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Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant?

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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Kle

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragFr 9. Sep 2022, 20:42

Bernd Schulz hat geschrieben:Und ganz und gar abwegig :o erscheint mir das bittere Tannin, welches in Alexens VKN auftaucht - da muss dann schon etwas völlig anderes als bei mir in der Pulle gesteckt haben! :!:


bitteres Tannin schmeckte ich auch.
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Tristram Shandy
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Bernd Schulz

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragFr 9. Sep 2022, 21:12

Kle hat geschrieben:....bitteres Tannin schmeckte ich auch....


Ich nicht einmal ansatzweise, obwohl ich mir einbilde, diesbezüglich besonders empfindlich zu sein. :?

Da müssen dann wohl doch die Flaschenvarianzen als Erklärung der ganz und gar unterschiedlichen Wahrnehmungen herhalten....

Herzliche Grüße

Bernd
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amateur des vins

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragFr 9. Sep 2022, 21:48

Bernd Schulz hat geschrieben:
Kle hat geschrieben:....bitteres Tannin schmeckte ich auch....
Ich nicht einmal ansatzweise, obwohl ich mir einbilde, diesbezüglich besonders empfindlich zu sein. :?

Da müssen dann wohl doch die Flaschenvarianzen als Erklärung der ganz und gar unterschiedlichen Wahrnehmungen herhalten...
Dieser Schluß ist dann doch etwas weit hergeholt, findest Du nicht?
Besten Gruß, Karsten
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Herr S.

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSa 10. Sep 2022, 16:40

Moin,

mal sehen, was sich mit einem Tag offen im Keller getan hat:

Jordi Domenech - Petit Clos Penat, 2013

Hier hat sich im Duft nicht viel getan, die dominant rumtopfige Note ist immer noch da in Verbindung mit holzig-oxidativen Düften, alles zusammen wenig einladend. Am Gaumen wird der Wein etwas besser, weniger wärmend aber immer noch mit reifer Beerenfrucht, hinten raus kommen die dumpf-holzig-oxidativen Noten etwas hervor, wirkt dann auch etwas süß-sauer. Trinken lässt sich das heute etwas besser da er etwas strukturierter daherkommt. Was Punkte angeht bewege ich mich im niedrigen 80-Punkte-Bereich.

Balaguer I Cabre - Lluna Vella, 2013

Die laktischen Noten sind immer noch da aber der Wein entwickelt sich. Da ist ein wirklich schöne, blaubeerige Frucht aber auch etwas Dunkles, Schweres, ich kann es schwer beschreiben, etwas Edelholz oder auch ein frisch abgelöschter Bratensatz. Am Gaumen ist das ein schön strukturierter Wein mit feinen, stützendem Resttannin, ätherischen Noten und dem Hauch Priorat-Schiefer-Würze sowie schöner Beerenfrucht. Ich hatte ja schon viel aus Torstens Portfolio probiert, diesen Produzenten hatte ich bisher aber nicht.

Ficaria Vins - Cerverola, 2014

Da ist immer noch ein korkig-muffiger Ton. Am Gaumen ist dieser Ton deutlich dezenter, der Wein ist doch gut trinkbar und zeigt immer mehr das, was dieser Erzeuger in die Flasche bringen kann nämlich Grenache-Weine, die Kraft und Eleganz in einem balancierten und komplexen Wein zu verbinden verstehen. Wenn datiere minimal dumpfe Note nicht wäre.

Wie sehen denn die anderen die Weine heute?

Liebe Grüße,
Björn
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Michl

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSa 10. Sep 2022, 19:09

Vom Petit Clos Penat gibt’s heute nichts mehr, aber im Rückblick sehe ich den Wein skeptischer. Es bleibt leider v.a. die Erinnerung an einen latent brandigen Wein, den man nur mit Kühlung domestizieren kann. Das ist dann halt doch nicht so toll.
Die eigentliche Kontroverse habe ich jedoch bei Lluna Vella vermutet. Ich habe diesen Wein jetzt den 4. Tag im Glas und bin im Verhältnis zum Preis trotz einzelner interessanter Momente wirklich sehr enttäuscht. Das ist gar nichts für mich. Torsten, bitte verstehe das nicht falsch, ich bin dir sehr für deine Empfehlung dankbar und die Probe ist lehrreich, aber das ist halt ganz subjektiv betrachtet ein Wein, der völlig an meinem Geschmack vorbeischießt.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Flasche okay war, und gebe jetzt einfach wieder, wie's mir mit dem Wein ging:

1. Tag (nach 5 h an der Luft): relativ schwere, unmittelbar etwas muffig-modrig wirkende Nase, sehr dunkler, fast schwarzer Charakter, wirkt kokelig, ist es aber nicht (sic!), eigentlich keine Frucht, wenn dann im Kern versteckt, puuh, schwierig, schlechte Flasche?
Im Mund besser, deutlich extraktsüß, süßere, aber doch hinreichend stützende Säure, die mit Eintrinkzeit sogar regelrecht lebendig und belebend wird, Tannin etwas mehliger als beim Petit Clos Penat und prominenter, aber noch nicht richtig anstrengend, extrem hoher Alk ist eigentlich gut verpackt, noch später sogar in Ansätzen subtile Aspekte, aber ziemlich monolithisch.
3.Tag: ziemlich kühl getrunken, vielleicht 13-14 °: extrem gedeckt, kann kaum eine Aromatik in der Nase pointiert wahrnehmen, mit ca. 15° kommt dann aber ein faszinierender Blaufruchtton durch, der Muff ist nur noch im Hintergrund da, im Mund aber wieder etwas modrig, Kellermuff, viel Tannin, aber auch eine recht freundlich-herzliche, süß-runde Säure, die Extraktsüße schmecke ich heute nicht mehr, dafür knallen die Tannine im Abgang zu sehr die Frucht weg.
Am 4 .Tag beißt plötzlich die Säure. Aromatik bleibt im Mund flach, kein Spiel, relativ träge und ausdrucksarm.


Für mich war auch dieser Wein ein Wechselbad. Am Schluss sind das für mich 87-88 P und es bleibt die Enttäuschung über einen für meinen Geschmack viel zu teuren Wein.
Viele Grüße

Michl
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Kle

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 01:59

Michl hat geschrieben:Vom Petit Clos Penat gibt’s heute nichts mehr, aber im Rückblick sehe ich den Wein skeptischer. Es bleibt leider v.a. die Erinnerung an einen latent brandigen Wein, den man nur mit Kühlung domestizieren kann. Das ist dann halt doch nicht so toll.

Unsere unterschiedlichen Kühl-Anstrengungen mögen auch einige der Meinungsverschiedenheiten erklären. Meine Eindrücke finde ich viel mehr in den VKN von Alex, Björn und Deinen späteren wieder als in Bernds, Noras oder Deiner anfänglichen. Vor dem Absturz in untere 80er Ränge bewahrten den Wein für mich die beschriebenen geheimnisvoll vielschichtigen Momente.
Lluna Vella hat eine gewisse aromatische Schönheit wie von Björn herausgestellt und ich schmecke die reizvolle Schiefermineralik, von der Philipp schreibt. Er ist mir aber zu einfach gestrickt. Es gibt viele aromatische Anfänge, die rasch enden.
Die von dir erwähnten Mufftöne gab es bei mir nicht. Aber dies:
Michl hat geschrieben:Aromatik bleibt im Mund flach, kein Spiel, relativ träge und ausdrucksarm.

Obwohl makelloser als Petit Clos Penat kann ich ihm nur 86 Punkte geben.
Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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amateur des vins

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 07:54

Michl hat geschrieben:Aromatik bleibt im Mund flach, kein Spiel, relativ träge und ausdrucksarm.
An anderer Stelle hier im Forum wurde mir mal erklärt, der Begriff "Spiel" - ein Wort, das mir bei Wein überhauptnicht in den Sinn kommt - sei die Kurzform für "Süß-Sauer-Spiel', was auch in dieser Kombination für mich keinen Sinn ergibt; aber kann man ja so definieren.

Aber das wirst Du hier ja nicht gemeint haben, oder? Ist es das, was manche mit "lebendig, lebhaft" umschreiben?
Besten Gruß, Karsten
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Kle

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 11:42

amateur des vins hat geschrieben:der Begriff "Spiel" - ein Wort, das mir bei Wein überhauptnicht in den Sinn kommt

als ich diesen Begriff in Bezug auf Wein zum ersten Mal las, war ich froh darüber, weil er es schafft, recht viele Phänomene auszudrücken, die ansonsten schwer einzufangen wären. Dabei ist Spiel zum einen ein technisch-physikalischer Begriff. Wenn etwas Spiel und Spielraum hat, sitzt es nicht fest, sondern ist flexibel und beweglich. Wie Weine, die aromatisch nicht starr sind, sondern bei einem Schluck verschiedene Eindrücke „anspielen“ und dadurch vieldeutig erscheinen. Hier spielen auch weitere Bedeutungen von Spiel herein. Einen Nagel schlage ich nicht spielerisch in die Wand, sondern will, dass ein Zweck erfüllt wird. Ähnlich dem Wunsch, dass ein Getränk nach Wein schmeckt oder auch nach der Region Montsant. Das Spielerische gönne ich mir hingegen, um nicht nur etwas richtig zu machen, sondern aus der reinen Freude an Varianten, Überraschung und Wechselwirkungen.

Gruß, Kle
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Nora

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 11:43

Gestern hatte ich Gäste und so war die Fortsetzung der Verkostung nicht möglich.

Nachdem wir aus dem Restaurant gekommen waren, hatten wir aber noch ein kleines Glas vom

Balaguer I Cabre, Lluna Vella 2013.

Heute Morgen las ich noch einmal eure Notizen zu dem Wein und bin nun doch etwas ratlos.

Mein erster Naseneindruck war nämlich wieder deutlich Katzenurin gepaart mit Zitrusfrucht. Am ersten Tag hatte ich Orange notiert, das muss ich jetzt präzisieren in Richtung Grapefruit und Kumquat. Auch der medizinale Duft war wieder da, den ich aber auch mit kräuterigen Tönen nach Rosmarin und Zitronenthymian beschreiben könnte. Dazu Duft nach roten Beeren.

Meine Mittrinker konnten Katzenurin nicht bestätigen und rochen Johannisbeere, und zwar schwarze. Und nachdem dieser Begriff im Raum war, konnte auch ich aus dem Katzenurin wohlwollend schwarze Johannisbeere heraus riechen.

Ich hatte weder einen muffig-modrigen Ton, noch wirkte der Wein dunkel/kokelig, sondern eher hellfruchtig. Auch laktische Noten nahm ich nicht wahr, etwas animalisch, fleischiges kann ich durchaus nachvollziehen.

Am Gaumen war der Wein gestern für mich recht anstrengend, stark säure- und alkoholhaltig, was ich aber auf die schon fortgeschrittene Zeit und Müdigkeit schob.

Es ist noch etwas übrig und ich werde nachprobieren.

VG, Nora
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Michl

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 18:58

Okay, dann eröffne ich 'mal den Reigen zum Flagschiff der Probe: Cerverola, 100% Garnatxa, 15%vol

Nach 5 h an der Luft: sofort klar als hochklassig zu erkennende Nase, fällt mir sehr schwer zu beschreiben: Blaufruchtmix, Lorbeer, Piment, schwarzer Pfeffer, Hauch dunkel gebackenes, spekulatiusartiges Gebäck, darüber ein genialer ätherischer Oberton, der dem Wein Frische verleiht (auch minimals lackartig), insgesamt vibrierend-lebendige Nase, sehr schön.
Im Mund so frisch und animierend, wie ich mir das in der Region nie vorstellen können hätte, (aber eben nur relativ zur Region, der Wein ist kein Leichtgewicht und auch hier pumpt der Alk), recht viel, sehr feinkörniges, fast mehliges Tannin, klare und vornehme Aromatik, bleibt leise und vornehm zurückhaltend, letztlich sehr kultiviert.
Im Laufe der Tage baut er etwas ab, die Nase zeigt kurzzeitig eine Plastiknote (aber bereichernd) , verliert insgesamt aber ihren lebendigen Charakter und wird ruhiger, vordergründig auch einfach, bleibt aber hinten raus edel, nuanciert und mit Tiefe. Mit Eintrinkzeit trocknet das Tannin leider aber immer stärker und ganz hinten im Abgang bleibt auch eine portige Note stehen.
Summa summarum gefällt mir das jetzt aber wirklich sehr. Stilistisch ist das zwar ein Wein, den ich nicht häufig trinken könnte, dafür ist er mir einfach zu alkoholisch, aber qualitativ ist das für mich ein klar herausragender Wein. 92 P. Wenn es etwas zu moppern gibt, dann am Preis. Für 50 € würde ich ihn nicht wieder kaufen.
Viele Grüße

Michl
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