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Beaujolais

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragDo 4. Feb 2021, 22:22

Hi Ole, habe Deinen Text noch nicht gelesen, aber meinen schon geschrieben und schicke ihn sozuzagen ignorant ab...

Drei aufschlussreiche Beaujolais aus 2005.

Fleurie: Domaine Coudert, Clos de la Roilette, Cuvee Tardive

Mit dezenter Kirschnase und im Mund wunderbar samtig, elegant und poliert. Gamay habe ich noch nie so geschmeidig und wie veredelt getrunken. Nichts Deftiges und Urwüchsiges. Der Wein war für mich ein idealtypischer Beaujolais und vereinte in hochreiner Form vieles, was ich mit der Region verbinde - nach 15 guten Flaschenjahren. Fleurie-typisch dabei vielleicht die fröhliche, farbige, zarte und beständige Frucht.

Morgon: Domaine Piron, Cote du Py
Farblich der klarste Wein, kräftiges Rubinrot.
Kraftvolles Bukett, aber nicht bestimmt von Frucht. Wir verzweifelten bei der Suche nach einer eigentlich sehr bekannten Geruchsnote, die wir leider schwer benennen konnten. Ole kam mit exotischer Blume/Orchidee dem Eindruck sehr nahe. Phasenweise vermischte sich dieser mit getrockneten Kräutern und Blutigem. Er setzte sich im Mund fort, wo Kirschfruchtaromen schwer dagegen ankamen. Mich erstaunte ein fülliges Mundgefühl, die Textur eines dicken Mantelstoffes, der aber irgendwie schlaff im Mund zusammenfällt. Dazu starke Adstringenz, Säure - Tannine? Zu den roten Früchten in dem eher „kurzen“ Wein muss man sich durcharbeiten. Vielleicht einer, der in seiner Jugend auftrumpfen sollte, die kräftige Statur aber gereift nicht halten kann und zu wenig Substanz offenbart? Die Nase bleibt jedoch vielschichtig und mit mehr Luft verbinden sich auch die Aromen im Mund schön.
Ausgerechnet dieser zuvor so strahlend klare Wein trübt nach Transport mit der U-Bahn und einer gewissen Ruhezeit total ein. Geschmacklich können sich nun die fruchtigen Noten besser durchsetzen.
Nach 24 Stunden sieht der Wein immer noch aus, als sei Pulver in ihm aufgelöst worden. Es ist aber nichts mehr von erlahmender Kraft zu spüren, er sitzt gut in seinem festen Körper. Rauchig, blutig, herbe Beeren. Starkes Stück.

Moulin a Vent, Chermette, Les Deux Roches
Der einzige Wein, der auch Altersnoten mit Assoziation an Überreifes, Verwelktes, Degeneration hat. Schon in der Nase reife Fruchtnoten. Im Mund eingelegte Pflaume, Kräuterlikör, etwas Weinbrand. Er dreht immer mal wieder frisch-fruchtig auf, beeindruckt aber vor allem als Synthese roter Früchte und Beeren die sich über lange Zeit miteinander verbinden konnten und einen noblen, fast soßigen Eindruck später Aromen hinterlassen.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragFr 5. Feb 2021, 17:22

Kle hat geschrieben:Nach 24 Stunden sieht der Wein immer noch aus, als sei Pulver in ihm aufgelöst worden. Es ist aber nichts mehr von erlahmender Kraft zu spüren, er sitzt gut in seinem festen Körper. Rauchig, blutig, herbe Beeren. Starkes Stück.

Hui, interessant! Könnte die Trübheit daher rühren, daß durch Transport etc. ein mögöocherweise vorhandenes Depot aufgeschüttelt war und nicht zur Ruhe kam? Egal, es hört sich jedenfalls so an, als spielte der Piron-Morgon einen Tag später sein Potenzial erst aus und liefe zu großer Form auf. Hätten dem evtl. ein paar weitere Jahre auf der Flasche gut getan?
Ole
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragFr 5. Feb 2021, 23:49

Der Morgon ließ ordentliches, aber nicht extremes Depot auf dem Flaschenboden - kein Wunder, falls das meiste sich mit der Flüssigkeit vermischt hatte.

Ole hat geschrieben:Hätten dem evtl. ein paar weitere Jahre auf der Flasche gut getan?
Ole

Er war am Folgeabend ganz schön selbstbewusst. Es fehlte an Spiel und Nachhall. Dafür wirkte er sehr druckvoll und ich dachte, der kann noch mehr...
Ich glaube, dass die Flasche nicht unbedingt mehr Jahre gebraucht hätte, ihr aber mehr Luft gut tat. Ich nehme Rotweine erst am zweiten Tag richtig ernst. Trotzdem finde ich es richtig, gleich ab Entkorkung und dann über längere Zeit zu probieren. Bei weniger seltenen Weinen wäre der Vergleich von Flaschen mit gleichem Etikett und
24-stündigem Luftunterschied interessant.
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Tristram Shandy
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragSa 6. Feb 2021, 17:44

Tja, so verschieden sind halt Weine: Der Coudert-Fleurie hielt 24 Stunden seine Position, er hatte nicht zugelegt, war aber auch nicht schwächer, der Chermette-MàV war da noch gut trinkbar, wirkte gegenüber dem Vorabend allerdings müder.
Zufällig stolpere ich über eine Notiz von Wolf (Innauen) vom 4. 3. 2011. Da schreibt er über Couderts 2005er 'Cuvée Tardive': "Hat sich über vier Tage immer wieder verbessert. Sehr, sehr guter Trinkfluss und 90 Punkte von mir dafür. Könnte mit Reife noch ein weiter hinzukommen." Das ist wohl richtig gesehen. Ziemlich genau zehn Jahre nach diesem Urteil lag der Wein für mich deutlich über 90 Punkten.
Ole
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragSo 7. Feb 2021, 15:37

Bei den Punkten ist letztlich Pirons Morgon für mich mindestens gleichauf mit Chermette (88). Cuvee Tardive gebe ich 92 Punkte oder besser mehr? Ich bin hier gedanklich in die „Beaujolais“-Falle getappt und dachte, da diese Weine anders gestrickt sind als BDX und Co muss man sie auch etwas anders bewerten. Beim späteren Stöbern in alten Weinbüchern stieß ich auf dazu passende Aussagen von Andrew Jefford. Wie: Gamay sei ein "Zwitter" und habe den Geschmack von Rotwein, aber die Textur und Ausgewogenheit von Weißwein. Wer einen Beaujolais in seinen Einzelteilen beschreibe, werde nie seine Schönheit erfassen… Beaujolais erhalte alle Kriterien eines guten, aber keines großen Weines... Bei einer Verkostung kann er nichts schreiben außer „absolute, reine Köstlichkeit“.
Aber warum soll der Fleurie nicht groß sein, nur weil er z. B. nicht die Komplexität eines Burgunder besitzt? Als ob ein Historiengemälde mit zahlreichen Figuren und Perspektiven generell höher bewertet würde als ein impressionistisches Blumenbild, das schon durch wenige Farben beeindruckt (ohne Maronist werden zu wollen :mrgreen: ). Trotzdem bleibe ich bei 92 Punkten für den Fleurie und ohne Bonuspunkte, die das Beaujolais nicht nötig hat.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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innauen

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Re: Beaujolais

BeitragMi 10. Feb 2021, 22:12

Ole hat geschrieben:Tja, so verschieden sind halt Weine: Der Coudert-Fleurie hielt 24 Stunden seine Position, er hatte nicht zugelegt, war aber auch nicht schwächer, der Chermette-MàV war da noch gut trinkbar, wirkte gegenüber dem Vorabend allerdings müder.
Zufällig stolpere ich über eine Notiz von Wolf (Innauen) vom 4. 3. 2011. Da schreibt er über Couderts 2005er 'Cuvée Tardive': "Hat sich über vier Tage immer wieder verbessert. Sehr, sehr guter Trinkfluss und 90 Punkte von mir dafür. Könnte mit Reife noch ein weiter hinzukommen." Das ist wohl richtig gesehen. Ziemlich genau zehn Jahre nach diesem Urteil lag der Wein für mich deutlich über 90 Punkten.
Ole


Danke für die Blumen. Eine Flasche habe ich noch und werde das gelegentlich im Selbsttest überprüfen.

Grüße,

wolf
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragDi 16. Feb 2021, 13:22

Kennt jemand das Château Grange Cochard? Ich hatte von diesem Beaujolais-Erzeuger bisher nichts gehört, geschweige denn seine Weine probiert. In keinem Weinführer ist er verzeichnet, und auch bei meinem recht häufigen Herumstöbern in Villié-Morgon und Umgebung hatte ich nie ein entsprechendes Hinweisschild gesehen. Neulich nun sorgte ein Freund für Horizonterweiterung: Er hatte drei Flaschen des besagten Châteaus in Frankreich aufgegabelt und schenkte sie mir: Eine veritable Überraschung für mich, denn die Weine waren mir – wie gesagt – bis dato unbekannt geblieben, okay, wichtiger aber: Sie waren verblüffend gut – wie sich zeigte, als Carsten und ich uns die Flaschen vorknöpften.
Morgon ‚Les Charmes’ 2019
Der Wein präsentiert sich in tiefem, transparentem Kirschrot und verströmt – zunächst nur zögerlich – frische rotfruchtige Noten, auch Blütiges und Kräuteriges ist dabei. Der Duft wird zunehmend intensiver, er wirkt sehr animierend. Der erste Eindruck am Gaumen dann: geschmeidig, samtig, seidig, ein rundum angenehmes Mundgefühl; ein guter Körper, nicht mager, nicht fett, wird spürbar, Kirsch- und Brombeernoten im Vordergrund, evtl. Backpflaume und Mandeliges, zarte Säure, ein Hauch von feinen Tanninen, saftig, komplex, harmonisch, sehr lang, gegen Ende leicht adstringierend – und trotz seiner Jugend durchaus schon gut trinkbar, wobei er mit Sicherheit noch zulegen wird, wenn er Zeit bekommt.
Morgon ‚Le Plateau’ 2019
Der ist in der Farbe einen Tick dunkler als der Vorgänger und nicht ganz so transparent, weist einen Akzent Mahagoni auf, der vom Holz, in dem er gelegen hat, stammen mag. – Steckt man die Nase ins Glas, findet man zunächst eine undurchdringliche, dunkle konzentrierte, aber schwer greifbare, entfernt wirkende Frucht, auch einen Anflug von Rauch – und man fragt sich: Ist das ein Beaujolais? Denn da ist zwar diese ahnbare Frucht, dafür aber – nicht unangenehm! – Holz, und das macht sich breit und läßt die Frucht nur durch kleine Ritzen schimmern; am Gaumen dann deutlich Vanille, etwas Leder, zaghaft muckst sich ein Hauch von Frucht, etwas Süße (vom Holz, von den Trauben?), zarte Säure; das alles jedenfalls ergibt ein schönes Mundgefühl. Man hat es mit einem seidigen, weichen, langen und harmonischen Wein zu tun, einem untypischen allerdings, bei dem ich mich frage, ob man ihn blind als Beaujolais, zumal als Morgon erkannt hätte. Die Weichheit ist sicher auch der Lage geschuldet: ‚Le Plateau’ stammt aus einer Parzelle mit sehr alten Reben in ‚Les Charmes’, deren Boden eher sandig (verwitterter Granit) ist und überhaupt weichere, weniger mineralische Weine hervorbringt. Dennoch erstaunt diese Weichheit hier: Das Traubengut war komplett nicht entrappt, wie man dem Internet entnehmen kann. Da hätte man einen Tanninschub erwartet. Nun sind Tannine zunächst kaum spürbar, gegen Ende allerdings zunehmend doch. Ein Wein, der durchaus Spaß bringt – trotz oder gerade wegen seines modernen Zuschnitts – und der neugierig macht, wie er sich entwickelt; nicht ausgeschlossen, daß er mal ganz groß wird, wenn die Frucht das Holz in den Griff kriegt! Hoffentlich wird er am Ende nicht ausgezehrt dastehen!
Morgon ‚Côte du Py’ 2019
Der kommt in dem gleichen Kirschrot daher wie der erste Wein, die Farbe wirkt dabei noch frischer, mit ‚bläulichem’ Akzent. In der Nase ist verhaltener, gibt eine deutlichere Säure preis und dunklere Töne; am Gaumen dann ein festes Tanningerüst, seidig zwar auch, aber markanter, strukturierter als beim ‚Les Charmes’, darüber sind reife Waldfrüchte gelagert, in schöne Säure eingebettet; der Wein wirkt strenger und strammer als der Vorgänger, aber auch interessanter, weil er im Verlaufe weitere Nuancen aufweist und deutlich mineralische Akzente, auch einen Hauch von Holz. Und – da ist Tiefe! Ein toller vielschichtiger, facettenreicher Wein! Er ist voller Spannung und daher so spannend! Auch der ist von der Lage geprägt: Er wächst auf Granit, Schiefer , Basalt– und hat vermutlich ein langes Leben vor sich. Im Gegensatz zum ‚Plateau’ ist er zu zwei Dritteln entrappt und hat nur wenig Holz gesehen.

Drei spannende Morgons! Mein Favorit ist der eher klassisch daher kommende ‚Côte du Py’ mit seinen Ecken und Kanten. Egal, – alle drei sind sie seriös, gut gemacht, interessant – und jeder auf seine Weise attraktiv. Wie kommt es nur, daß ein Weingut, das solche Qualität produziert, in Deutschland völlig unbekannt ist. Ich mache mich wieder im Internet schlau und finde, daß die Weine in Japan, China, Neuseeland, Australien, den USA und diversen unserer Nachbarländer erhältlich sind. Deutschland scheint da wieder mal was zu verpennen. Schade, schade! Ich möchte die unbedingt weiter verfolgen.
Ole
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragDi 16. Feb 2021, 19:17

Ole hat geschrieben:Wie kommt es nur, daß ein Weingut, das solche Qualität produziert, in Deutschland völlig unbekannt ist. Ich mache mich wieder im Internet schlau und finde, daß die Weine in Japan, China, Neuseeland, Australien, den USA und diversen unserer Nachbarländer erhältlich sind. Deutschland scheint da wieder mal was zu verpennen.

... nicht ganz:
https://www.genussundwein.com/beaujolais/burgund/
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Tristram Shandy
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragDi 16. Feb 2021, 22:59

. . . liegt das Gute doch so nah! Auf der website des Weinguts ist von Schwarzrotgold allerdings nix zu sehen.
Ole
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragMi 17. Feb 2021, 16:51

Urplötzlich dichter Schneefall, die Straßen Klein-Flottbeks menschenleer und unter dicken weißen Polstern kaum mehr erkennbar, dann ein Licht, eine Tür und Eintopf a la Beaujolais mit passenden Weinen:
Mit dem Morgon ‚Les Charmes’ 2019 setzt Chateau Grange Cochard für mich sofort Zeichen im Bereich bestimmter Beaujolais-Weine, die jung oder in der ersten Öffnungsphase durch eine frische, substanzvolle Frucht geprägt sind. So habe ich z.B. Chopins „Les Charmes“ in Erinnerung, aber auch Mee Godards Corcelette 2017, den ich am Vortag probiert hatte. Diese Frucht empfinde ich oft als recht kompakt, seriös und fast undurchdringlich. Im ,Les Charmes’ von Grange Cochard erinnert sie mich zwar an diese Schule, hier fächert sie sich aber geschmacklich sofort auf und fesselt und erfreut damit. Der Wein wirkt auf mich etwas weniger konzentriert als obige, was aber keine Schwäche ist, sondern zu seinem anregenden Charakter mit pikanter Säure, innerer Klarheit und langem Nachhall gehört.

Der Morgon ‚Le Plateau’ 2019 gefällt mir am besten, wenn Du über ihn schreibst, Ole - Du schaffst es, die positiven Aspekte gut in Erinnerung zu rufen, bzw, das Glas als halbvoll zu betrachten.
In der Nase dominiert ein dunkler, unfruchtiger Ton, der an kein bekanntes Gewürz erinnert und sich beim Trinken als ungewöhnliche Holznote offenbart. Eher mild hat sie den Wein doch voll im Griff. Ich brauche lange, bis ich erleichtert die typische Gamay-Frucht entdecke. Das ist eine Weile spannend zu verfolgen, wie sich das raumfüllende Vanille-Fenster zur Frucht öffnet. Leider liegt das Holzaroma über Stunden breit da, während der Wein insgesamt einen schlaffen und brüheartigen Eindruck macht. Einige Male schwingt er sich auf zu strafferer und mehr von Frucht und Säure geprägter Struktur, fällt aber immer wieder auf ein Level zurück, in dem Aromen dominieren, die nicht aus der Traube zu stammen scheinen. Ein durch zuviel Bearbeitung devitalisiertes Lebensmittel? — 24 Stunden später haftet Holz immer noch wie Guss an jedem Schluck. Vanillesüße gibt einen geradezu lieblichen Anstrich, doch immerhin haben sich andere Aromen besser durchgesetzt und ich trinke ein herbsüßes Beeren-Vanilleelixier, das entweder wie aus der Hexenküche des Kellermeisters bald implodiert oder durch künftige Reifung seine Komponenten besser verbinden wird. Abwarten und wieder trinken.

Morgon ‚Côte du Py’ 2019 ist ein sehr überzeugender Wein, der bei verdeckten Proben leicht an deutlich teureren Konkurrenten aus aller Welt vorbeiziehen könnte. Druckvoll, mit vielschichtigem Fruchterlebnis, funkelnder Säure und einer Opulenz, die nicht oberflächlich ist, sondern Lust macht, lange weiterzuprobieren.
Trotz seiner Energie und guten Kondition schmeckt dieser Wein nicht kraftstrotzend oder auftrumpfend (auch in der Nase verheißungsvoll-verhalten). Man kann sich entspannt seinen Details widmen. Côte du Py besitzt auch eine deutliche Holznote, jedoch subtiler und gebundener als beim Plateau und im langen Abgang schon nicht mehr auffallend. 24 Stunden danach fühle ich mich trotzdem für einen Schreckmoment an das lasche Holz des Plateau erinnert. Die folgenden intensiven Geschmackserlebnisse mit Pflaume und eher gereiften Kirschen zeigen sofort wieder, wie sich beide in Gehalt und Dynamik unterscheiden. Einziger Kritikpunkt beim Côte du Py ist manchmal der Eindruck von überreifer Frucht.
Im Vergleich zu eher klassischen Beaujolais, die wir in den letzten Wochen probierten, scheinen die Macher auf Grange Cochard kreativ sein zu wollen und moderne Ideen aufzugreifen, ohne dass man einmal den Eindruck von Effekthascherei oder mainstream hat. Der „Plateau“ wäre dafür das beste Beispiel, wenn er sich als gescheitertes Experiment herausstellen sollte...

Gruß, Kle

PS: Mee Godards 2017er Corcelette schmeckt nach 48 Stunden grandios. Die Frucht nun aufgebrochen, assoziationsreich und dunkel-geheimnisvoll
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Tristram Shandy
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