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Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant?

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amateur des vins

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDi 13. Sep 2022, 21:35

Bernd Schulz hat geschrieben:Ich sachs ja: Flaschenvarianzen :twisted: !
Kann sein, kann nicht sein: unentscheidbar, jedenfalls in diesem Rahmen.

Mal abwarten, was die anderen ggf. schreiben: Ein paar kleinere Unterschiede deuteten sich bereits an.
Besten Gruß, Karsten
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Kle

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDi 13. Sep 2022, 22:19

amateur des vins hat geschrieben:Darüberhinaus war der Petit Clos Penat letztlich drüber, so daß er sich einer Bewertung entzieht.

ein wenig habe ich ein schlechtes Gewissen, da bei der Planung vorab ich für trinkreife oder optimal gereifte Weine plädiert hatte. Klar, dass Torsten so etwas nur schätzen kann und das Risiko sehr hoch war, überalterte Flaschen zu erwischen, bzw. Varianzen.
Ebenso interessant wie die Beschäftigung mit den Weinen fand ich die verschiedenen Sichtweisen der Verkoster. Bei manchen erkannte ich die eigenen Neigungen verblüffend wieder und las Texte, die ich gern selber geschrieben hätte. Klar wurde aber auch, dass es andere Präferenzen als die meinen gibt :o :lol: Noch nie hatte ich so sehr den Eindruck, dass die Wahrheit nicht im Glas, sondern auf Zungen liegt, die man womöglich in Gruppen einteilen kann :mrgreen: Dies scheint mir eher als Varianzen unterschiedliche Bewertungen zu erklären.

Gruß, Kle
Zuletzt geändert von Kle am Mi 14. Sep 2022, 09:49, insgesamt 1-mal geändert.
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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amateur des vins

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDi 13. Sep 2022, 23:11

Kle hat geschrieben:dass die Wahrheit nicht im Glas, sondern auf Zungen liegt [...] Dies scheint mir eher als Varianzen unterschiedliche Bewertungen zu erklären.
...und v.a. in den Köpfen.
Ja, das scheint mir auch die plausibelste Erklärung zu sein.
Besten Gruß, Karsten
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mixalhs

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragMi 14. Sep 2022, 11:38

Die Berliner Weinrunde hat gestern verkostet. Ich hatte die Weine etwa 30 Minuten vor der Probe karaffiert und dann mit einem Trichter wieder in die jeweiligen Flaschen zurückgegeben. Sie kamen aus meinem Weinkühlschrank, dessen Rotweinbereich auf 15° eingestellt ist, und ich denke, dass sie zum Verkostungszeitpunkt bei etwa 18° lagen. Das schien zu passen: Niemand hat sich über falsche Temperaturen beschwert.

Jordi Domenech - Petit Clos Penat, 2013
Korken unten recht stark durchfeuchtet, ich hab's noch rechtzeitig bemerkt und konnte verhindern, dass das untere Drittel im Flaschenhals steckenblieb. Kräftiges Depot, das meiste von allen drei Weinen. In der Nase hatte ich ebenfalls den Eindruck von Rumtopf, dazu etwas Kuhstall. Am Gaumen Süßkirschen und Schattenmorellen, dazu etwas spröde Tannine, auch ein Hauch Balsamisches. Mit zunehmender Temperatur wurde auch der Alkohol spürbar, der anfangs gut verpackt und eingebunden war, 89

Balaguer I Cabre - Lluna Vella, 2013
Korken einwandfrei, praktisch kein Depot. Kräuterige Nase, etwas in die Lakritz- bzw. Eukalyptusrichtung gehend, auch Sternanis. Katzenpipi habe ich nicht wahrgenommen. Mich erinnerte das auch an die Hustensäfte, die ich in den 1960ern als Kind verabreicht bekam, wenn ich mal heftiger erkältet war (damals natürlich mit Codein). Am Gaumen dann Brombeeren und wieder diese kräuterigen Noten, auch wieder ein Hauch Sternanis. Mich erinnert das von der Stilistik an Früh- und Spätburgunder von der Ahr, bei denen ähnliche Noten mitspielen, dort allerdings im Kontext deutlich hellerer Fruchtigkeit. Die Tannine sind perfekt eingebunden; die 15,5% Alkohol hielten sich erfreulich im Hintergrund. Für mich der Wein des Tages und mit 93 Punkten die Nummer Eins.

Ficaria Vins - Cerverola, 2014
Hier hatte ich wieder ein kräftiges Depot, allerdings nicht so extrem wie beim ersten Wein. Ich hatte in der Nase und auch am Gaumen deutliche Kirschnoten. Alkohol und Tannin waren perfekt eingebunden. Ein sehr schöner Wein, aber nach Lluna Vella war mir das ein wenig zu glatt und gefällig. Ein Tick mehr Säure oder etwas kratzigere Tannine hätten mir sehr gut gefallen. In dieser Preisklasse bevorzuge ich dann doch Pinot Noir, Nebbiolo und Xinomavro. 91
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Kle

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Re: Gemeinsame Verkostung - Warum nicht mal Priorat/Montsant

BeitragDo 15. Sep 2022, 19:23

Für mich war "Ficaria Vins - Cerverola, 2014, Montsant" der erste Wein, der sofort emotional etwas auslöste, während ich mich bei den anderen mehr in der Beobachterposition befand. Es begann mit dem üppigen Kirschduft, der schon aus dem eine Armlänge entfernten Glas herüberwehte. Unter der Nase dominiert dann eine aufregend animalische Note mit etwas Klebstoff. Im Mund fallen mir die leicht stechenden Noten auf, von denen Karsten schrieb. Neben Kirsche und feiner Himbeere und Erdbeere auch hier Alterungsnoten, die aber genießbar sind - buchstäblich. In seinen schlechteren Momenten fädelt dieser Wein stechende Noten mit oxidativ-brackigen und dürrer Frucht zusammen. Auch kann er sich bitter-oxidativ im Mund ausbreiten. Er versöhnt dann mit einer dichten, sanften Fruchtanmutung, der ihr zarter Vanille-Anstrich gut tut. Anders als vor allem Lluna Vella hat er, wenn auch keinen doppelten Boden so doch Vibration. Nachhall ist hierfür zu wenig gesagt. Die Frucht hat ein Echo genau wie die Alterungstöne, die wie erwünschte stilistische Mittel erscheinen. Auf seinem ersten Höhepunkt erscheint diese Frucht intensiv, aber kompakt und setzt sich vor alle anderen Aromen. Bald aber, mit mehr Luft, vermischte sich alles zu einem überreif-alkoholischem Brei. Ich suchte nach den Merkmalen, die eben noch so markant zu schmecken und nun verschwommen waren. Wegen 15% Vol, die der Henne oder aber dem Ei zusetzten? Ich glaube eher, die Luft hat den Wein umgehauen, denn am besten schmeckte er kurz nach dem Öffnen. Die Luft richtete ihn aber auch wieder her, denn kurz bevor ich weitere Schlucke vertagte, wich der schwammig-zerfaserte Eindruck einer deutlich schlankeren, strukturierten, geradezu eleganten Anmutung.
Die Fortsetzung am nächsten Tag mit trotzdem geringen Erwartungen (zuvor hatte ich übrigens abwechselnd aus dem „Gabriel-Glas“ und „Zalto-Burgunder“ probiert. Es gab keinen Unterschied).
Die Nase milder und zart mit Blütendüften, Himbeeren und saftiger Kirsche. Im Untergrund gereift, etwas tertiär, chemisch. Nach diesem recht harmonischen Beginn im Mund dann regelrecht bissig. Es ist aber keine penetrante, sondern eher vitale Agressivität. Und dann lädt der Wein dazu ein, abzutauchen in verschiedenste seiner Schichten, in denen immer tertiäre, bittere und auch stichig säuerliche Akzente vorkommen, die aber spannend Früchte, Kräuter und vielleicht Restholz als leicht süße Vanille umspielen. Über manchen Schluck legt sich beruhigend eine Anmutung von Biskuit. Und als weiteren Ausgleich, damit man nicht auf die Idee kommt, tief am Grund Aromen zu zählen, kommt immer wieder mit erfrischendem Schwung Kirschfrucht hervor. Ab und zu das Glas schwenken und riechen: Was für eine aufregende Duftnote aus Frucht und Mineralien, für die ich gern einen Namen erfinden würde.
Ein außergewöhnlicher Stoff, dessen Preis sich relativiert, da er enorm mehr Aufmerksamkeit pro Schluck erzwingt als so vieles andere.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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