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Hallo zusammen,
letzten Freitag trafen sich wieder einmal einige Weininteressierte in den Räumen der örtlichen VHS, um den Weiß- und Rotweinen aus Portugal auf den Grund zu gehen. Wie immer wurden die 15 Weine (5x weiss, 10x rot) blind verkostet mit Auflösung nach jedem Wein.
Mit Ausnahme eines korkbedingten Ausfalls waren die Weine enorm spannend, von hoher Qualität und überaus eigenständig, was auch daran lag, dass fast ausschließlich autochthone Rebsorten berücksichtigt wurden. Lediglich 1 Wein war sortenrein aus einer internationalen Rebsorte und ein weiterer Wein enthielt in der Cuvee etwas Cabernet Sauvignon.
Doch nun zu den Weinen im einzelnen:
2018er Alvarinho Espumante Bruto Nature (Soalheiro, Melgaco)- I.G. Minho-
ein interessanter, reinsortiger Alvarinho-Schaumwein aus dem Vinho Verde-Gebiet aus einem biologisch arbeitenden Betrieb. Der Grundwein wurde nicht geschwefelt und zusammen mit einer Zuckerlösung und Hefeperlen in der Flasche zu einer zweiten Gärung gebracht. 18-monatige Reifung ohne anschließendes Degorgieren. Die lebensmittelechten Hefeperlen (leicht gummiartige Konsistenz, neutraler Geschmack) haben sich am Flaschenboden abgesetzt und bereichern das letzte ausgeschenkte Glas. Kräftiges Strohgelb,mittelkräftige Perlage, zarthefige Briochenoten, aber auch dezente Gelbfrucht, staubtrocken, aber mit eingebundener und dezenter Säure, saftig und ausgeglichen, guter Trinkfluss. Ein guter Schaumwein, der aber mit ca. 22 EURO gut bepreist ist.
Ein guter Winzersekt zwischen 15 und 20 EURO kann hier locker mithalten.
2019er Nossa Calcario Branco Bairrada DOC (Filipa Pato + William Wouters, Anadia) -Bairrada-
100% Rebsorte Bical, 40 Jahre alte Reben, 8 Monate Ausbau in 500-Liter-Fässer, langer Hefekontakt, stammt aus einer Einzellage mit extrem kalkhaltigen Boden.12,5 Vol%.
Nossa heißt auf portugiesisch "beeindruckend" und das trifft voll auf diesen tollen Weißwein zu.
Zartes Strohgelb, sehr komplexe, mineralisch-hefig, aber auch fruchtige Anklänge (Apfel, Zitrus), wirkt schon in der Nase kühl und sehr straight, am Gaumen furztrocken, super-saftige, stringente, aber stimmige Säure, nur mittelgewichtig, aber sehr dicht und komplex,salzig mineralisch, Agrumen, Hauch Melisse, etwas Quitte, etwas Curry und ein Hauch Reduktivität, die an manchen Jura-Chardonnay erinnert, aber auch burgundische Akzente besitzt. Sehr gute Länge.
Toller, auch international gesehen konkurrenzfähiger, sehr eigenständiger Weißwein auf hohem Niveau.
Eine echte Überraschung! Die 29 EURO für diese Schönheit sind absolut gerechtfertigt. Da muss ich mir noch etwas davon besorgen.
2019er "Permitido" Centenaria Branco Douro DOC (Marcio Lopes, Vila Nova de Gaia) -Douro-
auf diesen Wein aus dem noch weniger bekannten "Douro-Superior"-Bereich (östlicher Douro-Bereich bis hin zur spanischen Grenze) war ich besonders gespannt. Es handelt sich um einen Einzellagenwein aus einem 1896 gepflanzten Weinberg, der in diesem heißen Bereich des Douro-Tals auf 800 m über NN liegt und mit 20-30 verschiedenen, autochthonen Rebsorten als sogenannter "Fieldblend" bestockt ist. Produktion 1.200 Flaschen. 13 Vol%.
Wow, was für eine extremst mineralische Nase, völlig fruchtbefreit, sehr tief und komplex,kühler Eindruck, blind erinnert das verdammt an einen Corton-Charlemagne, was auch witzigerweise von einem der Teilnehmer so angesprochen wurde. Keinerlei Neuholz-Einfluss. Auf der Zunge knalltrocken, kräftige, aber voll integrierte Säure, die den Wein schlank und frisch erscheinen lässt, hochspannende, fordernde Mineralität (nackter Fels, salzig, etwas Gerbstoff-Grip), ein durchtrainierter, athletischer Typ ohne jegliches Gramm Fett, kaum Frucht (Spur Apfel und Quitte), der Wein ist auf das Wesentliche reduziert, Struktur, Struktur und nochmals Struktur sowie der Ausdruck des kargen Terroirs. Sehr langer Abgang. Das ist ein absoluter Spitzenwein, der mit klassischen weißen Cortons der Spitzenklasse sich auf Augenhöhe bewegen kann. Aber Achtung: das ist kein Easy-drinking-Wein und absolut nichts für Leute, die fruchtige Weine mögen. Der Wein wird jede Weinrunde polarisieren und nicht jedem gefallen, an diesem Abend fand er aber ein verständiges Publikum. Den muss ich einfach nachkaufen. Für ca. 30 EURO ein echtes Schnäppchen.
2018er Vinho Verde "Parcela Unica" Moncao e Melgaco (Anselmo Mendes) -Vinho Verde-
13 Vol%, 6 Monate Ausbau in 400-Liter-Fässern, 100% Alvarinho.
Das ist das Spitzenprodukt von Anselmo Mendes, aber leider hatten wir die Rechnung ohne den Korken gemacht. Kein Mörderkork, sondern ein fieser Korkschleicher, der die Frucht überlagert und den Abgang mit einer dumpf-schimmligen Note versieht. Jammerschade, denn das ist regelmäßig einer der besten Alvarinhos aus dieser Gegend.
So aber leider ein Reinfall, der 36 EURO teuer war.
------ Sercial "10 years" Madeira seco (Blandy's, Funchal) -Madeira-
ein Mitbringsel vom letzten Madeira-Urlaub. Ein trockener (was hier aber knapp 50 Gramm dezent schmeckende Restsüsse bedeutet!)Madeira aus der Rebsorte Sercial, die auch Esgana Cao (übersetzt Hundewürger wegen der stringenten Säure ) genannt wird, mit durchschnittlich mindestens 10 Jahren Lagerzeit im klassischen Canteiro-Verfahren.
Leider trinkt man diese aufgespriteten "Meditationsweine" viel zu selten: fast bernsteinfarben, komplexe und intensive Nase nach Trockenfrüchten, Altholz, Hauch Karamell und orientalischen Gewürzen, das wiederholt sich am Gaumen, rassige Säure, die auch neben der Ausoxidation das Geheimnis der unerreichten Alterungsfähigkeit dieser archaischen Weine ist, ein wunderbarer Mix aus getrockneten Früchten, Gewürzen und Holznoten, die Süsse wird bestens von der Säure aufgefangen, die 19 Vol% sind auch bestens integriert, sehr langer, fruchtig-würziger Abgang. Jetzt fehlt nur ein Kaminfeuer, ein gutes Buch und, wer mag, eine edle Zigarre.
Fortsetzung mit den 10 Rotweinen in Kürze !
LG
Bodo
letzten Freitag trafen sich wieder einmal einige Weininteressierte in den Räumen der örtlichen VHS, um den Weiß- und Rotweinen aus Portugal auf den Grund zu gehen. Wie immer wurden die 15 Weine (5x weiss, 10x rot) blind verkostet mit Auflösung nach jedem Wein.
Mit Ausnahme eines korkbedingten Ausfalls waren die Weine enorm spannend, von hoher Qualität und überaus eigenständig, was auch daran lag, dass fast ausschließlich autochthone Rebsorten berücksichtigt wurden. Lediglich 1 Wein war sortenrein aus einer internationalen Rebsorte und ein weiterer Wein enthielt in der Cuvee etwas Cabernet Sauvignon.
Doch nun zu den Weinen im einzelnen:
2018er Alvarinho Espumante Bruto Nature (Soalheiro, Melgaco)- I.G. Minho-
ein interessanter, reinsortiger Alvarinho-Schaumwein aus dem Vinho Verde-Gebiet aus einem biologisch arbeitenden Betrieb. Der Grundwein wurde nicht geschwefelt und zusammen mit einer Zuckerlösung und Hefeperlen in der Flasche zu einer zweiten Gärung gebracht. 18-monatige Reifung ohne anschließendes Degorgieren. Die lebensmittelechten Hefeperlen (leicht gummiartige Konsistenz, neutraler Geschmack) haben sich am Flaschenboden abgesetzt und bereichern das letzte ausgeschenkte Glas. Kräftiges Strohgelb,mittelkräftige Perlage, zarthefige Briochenoten, aber auch dezente Gelbfrucht, staubtrocken, aber mit eingebundener und dezenter Säure, saftig und ausgeglichen, guter Trinkfluss. Ein guter Schaumwein, der aber mit ca. 22 EURO gut bepreist ist.
Ein guter Winzersekt zwischen 15 und 20 EURO kann hier locker mithalten.
2019er Nossa Calcario Branco Bairrada DOC (Filipa Pato + William Wouters, Anadia) -Bairrada-
100% Rebsorte Bical, 40 Jahre alte Reben, 8 Monate Ausbau in 500-Liter-Fässer, langer Hefekontakt, stammt aus einer Einzellage mit extrem kalkhaltigen Boden.12,5 Vol%.
Nossa heißt auf portugiesisch "beeindruckend" und das trifft voll auf diesen tollen Weißwein zu.
Zartes Strohgelb, sehr komplexe, mineralisch-hefig, aber auch fruchtige Anklänge (Apfel, Zitrus), wirkt schon in der Nase kühl und sehr straight, am Gaumen furztrocken, super-saftige, stringente, aber stimmige Säure, nur mittelgewichtig, aber sehr dicht und komplex,salzig mineralisch, Agrumen, Hauch Melisse, etwas Quitte, etwas Curry und ein Hauch Reduktivität, die an manchen Jura-Chardonnay erinnert, aber auch burgundische Akzente besitzt. Sehr gute Länge.
Toller, auch international gesehen konkurrenzfähiger, sehr eigenständiger Weißwein auf hohem Niveau.
Eine echte Überraschung! Die 29 EURO für diese Schönheit sind absolut gerechtfertigt. Da muss ich mir noch etwas davon besorgen.
2019er "Permitido" Centenaria Branco Douro DOC (Marcio Lopes, Vila Nova de Gaia) -Douro-
auf diesen Wein aus dem noch weniger bekannten "Douro-Superior"-Bereich (östlicher Douro-Bereich bis hin zur spanischen Grenze) war ich besonders gespannt. Es handelt sich um einen Einzellagenwein aus einem 1896 gepflanzten Weinberg, der in diesem heißen Bereich des Douro-Tals auf 800 m über NN liegt und mit 20-30 verschiedenen, autochthonen Rebsorten als sogenannter "Fieldblend" bestockt ist. Produktion 1.200 Flaschen. 13 Vol%.
Wow, was für eine extremst mineralische Nase, völlig fruchtbefreit, sehr tief und komplex,kühler Eindruck, blind erinnert das verdammt an einen Corton-Charlemagne, was auch witzigerweise von einem der Teilnehmer so angesprochen wurde. Keinerlei Neuholz-Einfluss. Auf der Zunge knalltrocken, kräftige, aber voll integrierte Säure, die den Wein schlank und frisch erscheinen lässt, hochspannende, fordernde Mineralität (nackter Fels, salzig, etwas Gerbstoff-Grip), ein durchtrainierter, athletischer Typ ohne jegliches Gramm Fett, kaum Frucht (Spur Apfel und Quitte), der Wein ist auf das Wesentliche reduziert, Struktur, Struktur und nochmals Struktur sowie der Ausdruck des kargen Terroirs. Sehr langer Abgang. Das ist ein absoluter Spitzenwein, der mit klassischen weißen Cortons der Spitzenklasse sich auf Augenhöhe bewegen kann. Aber Achtung: das ist kein Easy-drinking-Wein und absolut nichts für Leute, die fruchtige Weine mögen. Der Wein wird jede Weinrunde polarisieren und nicht jedem gefallen, an diesem Abend fand er aber ein verständiges Publikum. Den muss ich einfach nachkaufen. Für ca. 30 EURO ein echtes Schnäppchen.
2018er Vinho Verde "Parcela Unica" Moncao e Melgaco (Anselmo Mendes) -Vinho Verde-
13 Vol%, 6 Monate Ausbau in 400-Liter-Fässern, 100% Alvarinho.
Das ist das Spitzenprodukt von Anselmo Mendes, aber leider hatten wir die Rechnung ohne den Korken gemacht. Kein Mörderkork, sondern ein fieser Korkschleicher, der die Frucht überlagert und den Abgang mit einer dumpf-schimmligen Note versieht. Jammerschade, denn das ist regelmäßig einer der besten Alvarinhos aus dieser Gegend.
So aber leider ein Reinfall, der 36 EURO teuer war.
------ Sercial "10 years" Madeira seco (Blandy's, Funchal) -Madeira-
ein Mitbringsel vom letzten Madeira-Urlaub. Ein trockener (was hier aber knapp 50 Gramm dezent schmeckende Restsüsse bedeutet!)Madeira aus der Rebsorte Sercial, die auch Esgana Cao (übersetzt Hundewürger wegen der stringenten Säure ) genannt wird, mit durchschnittlich mindestens 10 Jahren Lagerzeit im klassischen Canteiro-Verfahren.
Leider trinkt man diese aufgespriteten "Meditationsweine" viel zu selten: fast bernsteinfarben, komplexe und intensive Nase nach Trockenfrüchten, Altholz, Hauch Karamell und orientalischen Gewürzen, das wiederholt sich am Gaumen, rassige Säure, die auch neben der Ausoxidation das Geheimnis der unerreichten Alterungsfähigkeit dieser archaischen Weine ist, ein wunderbarer Mix aus getrockneten Früchten, Gewürzen und Holznoten, die Süsse wird bestens von der Säure aufgefangen, die 19 Vol% sind auch bestens integriert, sehr langer, fruchtig-würziger Abgang. Jetzt fehlt nur ein Kaminfeuer, ein gutes Buch und, wer mag, eine edle Zigarre.
Fortsetzung mit den 10 Rotweinen in Kürze !
LG
Bodo