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Burgund 2011

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amateur des vins

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 16:08

UlliB hat geschrieben:Och nö, da lasse ich dann doch lieber die Finger davon und trinke weiterhin billiges Zeug wie Montrose oder Pichon Comtesse 8-)
Du hast mein volles Mitgefühl... :mrgreen:

...aber danke für die mundwässernde Notiz!
Für das Geld hätte ich mir vielleicht auch mal einen gegönnt. So aber wird Clos St.Jacques sich wohl kaum jemals in mein Glas verirren...
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 16:26

amateur des vins hat geschrieben:Du hast mein volles Mitgefühl... :mrgreen:
Danke :D
amateur des vins hat geschrieben:Für das Geld hätte ich mir vielleicht auch mal einen gegönnt.
Ja. Ich hätte für einen aktuellen Jahrgang wohl auch noch 175 oder 180 € hingelegt, das zahlt man für qualitativ vergleichbare Bordeaux mittlerweile leider auch.

Aber damit ist es hier eben nicht getan. Ein bekannter Händler aus dem Süddeutschen verlangt für eine Pulle vom 17er Clos St.Jacques von Fourrier gerade mal eben 511 €. Dafür gibt's den ab 3 Flaschen auch frei Haus :lol:

Man findet den gleichen Wein allerdings auch schon für "nur" 400 €, und wenn man lange sucht, wahrscheinlich auch noch ein paar Euro günstiger.

Ich bin als langjähriger Bordeaux-Käufer, was Preisentwicklung betrifft, schon ziemlich abgebrüht. Aber was bei den Top-Domänen im Burgund innerhalb der letzten paar Jahre abgegangen ist, stellt da alles sehr weit in den Schatten.

Gruß
Ulli
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stollinger

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 17:36

Ich habe mich zuletzt auch etwas nach Burgundern umgesehen, ein 1er Cru aus Vosne-Romanée hätte ich schon gerne getrunken. Angesichts der aufgerufenen Preise und der Überlegung, was es in Bordeaux für das Geld gibt, bin ich dann aber von dem Vorhaben abgekommen.
UlliB hat geschrieben:Gevrey-Chambertin 1er Cru Clos St.Jacques Vieille Vigne 2011 (Domaine Fourrier) 13,5%Vol. Das ist mal wieder einer von den Burgundern, bei denen mich als Bordeaux-Trinker das unangenehme Gefühl beschleicht, den Keller mit dem falschen Zeug vollgepackt zu haben :|

So etwas lese ich dann natürlich nicht gerne...

Im Wineberserker-Forum war neulich diese Artikel aus der NY-Times verlinkt:

https://www.nytimes.com/2020/10/22/dini ... rices.html

Ich habe den Gedanken nicht wirklich bis zum Ende durchdacht, fand die gezogene Analogie - von Grand Cru Weinen aus dem Burgund mit Werken großer Literaten - als kulturgeschichtliche Referenz, schon treffend.

Plenty of other options exist: Village Burgundy rather than grand cru, or any of the many other great wines now being produced around the world. But these bottles, as good as they may be, have not been part of a conversation that has endured for centuries.

For wine lovers, drinking such renowned bottles would be the equivalent of a college course in Shakespeare, Beethoven or Charlie Parker. In any field, it’s necessary to comprehend the reference points, the benchmarks that connote greatness, to join that conversation even if ultimately you choose to argue the point.

These days, it is impossible for most people to pay for these wines.


Unabhängig von Punkten und Vorlieben bin ich schon sehr neugierig auf solche Weine. Auch, wenn ich mich allgemein auch sehr gut mit Subkultur beschäftigen kann, ein bisschen kulturgeschichtliche Kenntnis sollte man dafür halt schon mitbringen. Aber wie Karsten schon schreibt, ...
amateur des vins hat geschrieben:So aber wird Clos St.Jacques sich wohl kaum jemals in mein Glas verirren...


Da hat sich aber in doch erschreckender Geschwindigkeit eine preisliche Parallelkultur entwickelt, deshalb, Grand Cru und viele 1er Cru aus dem Burgund werden wohl in meiner Weinkarriere nicht stattfinden.

Ulli wirkt auf mich hier in dem Forum schon als Multiplikator 8-) , deshalb habe ich natürlich auch etwas rumgegoogled, von Sylvie Esmonin gibt es auch einen Clos St. Jacques, bei Grandsbourgognes für 100€. Wenn ich mir die Lage von dem Cru ansehe, dann kann ich erstmal nicht so richtig nachvollziehen, warum diese Cru so teuer ist, auch wenn Syvie Esmonin ja schon ein renomierter Erzeuger ist, ist das im Fahrwasser anderer Erzeuger die Reben in Clos St. Jacques haben? Ich halte die Füsse trotzdem still.

Grüße, Josef
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Lorne Malvo

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 17:56

Ein bisschen kann ich beitragen, da ich mich ja schon etwas länger mit Burgund und speziell mit Gevrey Chambertin beschäftige.
Der Clos St. Jacques wird aufgrund seiner Qualitäten als heimlicher Grand Cru gesehen und es gibt immer mal wieder Diskussionen, ob er nicht in den GC Rang gehoben werden soll.
Besonders wegen der perfekten Hanglage und der idealen Ausrichtung zum kühlenden Lavaut Tal und dennoch ideal exponiert. Dazu geht der Weinberg von oben bis unten an den anderen 1er Cru der Cote St. Jacques entlang, hat also wohl die vielfältigste Boden- und Klimastruktur. Er bringt ähnlich einem guten Grand Cru auch sehr gleichmäßige Jahrgangsergebnisse.
Dazu kommt, dass den Weinberg nur 5 Winzer bearbeiten, was ja für einen recht großen Weinberg dort sehr wenig ist und ALLE haben Rebzeilen von ganz oben bis ganz unten am Hang, also im Prinzip 5 Streifen nebeneinander.
Namentlich Rousseau, Fourrier, Jadot, Clair und Esmonin.

Die ersten Beiden sind fast unbezahlbar geworden.
Die anderen 3 sind teuer. Aber es sind ja alles renommierte Winzer.
Und auch Jadot und Clair machen einen sehr gut beleumundeten CSJ.

Allerdings war mir bislang auch nur 1 Flasche von Bruno Clair vergönnt.
Die war aber schon ein besonderer Genuss.
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UlliB

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 18:15

Hallo Josef,

was den Clos St. Jacques betrifft, ist der wohl wirklich eine qualitativ herausragende Lage. Jasper Morris bewertet sie in seinem empfehlenswerten Buch "Inside Burgundy" als exceptional 1er cru or grand cru, und tatsächlich stand eine Einstufung als grand cru wohl schon mehrfach zur Diskussion. Es gibt in der Lage, die 6,7 ha umfasst, übrigend nur fünf Besitzer. Bei Fourrier sind es 0,89 ha, die Reben sind hier wirklich "vieille", nämlich 1902 bis 1910 gepflanzt.

Was nun Burgund (oder, enger und besser gefasst: die Côte de Nuits) betrifft, glaube ich tatsächlich: wenn man da mal einen Volltreffer landet, gibt es auf der Welt nichts besseres. Das sind dann einfach unglaublich schöne Weine, die einen völlig beglückt dasitzen lassen. Der hier war schon mal sehr nahe dran.

Dennoch: nach rund einem Jahrzehnt recht intensiver Beschäftigung habe ich das Gebiet weitgehend aufgegeben und bin reumütig zu Bordeaux zurückgekehrt. Das hat zum einen mit den absurden Preisen zu tun, die man für die Topweine der Topdomänen jetzt zahlen muss (und tatsächlich hat man wohl nur hier eine realistische Aussicht auf das oben erwähnte Erlebnis); das trinke ich den Weinen dann doch nicht ab. Zum anderen bleibt immer noch das Problem der qualitativen Inkonsistenz, auch wenn sich das sicherlich dramatisch verbessert hat. Aber ich hatte trotzdem genügend Erlebnisse, bei denen der Inhalt einer teuren oder auch ultrateuren Flasche unbefriedigend oder regelrecht schwach war. Vermutlich ist das auf Grund der wirklich winzigen Größe vieler Betriebe und der handwerklichen Herstelllung ohne systematische Qualitätssicherung auch nicht zu ändern. Aber wenn man erst mal ein paar tausend Euro für bestenfalls mittelmäßiges Zeug versenkt hat, reicht es irgendwann. Dermaßen üble Überraschungen, wie ich sie mit manchen teuren Burgundern hatte, gibt es bei teuren Bordeaux heute nicht mehr.

Gruß
Ulli

@Lorne Malvo: Kreuzpost
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Lorne Malvo

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 18:42

Hallo Ulli,

das Problem der qualitativen Inkonsistenz ist im Vergleich zu Bordeaux nicht so sehr von der Hand zu weisen.
Hier bekommt man sagen wir für >50€ wirklich nur ganz selten Schrott oder erst recht nicht irgendwas unsauberes vorgesetzt.
Dennoch finde ich dass es auch im Burgund immer dieses exponentielle Preiswachstum von den Village>1er>GC gibt, was mich dazu kommen lässt, etwas regelmässiger sehr gute Village Weine zu trinken, bei denen ich von guten Erzeugern(die muss man sich leider „ertrinken“) eigentlich sehr wenige Ausfälle hatte.
Und alles darüber kaufe ich ausschließlich nach Probe oder auf Empfehlung, wo ich mir sicher bin oder wenn ich zum Winzer durch viele gute Erfahrungen absolutes Vertrauen habe.

Ich mag aber einfach so sehr diese kleinteilige (mittlerweile) naturnahe Handwerklichkeit und bei einigen auch Hingabe, dass mich das System Bordeaux(zumindest in der Breite), so renommiert und konsistent und auch gut es auch ist, irgendwie nicht ganz so begeistern kann wie Burgund.
Dazu kommt, dass mir die Ausrichtung der Weine einfach etwas mehr entgegen kommt.

Aber ich kann dennoch jeden verstehen, der da einfach keinen Bock mehr drauf hat, erst recht, wenn man häufiger enttäuscht wurde.
Bei einigen Lagen und Erzeugern funktionieren auch die nicht ganz so großen Jahre gut. Gut, wenn man Wein zum Trinken kauft und nicht zum Wetten.

Du hast schon recht. Das kann manchmal natürlich nerven, wenns nicht passt.
Aber das wird tendenziell wirklich besser.
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Trapattoni

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 19:10

Lorne Malvo hat geschrieben:das Problem der qualitativen Inkonsistenz ist im Vergleich zu Bordeaux nicht so sehr von der Hand zu weisen.
Hier bekommt man sagen wir für >50€ wirklich nur ganz selten Schrott oder erst recht nicht irgendwas unsauberes vorgesetzt.

Hallo zusammen,

schöne und interessante Debatte. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich verhältnismäßig zu Bordeaux, gerade auch bei reiferen Burgundern, bisher maximal einen Bruchteil an fehlerhaften Flaschen hatte. Gerade Korker z.B. kenne ich bei Burgundern so gut wie nicht, bei Bordeaux jedoch von allen Premiers. :evil: Und wenn mal ein großer Burgunder enttäuscht, legt man ihn besser ein paar Jahre weg. Das kenne ich z.B. von Rousseau-Weinen, wenn sie zu jung sind. Vielleicht habe ich allerdings bis jetzt immer einfach nur Glück gehabt. ;)
Mit CSJ von Sylvie Esmonin macht man sicher keinen Fehler, in kleineren Jahren kann der allerdings schon sehr weit sein. Da wird der Fourrier die sicherere Bank sein.

Grüße
Dieter
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UlliB

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 19:32

Trapattoni hat geschrieben:Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich verhältnismäßig zu Bordeaux, gerade auch bei reiferen Burgundern, bisher maximal einen Bruchteil an fehlerhaften Flaschen hatte. Gerade Korker z.B. kenne ich bei Burgundern so gut wie nicht, bei Bordeaux jedoch von allen Premiers. :evil:

Hallo Dieter,

ich habe nicht von fehlerhaften Flaschen geredet - das ist ein anderes Thema - sondern von solchen, bei denen Inhalt und Preis nicht gut zusammen passen, auch wenn der Wein an und für sich fehlerfrei ist. Ein durch schlechten Kork versauter Latour wäre vermutlich abzüglich des Korks ein sehr guter Wein gewesen. Aber ein mittelmäßiger grand cru aus dem Burgund mit intaktem Kork bleibt halt einfach nur: mittelmäßig.

Aber vielleicht habe ich ja immer nur Pech gehabt ;)

Was Sylvie Esmonin betrifft: da hatte ich lange nichts mehr im Glas. Nach meiner Erinnerung wird hier aber mit einem für das Burgund extrem hohen Neuholzanteil (bis zu 100%) gearbeitet. Das halte ich bei Burgundern für eher problematisch.

Gruß
Ulli
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Trapattoni

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 19:49

UlliB hat geschrieben:ich habe nicht von fehlerhaften Flaschen geredet - das ist ein anderes Thema - sondern von solchen, bei denen Inhalt und Preis nicht gut zusammen passen, auch wenn der Wein an und für sich fehlerfrei ist. Ein durch schlechten Kork versauter Latour wäre vermutlich abzüglich des Korks ein sehr guter Wein gewesen. Aber ein mittelmäßiger grand cru aus dem Burgund mit intaktem Kork bleibt halt einfach nur: mittelmäßig.

Was Sylvie Esmonin betrifft: da hatte ich lange nichts mehr im Glas. Nach meiner Erinnerung wird hier aber mit einem für das Burgund extrem hohen Neuholzanteil (bis zu 100%) gearbeitet. Das halte ich bei Burgundern für eher problematisch.

Gruß
Ulli

Hallo Ulli,
verstehe und gebe Dir Recht. Unter den vielen Gütern, die Irgendwo im Burgund eine bisschen Grand Cru bewirtschaften, ist wirklich manchmal für viel Geld viel Mist dabei. Deswegen hinkt natürlich auch mein Vergleich mit den Bx-Premiers.
Die Esmonin-Weine sind speziell, stimmt! Soweit ich weiß wird zwar viel Neuholz verwendet, andererseits nicht komplett entrappt, was mir wieder sehr gefällt. ;)
Grüße
Dieter
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UlliB

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Re: Burgund 2011

BeitragSa 31. Okt 2020, 21:08

Trapattoni hat geschrieben:Die Esmonin-Weine sind speziell, stimmt! Soweit ich weiß wird zwar viel Neuholz verwendet, andererseits nicht komplett entrappt, was mir wieder sehr gefällt. ;)

Die Teilentrappung oder sogar Nicht-Entrappung ist mittlerweile im Burgund ziemlich weit verbreitet und scheint so etwas wie der Standard zu werden, das machen jedenfalls schon jetzt sehr viele so. Und vom Burgund ist die Methode inzwischen auch ins Bordelais hinübergeschwappt, wo man sich ohnehin immer mehr an burgundischer Verfahrensweise orientiert. Zum Beispiel wird beim momentan extrem gehypeten Les Carmes Haut Brion nur noch teilentrappt.

Lustigerweise hält Jean-Marie Fourrier, dessen Wein hier Ausgangspunkt der aktuellen Diskussion war, von der Teil- oder Nichtentrappung gar nichts. In einem Interview mit der RVF (ich meine, das war 2015, mag mich aber auch irren) hat er das Verfahren als idée saugrenue, also als Schnapsidee und Modeerscheinung bezeichnet, die vorüber gehen würde. Es kann aber sein, dass er seine Einstellung geändert hat, ich habe die Domaine seit einigen Jahren nicht mehr verfolgt. Der 2011er wird aber aus voll entrapptem Lesegut erzeugt worden sein.

Gruß
Ulli
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