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Sancerre

Appellationen des nördlichen Zentralmassivs, Sancerre und Umgebung, Touraine, Anjou, Umgebung von Nantes, die kleinen Gebiete zwischen der Loire und Bordeaux incl. Cognac
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amateur des vins

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Re: Sancerre

BeitragSa 29. Okt 2016, 11:43

Neulich im Glas:

Mellot Sancerre «Edmond» 2012

Auf diesen Wein hatte ich mich schon eine Weile gefreut. Ich habe kein breite Kenntnis von Mellot, sondern erst relativ kürzlich begonnen auszuprobieren. Dabei haben «Génération XIX» 2013 und «Emmanuelle» 2014 (Poully-Fumé) Spaß gemacht, «La Moussière» 2014 war ok, «Satellite» 2012 und «Les Romains» 2012 eher nicht so dolle, vor allem für den Preis. Nun also der nominelle Topwein.

Strohgelb, klar. Nase: deutlich Holz, wenig anderes - aber auch nicht grün. :) Gaumen: Holz zunächst weniger präsent? Kräftige Säure, an der Grenze zur Bissigkeit. Leicht "metallisch". Unharmonisch, disjunkt, zu gewollt - obwohl Potential da ist. (Viel) zu jung?!
[+2½h]
Ziemlich oxidativ gemacht. Sogar eine leichte Sherry-Note zeigt sich, ohne dass der Wein alt wirkte. Insgesamt doch überholzt. PremOx oder gewollt?
Anyway... Not my cup of tea!
Schade...

Edit:
Parker 96?! :lol: Was haben sie dem denn in's Glas getan?
Edit 2:
Auf mellot.com lese ich gerade, dass der «Génération XIX» im VAT ausgebaut wird, «Edmond» jedoch komplett im Holz, 60% davon neu. Das erklärt natürlich schon einiges. Leider sind auf der Seite keine technical sheets zu den anderen Weinen, die ich getrunken habe, verlinkt. Weiß jemand, wie die Jahrgänge bei Mellot zu charakterisieren und zu bewerten sind?
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Sancerre

BeitragSa 4. Aug 2018, 17:27

Als ich noch Krafttrinker war, ging das damit einher, daß ich auch eher gefällige Mainstreamweine bevorzugte - selbst dann noch, als langsam eine leise Ahnung davon aufkam, was Weinqualität bedeutet. Und Sancerre... nein, das war kein gefälliger Mainstream, sondern sauer und dünn, und wurde daraufhin prompt in die No-Go-Schublade expediert und dort viele Jahre vergessen.

Viel später, als ich in einem Anflug von erweitertem Horizont und Pioniergeist experimentierfreudiger wurde, habe ich mich an diese vergessene Welt erneut herangetraut. Damals dachte ich, das höchste im Sauvignon blanc seien Aromen von ππ du chat. Wenngleich durchaus typisch, so weiß ich inzwischen, daß diese mir oft penetrant und plump erscheinende Note nicht notwendigerweise zu einem großen Sancerre oder Pouilly-Fumé gehört. Ganz im Gegenteil, ihre weitgehende Abwesenheit kann Merkmal äußerst delikater, feiner Weine sein, die - besonders mit 8, 10 oder mehr Jahren auf dem Buckel - selbst für Experten (ich bin keiner!) mitunter kaum von Burgundern unterschieden werden können!

Als einen besonders gelungenen Vertreter dieser feineren Variante eines Sancerre betrachte ich seit einigen Jahren

Gérard Boulay, Sancerre «Clos de Beaujeu» 2013

- natürlich nicht nur den 2013er! ;) Leider gab es in den 2000ern eine längere Phase mit signifikanten Kork-Problemen, so daß die Anzahl meiner gelungenen Erlebnisse mit älteren Exemplaren dieses Weins doch eher übersichtlich ist, aber wenn er TCA-frei war, war er ein Wucht! (Ich kann mich u.a. an einen 2001er in 2016 oder so erinnern; leider war die Quote 1:2, so daß ich von weiteren Versuchen absah.)

In der Nase ein paar Agrumen und etwas Limette, vor allem aber dominante Mineralität! Leichte Reduktion. Am Gaumen reichlich frische, aber nie schroffe Säure - gefällt mir sehr! Vielleicht auch eine winzige Spur der vielbeschworenen Stachelbeere, aber ich denke eher an weiße Johannisbeeren. Dicht aber "leicht", was die Frucht betrifft nicht allzu komplex auf der Zitrusschiene, aber das tut der Klasse dieses wohlstrukturierten "Steinweins" keinen Abbruch. Sehr gut, balanciert und harmonisch, und bereits schön zu trinken!

Ging übrigens hervorragend zum Taboulé: hatte keinerlei Probleme, gegen Zitrone und Minze (beides maßvoll) zu bestehen.
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Sancerre

BeitragSa 29. Sep 2018, 22:17

Der vorstehende Post macht deutlich, daß ich Loire ewig nicht auf dem Radar hatte. Das galt allgemein, aber noch viel mehr für rot! Da ich Gérard Boulays Weine sehr schätze, mußte ich dringend diesen hier probieren:

Gérard Boulay, Sancerre «Oriane» 2012

Auch wenn das Licht gerade bescheiden ist: Schon von der Farbe her erinnert er mich eher an SB als an PN. Auch die Nase geht in die "deutsche" Richtung. Dabei ist sie sehr profund und "waldig": reife Walderdbeeren, Blaubeeren, Nadelwald. Dazu eine dunkle Würze (Wacholder, trockener Lorbeer). Intensiv und dicht, dabei "duftig-ätherisch". Komplex und harmonisch. So einnehmend!

Am Gaumen "kühl" und frisch (Säure); markante feine Tannine. Die feine rote Frucht wird von einer schwarzen Würze weitgehend maskiert. Das ist aber eher "anders", nicht "schlechter". Ich denke eher nicht an "überholzt", sondern an Rappen und den Wacholder aus der Nase, potenziert. Auch der etwas bitter-herbe Abgang paßt dazu. Und nach 45' relativiert sich das etwas, obwohl die leicht rustikale Art bleibt. Aber ich mag das, sehr!

Gefällt mir gerade richtig gut! Ganz anders als Burgunder; erinnert so sehr an (nichtmarmeladige) deutsche Spätburgunder, daß man ihn unbedingt als Pirat in eine entsprechende Probe einschmuggeln sollte. Weiß zufällig irgendjemand etwas über die Klone? Hmm, haben die echt keine Homepage?! Naja, spätestens am 12.11. in der Botschaft sollte ich das rausfinden können...

Die 89 ct-Punkte sind übrigens ein exemplarischer Witz imho. Kein Wunder: strenger und schlanker, als es dem Neue-Welt-Aficionado gefallen mag. Aber für mich ist das spannend und charaktervoll, und ich werde nachzukaufen versuchen.
Besten Gruß, Karsten
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Frühlingsplätzchen

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Re: Sancerre

BeitragDo 29. Nov 2018, 23:56

Ich habe neulich bei Planet Wein den Sancerre von Chateau de Sancerre(2017) kennen gelernt- ich fand den wirklich super..allerdings ist eher deutscher Wein mein Thema...in Frankreich möchte ich noch viel dazu lernen...Welche Sancerre im Bereich +/- 20 Euro könnt ihr empfehlen ?
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EThC

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Re: Sancerre

BeitragSa 8. Feb 2020, 00:23

... in den einfacheren Ebenen des Sancerre was ansprechendes zu finden, ist ja anscheinend gar nicht so einfach, hier hat's ganz gut geklappt:

Bild
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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amateur des vins

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Re: Sancerre

BeitragDo 30. Jul 2020, 20:47

Letztens bemerkte ich einigermaßen entsetzt, daß ich Sancerre total vernachlässigt habe, sowohl was das Trinken angeht, als auch das Nachkaufen. Umgehend wurde beidem abgeholfen, in umgekehrter Reihenfolge:

Gérard Boulay, Clos de Beaujeu 2018 / 2016 / 2009

Eine sehr überschaubare Anzahl 2016er befand sich noch im Keller. Vielleicht habe ich ja unterbewußt rationiert? Jedenfalls machte eine davon vor 10 Tagen den Anfang:

Etwas zu kühl geöffnet, geht die Nase initial als Riesling durch! Zitrone, Ananas, Zitronengras, "Kalkstein". Am Gaumen kühl, tolle Säure. Hinzu kommt etwas Exotik in Form von Maracuja sowie etwas (hell)rote Johannisbeere.

Ich glaub's selber kaum: Eine Stunde lang geht der problemlos als Riesling-Pirat durch! Mit Luft und v.a. nicht mehr leicht zu kalt relativiert sich das etwas, und der Sauvignon blanc ist etwas besser zu erkennen - zumindest da ich weiß, was es ist. Aber blind...?

Jedenfalls hat mir der so gut gefallen, daß ich mich sogleich an den Rechner setzte, um Bezugsquellen zu recherchieren. Schwierig genug, und auf jüngere Jahrgänge wollte ich mich auch beschränken, war mir das TCA-Problem älterer Weine (z.B. 2001) doch noch sehr bewußt. Als eine Flasche 2017er weniger verfügbar war als bestellt, wurde mir ein 2009er als Ersatz vorgeschlagen, und ich stimmte zu. Gute Entscheidung! 8-)

Vorgestern kam zunächst 2018 dran:
Im Glas fahlgelb mit deutlichem Grünschimmer. In der Nase dezent fruchtig: unreife Birne, Wassermelone, und mit Verspätung auch ein klein' wenig Stachelbeere. Am Gaumen wesentlich expressiver: ähnliche Aromen, plus weiße Johannisbeere und ein Hauch Maracuja. Deutlich herber / leicht bitterer Abgang - grenzwertig.

Deutlich zu jung, aber vielversprechend. Ob da ein bißchen Hitzestreß im Spiel war? Die Säure sagt nein, beim Bitterle bin ich nicht sicher.

Ungeplant habe ich dann gestern noch den 2009er aufgezogen:
Goldgelb. Nasser Granit und Heu, etwas gelbe Frucht (Aprikose, Melone) und einiges an Kraft. Am Gaumen dito, dazu etwas Cassis und Maracuja. Geniale frische Säure, die den leicht angesetzten "Speck" gut in Schach hält. Leicht herber, kräuter- und lakritzwürziger, langer und intensiver Abgang.

Toll gereift und keine Spur von Müdigkeit!
Sehr, sehr gut.
...und zeigt im Vergleich, daß die Weine toll altern und davon enorm profitieren.
Besten Gruß, Karsten
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stollinger

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Re: Sancerre

BeitragSo 2. Aug 2020, 13:29

Bei mir gabs gestern auch einen Sancerre.

Domaine du Nozay - Sancerre 2015:

Bild

Ist schon etwas schräg, wenn man einen Wein vor sich hat, bei dem man direkt eine Sahnetorte assoziiert. Aber es fügt sich wirklich schön zu einer solchen zusammen, passt. Insgesamt im Charakter schon von Botrytis und der Flaschenreife gekennzeichnet, jetzt zu einem schönen Zeitpunkt erwischt. Ich glaube, besser wird er nicht mehr.

Grüße, Josef
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amateur des vins

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Re: Sancerre

BeitragDi 3. Nov 2020, 22:43

Letztens hatte ich ja "aufmunitioniert" [Link]; heute erneut

Gérard Boulay, Clos de Beaujeu 2016

Die Unterschiede zum letzten Auftritt könnten kaum größer sein:

Dezente diffuse dunkelgelbe bis orange Zitrusnote. Leicht erdige Noten. Etwas mineralisch. Am Gaumen ausreichende, aber eher milde Säure. Leicht cremiger Körper, wie von etwas Bâtonnage mit sehr knapp dosiertem Holzeinsatz. Etwas gelbe Steinfrucht; mit der Zeit ein Hauch von Maracuja. Sehr harmonisch, aber insgesamt nicht gerade auf der straffen Seite, und erst recht nicht mit Riesling zu verwechseln.

Mir hat das heute viel Spaß gemacht, obwohl ich den Wein deutlich knackiger erwartet hätte. Beide Ausprägungen waren wirklich sehr gut. Daß die Weine aber derart unterschiedlich ausgeprägt sind, läßt mich etwas ratlos zurück. Selbst der 2009er letztens kam erheblich frischer daher. Insofern gehe ich davon aus, daß die Flasche untypisch weit entwickelt war.

Beim Aufziehen kam ich übrigens kurz in's Stutzen, den der Korken roch doch deutlich nach Korken (nicht "Kork"), was manchmal ein Hinweis auf einen Schleicher sein kann. In dieser Hinsicht habe ich aber nicht auszusetzen. Auch durchgesuppt war nichts, was aber natürlich nicht heißt, daß der Luftaustausch nicht erhöht gewesen sein könnte.

Wie dem auch sei: Zum Glück habe ich jetzt wieder ein paar mehr Flaschen, um das noch ein Weilchen zu begleiten. ;)
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Sancerre

BeitragMo 24. Mai 2021, 19:39

Die vorstehende Notiz gilt auch für diese Flasche

Gérard Boulay, Clos de Beaujeu 2016

Insofern stellt sich die Frage, ob die untypisch weiche Art nicht doch Ausdruck dieses Jahrgangs ist. Neben dem Genannten finde ich noch etwas weißen Pfirsich, Heu und Limette. Läuft in erschreckendem Tempo runter! :D

Falls jemand technische Daten hat: bitte hier posten/verlinken!
Ich frage mich doch, wie hoch der RZ ist...
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Sancerre

BeitragMo 24. Mai 2021, 20:46

amateur des vins hat geschrieben:Ich frage mich doch, wie hoch der RZ ist...

Zu dem konkreten Wein habe ich nichts gefunden. Aber die AOP-Regeln für Sancerre sind ganz eindeutig: maximal 4 Gramm RZ pro Liter. Also "fränkisch trocken"...

Gruß
Ulli
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