Gerade habe ich einen Wein im Glas, der sich nur sehr selten dorthin verirrt:
Roc d'Anglade 2015Wie macht Rémy Pedreno das?!
2015 war gewiß kein Kaltjahr. Im hohen Norden ringen sie damit, höchstens 14 Umdrehungen in die Flasche zu bringen. Und dieser Kerl macht im Gard einen Wein mit geradeeinmal 12% ohne Unreife? Spooky!
Die Robe ist ein helles Rubinrot mit leichter Tendenz zum Lachsrosa. Ziemlich klar.
In der Nase (wie schon am Korken) meine ich deutlich Brett wahrzunehmen. Oder sind es doch nur beginnende Tertiäraromen? Bin nicht sicher...
Läßt sich teilweise wegschwenken (bis auf ein paar geteerte Eisenbahnschwellen); dann bleiben Süßkirsche und Waldbeeren, vorw. Waldhimbeere.
Am Gaumen widerstandsarmer, seidiger Antrunk. Mittelgewichtig(-), ausreichend frische (eher milde) Säure, noch deutliche Adstringenz mit herber Note. Erkennbar beginnend tertiär.
Dieser Wein droht auszutrocknen. Trotz gewisser Imbalance scheint mir Austrinken angeraten. Davon abgesehen, bleibt vorrangig das Erstaunen, wie dieser Kerl im französischen Süden in einem Warmjahr einen aromatisch (knapp) reifen Wein mit nur 12% Alkohol in die Flasche bekommen hat. Das macht diesen Wein zu einem Faszinosum, aber ich kann nicht behaupten, daß er mich besonders
flasht. Ein guter Wein, aber definitiv keiner, der mich in Ehrfurcht erstarren läßt.