Mi 26. Apr 2023, 20:03
.... und weiter geht es mit den roten, gereiften Weinen:
2012er "Tschuppen" Spätburgunder Landwein (Ziereisen, Efringen-Kirchen) -Baden-einer der preiswerteren Vertreter im Portfolio: 12,5 Vol%, 0,9 gr. RZ, 6 Wochen Maischestandzeit, 20 Monate gebrauchtes Barrique, unfiltriert.
Sehr jugendliches Rubinrot mit ganz zarter Ziegelrottönung, durchaus komplexe Nase mit reifer Kirsche, Brombeere, Himbeere und ganz dezente Holzuntermalung, ätherische Noten (Hauch Menthol) und sous bois,reife und kühle Nase, am Gaumen komplett trocken, lebendige, aber nicht bissige Säure, feinkörniges Resttannin, durchaus elegant mit etwas Grip, Dunkelfrucht mit würzigen, kräutrigen Akzenten, absolut kein Powerwein, aber mit Frucht und gewisser Dichte, fruchtig-würziger Abgang. Bei guter Lagerung und intaktem Korken kann sich dieser Wein in ein paar Jahren noch verbessern. Das ist wirklich eine reife Leistung für einen Wein mit dem damaligen Handelspreis von ca. 12 EURO.
Hier stimmt Preis und Leistung auf jeden Fall.
2013er Neipperger Schloßberg Lemberger GG (Graf Neipperg) -Württemberg-mitteltiefes Rubinrot mit leicht aufhellendem Randbereich, sehr elegante, feine Nase nach Kirsche, Cassis und Brombeere, fast etwas "Pinot-feeling", perfekt integriertes Holz, in sich ruhender Naseneindruck, das bestätigt sich auch im Mund, ungewöhnlich für Lemberger ein "seidiges" Mundgefühl ohne jegliche Rustikalität, durchgegoren, ausreichend Extrakt in diesem nicht einfachen Jahr, angenehme Säure, das Tannin ist fast abgeschmolzen und sehr feinkörnig, stimmiger Holzeinsatz, elegante, würzige Frucht (Brombeere, Cassis) trotz 13,5 Vol% nur ein mittelgewichtiger Rotwein, sehr ausgewogen, jahrgangsbedingt nicht die ganz große Dichte und Länge, keine Extraktion auf Teufel komm raus, sondern eine feinfühlige und elegante Umsetzung der Jahrgangsbedingungen.
Chapeau!
2009er Clos du Jaugueyron Haut-Medoc. a.c. (Michel Theron, Arsac) -Bordeaux-Cuvee aus 60% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot, 10% Cabernet franc und Petit Verdot, 13,5 Vol%.
Dieses Mini-Weingut (6,2 ha) flog lange Zeit unter dem Radar und dieser Haut-Medoc war sicherlich einer meiner besten Subs-Käufe in Bezug auf Preis und Leistung (knapp 14 EURO).
Noch sehr jugendliches Granatrot mit Purpurkern, sehr elegante, fruchtig-würzige, fast ebenmässige Nase, die Reife, aber kein Übermaß an Alkohol vermittelt, komplexe Dunkelfrucht, zarter Holzeinsatz, absolut mundwässernder und noch jugendlicher Eindruck, am Gaumen sehr ausgewogen mit seidiger Säure und sehr feinkörnigem Tannin, das sich schon gerundet hat, zarte, reife Cassis- und Brombeernoten, nur unterstützender Holzeinsatz, etwas Extraktsüsse, tolle Harmonie mit guter Länge. Dieser Bordeaux trinkt sich jetzt sehr schön, wird aber auch noch einige Jahre weiterreifen können. Ein eher "moderner" Bordeaux mit Klasse und Stil, der auch mit deutlich teureren Weinen aus dem Medoc qualitativ mithalten kann.
1993er Chateau Canon-la-Gaffeliere Grand Cru Classe St. Emilion (Comtes de Neipperg) -Bordeaux- Cuvee aus 50% Merlot, 40% Cabernet franc und 10% Cabernet Sauvignon, 12,5 Vol%.
Ein schöner Kontrast zum Vorgänger-Jahrgang, 1993 war ein nicht zu warmes Jahr mit spätem Regen, der vor allem die Qualität des Cabernet Sauvignon beeinträchtigte. Merlot und Cabernet franc konnten noch vorher geerntet werden, so dass vor allem in Pomerol und St. Emilion doch sehr zufriedenstellende Weine vinifiziert werden konnten.
So ist es kein Wunder, dass der Canon-la-Gaffeliere auch nach knapp 30 Jahren eine sehr gute Figur macht, was natürlich auch an der sehr guten Lagerung und dem ausgezeichneten Korken liegt:
noch lebendige Farbe, aufgehelltes Rubinrot mit ganz wenig Ziegelrot, ganz klassische, kühle Nase, knappe Reife, Cassis, Himbeere, vermischt mit ätherisch-kühlen Noten (Minze), Mokka, Leder, Unterholz, elegant, macht neugierig auf den ersten Schluck, am Gaumen absolut trocken mit strukturierender, eingepasster Säure, fast komplett abgeschmolzenes Tannin, Mittelgewicht mit gerade genug Fleisch an den Knochen, harmonische, fast zarte Dunkelfrucht, komplexe Würze (Graphit, Zeder, Kardamon), perfekter Holzeinsatz, jahrgangsbedingt keine Extraktbombe, aber unter Beachtung von Eleganz und Finesse perfekt vinifiziert. Ein bildhübscher Bordeaux aus der "guten alten Zeit" mit tollem Trinkfluss. Erst kürzlich nachgekauft für gut angelegte 49 EURO.
2005er "904" Rioja Gran Reserva DOC (La Rioja Alta) -Rioja- Cuvee aus 90% Tempranillo und 10% Graciano, 4 Jahre Fass und mindestens 5 Jahre Flaschenlager, 13,5 Vol%.
Ein klassischer Rioja im perfekten Reifestadium: klares, zart angereiftes Rubinrot, leichte Reduktion mit etwas Zündholz, verfliegt aber weitgehend unter Lufteinfluss, saftige Kirschfrucht, etwas Himbeere, Hauch Cassis, sehr harmonisch, im Mund trocken mit deutlicher Extraktsüsse, saftige Säure, feinkörniges, fast poliertes Tannin, ebenmässige Dunkelfrucht, vermischt mit feinem Holzeinsatz, kraftvoll, aber nicht alkoholisch, sehr gute Länge.
Dieser Rioja ist jetzt perfekt reif, wird aber auch in 10 Jahren noch viel Spass machen.
2011er Chambolle-Musigny 1er Cru a.c. (Francois Bertheau, Chambolle-Musigny) -Burgund- typische Farbe eines gereiften Pinots, aufgehelltes Rubinrot mit einigem Ziegelrot, eine Nase zum Reinkriechen, reife Himbeeren, Kirschen, Hauch Cassis, vermischt mit minzig-kräutrigen Noten, sehr komplex und elegant, im Mund deutlich extraktsüss, reife, helle Beerenfrucht mit kühler Kräuterwürze, zarte Säure, extrem feinkörniges, fast abgeschmolzenes Tannin, Alkohol (13,5 Vol%) perfekt integriert, gute Länge.
Typischer, hochklassiger Chambolle 1er Cru (Cuvee aus 3 Lagen), der jetzt perfekt reif ist. Warum mit dem Genuss noch warten.. Leider sind diese Weine zu teuer geworden
2000er Chateau Gloria St. Julien a.c. (Heritiers Henri Martin, St. Julien) -Bordeaux-Cuvee aus 65% Cabernet Sauvignon, 25% Merlot, 5% Cabernet franc und 5% Petit Verdot, 40 % neue Barriques.
jugendlicher Eindruck, rubinrot mit Purpurkern, elegante, komplexe Nase, Cassis, Brombeere, Kirsche, vermischt mit etwas Tintenblei, Zedernholz, im Mund ebenso elegant, guter, aber nicht überbordender Extrakt, feine Säure, feinkörniges Tannin, in sich ruhender Eindruck, hier ist nichts zu viel und zu wenig, angenehme 12,5 Vol%, saftige Dunkelfrucht, komplexe Würze, nur mittelgewichtig, aber perfekt ausgewogen, gute Länge, grosser Trinkspass. Der Wein ist jetzt nach knapp 23 Jahren auf dem Reifehöhepunkt, wird aber seine Form noch einige Jahre behalten.
Sehr hochwertiger und eleganter Bordeaux aus diesem "magischen" Jahr.
1996er Vintage Porto (Quinta do Castelhino, S. Joao de Pesqueira) -Douro- noch kräftiges, kaum durchscheinendes Purpurrot, makellose Kirschfrucht, Hauch Altholz, harmonische, perfekt gereifte Nase, angenehme Restsüsse, saftige Säure, eingepasste, nur dezent schmeckbarer Alkohol (20 Vol%), saftige Herzkirsche, Brombeere, etwas Schlehe, kräftiges, aber feinkörniges Tannin, kraftvoll, gute Länge. Ein guter, aber nicht großer Jahrgangsport aus einem ebensolchem Jahrgang, der jetzt trinkbereit ist, aber auch noch gelagert werden kann. Dieser Jahrgangs-Port ist im Handel immer noch für sehr günstige 35 EURO zu haben.
Fazit: Wenn es , wie hier, in einer Altweinprobe praktisch keinen Ausfall und nur angenehme Überraschungen gibt, kann man sehr zufrieden sein. Es gab jedenfalls keine negativen Rückmeldungen, ganz im Gegenteil....
LG
Bodo