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Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Di 10. Aug 2021, 23:01
von Der Wein-Schwede
Gaston hat geschrieben:Hallo,

ich hatte neulich den einfachen Bourgogne von Méo-Camuzet im Glas. Schon in der Nase merkwürdig unburgundisch mit einem seltsamen teerig-verbrannten Ton. Auch am Gaumen irritierend mit diesem untypischen Ton, der hinten ins Bittere übergleitet. Ja, gute, stramme Säure, im Hintergrund auch reife, sehr reife dunkle Frucht. Aber insgesamt wirkt das irgendwie unburgundisch und unharmonisch, kein wirkliches Vergnügen, die Flasche wurde nicht leer.

Ich bin geneigt hier einen Flaschenfehler anzunehmen, denn so schlecht kann selbst ein burgundischer Basiswein nicht sein, zumal wir es hier mit einem renommierten Erzeuger zu tun haben. Oder doch?

Hast Du den Wein ab Hof Weingut gekauft?
Oder vom Händler?

Vom Händler kaufe ich heutíge Tage nur ganz junge Weine - ich habe schon zu oft schlechte Erfahrungen mit Weinen gemacht, welche bei Händlern nicht gut gelagert worden sind. Und beim Händler sieht man öfters dass die Flaschen aufrecht auf einem Regal im Tageslicht und Raumtemperatur stehen.
Wenn die Flaschen dann so zwei Jahre bis zum Verkauf stehen....

Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Sa 4. Sep 2021, 15:07
von stollinger
Hallo,

das ist schon eine ganze Weile her, dass ich diesen Wein getrunken habe.

Domaine Sylvain Langoureau - Saint Aubin - 2015:

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Das ist ein ziemlicher Côte de Beaune - Standard-Chardonnay würde ich sagen; ohne große Überraschung oder besonderes Merkmal. Der Wein trinkt sich für mich recht gut, ich mag ja Weißwein gerne sehr kalt, aber gerade mit Temperatur wurde die brandig-alkoholische Note recht dominant.

Der Winzer hat anscheinend keine Homepage, beim rumgooglen habe ich dann die Information im Netz gefunden, dass maximal 20% Neuholz eingesetzt wird. Ich fand, der Wein war in seinem Charakter deutlich von der malolaktischen Fermentation und von Fassaromen geprägt (durchaus mit ansprechender Qualität), was für mich erstmal im Widerspruch zu den 20% Neuholz stand. Ich habe dann mal in ein vorhandenes Lehrbuch gesehen (Barriqueausbau, Ulmer/Agrarverlag) und da ist gezeigt, dass bestimmte Verbindungen (z.B. Furfuryl-Alkohol) bei der Zweitbelegung in deutlich höherer Menge in den Wein übergehen. Das war nur in einem kurzen Abschnitt ausgeführt und geht wohl auf eine Primärquelle von 1994 zurück.[1] Heute hatte ich endlich mal Muße, dem Ganzen noch mal etwas tiefer auf die Spur zu gehen.

Ganz entscheidende Paramter für die Extraktion von Fasskomponenten (Gerbstoffe und flüchtige aromatische Verbindungen) sind erst mal die Herkunft des Holzes (wie schnell es gewachsen ist und welche Eichenart), der Grad des Toastings, der Alkoholgehalt des Weins, die Dauer der Fasslagerung und das Fassvolumen.

Aromen, die mit dem Fassausbau von Weißweinen assoziert sind, sind z.B. Kokos, Karamell, Vanille, Butter, Piment, rauchig, nussig und Zimt.

Die wohl prominentesten Neuholz-Vertreter, Kokos und Vanille gehen auf die Substanzen cis-oak-Lactone (Kokos) und Vanillin zurück. Diese Substanzen entstehen aus dem Holz durch die Hitze beim Toasting und werden tatsächlich bei der ersten Extraktion deutlich stärker in den Wein extrahiert, entsprechend bei der Zweitbelegung sehr viel weniger.[2]

Karamell und Butter kommen weniger vom Holz selber, als von der malolaktischen Fermentation und werden teilweise der Verbindung Diacetyl zugeschrieben. Ebenfalls ist das Aroma Butter/Karamell aber auch mit der Konzentration von Furfurylalkohol korreliert. Die Konzentration von Furfurylalkohol im Wein ist aber bei Fässern in Zweitbelegung gleich hoch, teilweise höher. Gleiches gilt für die Verbundung 4-Methylguaiacol (oder auch p-Cresol) die ein rauchiges Aroma hat und auch ein leichtes Vanillearoma.

Der Grund, warum diese Substanzen in zweiter Belegung höher sein können, ist, weil sie nicht durch das Toasting entstehen, sondern erst fermentativ (z.B. durch Milchsäurebakterien und Brettanomycen) gebildet werden. Als Ausgangsprodukt benötigen die Hefen dafür aber Substanzen aus dem Fass. Es entstehen sozusagen sekundäre-Fassaromen. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass die Piment-Noten Furfural zugeschrieben werden, diese Substanz wird von Hefen bei der malolaktischen Fermentation zum Furfurylalkohol umgesetzt; degustativ findet man das dann so wieder, dass ein Wein, der nicht aus verschiedenen Fässern assembliert wird, entweder nach Piment oder nach Butter/Karamell riecht. Das gleiche gilt für den Geruch von Bleistift.[3]

Entsprechend ist meine ursprüngliche Annahme, dass Wein, der hauptsächlich aus Zweitbelegung stammt, nur wenig von Fassaromen geprägt ist, falsch. Der Unterschied besteht hingegen in der Art der Aromen. Den Einfluss der Gerbstoffe aus dem Fassausbau auf den Wein habe ich hier nicht betrachtet.

Grüße, Josef

[1] A. Gregorcic et al., Der Gehalt an einigen aromatischen Substanzen von in Eichenfässern verschiedener Art ausgebauten Weinen. Mitt. Klosterneuburg, 44, 1994, 49-56.
[2] L. J. Pérez-Prieto, J. M. López-Roca, A. Martínez-Cutillas, F. Pardo Mínguez, E. Gómez-Plaza, Maturing Wines in Oak Barrels. Effects of Origin, Volume, and Age of the Barrel on the Wine Volatile Composition, J. Agric. Food Chem. 2002, 50, 11, 3272–3276. [Link]
[3] P. J. Spillman, M. A. Sefton, R. Gawel, The contribution of volatile compounds derived during oak barrel maturation to the aroma of a Chardonnay and Cabernet Sauvignon wine, Australian Journal of Grape and Wine Research 10, 227-235, 2004. [Link]

Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Sa 6. Nov 2021, 17:46
von EThC
...da Chambolle-Musigny die Partnergemeinde von Schwabenheim an der Selz ist, gibt's da auch folgendes Weinchen:

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Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Mo 8. Nov 2021, 20:43
von Kle
Normalerweise probiere ich Wein, den ich verschenken will. Chateau De Monthelie, Monthelie 1er Cru Sur La Velle 2015 (Vin biologique) aber zu spät und ich habe ihn außerdem jemandem gegeben, der einst sagte „gerne alles, nur keine roten Burgunder.“ Die Rache für den Mutwillen folgt auf dem Fuß, denn die Konterflasche besitzt zurzeit zwar eine aufregende rauchige Nase, erscheint mit seiner zarten Holznote und flachen Frucht ansonsten recht langweilig. Verdrossen lasse ich sie über Nacht irgendwo stehen.
Am nächsten Tag hat sich kaum etwas verändert. Häufiges bemühtes Probieren wird jedoch belohnt. Von einer Sekunde zur anderen bricht die feinbeerige, vannilleholzige Oberfläche auf. Als hätte ich einen Deckel weggezogen, sind nun jede Menge aromatische Linien und Aufsplitterungen zu verfolgen. Dann eine füllige Gesamtkomposition, immer sinnlicher Frucht, Säure, dunkle Gesteinsanmutungen, Rauch, herrlich angesäuerte Beeren. Bestätigt wird der Eindruck, dass Dauer und Intensität der Luftzufuhr zu häufig, die Veränderungen der persönlichen Sensorik zu wenig für die Verfassung eines Weines verantwortlich gemacht werden. Erschreckend, dieser Subjektivismus, aber Hauptsache, der Wein schmeckt.
Dem Beschenkten müsste ich nachträglich eine Gebrauchsanweisung zukommen lassen, nur würde es sicher nichts nützen. Das Erlebnis zeigt mir, wie anspruchsvoll Weine darin sein können, ihre Reize zu verbergen, wieviel arbeitsreiche Hingabe oft nötig ist, und wie oft mir große Ereignisse entgangen sein müssen, da ich meine Urteile zu schnell/oberflächlich fällte. Vor allem aber, warum ich mich überhaupt für Weine interessiere. Es ist also erlaubt, Weinwünsche zu ignorieren und vorgekostet werden muss auch nicht, so lange es die Hoffnung gibt, einen eigenwilligen und spannenden Wein zu verschenken, der den Verkoster ebenso braucht wie der ihn.

Gruß, Kle

Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Mo 8. Nov 2021, 21:13
von EThC
Kle hat geschrieben:Erschreckend, dieser Subjektivismus, aber Hauptsache, der Wein schmeckt.
...erschreckend ist es für mich nicht, eher spannend und vor allem auch ein sich wiederholender Beweis dafür, daß Wein nicht unbedingt eine exakte Wissenschaft ist, sondern in seinen besten Momenten eher unberechenbar. Wenn man damit umgehen kann, kann das in sehr spannende Weinmomente münden, wenn nicht, ist man womöglich nur genervt bis enttäuscht...

Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Mi 20. Jul 2022, 09:43
von EThC
...gestern war ein wunderschöner Burgundertag!

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Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Di 18. Apr 2023, 21:10
von EThC
...dieser ehemalige 3er-Aligoté hat seit der letzten Begegnung leider drastisch verloren:

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Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Fr 12. Mai 2023, 18:52
von AmonA
Heute die vorletzte Flasche von Pugligny-Montrachet 1er Cru Clos de la Mouchère, Henri Boillot.
P&P zitronengelb, im Geruch frisch, Karamell, Honig, am Gaumen gebrannte Mandeln, feine Säure, sehr mineralisch und sehr langer Nachgeschmack.
Toller Wein, blüht erst jetzt (nach 8 Jahren) so richtig auf.

Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Fr 12. Mai 2023, 20:01
von amateur des vins
AmonA hat geschrieben:Pugligny-Montrachet 1er Cru Clos de la Mouchère, Henri Boillot.
[...]
Toller Wein, blüht erst jetzt (nach 8 Jahren) so richtig auf.
Yo, die brauchen ewig - kein Wunder eigentlich, bei der Reduktion und dem Schwefel, aber ich hatte das unterschätzt. Nach einigen Enttäuschungen mit jüngeren Weinen, fing der 2011er Genevrières im zarten Alter von 10 gerade erst an, Spaß zu machen...

Re: Burgund 2015

BeitragVerfasst: Fr 12. Mai 2023, 23:22
von Nora
amateur des vins hat geschrieben:
AmonA hat geschrieben:Pugligny-Montrachet 1er Cru Clos de la Mouchère, Henri Boillot.
[...]
Nach einigen Enttäuschungen mit jüngeren Weinen, fing der 2011er Genevrières im zarten Alter von 10 gerade erst an, Spaß zu machen...


Wie meinst Du das genau, Karsten?

Entäuschungen weil sich der Stil/die Qualität geändert hat oder weil sie noch zu jung waren? Just in dem Moment, als ich die VKN von Volker las bzw. deine Erwiderung, flatterte mir ein Sonderangebot vom 2020 Puligny Montrachet 1.Cru Clos de la Mouchere für 147,25 Euro :o ins Haus.

VG, Nora