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Österreich-Weinprobe in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe

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Österreich-Weinprobe in Würzburg

BeitragMo 10. Okt 2022, 19:41

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weinnasen in der örtlichen VHS, um eine Auswahl interessanter Weiß- und Rotweine aus der Alpenrepublik zu verkosten. Es waren folgende 15 Weine am Start (10 x weiß, 1 x rose, 4 x rot), die fast ausnahmslos überzeugen konnten:

2021er Gelber Muskateller QW trocken (Thomas Herndler, Schiltern) -Kamptal-
Gewinner beim Langenlois-Champion in der Kathegorie der duftbetonten, trockenen Weine:
Sehr feine elegante, traubige Muskat-Nase, absolut klar und typisch für den Jahrgang,harmonische Säure, mittlere Länge, der ideale Apero für die Terrasse, der einen den Sommer ein Stück wiederbringt.

2020er Schilcher "Ried Hochgrail" Weststeiermark DAC (Langmann, St. Stefan) -Weststeiermark-
ein etwas "gezähmter" Blauer Wildbacher-Rosewein mit Kraft und Fruchtdichte, Cassis, etwas Holunder, saftig, mit reifer Säure und guter Länge. Ein Schilcher auch für Weintrinker, die mit rassigen, säurebetonten Weinen nicht so viel am Hut haben.

2020er Ziersdorfer "Ried End des Berges" Sylvaner QW tr. (Hofbauer-Schmidt) -Weinviertel-
obwohl die Rebsorte wohl aus dem Donauraum stammt, ist der Sylvaner aufgrund der erdrückenden Dominanz des Grünen Veltliners kaum noch in Österreich anzutreffen. Leider, wie dieser Wein beweist: sehr gelungener Sortentyp mit eleganter, zurückhaltender Gelbfrucht und deutlicher, salziger Mineralität, perfekt ausgewogen, gute Länge. Dieser Wein würde in einer Blindprobe mit gutklassigen Silvanern aus Franken in keiner Weise negativ auffallen. Eine echte Überraschung!

2021er "MTX" Müller-Thurgau Extrem Landwein tr. (Domäne Wachau, Dürnstein) -Wachau-
ein im Betonei spontan-vergorener, unfiltrierter, ungeschönter und ungeschwefelter Wein aus einer 60 Jahre alten, höher gelegenen M-TH-Parzelle, der ebenfalls positiv überrascht: absolut fehlerfreie Nase mit durchaus erkennbarer Müller-Thurgau-Stilistik, naturtrüb, Lederapfel, Muskat-Blüte, etwas Birne, gut strukturiender Gerbstoff-Grip, gute Länge, ein "Raw"-Wein, der auch für Leute akzeptabel ist, die mit "Naturweinen" nicht viel anfangen können.

2018er Grüner Veltliner "In der Schablau" DAC Reserve (Ingrid Groiss, Breitenweida) -Weinviertel-
ein kräftiger, aber weicher Sortentyp aus diesem gehypten Bio-Weingut, bei dem die 13,5 Vol% doch jahrgangsbedingt etwas bemerkbar sind. Der einzige "Underperformer" in dieser Probe, zumal Ingrid Groiss in den Vorgängerjahrgängen schon bewiesen hat, dass sie es deutlich besser kann.

In Kürze folgen die restlichen Weine !

LG
Bodo
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weinaffe

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Re: Österreich-Weinprobe in Würzburg

BeitragDo 13. Okt 2022, 16:58

.... und weiter geht es mit den Weinen aus Österreich:

2020er Senftenberger Ried Ehrenfels Grüner Veltliner DAC Reserve (Proidl, Senftenberg) -Kremstal-
schon in der Nase ein tiefgründiger GV mit pfeffriger Würze, reifes Kernobst, pfeffrige Würze, sehr elegant, am Gaumen dicht mit kühler Würze, feine Säure, sehr lang und extraktreich, aber in keiner Weise anstrengend. Ein GV nahe an der Perfektion. Toller Wein, der sich preislich aber mit VDP-GGs auf Augenhöhe bewegt.

2017er Engabrunner Stein Grüner Veltliner Kamptal DAC (Bernhard Ott, Feuersbrunn) -Wagram-
der Wagramer Starwinzer besitzt auch Lagen auf der Kamptaler Seite, so wie diese: tolle Exotik in der Nase, etwas Maracuja, Mango und reifer Pfirsich, verpackt in kräutriger Würze, noch sehr jugendlich und frisch, kein Blockbuster, toller Trinkfluss, jahrgangsbedingt etwas "kühlere" Stilistik, aber mit dem notwendigen Fett an den Knochen. Sehr hochwertiger GV.

2019er Rossatzer Ried Kreuzberg Grüner Veltliner Smaragd (Georg Frischengruber, Rossatz) -Wachau-
ein Top-Wein vom Bruder des Kellermeisters der Domäne Dürnstein von der "falschen" Donauseite, die aber aufgrund des Klimawandels immer interessanter wird: von 60 Jahre alten Reben wurde der Wein im Tonneau ausgebaut, kraftvoller, aber nicht alkoholischer Smaragd (13,5 Vol%), dezente Säure, die dennoch den Wein im Lot hält, reife Gelbfrucht (Marille, Birne, reifer Apfel), dezente Würze, das Holz nur unterstützend, etwas Malo spürbar, aber nicht unangenehm, sehr in sich ruhender Wein mit großer Länge. Hochwertiger Wein, der aber mit 33 EURO ab Weingut nicht gerade ein Schnäppchen ist. Mir persönlich haben die beiden GV von Ott und Proidl besser gefallen.

2018er Leutschacher Oberkranachberg Sauvignon blanc DAC (Skoff Original,Gamlitz)-Südsteiermark-
verhaltene, keineswegs plakative Nase nach Stachelbeeren, Kiwi und etwas Cassis, dezenter Holzton (Ausbau im 3.000-Liter-Holzfass), am Gaumen dezente Säure (5,0 Promill), aber komplett trocken, gut eingebundenes Holz, kraftvoll, extraktreich, jahrgangsbedingt fehlt ein Tick Frische, aber trotzdem harmonisch mit guter Länge.

2018er Loibner Steinertal Riesling Smaragd (F. X. Pichler, Oberloiben) -Wachau
reife Gelbfrucht (Marille, Birne, etwas Agrumen), tiefe Aromatik mit überraschenderweise deutlich floralen Akzenten, am Gaumen kraftvoll, zarter Hauch Bortrytis, etwas Extraktsüsse, dicht, Gelbfrucht mit dezent Rose, füllig, Alkohol (13 Vol%) sehr gut eingebunden, zarte, aber auflockernde Säure, einige Länge. Ein klassischer, sehr hochwertiger Wachauer Smaragd aus einem warmen Jahr.

2018er Grüner Veltliner Eiswein (Schloß Gobelsburg) -Kamptal-
sehr expressive, glasklare Nase nach reifen Marillen, Maracuja und etwas Litschi, tolle Würze, messerscharf vinifiziert und wunderbar reintönig, am Gaumen saftige Gelbfrucht mit perfektem Süsse-/Säurespiel, wunderbar ausgewogen, tolle Würze, extrem lang. Die pure Essenz der Traube ! Perfekter, sehr harmonischer Eiswein zu einem sehr verbraucherfreundlichen Preis (halbe Flasche 36 EURO).

Die restlichen 4 Rotweine folgen in Kürze !

LG
Bodo
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weinaffe

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Re: Österreich-Weinprobe in Würzburg

BeitragFr 14. Okt 2022, 14:41

.... und weiter geht es mit den 4 Rotweinen aus Ösi-land:

2018er Golser Goldberg Zweigelt DAC Reserve (Gebrüder Nittnaus, Gols) -Neusiedlersee-
sehr kräfiges, fast blickdichtes Schwarzrot, ein Potpourri an dunklen Früchten (Brombeere, Craneberry, Pflaume und Cassis), dezente Holznote, leicht vegetabile Kräuterwürze, am Gaumen mit einiger Kraft, dezent extraktsüss, satte dunkle Frucht ohne jegliche Marmeladigkeit, gut integrierter Alkohol (14 Vol%), passende Säure, gute aromatische Länge. Ein sehr überzeugender Sortenvertreter, der wohl ziemlich das Maximum aus dieser Rebsorte herausgeholt hat.

2015er Cabernet Sauvignon Reserve QW tr. ("Juris" Fam. Stiegelmar, Gols) -Neusiedlersee-
der 20 Monate in teilweise neuen 500-Liter-Fässern ausgebaute Cabernet zeigt sich durchaus sortentypisch: deutlich Cassis, etwas Kirsche, unterlegt mit etwas Zedernholzwürze, keinerlei Bret-Noten, sehr klar und direkt in der Aromatik, am Gaumen trocken mit etwas Sucrosite, feine Säure, die den Alkohol (14 Vol%) gut konterkariert, gute Fruchdichte mit feinsandigem Tannin, sehr ausgewogen und saftig, klingt lange aus. Vorbildlicher Sortenvertreter, der jetzt schon viel Spass macht aber auch noch einige Jahre sich verfeinern kann.

2015er Joiser Jungenberg Blaufränkisch Leithaberg DAC (Hans Nittnaus, Gols) -Neusiedlersee-
einer der Topweine von "Jack" Nittnaus liegt am nördlichen Ende der Leithaberg DAC und macht seiner Herkunft alle Ehre: ausgesprochen jugendlicher Eindruck schon in der Nase, der Wein benötigt viel Luft, satte, aber nicht plakative Dunkelfrucht mit nur stützender Holzaromatik, sehr tief und komplex, gibt noch nicht alles Preis, am Gaumen komplett trocken mit saftiger Säure, das Tannin ist noch nicht ganz abgeschmolzen und gibt dem Wein einen dezent angenehm rustikalen Charakter, sehr tiefe Dunkelfrucht mit feiner Kräuterwürze, viel Extrakt, aber ohne jegliche Schwere, enorme Länge. Das ist sicherlich ein Langstreckenläufer und ein charaktervoller Blaufränkisch vom Feinsten. Der am nächsten Tag verkostete Restwein legte nochmals eine Schippe drauf. Absoluter High-End-Blaufränker, der seine 49 EURO ab Hof wirklich wert ist. Man sollte diesem Wein aber noch mindestens 5 Jahre Flaschenlager geben.

2015er Blaufränkisch Eisenberg DAC Reserve (Uwe Schiefer, Welgersdorf) -Südburgenland-
zum Abschluss noch einmal 2015er Blaufränkisch vom Eisenberg, der sich auf dem gleichen Top-Niveau (auch preislich) völlig anders präsentiert. Während der Nittnaus-Leithaberg die Rolle des Chateau Latour übernimmt, spielt der Schiefer-Eisenberg gekonnt den Mouton-Rothschild. Absolut komplexe und ultrafeine Aromatik, feiner Tabak, ein Hauch Leder, ein Hauch Bret für die Komplexität, toller Holzeinsatz, feine Beerenfrucht (Cassis, Brombeere) mit etwas Süsskirsche, ein richtiges Nasentier, auch der Geschmack enttäuscht nicht, deutliche Extraktsüsse trotz komplett trockenen Ausbau, schön integrierte Säure, ultrafeines, fast abgeschmolzenes Tannin, auch hier wieder Tabak und etwas Zedernholz mit deutlich Graphit (für mich typisch Eisenberg), sehr komplexer, völlig in sich ruhender Wein, der sich fast komplett geöffnet hat, kann jetzt schon hemmungslos getrunken werden, wird aber aufgrund seiner Fruchtdichte und Ausgeglichenheit mit Sicherheit in den nächsten 5-10 Jahren auch noch riesigen Spass machen.
Wer von den beiden Blaufränkern die Nase vorne hat, ist letztlich reine Geschmackssache. Mein Favorit zum jetzigen Zeitpunkt ist der Eisenberg-Blaufränker, in 10 Jahren könnte aber der Leithaberg-Blaufränker eine noch größere Sünde wert sein.

Fazit:
Grüner Veltliner ist das Trumpf-As im österreichischen Weinbau. Dort können in allen Gewichtsklassen, auch in edelsüss, Weine auf internationalem Top-Niveau produziert werden. Mit dem Blaufränkisch in seiner feinsten Ausführung sind die Winzer in Österreich international auch auf Top-Niveau absolut konkurrenzfähig.

In 8 Tagen werden wir uns an gleichem Ort mit autochthonen Rebsorten beschäftigen. Das verspricht wieder eine abwechslungsreiche und spannende Weinprobe zu werden. Ich werde wieder berichten !

LG
Bodo

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