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Hallo zusammen,
am WE hatte ich die Gelegenheit, an einer Coulée de Serrant-Probe teilzunehmen.
Zur Verkostung standen 15 Weine von 1975 bis 2008 an. Die Weine
wurden nicht dekantiert, also entkorkt und sofort ins Glas. Hier meine Eindrücke in der servierten Reihenfolge:
1975: auf den ältesten Wein der Probe war ich natürlich sehr gespannt. Leider korkte der
Wein und zwar eindeutig. Ich habe den Wein in einem Reserveglas noch einige Zeit stehen
lassen, aber da verflog nichts, Pech!
1986: auch hier war sich die Runde nicht ganz einig, ob der Wein komplett sauber war. Mit etwas Luft war der Wein aber problemlos zu degustieren. In der Nase recht spendabel Honig. Am Gaumen wiederum Honig. Die Säure noch recht kräftig. Noch ordentlich Zug. Trotz noch vorhandener Kraft war bereits etwas Firne zu erkennen. Der Wein ist noch gut zu trinken, aber die beste Zeit wird er wohl hinter sich haben. 16-16,5 P.
1988: der erste Wein, der absolut sauber und stabil im Glas steht. In der Nase ein schönes, reiches Parfum von Rauch, Nuß, Feuerstein und etwas animalischem (mir kam nasses Fell in den Sinn). Am Gaumen wiederum nussig, steinig, sehr mineralisch und von einem langen Abgang geprägt. 17 P.
1990: wieder ein Wein, der nicht ganz sauber rüber kommt. In der Nase etwas Honig, aber auch überreifes Obst. Am Gaumen eine uncharmante Patex-Note. Falls der Wein in Ordnung war, kann ich nur sagen, dass ich diese Art von Wein nicht mag. Keine Bewertung.
1991: der erste Wein, den ich gerne im Keller hätte. Die Nase erinnert von der Stilistik etwas an den 88er. Absolut frisch, sehr mineralisch, knackige karge Frucht, komplexes Nasenbild.
Am Gaumen wiederum sehr vital, viel Zug, Stachelbeere, Cassis, sehr gute Balance, vielschichtig und lang im Abgang. 17,5 P.
1993: erinnert an den 1991er, jedoch viel süffiger (nicht negativ gemeint). In der Nase wieder mineralisch und Feuerstein. Am Gaumen eine kräftige Säure, der erste Wein, bei dem etwas Schmelz im Spiel ist. Kommt von der Komplexität nicht ganz an den 1991er ran, aber jetzt in einer idealen Trinkreife. 17-17,5 P.
1994: zur Abwechslung mal wieder ein Jg., der mir gar nicht gefallen mag. In der Nase wieder diese Patex-Note. Am Gaumen unausgewogen, schwierig, herbe Säure, mutet dunkel an. Der Wein verliert an der Luft das unsaubere, bleibt aber für mich anstrengend zu trinken. Dennoch 16,5 P.
1996: Die Vorschusslorbeeren konnte dieser sehr gute 96er einlösen. In der Nase erstaunlich zurückhaltend und etwas diffus. Braucht viel Luft. Am Gaumen weiter als die Nase vermuten lässt: sehr viel Kraft und Zug. Die Säure mächtig, aber hervorragend eingebunden und vor allem reif. Sehr viel Extrakt. Sehr lang im Abgang. Hat noch Potential. 18 P.
1997: in der Runde witzelte man, der Wein würde einen guten Sherry Fino abgeben. Weitere Beschreibungen spare ich mir, wenngleich der Wein nicht schlecht zu trinken war, aber eben nicht als CdS. Keine Bewertung!
2002: an der Reihe in nun wieder ein Wein, der voll zu überzeugen vermochte. In der Nase zunächst noch etwas verschlossen, danach aber immer komplexer werdend. Am Gaumen sehr schön ausgewogen, Säure reif und toll eingebunden. Sogar eine gewisse Fruchtsüsse, was bei diesen Wein eher zur Seltenheit gehört. Lässt sich hervorragend trinken, aber noch nicht am Ende seiner Entwicklung. 17,5 – 18 P.
2003: das sehr warme Jahr machte auch hier leider nicht halt. Im Probenkontext war der Wein für mich nicht als dazugehörig zu erkennen. In der Nase eine überreife, penetrante Frucht. Am Gaumen sehr üppig, erstmals habe ich auch Holz geschmeckt, Alkohol vordergründig.
Hat mir gar nicht geschmeckt. Vielleicht wird der noch anders. 16 P. (?)
2004: in der Nase noch ziemlich verhalten. Am Gaumen sehr konzentriert und sehr extraktreich. Mir zu üppig. Aber ich glaube einfach, der Wein braucht noch Zeit. 16-16,5 P.
2005: vielen am Tisch hat der Wein nicht geschmeckt. Ich mochte ihn dennoch, da er sehr dunkel anmutete, was mir sehr gefiel. Blind hätte man auch auf einen Roten kommen können, da dort auch Gerbstoffe und dunkle Beeren zu finden waren. Der Wein hat 15% alc., aber die waren erstaunlich gut verpackt. Sicherlich kein filigraner Wein, aber Charakter hat er. Braucht noch Zeit. 17 P.
2006: In der Nase frischer herber Apfel. Am Gaumen ein Wechselspiel zwischen herber Frische und extraktreicher Frucht. Noch unsortiert. 17 P.
2008: der jüngste Wein, aber in der Nase bereits gut entwickelt. Überreifer Apfel hat jemand verlauten lassen und das konnte ich gut nachvollziehen. Am Gaumen bei weitem nicht so weit wie die Nase vorgaukelt. Noch sehr unharmonisch und viel zu jung. Würde ich auf alle Fälle noch 4-5 Jahre im Keller vergessen. 16,5+ P.
Fazit: Der 1996er war für mich der beste Wein des Abends, aber zum jetzt trinken würde ich die Jahrgänge 1991, 1993 und 2002 vorziehen. Der 1991er und der 1993er haben nur 13 bzw. 12,5 % alc. Das empfand ich äußerst angenehm. Die Jahrgänge ab 1996 hatten alle 14% oder mehr Alkohol, das macht sie m.E. „anfällig“ unharmonisch zu werden, vor allem in nicht so perfekten Jahren.
Coulee de Serrant ist sicherlich kein Wein für jeden Tag und auch nicht jedermanns Sache. Die Weine wirken teilweise karg und abweisend und entwickeln gerne auch mal unangenehme Töne. Joly greift nur sehr wenig in das Geschehen ein mit der Folge, dass kein Wein dem anderen gleicht. Das mag nicht mehrheitsfähig sein, spannend macht es die Sache allemal.
Wenn der Jahrgang allerdings passt und der Wein in seine Trinkreife kommt, bietet er ein unverwechselbares Weinerlebnis. Das ist kein Wein zum schnell wegtrinken, er verlangt nach Aufmerksamkeit und Hingabe.
Zum Schluss wurde noch ein Konterwein aufgetischt: 2013 Grüner Veltliner Smaragd Ried Steinborz, Lagler. Das ist beileibe kein schlechter Wein gewesen, aber in dieser Aufstellung ging er einfach unter...