irgendwie die Worte. Ich habe mich mit dem Piemont
nie "grossartig beschäftigt", das eine oder andere
probiert, dort gewesen, ich weiss was mir schmeckt und
was nicht, etc pp, aber mehr eben nicht, es
fehlt mir der "wirkliche" Zugang oder
anders ausgedrückt "die Emotion". Und genau das
ist auch der Unterschied, wenn ich z.B. Olivers oder
Chavins Notizen lese, die "transportierte Emotion".
Ob mir die Probe keinen Spass "vermittelt hat?
Doch und ob, es war, allein schon rein punktemässig
eine der höchstbewerteten "Einzelweingutsproben" die
ich überhaupt bis jetzt gemacht habe, aber was ich vor
der Probe geschrieben bzw. befürchtet habe, dass ich
nun meinen Bdx.keller auflösen muss um Giacosa zu kaufen,
ist nicht eingetreten, oder vielleicht auch nur "noch"
nicht, wer weiss das schon...
Was den Weinen für mich fehlt, ist die Frage die ich mir
seither stelle und keine (für mich) befriedigende Antwort
finde, deshalb hat es auch bis jetzt gedauert, mich
zu entscheiden nicht explizit zu den einzelnen Weinen
etwas zu schreiben, meine Worte würden diesen fraglos
grossen Weinen einfach nicht gerecht...
Grüsse weinfex
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weinfex

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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 15:44

Was dem Engländer der 5Uhr Tee,
war Anfang September mir der
4Uhr Riesling. Ein wunderschöner
lauer Samstagnachmittag, in einem
ebensolchen Haus über Idar Oberstein.
Schwatzend in der Sonne sitzend,
nahmen die Stunden ihren lauf...

Die Eröffnung machte eine Magnum
2001 Hohenmorgen Riesling von Christmann
aus der Magnum, ausgewogen und absolut
a point, ein richtiger Einschlaberwein...

Deutlich fordernder und sehr interessant,
2008 Hexamer XXL Riesling. Ich bin immer
etwas zwiegespalten, auf der einen Seite
wünsche ich mir HerkunftsTypizität, was dieser
Wein (noch?) nicht hat, auf der
anderen Seite bin ich auch immer froh, wenn
jemand etwas andere Wege geht, so wie
hier, wo sich schiere Kraft und offensichtlich
sehr langer Schalenkontakt vereinen. Mal sehen
wie sich das entwickelt.

Absolut überzeugt und ich kann auch schreiben
wieder mal überzeugend, 07 Karthäuserhof Riesling
Auslese trocken -S-. Das ist für mich nicht weniger
und nicht mehr als der deutsche Riesling mit
dem besten PLV überhaupt. Schon 05 war/ist genial,
07 setzt da nochmals einen drauf. Das ist Riesling
vom Feinsten und zum Glück rennt alles hin zu den
"angesagten Brachialweinen" der Region und vergisst
dabei, dass Dichte, Eleganz und Feinheit auch problemlos
miteinander zu verbinden sind...

Danach ging es an die Grillhütte
im Garten, es gab Fleisch satt
(wahrscheinlich auch der Grund, warum es
mir auf der Heimfahrt am nächsten Vormittag
gar nicht gut ging). Dazu jede
Menge verschiedenster Weine, wozu
ich allerdings keinerlei Notizen gemacht
habe (wie auch, beide Hände beschäftigt).

"Erinnern" kann ich mich dann wieder
an den beginnenden Abend. Die eigentliche
Probe stand ja schliesslich noch an, wobei
ich selten so wenig zu den einzelnen Flights
notiert habe (wenn schon ein Hedotag, dann
auch voll und ganz!!).

Im Leben wäre ich nicht auf die drei Weine
96 Pichon Baron, 96 La Lagune und 96 Calon
Segur gekommen, welche da in den Gläsern vor
mir standen. Ich suchte eher in den "Niederungen"
des Medoc/Haut Medoc. Was zum einen an dem
"grossen (aber so guten) Fressen" davor gelegen
haben könnte, aber auch schlichtweg an der Tatsache,
dass die Weine durch das doppelt dekantieren Stunden
zuvor, sich schlicht und einfach komplett verschlossen
hatten, ist doch diese Tendenz auf der linken Seite
in diesem Jahrgang nicht von der Hand zu weisen.
Punkte mochte ich so nicht vergeben, anrühren würde
ich zur Sicherheit aber in den nächsten Jahren ersteinmal
keinen davon.

Mit dem nachfolgenden Burgunderflight
hatte ich ebenfalls so meine liebe
Not (okay, okay, ich gebe es ja zu, ich war
definitiv überfressen), 96 Richebourg
von Mongeard-Mugneret stand dem 97 Clos
de la Roche von N. Potel gegenüber.
Ersterer noch deutlich zugänglicher, aber
meiner ahnungslosen Meinung nach ebenfalls
verschlossen, was bei Zweiterem schon eine
leichte "Untertreibung" gewesen wäre, Fort
Knox trifft es vermutlich besser...

Angenehm überrascht war ich dann vom 99 Leoville Barton,
so gut hatte ich den noch nicht im Glas, braucht
fraglos noch deutlich mehr Zeit als viele andere
Weine dieses Jahrganges, zeigte aber eine tolle
Harmonie bei mittlerem Druck. 90P.
Auch 99 Pape Clement präsentierte sich deutlich besser,
als meine letzte Flasche aus dem eigenen Keller,
welche sehr komponentig war. Auch bei diesem Wein
würde ich eher noch zuwarten, da er trotzdem im
Moment "nur ein Teil seines Versprechens" an der
Arrivage, im Moment einlösen kann. Da kommt noch mehr,
was ich an der zu verhaltenen Nase im Verhältnis zur
hochkonzentrierten, fast schon "penetranten" Fruchttiefe
festmache. Wir werden sehen...94(+)P.

Der nächste Flight hinterliess mich
etwas "sprachlos". Zum Glück waren
die Weine blind, sodass mir niemand
vorwerfen kann, ich würde lediglich
meinem Moutonvorurteil nachgeben...
Jahrgang 83 vs. 93 standen da nebeneinander
im Glas. Besonders viel habe ich mir über
beide nicht notiert, denn wirklich beeindruckt
hat mich keiner. Wobei man sagen muss,
es lagen keine 10 Jahre Unterschied zwischen
diesen beiden Weinen, da ist meiner Meinung nach
93 einfach zu schwach (was auch die Begründung ist,
warum mein Keller frei diese Jahrganges ist, einzig
Haut Brion, was sonst , ist genehm, mit allem
anderen kann man mich eher jagen...
Auch 83 ist gemessen an dem, was es sonst so alles
tolles in diesem Jahr gibt, sicher kein Ruhmesblatt,
geht aber bei mir immerhin als Premier durch. Ist
jetzt schön entwickelt und baut im Glas immer noch
aus, was fehlt ist "etwas" Druck und Dampf (Erträge?)
und wirkt so einfach etwas zu brav und "gebügelt". 92P.

Ganz anders sieht es da schon im Jahr 1994 aus. Absolut
premierwürdig, Mouton als (natürlich) auch Haut Brion.
Wobei letzterer an diesem Abend ordentlich die Nase vorn
hatte, da der Mouton ordentlich Potential zeigte 92+P., sonst
aber eher "destruktiv" wirkte. Ohne Frage ist auch der
Haut Brion immer noch sehr jung, und einiges weg von
einer wirklichen Trinkreife, aber durch seine einzigartige
Aromatik und wohl den höheren Merlotanteil kommt da,
zumindest im Moment, einfach mehr Spass ins Glas. 94P.

Abschliessen möchte ich den
Bericht der Probe, ich habe
wirklich einiges nicht erwähnt, da
ich wie eingangs schon erwähnt,
teilweise nichts geschrieben habe,
bzw. schreiben konnte, mit dem
95 Janus Gran Reserva von Pesquera,
welchen ich morgens doppelt dekantiert
hatte (da war "das Zeug" praktisch
untrinkbar, nicht das ich es probiert hätte,
aber es stank nahezu bestialisch), in
der Hoffnung das es bis abends die Kurve bekommt.
Was sich dann auch wirklich bewahrheitet hatte,
noch immer mit einem kleinen Stinker behaftet,
aber lediglich nur noch ein Bruchteil von
mogens, sehr klassischer old fashioned Ribera,
mächtige Konzentration und ordentlicher Druck
am Gaumen, aber eben alles noch sehr, sehr jung.93+P.

Der Höhepunkt ganz am Ende, 90 Las Cases. Ein Riesenmocken,
welcher im Gegensatz zu vielen seiner Jahrgangskollegen
immer noch einiges von einer wirklichen Trinkreife
entfernt ist. Ein Wein wo wirklich fast alles nahezu
perfekt ineinandergreift, keine Spur von irgendwelchen
"Hitzeproblemen", keine "angestrengte auf Teufel komm raus"
Vinifikation. Nein, alles perfekt und wohlproportioniert.
Zeigt schon jetzt ein faszinierte Komplexität, welche
noch sich noch deutlich steigern wird, ungemein fein,
fast schon margauxhafte/burgundische Finesse. Eben
einfach Gross! 97P.

Grüsse und vielen Dank an den Gastgeber für diesen
herrlichen Tag!
Grüsse weinfex
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weinfex

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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 15:46

Nach der grandiosen Chateau Margaux Probe
im Januar dieses Jahres stand nun Teil II an.

Zu den grundlagenfördernden Häppchen gab
es eine 08 Alte Reben Riesling von
van Volxem aus der Magnum, welche selbst
aus diesem Format gut zu trinken ist, mir
fehlte ein wenig die "Exotik" des Vorjahrganges,
kann den Wein aber insgesamt schlecht einordnen,
da das Weingut nicht unbedingt auf meiner
"Watchlist" steht, die Begegnungen sich auf
einige wenigemale bei Proben beschränken...

Anders danach die 07 Auslese trocken S Riesling
Karthäuserhof aus der Magnum. Wie schon in der
letzten Probe aus der Eintel, dass ist einfach
nur traumhafter Highendriesling, selbst zu diesem
frühen Zeitpunkt. Diese Grossflasche war noch
einen Tacken zugänglicher, was sich über kurz oder
lang ändern dürfte, und zeigt wo die Reise dereinst
einmal hingehen dürfte. Perfekt ausbalanciert,
tolle Frische, "mit dem Lineal" gezogene Konturen,
grandioser (Donner)Nachhall...

Dem Anlass angemessen, hatte ich einen 05 G-Max
von Keller im Gepäck, morgens um 10.00Uhr doppelt
dekantiert. Besser wäre es aber im nachhinein gewesen,
ihn schon am Vortag zu "belüften", denn seine
jahrgangsbedingte "Breite" und das daraus resultierende
fehlende Spiel, machte der Vorgang leider nur
bedingt wett. Nun ist das Jammern auf "allerhöchstem
Rieslingniveau", denn der Wein hat eine fantastische
tiefe Nase, die man glatt auch in kleinen Riechfläschen
problemlos verkauft bekommen würde und ist wie alle anderen
mir bekannten G-Max Jahrgänge auch, ein Wein aus einem
Guss, wenn, ja wenn nur das fehlende Spiel nicht wäre...
Da man aber hoffen darf, werde ich es auch weiterhin tun,
dass sich irgendwoher die fehlende Säure noch "auftut"...
94(+?)P.

Das seit dem Jahrgang 1978 eine
neue Zeitrechnung auf Ch. Margaux
begonnen hat ist ja kein wirkliches
Geheimnis, dass einige Jahrgänge davor
nicht zu den wirklichen Highlights in
der Geschichte des Weingutes darstellen
fraglos auch.
Wenn dann noch dazu 2 Jahrgänge wie 1976
und 1977 nebeneinander im Glas stehen kann
man da eigentlich nicht so wirklich viel
erwarten. Umso überraschter war ich dann
aber, über die Strahlkraft dieser beider
Kameraden. Ohne die Literatur zu bemühen,
zeigt sich 76 als durchaus ambitioniertes
Jahr, in dem die Trauben wohl ordentlich
Wärme getankt hatten, um dann offensichtlich
im wahrsten Sinne des Wortes "baden" zu gehen,
oder anders ausgedrückt, für meine Erwartung
sehr dicht, warme Konturen, richtiger Trinkspass,
wenn auch etwas "verwässert".
1977 dagegen stilistisch deutlich kühler,
Nase etwas grüner, nicht ausgereifter Cabernet.
Aber auch hier, für den unterirdischen Jahrgang
sehr homogen gereift. Beide Weine dürften sich
noch problemlos einige Jahr auf diesem Level halten.

Für beide gilt, sicherlich keine Premierqualität
wie man sie erwarten kann und muss, trotzdem besser
wie ich es im vorhinein gedacht hätte...

Als Solitär und da zum ersten
Mal mein Geburtsjahrgang im
Glas auch ein "emotionaler Moment
und Erlebnis", CM 69.

Extrem malzige Nase, wohl schon einige
Jahre über dem Zenit, baut dann im Glas
auch noch schneller ab, wie man überhaupt
trinken kann...

Das nächste "Paar" bestand zum einen aus CM 81,
welcher sich gleich mal "unbeliebt" in
der Nase machte, leichte fehlerhafte Anflüge,
welche zwar im Glas
etwas nachliessen aber trotzdem den Wein
"gefangenhielten". In der dann geöffneten
Konterflasche deutliche klarere Nase und Aromatik,
auch um einiges frischer/jünger wirkend. Erstaunliche
mittlere Länge und angenehme Gaumenhaftung.
Zum anderen kam CM 91 ins Glas. Das blies mich
wirklich vom Hocker! War das ein Hammerteil,
wunderbar rotfruchtig, tief, lang, knackige aber
wunderbar integrierte Säure. Nun ist ja der Jahrgang
nicht sooo schlecht wie immer wieder mal dargestellt,
aber auf diesem Level konnte ich bisher
noch nichts probieren. "Gesucht" habe ich aber nach
einem deutlich grösseren Jahr.
Wirklich sehr beeindruckend. 94P.

Etwas jünger wurde es im
nächsten Flight, 98 vs. 99.

98 war im Gegensatz zur 98 Probe
in Wiesbaden vor einem Jahr, wesentlich
zugänglicher. Da sitzt in "der Mitte"
ein wunderschöner, satter, dichter Fruchtkern,
der dieses Mal nicht nur als Potential erkennbar
war, sondern auch eine reife Süsse zeigte,
die sehr gut von einer immer noch jungen
und stützenden Säure getragen wird.
Lustigerweise hatte ich ihn mit 92 P. genauso
bewertet wie damals. Es würde mich aber nicht wundern,
wenn da in einigen Jahren sogar noch mehr kommt...
Paradoxerweise war 99 deutlich abweisender, was
ich so extrem nicht vermutet hätte, in gewisser
Weise sogar der klassischere Ch. Margaux (was immer das
auch heisst ) mit einer wirklich beeindruckender
Struktur und sehr komplett in den Anlagen. Fraglos
einer von dem ungefähr halben Dutzend wirklich ganz
erstaunlichen und auch ganz grossen Weinen aus diesem
Jahrgang, was sich auch in deutlich in Lebenserwartung
niederschlagen dürfte.
Ich hatte den Wein nur zweimal innerhalb kurzer Zeit
an der Arrivage und war schon damals sehr beeindruckt,
so wie es aussieht hält er alle damals "gegebenen"
Versprechen. 94+P.

Der letzte Margauxflight an diesem
Abend dann: 61 vs. 64

Beim ersten Kontakt mit beiden Weinen
dachte ich, unser Gastgeber will uns auf
die Probe stellen, indem er denselben Flight
wie bei der CM I vor knapp einem Jahr uns
blind serviert, zu ähnlich waren diese beiden
Weine dem 59 vs. 64 Flight von damals. Nach der
Entwicklung des ersteren im Glas s.u., "musste" es
allerdings 61 sein, da 59 im "Normalfall" noch
deutlich im Glas zulegt.

Die erste Nase und der erste Schluck
des 61 waren spektakulär! Reif, süüüüssss
(eingemachte Pflaumen), herrliche Tiefe
und Länge. Eigentlich stimmte alles, nur
lies im Glas dann alles etwas nach und er
konnte das Niveau nicht allzulange halten,
was eine deutlich höhere Note verhinderte.
Nun ist das kein quengeln über einen verdammt
guten Wein, sondern lediglich ein dezenter Hinweis,
dass es Zeit zum Korkenziehen ist... 94P.("für
die frühe Performance")
64 hatte mich ja bereits letztes Mal schwer beeindruckt.
Es ist alles andere als ein "Anspringwein", will das man
sich mit ihm beschäftigt. Zu Beginn malzige Noten,
leichte Überreife deuten auf ein eher warmes Jahr,
Unterholz. Doch in der Zeit wo sein Pedant im Nebenglas
verlor, legte er kontinuierlich zu, wurde runder und
ausgewogener, das leicht komponentige zu Beginn wurde
eine Einheit. Am Schluss ist da eine faszinierende Struktur
im Glas, mit einer imposanten Länge und punktemässig
sogar "vor dem ersten Eindruck 61". Chapeau! Den hätte ich
gerne mal neben dem 64 Latour im Glas. 95P.

Im "Nachprogramm" dann noch ein
genialer 86 Rauzan Segla, der eine
unglaublich tiefe und jahrgangstypische
Nase hat (darauf hätte ich nach dem "ersten
Riecher" schon Wetten angenommen), und trotzdem
immer noch immer noch unfassbar jung
daherkommt. Ein "schwarzes Loch" in der "Mitte"
mit einer nahezu schmerzenden Fruchtkonzentration,
wenn diese Gerät irgendwann (das kann noch dauern)
mal reif ist, brauchts ein Waffenschein...
Phänomenaler Wein! 96(+?)P.

In punkto Jugendlichkeit wollte da die 88 Comtesse
nicht nachstehen. Für dieses Alter fast schon
unglaubliche Farbe, eher St. Juliennase, etwas
fehlender Ausdruck. Da passt einfach noch nicht
alles zusammen, sollte aber auch hier nur eine
Frage der Zeit sein...91P.

Vom letzten Glas reichte mir dann ein "tiefer Zug
durch die Nase" und das Grinsen des mir längs
gegenübersitzenden Gastgebers, um mich auf Haut Brion
festzulegen, auch der Jahrgang (1985) lies sich
erraten, wenngleich diese Flasche wohl gerade durch
eine etwas rumpelige Phase durchlebte bzw. einfach
ordentlich Sauerstoff benötigte, und das sind aus
diesem Jahrang nicht mehr so viele Weine, da die
Nase sich etwas hart zeigte, bzw. auch Tannin und Säure
etwas präsenter waren, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
Entwickelte sich im Glas aber alles wunderbar und
ist und bleibt eines der absoluten Highlights in diesem
Jahrgang. 95P.

Vielen Dank an den Gastgeber für diesen herrlichen Abend!
Grüsse weinfex
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Re: Weinfex probt 1.0 (war Weinprobeneldorado)

BeitragDo 25. Nov 2010, 15:54

Kaum ist das "Hillside Weekend", mit
entsprechender Probe hinter mir, schon
freue ich mich wieder auf das nächste
Jahr (in der Hoffnung wieder daran
teilnehmen zu dürfen). Es ist diese absolut
perfekte Mischung aus Weinverrückten, Unaufgeregtheit,
Akzeptanz und Toleranz, natürlich tollen Weinen,
etc pp, diese Liste liesse sich fast endlos
fortsetzen. Um es abzukürzen, es ist jedes Jahr
eines der Highlights überhaupt...

Gestartet wurde am Freitag mit einer BDE (BringDeineEigene).
Die Weine würfelt Markus (Hillside) dann zusammen
und bildet daraus 2-Flights, welche blind ins Glas kommen.

Zum Apero gab es 07 RR Riesling von Keller, welcher sich
erstaunlich zugänglich, was an dem ordentlichen Restzucker
liegen könnte, zeigte. Ein Maul voll Wein, der bereits in
diesem Zustand richtig Spass macht und der perfekte Einstieg
in den langen Abend...

Etwas ratlos liess mich der folgende Flight zurück,
1997 Auslese trocken R und 1998 Auslese trocken R,
jeweils von Koehler Ruprecht. Nun hatte ich ersten
auch zu diesem Male im Glas, habe also keine
Vergleichsmöglichkeit. Empfand ihn allerdings als eher
schwierig, um nicht zu sagen anstrengend. Was allein ja
nicht negativ sein muss, schliesslich kann/darf/muss
ein Wein auch fordern, nur erschloss er sich zumindest
meinem Horizont nicht wirklich (was ja auch nichts heissen
muss). Den Zweiten hatte ich die letzten Jahre doch
das ein oder andere Mal im Glas, und es war praktisch alles
an "Zustand" dabei, von fehlerhaft, unsauber, korkig, so lala,
sehr gut, grandios, oberaffeng..l. Dieses war ein so lala
Exemplar, ich wäre nie auf den Wein gekommen, da sehr
mitteilungsunwillig (schlechte Phase/Tiefschlaf?). Ich weiss
nicht wie es den anderen Teilnehmer ging, ich zumindest fand
zu beiden nicht wirklich Zugang an diesem Abend...

Solo danach eine Bassermann - Jordan
2004 Riesling Kirchenstück Magnum.
Schrieb Dirk Würtz vor kurzem in seinem
Blog, 2004 wäre der schwächste Jahrgang
bis jetzt in diesem Jahrhundert, ist dieser
Wein eine der "besten Antworten" auf die
Möglichkeiten dieses Jahrganges. Ich habe
mit diesem Gut eigentlich fast immer so
meine grösste Schwierigkeiten, da zu breit
und unpräzise, das jedoch war richtig grosser Sport
(und lag mitnichten nur an dem Grossformat),
herrlich proportioniert und toller Trinkspass
(für meinen persönlichen Geschmack sehe ich
04 sogar in Teilen vor dem "gehypten" Jahrgang 05,
aber wie immer eine Sache der persönlichen
Präferenz).

Danach ging es aber endlich "ins eigentliche Programm".

Kurz anmerken möchte ich noch, ich habe mir an diesem
Abend lediglich die Weine notiert, keine Notizen, keine
Bewertungen.

Das auffälligste am 96 Ornellaia war die "verkapselte"
Nase. Auch im Mund kaum "Strahlkraft". Ob es an der
Flasche lag ist zu vermuten, vielleicht benötigt er
aber auch nur noch etwas Zeit, denn anscheinend hat
95 inzwischen auch die Kurve bekommen, was ich ihm früher
so nie zugetraut hätte.
Anders der Geburtswein meiner Tochter, 90 Solaia (zwar
ist Sie nicht 90 geboren, aber ihn gab es nach der Rückkehr
des "entkräfteten" Jungvaters nach der Geburt vom
Krankenhaus. Immer noch sehr jung mit ordentlicher
Säurepräsenz (Sex kam mir zumindest bei dieser Flasche
nicht in den Sinn, Martin), das Tannin rundet sich
nun aber langsam ab und sollte diesen "Überstand" in
den nächsten Jahren voll einbinden. Ordentlicher Druck
und wunderbare Tiefe. Hier ist im optimalen Fall keinerlei
Eile angesagt, das sollte noch für mindestens 10 Jahre
weiteres Leben problemlos reichen...

"Drübergestreut", über den Flight, dann
noch ein wahres Frucht- und Extraktmonster,
dass ich so mächtig (kritisch könnte man es
auch mastig nennen) noch nie im Glas hatte
(bei diesem Wein), trotzdem hat er eine so
eigenständige Aromatik, dass mir schnell klar war,
dass kann eigentlich nur Vigna d'Alceo sein.
Jahrgangsmässig dachte ich aber eher an 99,
der im Januar deutlich "fordernder" war. Es war
allerdings 97, dem ich "einen solchen Ritt"
niemals zugetraut hätte und ich nur um Welten
schlanker kenne. Vom Stil her ohne Frage
polarisierend.

Zwei Weine, wie sie, zumindest auf
den ersten Blick und Schluck nicht
unterschiedlicher sein könnten.
Bei Auguste Clapes 96 Cornas bekommt
die Redewendung "man beisst auf Granit"
eine ganz neue, "emotional" erfahrbare,
Bedeutung. Das sind Weine, die durch ihren
Purismus, Ihre Klarheit und Ausdruck, so etwas wie
die Quadratur des Kreises bilden, nicht
falsch verstehen, nicht im Sinne von 100 Punkten,
sondern sie sind auf ihre ganz eigene Weise perfekt und
authentisch.
Im anderen Glas befand sich 2003 Deux ex Machina von
Clos St. Jean. Ein unfertiger (nahezu) perfekter Wein.
Schon bei der lagenlosen Cuvee dieses Gutes fiel mir
auf, wie der Wein in diesem hitzegeplagten Jahrgang,
den Alkohol problemlos "absorbiert" und eine tolle
Frische zeigt. Natürlich ist dieser Wein unglaublich
konzentriert, aber genau durch diese Frische auch "zentriert".
Wer es nicht glaubt, empfehle ich einfach 10/12 Jahre
abzuwarten, dann sollte auch der grösste Skeptiker
überzeugt sein...

Ein sehr "weitgefasster" nicht einfacher Flight, welcher
auch nicht "eben mal so zu fassen" war, je mehr ich mich aber
im nachhinein damit beschäftige, umso genialer
empfinde ich es...

Nachdem ein Händler eine 12 OHK
2005 Clos St. Martin in der Woche vor der
Probe zu einem "hochanständigen"
Preis an mich verkaufen wollte,
hatte ich mich entschlossen aufgrund
dieses Anlasses endlich auch mal eine aus
meinem (Subs)Bestand zu probieren. Und was
bietet sich da besser an, als ein solches Event
mit lauter hochgeschätzen Weinnasen?

Morgens um 9.00Uhr dreifach dekantiert (untrinkbar),
präsentierte er sich dann abends deutlich gefestigter,
trotzdem ist es natürlich nicht mehr und nicht
weniger als potentialtrinken. Fast schwarz, Schichten
von Gerbstoff, hinter den sich eine brachiale
Konzentration verbirgt. Stilistisch ganz sicher kein
"moderner" Wein der relativ früh zugänglich sein wird,
natürlich ist es spekulativ hier ein Trinkfenster
anzupeilen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass
da vor 20 Jahren, ausser eventuellen Zwischenhochs, nicht
besonders viel gehen dürfte...

Mit einem 92 Lafleur vs. 92 Valandraud Flight ging es weiter.
Nun hatte ich mal ein "aha" Erlebnis mit einem 92 Le Pin,
den ich blind für einen Huber Spätburgunder hielt,
an das ich unweigerlich beim Aufdecken dieses Flightes
denken musste, aber "so schlimm" war es in diesem Falle
bei weitem nicht. Das sich Lafleur immer noch putzmunter
präsentierte, ist nicht weiter verwunderlich, auch nicht,
dass er der deutlich "Ernstere" von Beiden war.
Das Valandraud aber immer noch ein solches Trinvergnügen
bereitet fand ich dagegen schon erstaunlich. Natürlich
fehlt beiden Weinen Power in jeder Beziehung, ebenfalls
und natürlich Komplexität.

Was 92 möglich war, wenn es eben nicht Bordeaux war, zeigten
die nächsten beiden Weine. Besonders 92 Dominus, der sich in
einer phänomenalen Phase präsentierte. Da war wirklich
"alles am richtigen Platz" und sollte jetzt nur noch in
Badewannengrösse lieferbar sein. Die Anlehnung an Bordeaux
ist bei ihm schon extrem, einzig dass ich ihn gebietsmässig
überhaupt nicht zuteilen konnte (bei mir fast immer ein
sicheres Zeichen das es Übersee ist), machte es mir möglich
ihn als Kalifornier zu "entlarven". 92 Beringer Reserve kam
zwar nicht ganz mit deinem Flightkollegen mit, zeigte aber
einmal mehr, dass man diesen als nicht wirklich ganz gross
bezeichneten Kalifornienjahrgang nicht unterschätzen sollte.
Toller hedonistischer Flight.

Leider nicht ganz so stark wie
die letzte Eintel war 70 La Lagune.
Das ist jammern auf hohem Niveau,
mal wieder, denn dieser Wein ist einfach
eine Bank, der problemlos nahezu alles
auf der linken Seite "alt aussehen lassen
kann" (in diesem Jahrgang), aber bei dieser
Flasche fehlt mir der letzte Schuss Genialität
und Tiefe. Schwierig zu sagen, ob sie einfach
und banal nur noch zu jung war...
Natürlich könnte zu einem gewissen Teil auch
das Problem im Nachbarglas versteckt gewesen
sein, denn 90 Grand Puy Lacoste ist einfach
ein Megahammer. Immer noch längst nicht in einem
wirklichen "Trinkreifefenster", zeigt er dennoch
für seine Verhältnisse fast perfekte Anlagen, sodass
hier sogar schon Potential zu trinken wirklich
Spass macht. Nun ist mir dieses Gut sehr oft ein
Tick zu technisch, glatt und bisweilen sogar etwas zu
seelenlos, aber in so einem Jahrgang, wo man hier "über
sich hinauswächst", kann ich meinen "Meckerkasten"
dann auch wirklich ruhen lassen...

Zum nächsten Flight muss ich eine kleine Anekdote zum
Besten geben. Man stelle sich vor, ein honoriger Spender
hatte an diesem Abend eine 83 Palmer eingebracht, die
in Normalform, wohl alles andere bis jetzt getrunkene vom
Tisch "gefegt" hätte. Jedoch zeigten sich bereits beim
ersten Nasenkontakt "unsaubere Noten". Also musste für diesen
Flight wohl oder übel eine Ersatzflasche ins Rennen. Ein
anderer Teilnehmer flüsterte Hillside etwas ins Ohr,
verschwand kurz auf das Zimmer, um mit einer Flasche
zurückzukehren. So, und nun dürfte ihr dreimal raten, was
die Ersatzflasche war?

Um das erste "Geheimnis" zu lüften,
da hatte doch wirklich noch jemand eine
weitere Flasche 83 Palmer im Gepäck,
irgendwie beruhigend, dass es noch verrücktere
Typen als einen selbst gibt...

Mir war relativ schnell klar, dass es
sich um einen weiteren Palmer handeln müsste,
nur beim Jahrgang war ich deutlich jünger
unterwegs, 89 hätte ich mir bspw. vorstellen
können, denn der Wein war ohne Luft unglaublich
jung. Keinerlei Alterstöne, weder in der Farbe
noch in der Nase. Genialer Stoff, schade
das es in diesem Fall ohne Dekantierzeit gehen
musste...
Auch der Flightpartner, 90 Pape Clement, präsentierte
sich deutlich zurückhaltender wie die im Januar
probierte Flasche. Möglicherweise war dieses Exemplar
aber einfach in einer "wenigen guten Phase". Ohne
Fragen konnte man die Anlagen ganz gut erkennen,
alles in allem erinnerte mich die etwas harten und
trockenen Tannine fast eher an 86 wie 90, wenn auch
nicht ganz mit diesem "SM Appeal"...

Beendet wurde der Abend mit zwei korkigen
Burgundern (u.a. La Romanee) und einem
98 Romanee St. Vivant von Hudelot Noellat,
welcher einmal mehr zeigte, dass dieser
Jahrgang, so klein und schlecht, wie er
oftmals geredet wurde und wird, sehr klassisch
und sehr langlebig ist/sein wird. Hier würde ich
bei Flaschen gleichen Kalibers mindestens
noch 5 Jahre zuwarten, da immer noch sehr sehr
jung und wenig entwickelt.

Schlusspunkt schliesslich 97 Amarone von dal Forno,
stilistisch alles andere als meine bevorzugte Art
Wein, aber in diesem Fall muss sogar ich zugeben,
dass ist wirklich unglaublich geniales "Zeug", getopt
dann schliesslich nur noch von einer Art "rotem 2001
d'Yquem Zwilling" 1997 Recioto von dal Forno, auch
hier erspare mir wie damals irgendwelche Worte und
schreibe, das einzigste Mal an diesem Abend, eine
Zahl hinter den Wein: 100P.

Tag 2 HillsideJahresprobe 09

Begonnen wurde mit den Tischweinen,
die uns den ganzen Abend begleiteten,
2003 Idig von Christmann aus der
Doppelmagnum und 94 Clinet aus der
Imperiale.

Im ersten Moment war der Idig etwas
brandig, was sich aber im Glas deutlich
besserte, aus diesem Flaschenformat noch
eine wohltuende schöne Frische, grossartig
warten mit dem "entsorgen" würde ich aber
nicht mehr, dass kann eigentlich nur "in
die Breite" gehen. Clinet liess mich erneut
etwas ratlos zurück, okay es ist ein unglaublich
"harter" Jahrgang, das Format riesig, trotzdem
weiss ich wirklich nicht, "wohin der Zug hier fährt".
Ich erinnere mich noch wie heute, 94 und auch 93 waren
in der Primärfrucht unglaubliche Schmeichler und
MegaHedoMocken, negativ gesehen etwas overdone für die
Jahrgänge. Ich vermute einfach mal, dass sie nie
wieder in diese Phase kommen können und werden...

Auch die 2. Hälfe der 04 Bassermann-Jordan Kirchenstück
Magnum vom Vorabend gab es nochmals zu probieren, der
war nochmals einen Tacken besser, keinerlei Müdigkeit
nach der ordentlichen Dosis Luft, fasznierende Tiefe und
Länge. Tolles (Frucht)Süss-Säure Spiel. Ganz Gross!

Im ersten "offiziellen Flight" dann
87 Pahlmeyer aus der Magnum, mit einer
astreinen "Himbinase" (für die jüngeren
Semester, das Eis gibt es glaube ich
schon länger nicht mehr), brennt etwas
auf der Zunge, benötigt zumindest in diesem
Zustand eigentlich ein "Stück Fleisch", sprich
Eiweiss, um das Tannin zu knacken. Hatte den
Wein bereits beim Öffnen probiert, ob wir ihn
dekantieren oder nicht und dann auch machten,
was ihm etwas zu mehr Länge verholfen hat,
aber wohl immer noch zu kurz war. Alles in allem
immer noch stark komprimiert, sehr schwierig zu sagen
wohin sich der Wein in Zukunt entwickelt, die Gefahr des
Austrocknens ist fraglos gegeben, muss aber nicht
sein...
Im Nachbarglas ein deutlich kühlere Nase, was auf
Alte Welt deuten hätte können. Im Mund dann "sandiger Fluss",
aber mit einer "breiten Süsse", also doch Neue Welt?
Auch hier wirkte der Wein verhalten, jung und unentwickelt.
Natürlich gaukelt die Süsse Trinkreife vor, allerdings
fehlte mir dazu eine wirkliche Komplexität und Tiefe.
Ein spannender, widersprüchlicher Wein, dem ich in
diesem Format gerne nochmals in 5-8 Jahren begegnen würde,
denn ich denke er kann weit mehr, als er an diesem Abend
"rauslies". 1997 La Mondotte Magnum

Aus dem Jahrgang 1984 gibt es in der Welt
des Rotweines doch tatsächlich Weine,
die man mit Genuss trinken kann, vor
der Probe wäre ich mir da nicht so sicher
gewesen. Montelena brachte in diesem
Jahr, welches auch in Kalifornien alles andere
als toll war, offensichtlich sehr reifes und
gesundes Traubengut ein. Wunderbare Süsse,
leichte Malaganoten, natürlich vollreif und
länger im Glas mit der Zeit etwas abbauend, medizinal
werdend. Trotzdem machte das richtig Spass.
92P. für die Startperformence.
Wirklich sehr viel habe ich mir vom Howell Mountain
von Dunn versprochen. Welcher sich aber etwas nasenlos
präsentierte, ein Mix aus old Style und Neue Welt,
stramme Säure und brutales Tannin, trotzdem eine
verräterische Süsse, was aber alles nicht perfekt
zusammen passte. Das ist klagen auf hohem Niveau,
immerhin hatte ich ihn noch bei 89P., aber vielleicht
war meine Erwartungshaltung gerade bei ihm einfach
zu hoch? Ich kann es auch ganz schwer einordnen, ob
er einfach über dem Punkt war, oder gar einfach noch
nicht soweit...?

Einer meiner Lieblingsweine an diesem Abend, nicht
punktemässig, aber und hedonistischen Gesichtspunkten
war ganz klar 1970 Beaulieu Latour Private Reserve.
War das eine klassische reife Cabnase, unglaublich.
Viel Paprika, noch mehr Minze, sehr harmonisch mit
perfekt klarem Ausdruck, immer noch frisch, keinesfalls
überreif, am Druck habe ich etwas zu mäkeln, wäre da
mehr gekommen wäre der Wein für mich richtig gross
gewesen, tolle Länge...94P.

Danach den gleichen Wein nochmals, Jahrgang 1974.
Sehr, sehr reife Nase, etwas fehlende Konturen, ich
vermute mal, dass hier der Zahn der Zeit schon etwas
zu sehr "genagt" hatte. Aber trotzdem sehr eindrucksvoller
Flight...

Ich bin mir ja der "Eingefahrenheit
meines Geschmackes" durchaus bewusst
und wenn ich noch einen Beweis dafür
benötigt hätte, wäre dieser nächste
Flight prädestiniert gewesen, denn ich
lieferte beim ersten Wein das untere
Streichergebnis und beim zweiten
Wein das obere, bewerte also genau
entgegengesetzt der Runde. Gebe aber auch
zu man, kann das durchaus andersherum sehen,
muss aber nicht. Der langen Rede kurzer
Sinn, Wein Nr.1 90 Dominus, am Zenit seiner
Reife und sicherlich auch noch einige Jahre
dort verharrend, mir persönlich aber einfach
zu warmfruchtig, dafür etwas fehlendes Spiel,
und diese zwei Faktoren kompensieren sich bei mir
einfach nicht (93P.), Wein Nr. 2 wie schon am Vortag
eine (für mich ) grandiose Performance, wunderschöne
Frische, immer noch längst nicht ausgereift (minimal
grün, gibt in diesem Fall aber Charakter, da es
zum Ganzen passt), ganz gross 90 Grand Puy Lacoste (96P.).

Wenn ich schon mit dem an
"Bordeaux angelehnten" Dominus so meine
"Schwierigkeiten" habe, ist es sicherlich
nicht weiter verwunderlich, dass Opus One
es da nicht leichter hat. Das Hauptproblem
für den Jahrgang 87, welcher sich schön,
aber auch hier fehlende Tiefe und Komplexität,
trinken liess, und dies meines Erachtens auch getrunken
werden sollte, da ich nicht glaube, dass er sich noch
irgendwie verbessern kann, befand sich im Nachbarglas.
Einer meiner Weine des Abends, gleicher Jahrgang,
ebenfalls Kalifornien, Montelena! Immer noch unglaublich
jung, grosses Volumen und ein wirklich phänomenale
Gaumenaromatik. Da hätte ich den gesamten restlichen
Abend darauf rumkauen können (auf diesem Weingut schafft
man es irgendwie, die sonst oft etwas "aufdringliche" Süsse
(ich weiss manche Leute mögen das, besser "ins Ganze
einzupacken")...
97P.

Ich bin bekennender "Linkstrinker",
händisch wie ufrig, aber manchmal
darf es durchaus auch etwas "vom
anderen Ufer" sein, flüssig wohlgemerkt.
So gibt es einige Valandraudjahrgänge die mir
richtig Spass machen, 96, welcher sich im
ersten Glas befand, gehört da nicht unbedingt dazu,
der wirkt irgendwie gemacht und künstlich, man
könnte vielleicht sagen, am Jahrgang vorbeivinifiziert,
denn was z.B. 94 wirklich genial gelang, passt in
diesem Jahrgang irgendwie nicht richtig zusammen, da
ist definitiv zuviel Holz und Extraktion im Spiel. Auch
hier ist das natürlich klagen auf sehr hohem Niveau, hatte
ich immerhin noch 92P. auf meinem Zettel stehen, aber
bei Weine mit diesen Ansprüchen und Preisen kann man
schon mal auch etwas "mäkeln" .
"Entlarvt" wurde er ausgerechnet von einem Kalifornier,
ebenfalls Jahrgang 96, ebenfalls auch hier nicht unbedingt
ein grosser Jahrgang (wie rechtsufrig in Bdx.) und trotzdem
brachte dieses Jahr nicht wenige geniale Cabs in die Flasche.
Okay, nun ist der Claret Reserve von Pride auch nicht
irgendein Kalifornier, er steht jedoch auch nicht so im
Rampenlicht wie die ganz bekannten Namen, kann jedoch problemlos
praktisch mit jedem mithalten...
Das stimmt quasi nahezu alles, beginnende Trinkreife mit
Potential für mindestens ein weiteres Jahrzehnt, perfektes
ausgereiftes Lesegut, jedoch keinerlei Exzesse in punkto
Süsse, Holz, etc., eine tolle Mischung aus Alter und Neuer Welt,
quasi eine perfekte Gratwanderung zwischen den Welten. Einer
meiner Weine der Probe. Konservative 96P. und Platz 4. in
der Gruppenendbewertung.

Auch im nächsten Flight gab es nochmals einen
Pride Reserve Claret. Dieses mal Jahrgang 2001.
Die Runde sah ihn deutlich schwächer wie den 1996
davor, was ich persönlich so nicht empfand, sicherlich
ist er noch deutlich unausgewogener und fordernder,
auch steht noch deutlich "Babyspeck" (Frucht) über,
ich vermute aber, dass er in 5-7 Jahren auf demselben
Niveau sein dürfte, wenn nicht sogar einen Tacken besser...
95P.
Im Glas daneben, ein weiterer Wein des Abends (für mich),
der in der Gesamtbewertung mit einem Schnitt von deutlich
über 95P. "nur" auf den 6. Platz kam. Extrem tiefe Nase,
jung, aber genial balanciert, ein Wein der interessanterweise
immer noch umstritten ist, bzw. der Besitzer, was mir
ehrlich gesagt, ein absolutes Rätsel ist, denn in nahezu
jeder veröffentlichten Blindprobe spielt er ganz vorne mit.
2001 Ch. Pavie 97P.

Abgesch(l)ossen wurde der Abend dann
schliesslich mit 2 Monsterflights.

89 Beaucastel und 89 Le Cailloux Cuvee Centenaire
Beaucastel eine Nuance "schwächer" als letztes
Jahr, da fehlte das letzte Quentchen an Strahlkraft,
aber wie gesagt, dass war wirklich nur ein Hauch,
sonst steht dieses Monument wie eine eins im Glas.
Tolle Frische, zu keiner Zeit zuviel werdend, ordentlich
Druck und Länge, alles vernünftig portioniert und
proportioniert...96P. (Platz 3. in der Gruppenbewertung
mit einem Punktedurchschnitt von 96,75)
Zum ersten Mal im Glas 89 Cuveee Centenaire, und was soll
ich sagen, ich wollte dieses Zeug eigentlich gar nicht
mehr runterschlucken. Die Quadratur des Kreises. Perfekte
Eleganz, Reintönigkeit und Feinheit (un das bei einem
Wein der südlichen Rhone). "Rhone meets burgundische Wollust".
Genial, genial, genial! Das ist
so ein Wein, wo einfach alles zum anderen passt, und
ich gebe gerne zu, ich habe wirklich eine halbe Ewigkeit
gesucht, an was ich etwas rummäkeln könnte, ich habe
einfach nichts gefunden...100P.
(Platz 1 in der Runde mit 97,92)

Da hatten es die abschliessenden beiden Weine natürlich
nicht einfach, sie schlugen sich aber äusserst gut,
denn sie waren altersmässig und insbesondere stilistisch
genau das Gegenteil. Hedonismus pur.
Wenngleich ich mit Ziereisens 05 Jaspis Syrah nicht
wirklich 100% zurecht kam, mir fehlte da "die wirkliche
Tiefe" (was das ist, erkläre ich gerne an einem Abend
mit ordentlichen Weinen ), sehr gut gemacht, keine
Frage, aber gerade "das gemacht" störte mich etwas, aber
wie man an der folgenden Bewertung sieht, ist das mal
wieder klagen auf höchstem Niveau, und vor allem
subjektiv, denn er wurde teilweise deutlich "besser"
gesehen...92P.

Den Vogel abgeschossen hat dann voll Krankls SQN 2005
Atlantis Syrah. Einen besseren Abschluss einer Probe
Namens Old meets New with a touch of New World, hätte
es nicht geben können, denn dieser Wein verkörperte
beide "Weinwelten", sofern man sie unterscheiden will,
quasi als Perfektion. Exzessive Reife, trotz unglaublicher
Frische, ich suche ja selbst in solchen Weinen immer
Komplexität, und finde sie nur sehr sehr selten, aber
hier war selbst dies kein Problem...99P.
(Platz 2. in der Gruppenbewertung 97,0)

Vielen Dank an "Hillside" für diese beiden perfekten Abende,
und vielen Dank an die geniale Truppe. Es immer wieder
ein wirkliche Ehre und ganz grosser Spass in diesem
Kreis Wein probieren zu dürfen!
Grüsse weinfex
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