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Beaujolais

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
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Créot

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Re: Beaujolais

BeitragDi 14. Mär 2023, 14:17

Terres Dorres / Jean Paul Brun Fleurie 2009

Lange im Keller vergessen und nun schon 14 Jahre alt. Schöne, harmonische, mittelintensive Nase mit Waldhimbeere, einem Hauch Weihnachtsgewürz und etwas Orangenschale. Im Mund sehr saftig, super Frische, ebenfalls Waldhimbeeren, etwas Nelke und Piment, getrocknete Blüten, tolle Balance und Energie. Gute Länge. Das ist nicht der komplexeste Wein, das macht er aber mit seiner Energie weg. Ziemlich lecker, besser als die Flasche vor 5 Jahren. Baut im Laufe des Abends ab und ich würde ihn in den nächsten 2-3 Jahren austrinken. Am Anfang des Abends hätte ich sagenhafte 92 Punkte gezückt, wenn man Punkte mag.
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragFr 31. Mär 2023, 09:25

Manche Beaujolais schmecken erst einmal intensiv nach Gamay, einer Rebsorte, die für mich ihre Reize erst nach längerem Kennenlernen entfaltet hat. Oft kommen sie erst nach langer Belüftung über den primärfruchtigen Eindruck hinweg. Der grandiose Chateau Thivin Cote de Brouilly Cuvee Zaccharie 2018 macht von Anfang an mehr Spaß aufgrund der vielen kleinen Sensationen, die er bietet. Es gibt eine elegante Komposition von Kirschen, Blaubeeren, Johannisbeeren und Brombeeren, saftig süßsauer eingelegt und auch ein wenig angequetscht, was kernige, dunkle und fleischige Aromen freisetzt. Eine gut geordnete Struktur und einen dynamischen Willen zur Form. Das Üppige ist hier stets fein und auftrumpfende Aromen nehmen sich sogleich für den Gesamteindruck wieder zurück. Der Wein hat weder zuviel Wärme, noch ist er unterkühlt und könnte ein Bordeaux sein, wenn er seine Rebsorte nicht doch deutlich zum Ausdruck brächte. Weniger klassisch und mit immer sofortigem Wiedererkennungseffekt als mit einer gewissen Erdnähe und dunklen Aromen.
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Tristram Shandy
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Taunus Südhang

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Re: Beaujolais

BeitragSa 13. Mai 2023, 18:47

Chateau du Chatelard, 2017 Cuvée Les Roches (Morgon)

Es gibt hier im Forum wohl nicht sehr viele Beaujolais Fans. Ich traue mich aber trotzdem.
Zu Fettucine mit diversen Pilzen, getrockneten Tomaten, etwas Bacon in wenig Sahne Sauce passte dieser Wein recht gut.
13 Umdrehungen, ausreichend Säure, um mit den getrockneten Tomaten (die waren nicht sehr süß) klar zu kommen.
Wir haben rote Früchte (Erdbeere, Himbeere, Kirsche (?)) geschmeckt, ganz wenig Holz.
Kein großer Wein, hat aber gut zu diesem Gericht gepasst. War bestimmt nicht der letzte Gamay, der den Weg in unseren Keller gefunden hat.
Viele Grüße

Thomas
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amateur des vins

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Re: Beaujolais

BeitragSa 13. Mai 2023, 19:08

Ich bin bei Wein (und hoffentlich auch sonst) generell unfanatisch. Beaujolais mag ich sehr gerne, gestehe aber, daß er ein wenig zu kurz kommt. Danke für die Erinnerung!

Was an getrockneten Tomaten verlangt für Dich nach Säure?

Mein erster Impuls bei dem beschriebenen Gericht wäre ein säureärmerer, kräftigerer, erdigerer, aber natürlich auch roter Wein - gerade, um mit dem ganzen Umami klarzukommen. Côtes du Rhône vielleicht.
Besten Gruß, Karsten
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Taunus Südhang

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Re: Beaujolais

BeitragSa 13. Mai 2023, 19:30

Ich mag schon kräftige Weine sehr (z.B. südliche Rhône von CdR bis C9P). Diese hätten aber das beschriebene Gericht zu sehr dominiert.
Wahrscheinlich liege ich daneben, wir hatten vor ein paar Tagen ein Pastagericht mit reichlich Tomaten. Dazu hatte ein Barbera d‘Alba bestens gepasst. Der Gamay hatte uns daran erinnert.
Zu den getrockneten Tomaten: hier gibt es eine große Breite von sehr konzentriert und süß bis noch saftig und säurehaltig. Heute hatten wir es mit letzteren zu tun.
Viele Grüße

Thomas
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amateur des vins

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Re: Beaujolais

BeitragSa 3. Jun 2023, 19:41

Haha, da kommt man aus dem Frankreich-Urlaub und hat als erstes das Bedürfnis, einen vernünftigen Wein aufzumachen. :lol: Als Entschuldigung mag herhalten, daß der Urlaub strukturell nicht auf Wein ausgerichtet war. Und ein Highlight gab es immerhin; vielleicht schreibe ich noch ein Stenogramm dazu. Glücklicherweise kam inzwischen meine Lieferung aus dem PdP-Abverkauf an, und so gab es heute ein Babyopfer:

Thillardon, Chassignol 2020
         Chénas


Der Wein zeigt eine mitteldichte, erheblich trübe Robe mit leichtem Purpureinschlag. Die Vermutung geht sofort in Richtung "ausgeprägte Hefearomatik", aber tatsächlich ist diese nur fein und läßt den anderen Aromen Raum: Zunächst ist der Eindruck ausgeprägt floral; ich assoziiere Rosenblüte und ein paar Veilchen. Dahinter - fast verschämt - etwas säuerliche rote Frucht, Richtung Cranberry. Die Aromatik am Gaumen ist im wesentlichen dieselbe. Die Säure ist lebendig, aber nicht knackig (wie nach der Nase erwartet); CO₂ (der Wein wurde mit der méthode sémi-carbonique erzeugt) ist höchstens erahnbar. Eine feine "Fruchtsüße" rundet den Eindruck ab.

Nach rund einer Stunde im Dekanter harmonisiert sich der Wein deutlich und gewinnt dabei auch ein wenig an Komplexität. Die floralen Noten treten in den Hintergrund, und es gesellt sich eine erdig-würzige Note hinzu, die sich vorzüglich mit der roten Frucht ergänzt. Die Säure und die Hefe im Abgang scheinen geringfügig deutlicher, aber nicht wirklich prononciert. Hätte jemand zu Beginn den Wein als "leicht dropsig" beschrieben, hätte ich nicht widersprochen, wenngleich sich mir diese Assoziation nicht aufdrängte. Nun, mit Luft, ist er aber "ernsthafter" geworden, ohne die Lebendigkeit abzulegen.

Irgendwie mag ich die Thillardon-Stilistik. Das ist ein klein' wenig hors catégorie, ohne zu schräg zu sein, il pinote (un peu), ohne sich dem Burgund anzubiedern oder das Beaujolais zu verleugnen, und es geht minimal in die Natural-Ecke, ohne jemals anstrengend zu werden. Dabei unterscheidet sich der Eindruck des 2020ers deutlich von früheren (2016 z.B. fand ich deutlich "waldiger" iirc); für Abwechslung ist also gesorgt. :mrgreen:
Besten Gruß, Karsten
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragFr 29. Sep 2023, 17:31

so richtig gut hatten mir die Weine von Château du Moulin-à-Vent eigentlich nur bei einem großen Verkostungsabend mit phantastischem Menu geschmeckt, den Nobbi Müller vor einigen Jahren in Anwesenheit des Junior Chefs ausgerichtet hatte. Danach fand ich sie meist zu wenig aufregend, kaufte in Hoffnung auf Besserung aber noch lange Zeit nach. Erst jetzt, nachdem ich mich von der Hoffnung verabschiedet hatte, trägt sie Früchte mit Clos de Londres 2018:
Dichter, verhaltener Eindruck dunkler Früchte, die weder frisch-fröhlich, noch gereift schmecken, keine eindeutige Zuordnung Kirsche Pflaume etc. drängt sich auf. Dafür mehr Kräuter und Graphit, unentschlossen - bricht gleich Gamay-Aroma durch und es stellt sich gepflegte Langeweile ein? Nein! Der Reiz von diesem Wein ist, seine Fähigkeiten nicht rasch ausspielen zu müssen - da ihm angesichts ihrer Begrentzheit sonst nicht viel zu tun übrig bliebe - sondern während eines disziplinierten, selbstbewussten Auftritts entdecken zu lassen. Dabei ist sein Charakter eher kompakt und fest, die Basis eher dunkel-anorganisch, auf der sich die fruchtigen Vergnügungen abspielen. Eindrücke von tief Verwobenem, das sich für Momente leicht voneinander löst, machen den Wein groß. Auch, dass er immer wieder Qualitäten zu entziehen scheint, sie versagt und dann doch wieder schenkt.
Nun beginnt die Entdeckung von Château du Moulin-à-Vent erneut. Vielleicht aber auch nur der Londres-Weine, denn dies war meine erste Flasche aus dieser Lage…

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Michl

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Re: Beaujolais

BeitragFr 29. Sep 2023, 21:26

Tolle, mitnehmende VKN, Carsten! Vielen Dank!
Viele Grüße

Michl
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Michl

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Re: Beaujolais

BeitragFr 29. Sep 2023, 21:36

Ich hatte diese Woche schon 13er Thivin Les sept vignes. Hat nmit richtig mitgenommen. Gerade perfekt auf dem Höhepunkt mit einer ganz wunderbaren spröden Herzlichkeit.
Viele Grüße

Michl
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragMi 17. Jan 2024, 15:09

Bei Ole gabs
1 Georges Duboef, Fleurie 1991
Intensiv fruchtbetonter Duft, der bereits aus dem Flaschenhals mit dem abgebrochenen Korken strömt. Dichtes, leicht trübes Rubinrot mit gelbbräunlichem Rand. Im Mund überraschend geschliffen, angenehme Schärfe und klare wohlgeordnete Struktur mit schöner Beerenaromatik, die leider zunehmend von Kork zerstört wird. Wirklich schade, ansonsten besaß dieser Wein weniger Alterungsnoten als die beiden nächsten.
2 Jean-Marc Després, La Madone 2005 blasser in der Erinnerung als die anderen. Farblich kräftig ohne auffallende Alterserscheinungen. Schönes Frucht-Beeren-Erlebnis im Mund, etwas Klebstoff. Im Gegensatz zu jüngeren Bojos entfaltet sich die Frucht aber nicht als eigenständiges Phänomen, sondern löst sich an den Rändern auf und macht anderen Aromen Platz. Dies ist zuerst sehr interessant wie Kräuter und Mineralien sich mit Kirsche, Johannisbeere und Himbeere verschmelzen. Später entwickelt sich ein Ton wie von überlagerten Gewürzen und Tanninen, der auch etwas dumpf Metallisches besitzt und vermuten lässt, vom Winzer so nicht gewollt gewesen zu sein.
3 Pierre-Marie Chermette, Fleurie 2005 „Les Garants“ war für mich ein Wein der furiosen Kontraste… In der Nase schwer greifbar. Die Frucht undeutlich hinter ätherisch-„chemischen“ Noten. Diese Anmutung zuerst auch im Mund. Toll dann, wie Aromen praktisch in der Bewegung die Richtung wechseln. War beim La Madone die Rebsorte noch am ehesten, wenn auch subtil, herauszuschmecken, hat sie sich hier ganz in feine Fruchtaromen ohne klaren Herkunftsnachweis verwandelt. Sofort schwimmen oxidative, bzw. Alterungsnoten mit, die sich aber gut integrieren und dem Wein Würze geben. Beizeiten gibt es ein geradezu lieblich-süßes Fruchterlebnis, das sich gegen alles andere durchsetzt, dann dominieren Gerbstoffe, Säure und herbes Kraut, dann Firne - und mitunter gibt es ein schnelles Wechselspiel aller Komponenten während eines Schlucks. Der Wein hat allerdings seinen Zenit erreicht, was sich von
4 Jules Desjourney, Fleurie 2007 nicht sagen lässt. Für seine vergleichsweise weit höhere Preisklasse sollte er seine gerechte Strafe bekommen, fuhr aber eine Überwältigungsstrategie gegen alle Vorurteile: Ein Wein, der keinerlei Härte besitzt und doch fest ist, mit einer gewissen weichen Anmutung, die immer Struktur und Form spüren lässt. In Nase und Mund exotische Blütenaromen und Pflaume. Dabei aromatisch vermeintlich in sich ruhend, durch seine pure Existenz, statt durch Kunststücke beeindruckend. Dieser Wein legt es nicht darauf an, sofort viel preiszugeben, tut es aber peu a peu mit wunderschönen feinen Nuancen. Es gab nichts, was durch lange Lagerung durchgesessen erschien, weder zickige Säure noch Tanninprovokation oder Alterungsnoten - vielmehr das Gefühl, dass er den Trinkern überlegen ist und Reserven besitzt, die sie nur ahnen können.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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