Aktuelle Zeit: Sa 27. Apr 2024, 08:30


Probe Deutscher Sekt in Frankfurt

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
  • Autor
  • Nachricht
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1219
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 14:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Probe Deutscher Sekt in Frankfurt

BeitragMi 30. Aug 2023, 21:24

Hallo zusammen,

letzten Sonntag nahm ich in Frankfurt an einer Blind-Probe des Weinakademiker-Clubs statt, die unter dem Titel "What the Sekt ?" stand und den aktuellen Stand des Deutschen Sekts beleuchten sollte. Hier tut sich ja qualitativ in letzter Zeit einiges, da sowohl der VDP als auch der Verband traditioneller Sektmacher das Thema Sekt wieder positiv besetzen wollen.

Zum Eintrinken gab es zunächst einen Cremant, der nach Deutschen Weingesetz die strengsten Anforderungen im Sektbereich erfüllen muss:

2020er Cremant Mosel Brut Nature (Bischöfliche Weingüter Trier)
Alk: 12,5--Z:0,6--S:7,3--mind. 12 Monate Hefelager--Grundweine von der Saar--je 50 % WB und PN.
Ein angenehmer, zarthefiger und sauberer Sekt mit dezenter Perlage. ca. 16 EURO ab Weingut.

Anschliessend gab es 6 Flights mit jeweils 3 Schaumweinen, die "blind" probiert wurden und thematisch angeordnet waren. Hierbei waren auch meistens kleine Aufgaben zu lösen.

Flight 1: Riesling-der neue Deutsche Sekt-Stern?
Hier sollten die Hefelagerzeiten (9 Monate--18 Monate--38 Monate) dem jeweiligen Sekt zugeordnet werden, was in diesem Fall nicht allzu schwer war:

--Rieslingsekt trocken "Rotkäppchen"
sauber, aber mainstreamig süsslich (17 - 21 gr. RZ), 12,5 Vol%, gut 9 Monate Hefelager, ca. 7 EURO.

-- Riesling Sekt Brut (Gut Hermannsberg)
weiniger Sekt mit deutlichem Rieslingcharakter, macht Spass, deutlich mehr Frucht als Hefecharakter, stimmig vinifiziert---12 Vol%--Z:7,1--S: 9,3--18 Monate Hefelager--16,90 EURO.

-- Riesling Sekt Brut (Wein- und Sektgut Reinhardt)
deutlicher Hefe- und Autolysecharakter, weniger Frucht als der Vorgänger, feine Perlage, gute Länge. In dieser Stilistik sehr gelungen und preiswert.--Alk: 12,5--Z: 5,2--S: 8,4--38 Monate Hefelager--16 EURO.

Flight 2: Laut aber fein - werden aromatische Rebsorten unterschätzt ?
Aufgabe: erkennen der 3 verschiedenen Rebsorten sowie den "nicht-deutschen" Piraten erkennen. 2 der 3 Rebsorten waren gut zu erkennen, die dritte aber nicht.

2021er Sauvignon blanc Brut (Oliver Zeter)
sehr typisch,schon in der Nase Brennessel, Stachelbeere und ein Hauch tropische Frucht. Insgesamt aber mehr auf der grün-kräutrigen Seite, sehr klar und trinkanimierend. --Alk: 12 Vol%-- Flaschengärung--Z: 13,1--S: 8,6--10 Monate Hefelager--15 EURO.

2020er Muskateller Brut (Steininger, Kamptal-Österreich)
äusserst typisch, ein Muskateller-Wein mit Bläschen, ein typischer Steininger Sekt, bei dem die Rebsorte und weniger der Hefecharakter im Fokus steht, in seiner Art aber sehr gut gemacht, glasklar und sortentypisch.--13 Vol%--Z: 7--S:7--9 Monate Hefelager- traditionelle Flaschengärung-- 22,50 EURO.

2018er Gewürztraminer Brut (Weingut Klopfer)
nur ganz dezente Sortenart, wurde von keinem als Gewürztraminer erkannt, sehr dezent, mehr Hefecharakter als Frucht, aber nicht unattraktiv. 1. Platz beim Meininger Sektpreis (Sortenvielfalt)--Alk: 11,5--Z: 12,6--S: 4,9--12 Monate Hefelager--klassische Flaschengärung--17 EURO.

Flight 3: Spätburgunder - brilliert er nur als Blanc de Noirs ?
Diesmal keine zu lösende Aufgaben, aber eine interessante Farbpalette:

2019er Blanc de Noirs Brut (Wilhelmshof)
100% PN, dezent strohgelbe Farbe,sehr cremig, aber wenig Struktur, weinig, aber langweilig, dezente Perlage.--12,5 Vol%--traditionelle Flaschengärung--9 Monate Hefelager--Z: 6,9--S: 5,4-- 19 EURO.

2019er Pinot Noir Rose Brut (Franz Keller)
100% PN, klassische Rebhuhnaugenfarbe,deutlich mehr Hefecharakteristik (obwohl auch nur 9 Monate Hefelager), straff, gute Säure, macht Spass--12,5 Vol%--Z: 3--23 EURO.

2014er Pinot Rot Brut (Kaufmann, Rheingau)
klassischer Rotsekt, kräftige Pinotfarbe, als Pinot gut erkennbar, etwas Gerbstoff-Grip, bei weitem nicht so wild wie ein australischer Shiraz-Sekt, aber sehr ungewöhnlich, das ist sprudelnder deutscher Pinot, mit dem man sich durchaus anfreunden kann.--Grundwein Holzausbau--Z: 12--Alk: 12,3 Vol%--54 Monate Hefelager--Vinum Sekt-Award 2019 1. Platz (divers).

Flight 4: Les Blanc de Blancs Franco-Allemands
Aufgabe: erkennen der jeweiligen Rebsorte und des Piraten. Das war gar nicht so einfach.

2019er Weißburgunder BdB Extra Brut (Bergdolt)
strohgelb, feine Perlage, findet gut die Mitte zwischen dezenter Gelbfrucht und Hefecharakter, hat Substanz und Länge, ohne schwer zu wirken, sehr gelungen, seinen Preis mehr als wert--12 Vol%--36 Monate Hefelager--18,90 EURO.

2019er Chardonnay BdB Brut (Sekthaus Burkardt-Schür)
schon in der Nase sehr klar, direkt, feine Perlage, knackig, absolut trocken, Grundwein Barriqueausbau mit gelungenem BSA, saftige Säure, absolut auf Augenhöhe mit einem sehr guten BdB aus der Champagne.--12,5 Vol%--Z:2--39 Monate Hefelager--30 EURO.

--- Blanc de Blancs 1er Cru (Boizel, Champagne)
der Pirat aus 100% Chardonnay blieb für mich hinter dem deutschen Pendant, anderer Stil, cremiger, mit deutlichem BSA-Charakter, brotig, harmonisch, dezente Süsse, Hauch Vanille, gefälliger Stil, aber qualitativ durchaus gut.--12,5 Vol%--Z:6--36 Monate Hefelager--20% Reserveweine-- ca. 50 EURO.

Flight 5: Die Sektmacher-Offensive
Keine Aufgabe.

2020er Brut du Selztal (Braunewell)
Cuvee aus Weißburgunder, Grauburgunder und Pinot. Sehr harmonischer Sekt mit angenehmer Reife, nicht hochkomplex, aber sehr stimmig.--12 Vol%--24 Monate Hefelager--klassische Flaschengärung--Z:4,9--S:6,8--16,90 EURO.

2019er Cuvee Brut Nature (Sektmanufaktur Heinz Wagner, Baden)
60% PN--40% CH. Etwas mehr Autolysecharakter, weiniger Typ mit etwas Champagner-Attitüde, gefällt.--12,5 Vol%--24 Monate Hefelager--klassische Flaschengärung--Z:3--S:6--24,90 EURO.

2011er "Decade" Riesling Reserve Brut Nature
100% Riesling--klassische Flaschengärung-- 116 Monate Hefelager!!--13 Vol%--Z:1,1--S:6,8--nur 500 Fl.--ca. 70 EURO.
natürlich nur noch wenig Sortenart, toll gereift, hefig, saftige Säure, sehr komplex und lang. Perfekter Essensbegleiter.

Flight 6: VDP.Sekt.Statut- der Weg der Deutschen Spitzenklasse
Aufgabe: erkennen der Rebsorte und der Qualitätsstufen.

2012er Le Grand Riesling Brut (Schloss Sommerhausen)
kräftiges Strohgelb, toll gereift, sehr komplex, Sortenart im Hintergrund, perfekter Mix aus Würze und Restfrucht, sehr feine Perlage, gute Länge. Toller Premium-Sekt.--12,5 Vol%--100% Riesling--32 Monate Hefelager--klassische Flaschengärung--Z: 6 (Eiswein-Dosage mit Jahrgang 1996)--S:7--1. Platz Meininger Sektpreis 2022.

2018er Riesling Extra Brut (Schönleber, Rheingau)
sehr viel Rieslingcharakter, aber auch hefige Noten, gute Perlage, sehr ausgewogen, feiner deutscher Rebsortensekt zu einem sehr fairen Preis.--100% Riesling--klassische Flaschengärung--24 Monate Hefelager--Z:4,3--S:6,8--15 EURO.

2018er Riesling "Clos" Niersteiner Glöck VDP Prestige Extra Brut (Staatliche Domäne Oppenheim)
Grundwein im Tonneau vergoren--BSA--100% Riesling--klassische Flaschengärung--36 Monate Hefelager--Z: 3--S: 7--Alk: 11,5 Vol%, 25 EURO.
Hefebetonter, reifer Rieslingsekt mit dezenter Sortenart, durchaus komplex, aber nicht die ganz feine Klinge. Der Schäumer von Schloss Sommerhausen hat mir hier besser gefallen. Wenn man mehr fruchtigen Sekt bevorzugt, wird man sicher zum Schönleber-Sekt greifen.

Sehr gelungenes Tasting mit interessantem Line-up, das natürlich nicht die ganze Breite und die unterschiedlichsten Stilistiken der deutschen Sekterzeugung abbilden konnte. Persönlich hätte ich mir vielleicht noch den einen oder anderen Erzeuger (z. B. Raumland, Huber, Griesel) gewünscht, aber mit insgesamt 19 Sekten war das Programm auch reichlich bestückt. Es bleibt auf jeden Fall spannend in der deutschen Sektszene, die insgesamt auf einem guten Weg ist, sich aber auch international noch klarer positioniern muss. Da müssen alle, auch die "großen" Sekterzeuger, ihren Teil dazu beitragen. Im Top-Bereich ist der qualitative Unterschied zur Champagne nicht mehr so groß, aber in der Breite hinken wir da noch hinterher. Ich werde das auf jeden Fall weiter beobachten.

LG
Bodo
Offline
Benutzeravatar

Dilbert

  • Beiträge: 755
  • Bilder: 23
  • Registriert: Di 7. Dez 2010, 17:33

Re: Probe Deutscher Sekt in Frankfurt

BeitragFr 1. Sep 2023, 10:39

Hallo Bodo,

danke für den schönen Bericht.

Kurze Frage: handelte es sich bei dem 11er "Decade" um den Sekt von Heiko Bamberger aus Meddersheim. Den finde ich in der Tat auch sehr außergewöhnlich.

Gruß,
Jochen
„Eine Magnum-Flasche? Genau die richtige Größe für einen schönen Abend. Vorausgesetzt, man beginnt mit einem Champagner, man endet das Menu mit einem Sauternes, und man ist allein daheim…“
(Anthony Barton)
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1219
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 14:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Probe Deutscher Sekt in Frankfurt

BeitragSa 2. Sep 2023, 20:48

Dilbert hat geschrieben:Hallo Bodo,

danke für den schönen Bericht.

Kurze Frage: handelte es sich bei dem 11er "Decade" um den Sekt von Heiko Bamberger aus Meddersheim. Den finde ich in der Tat auch sehr außergewöhnlich.

Gruß,
Jochen


Hallo Jochen,

So ist es. Habe leider den Ereuger nicht genannt.

LG
Bodo

Zurück zu Weinproben und Verkostungsberichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 26 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen