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Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant?

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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Bernd Schulz

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 19:42

amateur des vins hat geschrieben:An anderer Stelle hier im Forum wurde mir mal erklärt, der Begriff "Spiel" - ein Wort, das mir bei Wein überhauptnicht in den Sinn kommt - sei die Kurzform für "Süß-Sauer-Spiel', was auch in dieser Kombination für mich keinen Sinn ergibt; aber kann man ja so definieren.


Im Jargon der bösen Süßweintrinker ist der Begriff "Spiel" fest verankert. Gemeint ist damit, dass der Restzucker und die Säure ständig um den Ball kämpfen, ihn sich gegenseitig abjagen, dann wieder zuwerfen. Wenn man ein paar Weine, bei denen genau dies geschieht, probiert (und verstanden :mrgreen: :twisted:) hat, wird der Sinn, den das Wort im Hinblick auf Wein haben kann, völlig klar. Bei der Beschreibung von Rotwein käme mir "Spiel" zugegebenermaßen auch kaum in den Sinn. --

Ich probiere gerade den Lluna Vella und bin auch von diesem Wein durchaus angetan:

Bild

Für 28 Euro würde ich (mit meinem subjektiven finanziellen Hintergrund) so etwas nicht kaufen. Aber es handelt sich um einen für meine Begriffe erfreulichen Roten - ich hatte auf Verkostungsveranstaltungen schon deutlich teurere und gleichzeitig schlechtere Sachen im Glas....vor allem solche aus einem sehr beliebten französischen Anbaugebiet :twisted:....

Herzliche Grüße

Bernd
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Philst

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 20:17

Jetzt hatte ich eben ein bißchen vom Petit Clos Penat im Glas und im Moment den Lluna Vella.

Petit Clos Penat:

Irgendwie kann ich die positiven und negativen Kritiken verstehen, ich finde in dem Wein sehr viele von den beschriebenen Eindrücken. Es ist noch viel reife Frucht da. Die Frucht weicht dann aber einer Note, die ich mit Sojassoße oder vielleicht Rinderbrühe beschreiben würde. Dies ist wahrscheinlich die von Marzemino beschriebene malzige Note. Der Alkohol ist wärmend, aber nicht brandig. Ich finde aber insgesamt, dass sich der Wein sehr gut trinken lässt und die positiven Seite überwiegen. Allzu lange werde ich mit meiner letzten Flasche aber nicht warten. Für gut 10 € und die 9 Jahre ist das für mich ein Wein mit einem guten PGV.

LLuna Vella:

Ich habe dem Wein recht wenig Luft gegeben und mehr Zeit im Kühlschrank. Der LLuna Vella ist geschmacklich deutlich jünger, mit kräftigem Tannin (wie von Michl beschrieben trifft es "mehlig" irgendwie ganz gut, auch wenn ich darauf niemals selber gekommen wäre). Die Säure ist durchaus präsent. Beim Alkohol komme ich hier auch an meine Grenzen. Selbst recht kalt dominiert der Alkohol doch ziemlich. Im Mund finde ich erst eine schöne und abwechslungsreiche Frucht, die dann aber sehr schnell abflacht und Säure, Tannin und Alkohol hinterlässt. Mit der Zeit wird die Nase offener und auch im Mund abwechslungsreicher. Ich denke, dass das noch etwas mehr kommen kann.

Den Petit Clos Penat finde ich derzeit besser zu trinken.

Wahrscheinlich bleibt für die nächsten zwei Tage noch etwas übrig. Ich werde dann berichten.
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Bernd Schulz

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 20:21

Bevor er in der kleinen Flasche schlecht wird, bin ich jetzt auch noch den Cerverola angegangen:

Bild

Ob ich hier von Weltklasse reden möchte, weiß ich nicht. Aber es handelt sich fraglos um eine Qualität, wie ich sie beim Rotwein nur selten ins Glas bekomme - und somit um ein besonderes Erlebnis!

Michl hat geschrieben:...sofort klar als hochklassig zu erkennende Nase, fällt mir sehr schwer zu beschreiben: Blaufruchtmix, Lorbeer, Piment, schwarzer Pfeffer, Hauch dunkel gebackenes, spekulatiusartiges Gebäck, darüber ein genialer ätherischer Oberton, der dem Wein Frische verleiht (auch minimals lackartig), insgesamt vibrierend-lebendige Nase, sehr schön.....


Passt!

Michl hat geschrieben:...klare und vornehme Aromatik, bleibt leise und vornehm zurückhaltend, letztlich sehr kultiviert....


Passt!

Michl hat geschrieben:...Summa summarum gefällt mir das jetzt aber wirklich sehr. Stilistisch ist das zwar ein Wein, den ich nicht häufig trinken könnte, dafür ist er mir einfach zu alkoholisch, aber qualitativ ist das für mich ein klar herausragender Wein...


Passt!

Michl hat geschrieben:...Wenn es etwas zu moppern gibt, dann am Preis. Für 50 € würde ich ihn nicht wieder kaufen....


Passt!! :mrgreen:

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am So 11. Sep 2022, 21:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Nora

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 21:14

Heute habe ich noch einmal den

Balaguer I Cabre - Lluna Vella, 2013

im Glas.

Ich bleibe dabei: in der Nase schwarze Johannisbeere/Katzenpipi; Zitrusfrucht; balsamische Kräuter, hauptsächlich Rosmarin und Thymian, die leicht medizinal anmuten; hinten raus auch animalische Noten
Am Gaumen frisch anmutend, zunächst Beerenfrucht (Johannisbeere und Sauerkirsche); dann kräftige Säure und Mineralität; mittelkräftige, leicht herbe, trocknende Tannine; Alkohol auch bei diesem Wein ziemlich dominant und leicht brandig.

Für mich ist dieser Wein sehr herausfordernd. Wahrscheinlich wäre er passender zu einem kräftigen Braten als solo zu trinken.

VG, Nora
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Bernd Schulz

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 21:24

Nora hat geschrieben:...Ich bleibe dabei: in der Nase schwarze Johannisbeere/Katzenpipi...


Nein. In dem Wein, den mir Michl sehr dankenswerterweise in eine Miniflasche abgefüllt hat, finde ich nichts von diesen mir ansonsten in anderen Zusammenhängen sehr geläufigen Aromen.

Nora hat geschrieben:Zitrusfrucht; balsamische Kräuter, hauptsächlich Rosmarin und Thymian, die leicht medizinal anmuten; hinten raus auch animalische Noten


Passt!

Nora hat geschrieben:...Am Gaumen frisch anmutend, zunächst Beerenfrucht (Johannisbeere und Sauerkirsche); dann kräftige Säure und Mineralität; mittelkräftige, leicht herbe, trocknende Tannine; Alkohol auch bei diesem Wein ziemlich dominant und leicht brandig....


Weitestgehende Zustimmung (nur die Johannisbeere und die "trocknenden" Tannine) finde ich eher nicht)!

Herzliche Grüße

Bernd
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nordmann

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragSo 11. Sep 2022, 21:55

Ich schreib hier mal was dazu, da ich den Petit Clos Penat 2013 schon mehrfach probiert habe.

Tatsächlich hatte ich bei einer getrunkenen Flasche auch die Assoziation Rumtopf und auch das Gefühl eines ausgeprägt alkoholisch dominanten Weins. Ich hatte mich gestern noch dazu mit Torsten ausgetauscht und versprochen noch eine Flasche aus dem Bestand zu öffnen.

Gestern und heute probiert hatte ich dann gar nicht mehr diese Rumtopf Note. Statt dessen eine dunkle, reife Frucht, dazu eine schöne mineralische Note. In der Erinnerung nicht zu vergleichen mit vorher probierten Flaschen. Ich hab keine Ahnung, ob es sich tatsächlich um Flaschenvarianzen handelt oder einfach meine Erinnerung verfälscht ist.

Lluna Vella 2013 hatte ich eine Flasche, aber keine Notizen gemacht. Vom 2014 hatte und habe ich mehrere Flaschen, die mir durch die Bank ausgezeichnet gefallen haben. Frischer und fruchtiger Wein mit viel heller, roter Kirsche.
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Nora

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragMo 12. Sep 2022, 21:17

Heute im Glas

Ficaria Vins, Cerverola 2014

Diesem Wein hat die Luft richtig gutgetan:

Sehr schöne, komplexe Nase; fruchtseitig dunkle Beeren und Kirsche gepaart mit mediterranen Kräutern und pfeffrigen Tönen; die deutliche Mineralik verleiht Frische, die feine Holznote gibt Tiefe; hinten heraus glaube ich immer noch einen Anflug von Brett und auch einen Lackton zu erkennen, was das Bukett aber eher bereichert.

Am Gaumen kräftiger Körper, aber alles andere als behäbig, auch bei diesem Wein wirken Mineralik und die deutliche Säure sehr belebend; Geschmack ist ansonsten sehr komplex mit saftigen, dunklen Beeren und feinen, holzigen Tönen; dazu kommt ein mittelkräftiges, noch etwas antrocknendes Tannin; auch dieser Wein hat spürbaren Alkohol, der sich aber im Vergleich zu den anderen beiden Weinen hier am besten einbindet; anhaltender Abgang

Von jedem Wein gibt es noch einen kleinen Rest. Fazit folgt.

VG, Nora
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Philst

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDi 13. Sep 2022, 09:32

Gestern gab es den Rest des Petit Clos Penat.

Leider hat sich der Wein nicht zu seinem Vorteil entwickelt, haben doch die dunklen Noten von Rinderbrühe klar die Überhand gewonnen. Die Frucht ist deutlich abgeflacht, es gibt aber auch positive Momente. Den Alkohol finde ich aber weiterhin nicht zu dominant. Eigentlich wollte ich einen Rest des Weins heute trinken, hab den Lluna Vella dann aber stehen gelassen und dafür den Petit Clos Penat ausgetrunken.

nordmann hat geschrieben:
Lluna Vella 2013 hatte ich eine Flasche, aber keine Notizen gemacht. Vom 2014 hatte und habe ich mehrere Flaschen, die mir durch die Bank ausgezeichnet gefallen haben. Frischer und fruchtiger Wein mit viel heller, roter Kirsche.


Das passt sehr gut und stimmt mit meiner Erinnerung überein.
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amateur des vins

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDi 13. Sep 2022, 21:08

Zu heute lud Michael zu diesen Weinen ein - vielen Dank, Michael!

Naturgemäß ließ der Rahmen keine längere Beobachtung zu. Die Weine wurden 45' vor der Verkostung doppeldekantiert.

Der Petit Clos Penat war Granatrot mit einer deutlichen rostroten Komponente und zudem sehr deutlich trüb, obwohl das Depot ja getrennt wurde.
In der Nase scharf, teilweise stechend. Mittelschwer, deutlich schiefermineralisch, aber vor allem auch deutlich beginnend oxidiert. Die Rumtopf-Assoziationen (auf Basis Erdbeere) kann ich nachvollziehen.
Am Gaumen noch erstaunlich frisch, pikante Säure, Grip, deutlich wärmend. Etwas morbide Süße.

Der Lluna Vella zeigte sich mitteldicht rubinrot mit ganz leichter lachstendenz; sehr klar.
In der Nase ebenfalls scharf-stechend, aber im Vergleich nur leicht. Kühl rotfruchtig. Fast noch jugendliche Frucht; Kirschlikör oder Mon Chérie. Minze. Alkohol verblüffend gut eingebunden. Deutlich schieferwürzig (oder ist da eine Spur Brett dabei? Wohl eher nicht.)

Der Cerverola ebenfalls mitteldicht rubinrot mit ganz leichter lachstendenz, aber leicht trüb.
Die Nase recht dezent (v.a. nach dem Lluna Vella), hellrote Frucht Richtung Himbeere, Holzkohle.
Am Gaumen ganz feine Fruchtsüße. Kräftiger, feiner Grip; frische Säure. Leicht scharf, etwas wärmend.


Zwei Dinge hatten alle Weine gemeinsam gemein, in unterschiedlich starker Ausprägung, nämlich die deutlich erkennbare Schieferwürze, und eine scharfe, stechende Note, bei der ich nicht völlig sicher bin, ob sie allein durch den hohen Alkohol zu erklären ist.

Darüberhinaus war der Petit Clos Penat letztlich drüber, so daß er sich einer Bewertung entzieht. Für die ausgeprägten Oxidationsnoten in der Nase war er am Gaumen aber noch erstaunlich zivil. Der Lluna Vella war deutlich der klarste, fruchtigste und jugendlichste der drei. Mir kam er aber letztlich etwas linear vor. Der Cerverola setzte sich aufgrund seiner Tiefe und Komplexität deutlich ab, so wie man es erwarten durfte.

Ich muß gestehen, daß mich keiner der Weine wirklich abgeholt hat. Verantwortlich dürfte v.a. diese scharf-stechende Note sein. Aber auch, daß die ausgeprägte Schieferaromatik mich nicht recht anspricht, kann ich nicht ausschließen. Wenn man aber darauf steht, hat man hier eine schöne Auswahl unterschiedlicher Interpretationen dieser Charakteristik.

Übrigens, langjähriger Dosenöffner und Klosäuberer für Katzen hier: Anklänge an Katzenpipi fand ich auch nicht andeutungsweise.
Besten Gruß, Karsten
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Bernd Schulz

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDi 13. Sep 2022, 21:17

amateur des vins hat geschrieben:...Darüberhinaus war der Petit Clos Penat letztlich drüber, so daß er sich einer Bewertung entzieht...


Ich sachs ja: Flaschenvarianzen :twisted: !

Bei mir war der Petit Clos Penat jedenfalls weit davon entfernt, so deutlich drüber zu wirken, dass er sich einer Bewertung entziehen könnte. Der stand vielmehr noch ziemlich voll im Saft.

Ich finde es übrigens sehr spannend und damit schön, dass die Weine der "gemeinsamen Verkostung" diesmal so stark polarisieren!

Herzliche Grüße

Bernd
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