So 26. Nov 2023, 19:13
... und weiter geht es mit den letzten 7 Weinen der Rieslingprobe:
2010er Forster Ungeheuer Riesling "500" QW tr. (von Winning, Deidesheim) -Pfalz-auf den Wein war ich gespannt. In der Jugend war der Wein aufgrund seines Neuholz-Einsatzes immer umstritten.. und daran hat sich auch nichts geändert: optisch ein helles Goldgelb, in der Nase hat sich das Holz etwas eingebunden, ist aber immer noch einer der bestimmenden Faktoren, dadurch kräftige Würze, rauchig, Hauch Vanille, dahinter aber auch reife Frucht (Pfirsich, Mango, Maracuja) mit einem Hauch Petrol, am Gaumen sensorisch trocken, strukturierende Säure, hat durchaus Kraft (trotz nur 13 Umdrehungen), etwas angereifte Gelbfrucht (Agrumen mit Hauch Exotik),rauchig-würzige Holznote, gute Länge. Kein Wein für Finesse-und Eleganz-Trinker. Wer aber für Weine mit Ecken und Kanten abseits des "Normalen" aufgeschlossen ist, kann mit diesem etwas wilden Wein durchaus etwas anfangen. Mir hat das gefallen, aber jeden Tag möchte ich das auch nicht trinken
Und nun eines der Highlights des Abends:
2017er Binger Scharlachberg Riesling QW tr. (Bischel, Appenheim) -Rheinhessen- farblich ein dezentes Strohgelb, in der Nase zuerst sehr verschlossen, nur zarte Fruchtausprägung (Apfel, Marille, Zitrus, Quitte)), feine kräutrige Würze, wirkt sehr dicht und geheimnisvoll, benötigt viel Luft, am Gaumen komplett trocken, feine Säure, auch am Gaumen halten sich die Mineralik (Kräuter, rauchige Noten) und die sich entfaltende Frucht (Apfel, Quitte, Zitrus) die Waage, der Wein ist noch viel zu jung, obwohl nur mittelgewichtig (13 Vol%), besitzt der Wein viel Dichte und Tiefe, gibt aber seine Geheimnisse noch nicht Preis, tolle Mineralik, der Wein hat Grip und eine zarte Gerbstoffkomponente, geht aber überhaupt nicht ins Bittere, gewisse Eleganz ist untergründig vorhanden, tolle, würzige Länge. Eines Top-GG absolut würdig. Der Wein hat bestes Potential und steht erst ganz am Anfang. Mir gefällt er aber in seiner geheimnisvollen Tiefgründigkeit schon jetzt sehr gut. Dies wird aber nie ein Wein für Leute sein, die pointierte Frucht und Fülle suchen.
Jetzt geht es ein letztes Mal über die Landesgrenze hinaus:
2020er Zöbinger Heiligenstein Riesling "1ÖTW" Kamptal DAC (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-ein gelungener Vertreter aus einer der berühmtesten Austria-Lagen: zartes Gelbgold, feine Gelbfrucht (Weinbergspfirsich, Agrumen, Pomelo), perfekt reintönig, noch jugendlich, am Gaumen absolut trocken, perfekt verwobene Säure (7,6 Promill), glasklare Frucht (Marille, Zitrus, etwas Grapefruit und Pomelo), etwas Urgesteins-Mineralität,nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), hat aber genügend Fruchtdichte, ausgewogen, sehr klassisch ohne zuviel Speck, gute fruchtige Länge. Klassischer Vertreter vom Heiligenstein.
2011er Monzinger Halenberg Riesling GG (Emrich-Schönleber) -Nahe-Jahr für Jahr, auch wie hier in einem etwas wärmeren Jahrgang, die absolute Konstanz: angedeutetes Gelbgold, reife Zitrus-, Grapefruit- und Weinbergspfirsichnoten, dezente Würze, wirkt jetzt perfekt gereift. Am Gaumen sensorisch trocken (hat wohl ein paar Gramm RZ), dezente, aber ausreichende Säure, wirkt trotz nur 13 Vol% etwas kräftiger als sonst, am Gaumen perfekt reif, fast samtiger Gaumeindruck mit Saft und Kraft, aber keine Spur von Alkohollastigkeit, reife gelbe Früchte, sogar etwas Ananas-Exotik, dezent blütig, Hauch Honig, sehr harmonisch und deutlicher Länge.
Ein gelungener Klassiker aus einem sehr warmen Jahr.
Gleich danach ein Klassiker aus einem eher kühlen Jahr:
2010er Westhofener Kirchspiel Riesling GG (Keller, Flörsheim-Dalsheim) -Rheinhessen-jugendliches Strohgelb, ein Potpourri an reifen Früchten (Marille, Ananas, Limette, Weinbergspfirsich), aber in keiner Weise plakativ, elegant und zurückhaltend nobel, am Gaumen zwar trocken, aber mit etwas Extraktsüsse, passende Säure, hat durchaus Gehalt, viel Gelbfrucht mit Würze, dezent blumig (Hauch Rose), samtig, ausgewogen und voll auf dem Punkt,gute Länge, gehört zweifelsohne zu den Top-Weinen in diesem Jahrgang.
Mit den letzten beiden Weinen kommt deutliche Restsüsse ins Spiel:
2004er Erdener Treppchen Riesling Auslese*** (Jos. Christoffel jun., Ürzig) -Mosel-über die Weine des leider bereits verstorbenen Kajo Christoffel muss man gar nicht mehr viel schreiben, denn sie sprechen in ihrer Finesse und Zeitlosigkeit für sich: dezentes Goldgelb, sehr feine Nase nach gelben Früchten (Pfirsich, Zitrus, etwas Ananas), tolle Harmonie, hier sticht nichts heraus, alles ist am rechten Platz, ohne irgendwie aufgesetzt oder übertrieben zu wirken, am Gaumen ebenfalls die pure Harmonie, der Zucker ist perfekt verwoben, saftige Säure ohne jeglichen harschen Spitzen, ein Leichtgewicht (8 Vol%) mit trotzdem ausreichend Kraft und Dichte, feine, komplexe Frucht, vermischt mit etwas Schieferwürze, gute Länge. Der Wein ist jetzt perfekt trinkreif, wobei diese Weine auch in 10 oder 20 Jahren noch von bezwingender Schönheit sein können.
Zum Abschluss kommt noch der Rieslaner (Silvaner x Riesling) zu seinem Recht, der im hochgradigen Öchslebereich außerordentliche Weine bringen kann:
2015er Thüngersheimer Johannisberg Rieslaner Trockenbeerenauslese (Geiger & Söhne) -Franken-7,65 Vol%, 235,6 Gramm Restzucker bei 14,8 Promill Säure. Das sind die technischen Daten dieses Boliden, der den würdigen Abschluss bildet: mittelkräftiges Goldgelb, explosive Nase nach 1001 Früchten, Exotik (Ananas, Mango, Maracuja) mit heimischen Früchten (Pfirsich, Marille, Hauch Cassis, sogar etwas Rhabarber), perfekt eingebundene Süsse, die nicht klebrig rüberkommt, stramme Säure, die aber durch die Süsse wieder eingefangen wird, eine Fruchtorgie am Gaumen, hohe Reife, aber trotzdem nicht überladen, tolle Harmonie, obwohl sich dieser Wein noch ganz am Anfang bewegt. Fruchtig-würzige Länge. Kann "ewig" halten.
Das wars wieder in aller Kürze. Nächsten Freitag steht ein Spanien-Rundumschlag auf dem Programm. Ich werde wieder berichten!
LG
Bodo