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Burgund weiß 2020

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
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EThC

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Burgund weiß 2020

BeitragDi 12. Okt 2021, 11:11

...neues Jahr, neues Glück, gleich zu Beginn was eher untypisches fürs weiße Burgund, das die meisten Leute wohl in erster Linie mit Chardonnay assoziieren:

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Viele Grüße
Erich

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stollinger

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDo 30. Dez 2021, 13:22

Hallo,

um einen ersten Eindruck vom Jahrgang zu bekommen, habe ich mal einen jungen, einfachen Bourgogne blanc geöffnet.

Einschätzungen des Jahrgangs findet man aktuell frei zugänglich leider nicht mehr frei bei Vinous [Link]. Ein sehr warmer und trockener Jahrgang.

Ein paar Zitate aus dem Artikel:

2020 is the earliest harvest ever!!! (Check out those triple exclamation points.)

[...] the dry conditions leading to high levels of evaporation that simultaneously concentrated juice and acidity.
This is the phenomenon that explains 2020 more than any other. Normally, an increase in sugar level decreases acidity. The heat combined with dryness, intensified by the often overlooked factor of a steady northerly breeze from the end of July, burned away the malic acid, and levels ended up very low. However, the berries retained normal levels of tartaric acid, which tends to decrease less rapidly during the ripening process –ergo the low pH levels and unexpected freshness.


As usual, harvest dates vary between winemakers within the same appellation, and in 2020, perhaps more than any other vintage in recent years, they govern the style of the wines.
Im Weiteren wird das anhand von Pinot Noir ausgeführt, der bei unterschiedlichen Winzern und unterschiedlichen Lagen zum selben Lesedatum einen Zuckerunterschied hat, der 3vol% entspricht.

Unterm Strich frisch, gerbstoffreich und inhomogen über Appellationen und Winzer.

Interessant finde ich auch den Jahrgangsbericht von BIVB [Link].

Die Blüte, aber auch die Lese sind drei Wochen früher, im Vergleich zum langjährigen Mittel. Die Reifezeit ist gegenüber der typisch anvisierten 100 Tage auf ca. 97 verkürzt, die Zeit vor der Veraison um 2 Tage, nach der Veraison um einen Tag. Aussagekräftig finde ich die Graphen auf Page 18, in denen der Reife-Index (m.M. nach ist das ein Äquivalent für die phenolische Reife) gegen den Zuckergehalt für die Referenz-Parzellen des BIVB aufgetragen ist. Für die Côte-d'Or ist der Chardonnay recht nah bei 2017, der Pinot Noir ist sehr gerbstoffreich und hat viel Zucker.

Bourgogne blanc - Jean Javillier & Fils - 2020:

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Nach dem Öffnen war der Wein noch sehr von der malolaktischen Gärung geprägt, sehr cremig und sanft. Mit Luft wurde er immer griffiger, die Gerbstofffe mit mehr Frischeeindruck und würzig-herb, auch die Säure präsenter. Der Wein ist nicht geschliffen, der hat schon Charakter. Ich finde es aber insgesamt für einen Bourgogne blanc eine wirklich ansprechende Qualtät, mit dem Öffnen würde ich allgemein noch warten, das Fass (hat eine gut - sehr gute Qualität) kann sich noch etwas besser einbinden und der kann bestimmt einige Jahre reifen und noch gewinnen. Der Wein schmeckt schon nach einem reifen Jahrgang, aber trotzdem mit einer klaren Aromatik. Erst mal ein guter Start, 2020 könnte mir gefallen, leider gibt es ja kaum noch bezahlbare Burgunder. Insofern stellt der Wein auch eine Ausnahme dar, ein Burgunder mit einem guten PLV, auch besser als der parallel verkostete Neuseeländer.

Grüße, Josef
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Bibbel

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDo 30. Dez 2021, 17:47

„ Einschätzungen des Jahrgangs findet man aktuell frei zugänglich leider nicht mehr frei bei Vinous [Link]. Ein sehr warmer und trockener Jahrgang.“

Danke für den link, bei mir funktioniert er noch (kein Vinous Abonnent).
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Herr S.

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragFr 17. Mär 2023, 20:41

Moin zusammen,

Gerade im Glas ein Wein itbringsel aus dem Letzten Urlaub. Zumindest ein Weingut wollte ich neben all den Vinothekenkäufen besuchen aber es lief Ende August bereits die Lese und keiner hatte Zeit bzw. offen. Einzig die Maison Auvigue, sehenswert in einer alten, romanischen Kirche mitten in Fuissé hatte auf. Neben den neuen 1er Crus des Maconnais war dieser Wein der Hauptbestandteil des Kaufs und ich ärgere mich, davon nicht mehr gekauft zu haben (Preis ca. 20€?!?). Der tut im besten Sinne nicht, dürfte jedem schmecken und bietet dabei trotzdem viel Tiefgang und Typizität. Leider m.W bisher nicht in Deutschland erhältlich.

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Viele Grüße,
Björn
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Dominik Mueller

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDi 3. Okt 2023, 08:56

2020 Louis Latour Bourgogne Blanc

Dominik Müller, 02.10.2023 hat geschrieben:Obwohl der offizielle Weinlesebericht von Louis Latour besagt, dass man bereits am 19. August mit der Ernte begonnen hat, erkenne ich immer noch viele reife, leicht schlaffe Aromen.

In der Nase habe ich einen blumigen und buttrigen Eindruck. Diese dominieren die steinige Mineralität und die Frische, die ich mir gewünscht hätte, obwohl es neben den reiferen Fruchtnoten von Aprikosen und weißen Früchten auch Anklänge von Zitrone gibt.

Im Mund ist alles "mittel", wie es scheint. Positiv ist, dass der Wein nicht zu breitschultrig wirkt, was in einem warmen Jahr wie 2020 vorkommen kann. Andererseits sind die Aromen etwas kurzlebig, was diesen Bourgogne Blanc verwässert erscheinen lässt. Ich weiß, dass dies ein Einstiegswein ist. Dennoch hätte ich von einem bekannten Grand-Cru-Erzeuger wie Maison Louis Latour ein wenig mehr Profil erwartet. DM85.
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EThC

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDi 3. Okt 2023, 10:48

Dominik Mueller hat geschrieben:Dennoch hätte ich von einem bekannten Grand-Cru-Erzeuger wie Maison Louis Latour ein wenig mehr Profil erwartet.
...ich konnte vor einigen Jahren mal ein paar Weine von Latour in Beaune probieren. Geschmacklich interessant waren nur Sachen, die weit, weit hinter meiner preislichen Schmerzgrenze lagen, alles andere fand ich reichlich belanglos... :cry:
Viele Grüße
Erich

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UlliB

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDi 3. Okt 2023, 12:46

Dominik Mueller hat geschrieben: Dennoch hätte ich von einem bekannten Grand-Cru-Erzeuger wie Maison Louis Latour ein wenig mehr Profil erwartet.

Nun, mit "Erzeuger" ist das so eine Sache...

Louis Latour ist ebenso wie die sehr ähnlich strukturierten Drouhin, Bouchard P&F, Chanson und noch ein paar Kleinere zunächst einmal ein Handelshaus. Die Genannten haben zwar alle in den letzten Jahrzehnten in erheblichem Umfang an der Cote d'Or eigene Rebflächen erworben und lassen diese von ihren Mitarbeitern bewirtschaften, ein wesentlicher Teil des Geschäfts (und vermutlich sogar der wirtschaftliche Kern) ist aber nach wie vor der Handel mit nicht vollständig selbst erzeugten Weinen, sondern mit zugekaufter Ware. Das geht durchaus bis in den grand cru-Bereich. Mal werden da Trauben gekauft und diese vinifiziert und ausgebaut, mal wird nur ein Teil des Ausbaus übernommen, mal werden fertige Weine gekauft, ggf. assembliert und abgefüllt. So ganz klar ist das alles nicht, wobei die aus eigenem Lesegut hergestellten Weine allerdings meistens mit "Domaine" oder ähnlichem bezeichnet werden. Bei den anderen ist die Bezeichnung "Erzeuger" jedenfalls irreführend.

Meine intensive Beschäftigung mit Burgund ist mittlerweile rund ein Jahrzehnt her, aber damals galt: die Weine der großen Handelshäuser sind zwar anständig (auch das war früher nicht immer der Fall), aber qualitativ von denen der Top-Erzeuger doch recht weit entfernt. Und das galt auch für die aus eigenem Lesegut erzeugten Weine. Ob das mit der Betriebsgröße zusammenhängt, die eine gewisse Standardisierung und Oberflächlichkeit im Umgang mit den Weinen erzwingt, oder mit der bei Kapitalgesellschaften üblichen Tendenz zur Risikovermeidung, weiß ich nicht. Ich vermute aber, dass sich daran nicht so viel geändert hat.

Man bezahlt halt für die jeweiligen Herkünfte etwas weniger als bei den absoluten Spitzenerzeugern, aber im Burgund gilt halt auch wie anderswo: wer High-End will, muss High-End bezahlen, was dort mittlerweile leider absurd viel ist. MMn zu viel.

Gruß
Ulli
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Dominik Mueller

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDi 3. Okt 2023, 13:54

Danke für eure Antworten. Es ist schön, ein aktives Forum mit vorhandenem Fachwissen und ruhigen Gemütern vorzufinden. Das ist heutzutage nicht mehr überall die Regel ;)

Der Unterschied zwischen Domaine und Handelshaus bzw. Negociant ist mir bekannt. Allerdings kenne ich auch sehr gute Händler im Burgund, die aus zugekauften Trauben tolle Weine erzeugen. (Ein Favorit z.B. Mark Haisma.) Wenn ich richtig informiert bin, besitzt Latour selbst auch etliche GC-Lagen. Daher wollte ich erstmal keinen Produzenten außen vor lassen und habe gerne auch von Louis Latour Wein zum Probieren gekauft. Leider sind auch dort die Preise für die großen Gewächse in den Himmel gewachsen.

Den Bourgogne Blanc betreffend: Meine Enttäuschung kommt vielleicht daher, dass für mich blind keine Burgund-Charakteristik identifizierbar gewesen wäre und dass ich im direkten Vergleich aus Deutschland schönere Chardonnays finden könnte (knapp unter 20 Euro). Das nötige Knowhow und die Finanzkraft des Hauses hätten eigentlich dafür ausreichen müssen, einen besseren Basis-Chardonnay zu erzeugen.

In Zukunft werde ich Latour sicherlich wieder eine Chance geben. Dann wohl eher bei Village aufwärts. (In Deutschland halte ich das mittlerweile auch so, wenn ich ehrlich bin.) Oder zum direkten Vergleich besorge ich mir noch den Bourgogne aus 2021.

Ab morgen bin ich übrigens für eine Woche in Beaune. Wenn ich die Zeit finde, scheibe ich mal etwas zum ein oder anderen Wein auch hier im Forum.
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Dominik Mueller

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Re: Burgund weiß 2020

BeitragDo 5. Okt 2023, 22:06

2020 Hubert Lamy Saint-Aubin 1er Cru "En Remilly"

Dominik Müller, 05.10.2023 hat geschrieben:Crèmfarben mit leicht grünen Reflexen. Frisch und mineralisch in der Nase. Limette, nasse Steine, später auch Blüten und etwas Nuss mit ganz dezenter Süße. Das ist ein schönes, anregendes Parfum. Im Mund präzise mit jetzt stärkeren Zitrusfrüchten, untermauert von der frischen Säure. Viel Zug am Gaumen und lange anhaltend. Mit mehr Reife wird die frische Frucht sicherlich von mehr mineralischen Noten begleitet werden. Würde den Wein wieder ab 2025 probieren. Trinkreif dürfte er dann mindestens für die nächsten fünf Jahre sein. DM93.

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