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Hallo,
wir haben gestern eine Online-Blindverkostung von Spätburgundern aus Deutschland und Pinot Noir aus dem Burgund gemacht. Wir wussten vorher, welche Weine dabei sind und wir wussten, dass in jedem Flight ein Deutscher und ein Franzose dabei war.
Es ist in jedem Flight allen gelungen, die Weine ihrer Herkunft richtig zuzuordnen. Das war anscheinend bei den ausgesuchten Weinen nicht schwer.
Flight 1:
Domaine de la Pousse d'Or - Clos Tavannes - Santenay 1er Cru - 2005:
Der wirkte noch sehr jung, wird wahrscheinlich auch noch zulegen. In der Nase schon sehr komplex und vielseitig, im Mund noch die Entwicklung zu erwarten. Hat mir klasse gefallen, eindeutiger Sieger gegen
Freiherr von Gleichenstein - Baron Philipp Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg trocken - 2010:
In der Gruppe durchaus ambivalente Meinungen zu dem Wein, ich konnte ihm sehr wenig abgewinnen. Überholzt, das Holz auch nicht besonders in seiner Qualität. Für 50€ m.M. nach eine ausgemachte Frechheit.
Flight 2:
Weingut Bercher - Burkheimer Feuerberg Kesselberg Spätburgunder GG - 2013:
Der war auch erschreckend schwach für ein GG. Es wirkt wie von inhomogenem Traubenmaterial, die Frucht diffus, ordentlich Holz drauf, damit mans nicht so merkt. Keine Chance gegen meinen Favoriten:
Domaine Lecheneaut - Nuits Saint Georges - Au Chouillet Vieille Vigne - 2011:
In der Runde wurde teilweise die fehlende Komplexität im Mund bemängelt, ich kann das nachvollziehen. Mich hat an dem Wein die Struktur und die Gerbstoffe gepackt.
2011 waren die Temperaturen, mit Ausnahme vom kalten Juli, über dem langjährigen Durchschnitt. Ich finde, den Aromen merkt man eine gewisse Hitze schon an, die sind schon etwas fortgeschritten, tertiär, ich würde nicht mehr zu lange mit dem Wein warten.
Flight 3:
Bernhard Koch - Spätburgunder "S" trocken - 2014:
Den Wein hatte ich vor zwei Jahren schon mal verkostet. Jetzt scheint die Frucht schon auf dem Rückzug. Im Mund hat die Frucht (Johannisbeere, Schlehe, Erdbeere) einen Süßeeindruck. Das steht aber im Widerspruch zu meiner natürlichen Empfindung dieser Früchte; eine Johannisbeere aus dem Garten ist halt nicht süß. Natürlichkeit ist nicht die Stärke dieses Weins. Andersrum muss man sagen, für 8.50€ ist das ein wirklich klasse Wert. Der war besser als Gleichenstein und Bercher und stand auch dem letzten Deutschen kaum was nach.
Domaine Bart - Fixin - Hervelets 1er Cru - 2013:
Von der Farbe der dunkelste im Feld und auch der einzige, der in der Frucht auch eher dunkle Beeren hatte (ob das in einem schwarzen Glas wohl auch so heraus gekommen wäre?). Der Wein war offen, in der Nase die Frucht etwas zurückhaltender, am 2. Tag aber auch da intensiv. Der hat noch viel Reserven und Substanz und wird wahrscheinlich noch an Komplexität zulegen.
Flight 4:
Domaine Joblot - Givry 1er cru Clos du Cellier aux Moines - 2014:
Für meine Begriffe hatte die Flasche einen Schlag weg. Die Aromen waren oxidiert-drüber, hingegen die Gerbstoffe noch überpräsent. So richtig einem gängigen Fehler konnte ich das nicht zuordnen.
Weingut Becker Landgraf - Spätburgunder Herrgottspfad trocken - 2013:
Ist mir insgesamt zu technisch, zu gemacht, wird schnell uninteressant. Das geht schon in Richtung Burgund, das würde gerne Burgund; im direkten Vergleich aber schon als deutsch erkennbar. Stilistisch ist das nicht ewig weit vom Koch weg, etwas tiefer, das Holz hochwertiger. Vom Spaßfaktor steht der Koch dem aber nichts nach. Für mich ist der Wein mit 36€ deutlich überpreist.
Die Verkostung hat recht lange gedauert, es bedarf mehr Zeit, die Pinot Noir zu erfassen, als es z.B. beim Chardonnay, Syrah und Riesling im identischen Verkostungsmodus gedauert hat.
Die Burgunder waren alle in der Nase etwas komplexer als dann im Mund. Aber in Punkto Feinheit, Klarheit, Balance war das ein ganz anderes Level als die deutschen Weine. Das Aromenspektrum kommt mir auch mehr entgegen. Das Erdige hat man in den deutschen Weinen nicht wirklich gefunden. Ich finde diese herben-dumpferen Aromen wichtig für das Gesamterscheinungsbild, es macht den Wein ernsthafter.
Das vielzitierte Minenfeld Burgund hat sich bei unserer Probe nach Deutschland verlagert.
Grüße, Josef
wir haben gestern eine Online-Blindverkostung von Spätburgundern aus Deutschland und Pinot Noir aus dem Burgund gemacht. Wir wussten vorher, welche Weine dabei sind und wir wussten, dass in jedem Flight ein Deutscher und ein Franzose dabei war.
Es ist in jedem Flight allen gelungen, die Weine ihrer Herkunft richtig zuzuordnen. Das war anscheinend bei den ausgesuchten Weinen nicht schwer.
Flight 1:
Domaine de la Pousse d'Or - Clos Tavannes - Santenay 1er Cru - 2005:
Der wirkte noch sehr jung, wird wahrscheinlich auch noch zulegen. In der Nase schon sehr komplex und vielseitig, im Mund noch die Entwicklung zu erwarten. Hat mir klasse gefallen, eindeutiger Sieger gegen
Freiherr von Gleichenstein - Baron Philipp Spätburgunder Oberrotweiler Eichberg trocken - 2010:
In der Gruppe durchaus ambivalente Meinungen zu dem Wein, ich konnte ihm sehr wenig abgewinnen. Überholzt, das Holz auch nicht besonders in seiner Qualität. Für 50€ m.M. nach eine ausgemachte Frechheit.
Flight 2:
Weingut Bercher - Burkheimer Feuerberg Kesselberg Spätburgunder GG - 2013:
Der war auch erschreckend schwach für ein GG. Es wirkt wie von inhomogenem Traubenmaterial, die Frucht diffus, ordentlich Holz drauf, damit mans nicht so merkt. Keine Chance gegen meinen Favoriten:
Domaine Lecheneaut - Nuits Saint Georges - Au Chouillet Vieille Vigne - 2011:
In der Runde wurde teilweise die fehlende Komplexität im Mund bemängelt, ich kann das nachvollziehen. Mich hat an dem Wein die Struktur und die Gerbstoffe gepackt.
2011 waren die Temperaturen, mit Ausnahme vom kalten Juli, über dem langjährigen Durchschnitt. Ich finde, den Aromen merkt man eine gewisse Hitze schon an, die sind schon etwas fortgeschritten, tertiär, ich würde nicht mehr zu lange mit dem Wein warten.
Flight 3:
Bernhard Koch - Spätburgunder "S" trocken - 2014:
Den Wein hatte ich vor zwei Jahren schon mal verkostet. Jetzt scheint die Frucht schon auf dem Rückzug. Im Mund hat die Frucht (Johannisbeere, Schlehe, Erdbeere) einen Süßeeindruck. Das steht aber im Widerspruch zu meiner natürlichen Empfindung dieser Früchte; eine Johannisbeere aus dem Garten ist halt nicht süß. Natürlichkeit ist nicht die Stärke dieses Weins. Andersrum muss man sagen, für 8.50€ ist das ein wirklich klasse Wert. Der war besser als Gleichenstein und Bercher und stand auch dem letzten Deutschen kaum was nach.
Domaine Bart - Fixin - Hervelets 1er Cru - 2013:
Von der Farbe der dunkelste im Feld und auch der einzige, der in der Frucht auch eher dunkle Beeren hatte (ob das in einem schwarzen Glas wohl auch so heraus gekommen wäre?). Der Wein war offen, in der Nase die Frucht etwas zurückhaltender, am 2. Tag aber auch da intensiv. Der hat noch viel Reserven und Substanz und wird wahrscheinlich noch an Komplexität zulegen.
Flight 4:
Domaine Joblot - Givry 1er cru Clos du Cellier aux Moines - 2014:
Für meine Begriffe hatte die Flasche einen Schlag weg. Die Aromen waren oxidiert-drüber, hingegen die Gerbstoffe noch überpräsent. So richtig einem gängigen Fehler konnte ich das nicht zuordnen.
Weingut Becker Landgraf - Spätburgunder Herrgottspfad trocken - 2013:
Ist mir insgesamt zu technisch, zu gemacht, wird schnell uninteressant. Das geht schon in Richtung Burgund, das würde gerne Burgund; im direkten Vergleich aber schon als deutsch erkennbar. Stilistisch ist das nicht ewig weit vom Koch weg, etwas tiefer, das Holz hochwertiger. Vom Spaßfaktor steht der Koch dem aber nichts nach. Für mich ist der Wein mit 36€ deutlich überpreist.
Die Verkostung hat recht lange gedauert, es bedarf mehr Zeit, die Pinot Noir zu erfassen, als es z.B. beim Chardonnay, Syrah und Riesling im identischen Verkostungsmodus gedauert hat.
Die Burgunder waren alle in der Nase etwas komplexer als dann im Mund. Aber in Punkto Feinheit, Klarheit, Balance war das ein ganz anderes Level als die deutschen Weine. Das Aromenspektrum kommt mir auch mehr entgegen. Das Erdige hat man in den deutschen Weinen nicht wirklich gefunden. Ich finde diese herben-dumpferen Aromen wichtig für das Gesamterscheinungsbild, es macht den Wein ernsthafter.
Das vielzitierte Minenfeld Burgund hat sich bei unserer Probe nach Deutschland verlagert.
Grüße, Josef