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Europa-Weinprobe in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe

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Europa-Weinprobe in Würzburg

BeitragDi 13. Dez 2022, 17:26

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weinliebhaber in den Räumen der örtlichen VHS, um gemeinsam eine kleine Weinreise durch bekannte und nicht ganz so bekannte Weinregionen mit dem Glas in der Hand zu unternehmen.
Insgesamt wurden 15 Weine (7 x weiss, 8 x rot) aus 8 Ländern ins Rennen geschickt, die wie immer "blind" probiert wurden.

Die 15 Weine im einzelnen in der konkreten Reihenfolge mit kurzen Anmerkungen:

---- "Les Vignes de Montgueux" Blanc de Blanc Extra Brut (Jacques Lassaigne) -Champagne-
zum Auftakt ein gelungener Chardonnay-Schäumer: sehr feine Perlage, elegante Briochenoten, etwas Agrumen und Apfel, sehr klare Stilistik, saftig mit einiger Länge. Die 2 Gramm Dosage hätte es eigentlich nicht gebraucht, da auch so Trinkfluss und Harmonie nahezu perfekt waren.

2021er Stradener Sauvignon blanc DAC (Neumeister, Straden) -Vulkanland Steiermark-
sortentypischer, aber nicht zu "lauter" Sauvignon blanc, dezent grüne Paprika, Stachelbeere, knalltrocken, mittelgewichtig, saftige Säure, deutlich mineralisch, zarter Gerbstoff-Grip, mittlere Länge. So sollte ein trinkiger Sauvignon DAC aus der Steiermark sein.

2018er Chardonnay Privat Stajerska Slovenija (Leber-Vracko, Kungora-) -Slowenien-
stammt aus einem 5 ha-Familienbetrieb mit zusätzlicher Milchwirtschaft, Handlese, 2-tägige Maischestandzeit, Ausbau im gebrauchten Barrique. Mittelkräftiges Gelbgold, reife Birne, etwas Zitronengras, gewürzt mit Vanille und leicht rauchigen Holznoten, am Gaumen sowohl Frische als auch dezent karamellige Noten von der Malo, mittelgewichtig, sehr sauberer, im internationalen Stil vinifizierter Chardonnay, bei dem die Herkunft schwer zu erschmecken ist. Die Qualität stimmt aber in jedem Fall (Goldmedaille bei der AWC).

2020er "Familia" Santorini P.D.O. Assyrtiko (Hatzidakis, Santorini) -Griechenland-
ein bio-dynamisch erzeugter, im Edelstahl ausgebauter Assyrtiko von vulkanischen Böden.
Elegant fruchtige Nase (Grapefruit, Zitrus, Hauch Blutorange), überhaupt nich plakativ, am Gaumen komplett trocken, kräftiger Körper (14 Vol%), der aber durch eine kräftige Säure perfekt ausbalanciert wird, saftige Gelbfrucht, steinige Mineralität, viel Volumen, Extrakt und Körper, aber in keiner Weise mastig oder schwerfällig, langer Abgang. Ein sehr gelungener Assyrtiko, der das ganze Potential dieser Rebsorte aufzeigt.

2019er Wipfelder Zehntgraf Silvaner "M" QW trocken (Uwe Geßner, Garstadt) -Franken-
einer der Topweine vom "Aufsteigerweingut" (laut Vinum-Führer), stammt aus einem Weinberg mit über 50 Jahre alten Reben, eine Partie wurde klassisch im Stahltank vinifiziert, der andere Teil wurde maischevergoren (daher das "M" !), danach Ausbau im gebrauchten Tonneau und unfiltrierte Abfüllung.
Dezentes, klares Gelbgold, elegante Nase nach Quitten, Äpfeln, dezent nussig, perfekter, leicht rauchiger Holzeinsatz, am Gaumen absolut trocken (1,1 RZ),lebendige Säure (6,6 Promill), die dem Wein Schwung und Trinkfluss verleiht, nur mittelgewichtiger Eindruck (13 Vol%), aber mit einiger Konzentration, ausgezeichnete Struktur mit dezentem Holzeinfluss und etwas Gerbstoff, durchaus komplex und noch ganz am Anfang stehend, auch wenn er jetzt schon viel Spass macht. Für mich absolut auf GG-Niveau, hatte aber auch 21 EURO ab Weingut gekostet.

2016er Kammerner Renner Grüner Veltliner 1ÖTW (Schloß Gobelsburg) -Kamptal-
in der Nase angenehm gereift, dezent tropische Früchte, aber dezent, am Gaumen trocken, aber mit etwas Extraktsüsse, kräftiger Veltliner mit einigem Schmalz, angenehme Säure, körperreich (13,5 Vol%), aber in keiner Weise adipös, reife Gelbfrucht (Birne, Aprikose), erinnert durchaus an manchen fränkischen Silvaner, gute Länge. Sicherlich ein perfekter Speisenbegleiter für die Wiener Küche.

2014er Ayler Kupp "Faß 18" Riesling GG (Peter Lauer, Ayl) -Mosel (Saar)
perfekt gereiftes GG von der Saar aus einer 1956 gepflanzten Rebanlage, ein Hauch Petrol, reifer Pfirsich, etwas Grapefruit, sehr elegant, nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), am Gaumen passende, dezente Restsüsse (knapp 8 Gramm), reife Säure (gut 8 Promill),komplexe Mischung aus Zitrusfrucht und reifer Würze, gute, aromatische Länge. Sehr gelungenes GG von der Saar.

Die 8 Rotweine folgen in Kürze !

LG
Bodo
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weinaffe

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Re: Europa-Weinprobe in Würzburg

BeitragSo 18. Dez 2022, 15:47

.... und weiter geht es mit den europäischen Weinen in Rot:

2015er Dao Reserva DOC tinto (Alvaro Castro, Quinta da Pellada)-Dao (Portugal)-
eine spannende Cuvee aus Alfrocheiro, Touriga Nacional und Tinta Roriz (=Tempranillo), ausgebaut vom "Altmeister" der Dao-Weine: rubinrote Farbe mit leichter Randaufhellung, animierende Nase nach knapp reifen roten Beeren (Cassis,Craneberries, Brombeeren und Kirsche), etwas Tabak und Tintenblei, etwas kräutrige Akzente, am Gaumen ohne jegliche Restsüsse, feine Säure, "kühler" Eindruck, nur mittelgewichtig (13 Vol%),feinkörniges Tannin, saftige Dunkelfrucht (vor allem Kirsche und Cassis), unterlegt mit Kräutern, ganz zarter Holznote, wirkt völlig im Lot und erst am Beginn seiner Reife, mittellanger, harmonischer Abgang. Sehr gelungener Dao Reservewein zu sehr vernünftigem Preis.

2018er "Plakoura" Mandilari Crete PGI (Lyrarakis, Alagni) -Kreta (Griechenland)-
Einzellagenwein (Plakoura, 500 m über NN) aus der autochthonen griechischen Rebsorte Mandilari,12% der Trauben wurden sonnengetrocknet, 12 Monate Barriqueausbau.
Kräftiges Rubinrot, ebenso kraftvolle Nase mit reifer Dunkelfrucht (Kirsche, reife Pflaumen), dezente Holznoten mit einem Hauch "Strohwein-Feeling", das aber wunderbar zu diesem Wein passt, am Gaumen zwar trocken (2,1 Gr. RZ), aber mit deutlicher Extraktsüsse, schrammt etwas an der Marmeladigkeit, bekommt aber dank der griffigen Säure (6,9 Promill) noch die Kurve, reife Zwetschge, Süsskirsche, Hauch Zimt, kraftvoller Typ (14 Vol%), der Alkohol ist aber gut eingebunden,ein Hauch steinige Mineralität, mittellanger bis langer, würzig-kraftvoller Abgang. Ein sehr stimmiger Wein für Liebhaber kraftvoller Rotweine.

2017er "Les Terrasses" Laderas de Pizzara Priorat DOQ (Alvaro Palacios)- Priorat (Spanien)-
gebietstypische Cuvee aus Garnatxa und Carinena mit einem kleinen Schuss Cabernet Sauvignon von einem der bekanntesten spanischen Weinpersönlichkeiten, sehr alte Reben, geringer Ertrag und 17-monatiger Barriqueausbau.
Obwohl es sich nur um einen Wein der gehobenen, mittleren Range der Priorat-Rotweine von Alvaro Palacios handelt, bietet er schon sehr viel: leicht durchscheinendes Rubinrot, feine, beerige Aromatik mit dezent Holz, etwas Wermutkraut, sehr eiladende Nase. Am Gaumen komplett trocken, saftige Säure, Tannin weitgehend abgeschmolzen, reife Dunkelfrucht (Himbeere, Heidelbeere und Süsskirsche) mit deutlicher, leicht rauchiger Schiefer-Mineralität, die diesen Wein sofort als Priorat-Rotwein entlarvt, kraftvoller, aber ausgewogener Rotwein, der trotz 14,5 Umdrehungen nicht alkoholisch wirkt, klingt mit reifer Frucht relativ lange aus. Sehr typischer und durchaus hochwertiger Gebietsvertreter.

2017er "Conceito" Vinho tinto Douro DOC (Conceito Vinhos, Rita Marques) -Douro (Portugal)-
Fieldblend aus einem Weinberg im Douro Superior mit gut 20 Rebsorten ( u. a. Touriga Nacional, Touriga Franca, Tinta Roriz, Rufete. Tinta Amarelha), gut 80 Jahre alte Reben, 20 Monate im französischen Barrique, 14 Vol%.
Hinter diesem Conceito (Konzept) steckt niemand anderes als eine der besten Winemaker (-innen) Portugals, nämlich Rita Marques. Und der Wein ist ein Volltreffer: dichtes, aber ganz leicht durchscheinendes Rubin, sehr komplexe Nase mit tiefer Frucht ( Herzkirsche, Granatapfel, Himbeere) und feiner Würze (Kardamon, dezent kräutrig, feinster Havanna-Tabak), perfekter, kaum merklicher Holzeinsatz, noch sehr jugendlich, aber absolut mundwässernd und spannend. Am Gaumen völlig trocken, sehr feine Dunkelfrucht-Aromatik, saftige Säure, noch reifebedürftiges, aber sehr feinkörniges Tannin, trotz 14 Vol% kein Blockbuster, ideale Kombi aus Kraft und viel Finesse, sehr langer retronasaler Nachhall.
Großartiger Douro-Rotwein mit großem Potential für weitere Reife. Jeden Cent wert ( ca. 33 EURO im hiesigen Fachhandel).

2017er Barolo DOCG "Serra dei Turchi" (San Silvestro, Novello) -Piemont (Italien)-
Einzellagenwein (230 m über NN, nord-östlich von La Morra gelegen), klassischer Ausbau in grossen Fässern aus slawonischer Eiche.
Durchscheinendes Rubinrot mit dezenten Ziegelrot-Reflexen, zieht kräftige "Kirchenfenster" im Glas, sortentypische Nebbiolo-Nase mit einer Mischung aus grüner Ätherik und reifer Süsskirsche mit etwas Pflaume, kraftvoller Eindruck schon in der Nase, am Gaumen zwar komplett durchgegoren, aber mit deutlicher Sucrosite (Extraktsüsse), passende Säure, kraftvoller Typ, der seine 15 Vol% aber einigermaßen gut im Zaume hält, auf der Zunge wiederum eine Mischung aus ätherischen Noten (Minze, welke Rose) und satter Dunkelfrucht, ein Hauch Rumtopf-Feeling, aber wieder aufgefangen durch eine kräftige, noch reifebedürftige Tanninschicht, durchaus langer aromatischer Abgang.
Sicherlich ein noch jugendlicher Barolo, dem noch etwas die Harmonie fehlt. Gehört sicherlich nicht zur Barolo-Spitzenklasse, der Produzent versteht es aber recht gut, durchaus typische Barolos zu sehr verbraucherfreundlichen Preisen auf den Markt zu bringen.

2016er Brunello di Montalcino DOCG (Casanova di Neri, Montalcino) -Toskana (Italien)-
kräftiges, fast blickdichtes Purpur, sehr komplexe, fast ebenmäßige Nase nach reifen Beeren, perfekter Holzeinsatz, zarte, würzige Noten, verbessert sich mit Luft immer mehr, komplett trocken, aber mit reichlich Extrakt, trotzdem ein eleganter, keineswegs überladener Brunello, ultrafeines, aber durchaus noch reifebedürftiges Tannin, mittelkräftig bis kraftvoll, die 14,5 Vol% sind aber aufgrund der Säure und des Riesenextrakts überhaupt nicht spürbar, am Gaumen toller Mix aus reifer Dunkelfrucht und perfektem Holzeinsatz, der noch etwas Mokka und Tabak beisteuert, langer, ebenmäßiger Abgang. Hochwertiger Brunello aus einem großen Jahr, der zwar schon jetzt mundet, aber seine ganze Klasse wohl erst in 5-10 Jahren zeigen wird.

2007er Gran Reserva "904" Rioja DOCa (La Rioja Alta, Haro) -Rioja (Spanien)-
Diese Gran Reserva aus 90 % Tempranillo und 10% Graciano hat eine 9-jährige Lagerzeit (4 Jahre Fass, 5 Jahre Flasche) hinter sich gebracht und ist jedes Jahr eine Bank: leicht durchscheinende, rubinrote Optik, herrlich komplex-würzige Nase, ja, der Wein hat Bret, aber in solch edler Form, dass es schon wieder genial ist, Tabak, altes Leder, Graphit, ein Hauch Pferdeschweiss, vermischt mit einer makellosen Dunkelfrucht (Herzkirsche, Granatapfel, Zwetschge), man könnte sich stundenlang mit Riechen beschäftigen. Am Gaumen komplett trocken, viel Extrakt, der wiederum Süsse vorgaukelt, seidenweiches Tannin mit angenehmer Säurespannung, frisch und gereift zugleich,völlig integrierter Alkohol (13,5 Vol%), äusserst harmonisch und komplex, tolle Länge. Ein Klassiker at its best ! Mehr davon !

2009er Chateau Monbrison Cru Borgeois (Chateau Monbrison, Margaux) -Bordeaux (Frankreich)-
Cuvee aus 50 % Cabernet Sauvignon, 30% Merlot, 15% Cabernet franc und 5% Petit Verdot, stammt aus einem kleinen, familiengeführten Weingut (Familie Vanderheyden, Rebfläche 13,6 ha), das stets untadelige, margaux-typische Weine auf Grand-Cru-Niveau produziert. Dieser Wein aus einem warmen Jahrgang macht da keine Ausnahme: noch recht jugendliche Optik, opaker Kernbereich mit leichter Randaufhellung, sehr feine, komplexe und gut entfaltete Nase (Cassis, Brombeere, Kirsche), angereichert durch würzig-kräutrige Noten, auch in diesem heissen Jahr voll der Eleganz verpflichtet, sehr zurückhaltender Holzeinsatz, am Gaumen nur mittelgewichtiger Eindruck (13,5 Vol %), fein strukturierende Säure, feinkörniges, schon teilweise abgeschmolzenes Tannin, durchaus Extrakt, aber nicht übervinifiziert, gekonnter Mix aus Frucht und Würze, sehr fein und in sich ruhend, lange Rückaromatik.
Für mich ein sehr typischer, feiner Margaux, der bewusst nie auf maximale Extraktion zielt, sondern immer die Eleganz und Finesse in den Vordergrund stellt. Jetzt schon mit viel Genuss trinkbar, dürfte sich aber über die nächsten Jahre noch etwas verfeinern. Ein stets sicherer Bordeauxwert.

Nette Leute, angenehmes Ambiente und eine Probe ohne jegliche Ausfälle. Den Teilnehmern hat es offensichtlich auch gefallen..

Im neuen Jahr gehts weiter.

Frohe Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins neue Jahr !

LG
Bodo
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Sauternes

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Re: Europa-Weinprobe in Würzburg

BeitragSo 18. Dez 2022, 16:48

Vielen Dank für die ausführlichen Weineindrücke, den einen oder anderen Wein kenne ich sogar, Portugal ist schon eine Versuchung wert, da gibt es einige sehr gute Weine.
Wünsche dir auch schöne Weihnachten und eine guten Rutsch :) .

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