Hallo zusammen,
Ich durfte gestern einen Tag an den Grand Jours an der Cote de Nuits verbringen und so etwas in den Jahrgang reinblicken. Nun, was ist so zu halten von diesem 2010er Jahrgang? Ich glaube er ist im besten Sinne klassisch. Was ich damit sagen möchte? Nun, klassisch heisst für mich, der Jahrgang ist nicht klar am Jahrgang fest zu machen. Will heissen, dass man nicht durchweg sagen kann "gut" oder "schlecht". Mein Eindruck ist ganz klar der, dass es sich um eine heterogene qualitativer Spitze handelt.
Als wir morgens in Marsannay mit den Weinen Gevreys begannen war ich doch beeindruckt wie ausgeglichen die Gemeinde hinsichtlich der Güte der produzierten Qualität war. Zumindest bei den Produzenten, die ich persönlich bevorzuge. Natürlich gehen auch da die "Gusti" auseinander aber im Grossen und Ganzen wage ich zu behaupten, dass dort doch die Qualitäten über weite Strecken "en pair" sind und daher auch den Schluss zu lassen, dass die Winzer sich den nicht immer einfach Bedingungen anpassend sehr gut gearbeitet haben. Meine persönlichen Favoriten waren denn auch u.a. Trapet und Faiveley mit schon bekömmlichen und äusserst spannenden Kreszenzen ab Villagestufe.
Die eingangs erwähnte Heterogenität steigerte sich dann noch mehr als es um die Weine Chambolles und Moreys ging. Wo ich anfangs von den Kreszenzen Amiot-Servelles (insbesondere von seinem les Amoureuses) regelrecht "geflasht" war, hatten aber auch einige Vertreter überaus spitze Säuren und für Burgund massive Tanningerüste vorzuweisen. Mir ist auch aufgefallen, dass viele Produzenten scheints den "Konzentrator" entdeckt zu haben scheinen (ob dem nun wirklich so ist kann ich nicht sagen, aber ich hatte doch bei gewissen Erzeugern das Gefühl, dass die Weine nicht einer gewissen Dicke entbehren). Regelrechte Fruchtbomben - und das nicht in bester burgundischer Manier - waren die Folge. Dennoch hat mir meine Lieblingsgemeinde Morey mit einem sehr schönen Clos de Tart und absolut interessanten Erzeugnissen bei Dujac, Magnien und Mugnier wieder tolle Kreszenzen bereitgestellt. Natürlich auch da gab es Vertreter, die den oben negativen Aspekten zugeordnet werden mussten.
Noch heterogener erschien mit Vosne Romanee, wobei ich sagen muss, dass mir diese Weine wohl noch am wenigsten geläufig sind in Burgund und mir die Einschätzung der jungen Weine doch noch etwas schwer fällt. Aber ich habe in keiner anderen Gemeinde einen derart derben Unterschied zwischen jung bereits ausgewogen, würzigen und Trinkfreude bereitenden Weinen und säurebeladenen, untrinkigen Monsterchen-Pendants erlebt. Einfach unvergleichlich waren da die Weine von Sylvain Cathiard (insbesondere der Village, 1er en Orveaux und der Romanee St Vivant!!!), Anne Gros deren Clos de Vougeot mit immer noch im Gedächtnis anhaftet (es gab auch noch einen exzellenten Village, Echezeaux und einen magsitralen Richebourg) sowie die Familien Mugneret mit ungemein Freude bereitenden Flaschen, wo man schon fast den Produzentenbitten wollte eine Flasche abzugeben, um diese einfach in den umliegenden Rebbergen sitzend in guter Gesellschaft zu trinken. Diese Produzenten hatten alle eines gemein: Wunderbare, klare dichte Frucht mit seidiger Textur, gut eingebundene Säure und sehr gut integrierte, geschliffene Tannine. Weine die eben sofort Freude bereiteten und schon jetzt zum Trinken animierten. Einfach schön. Doch da waren auch andere Produzenten, wie zum Beispiel Clavelier, wo ich mir ganz ehrlich nicht sicher bin, ob die Lagerung das wettmachen kann, was an Säure in den Weinen war - sie wirkend fast beissend abweisend. Oder dann gab es für meinen Gaumen unsinspirierte Echezeauxexemplare wie diejenigen von Tremblay oder Lamarche (ich konnte da den Pinot einfach nicht singen hören). Und dann gab es noch die dritte Kategorie: "Ich weiss nicht". In die "Ich weiss nicht"-Kategorie fielen bei mir zum Beispiel die beiden Cousins Liger-Belair. Comte Liger Belair war ebenfalls säurebetont, wenn auch nicht beissend und ich kann mir vorstellen, dass wenn man die reguläre 15% Reduktion der Säure sich vorstellt, dessen Weine mit Lagerung ganz anders aussehen können in Zukunft. Dafür kenne ich aber den Produzenten aber wesentlich zu wenig. Sein Cousin Thibault war denn das andere Extrem: Die Säure im Griff, aber eher die opulenten konzentrierten Vertreter präsentierend. Für mich schon fast amerikanisch im Gaumen und vielleicht doch etwas gar reifes Lesegut verwendend... Ich weiss glaube nicht, dass dies die für mich richtige Entwicklung ist, aber den vielen Asiaten haben die dichten Fruchtbomben gefallen. Für mich fast ein Tacken zuviel des Guten, aber ich habe Gelegenheit die Weine in zwei Wochen nochmals in Ruhe auf der Domaine nachzuverkosten - Vielleicht war ja mein Gaumen auch nur schon langsam müde und die Resultate sind dann auch nicht mehr die zuverlässigsten.
In Nuits St Georges traf man eigentlich die üblichen Verdächtigen an: Domaine l'Arlot, Chevillon, Gouges oder Alain Michelot mit schönen Ergebnissen aus den ebenfalls schönsten Lagen wie Vaucrains, les St Georges oder dem Clos de l'Arlot... Was mir abseits davon auffiel: Extrem viele Besucher aus der asiatischen Region, geführt von ihren britischen Kollegen. Ich glaube auch Burgund steht wohl erst vor der Entdeckung durch eine neue Kundschaft mit nicht auszurechnender Kaufkraft. Was das zu bedeuten hab will ich nciht verschreien, aber ich habe so eine dumpfe Ahnung
Wie dem auch sei, ich komme für 2010 wie schon eingangs erwähnt zum für mich persönlichen Urteil eines ultraklassischen Burgundjahres. Nämlich dem, dass es einmal nicht möglich ist generell Aussagen zu treffen. Die qualitative Spitze ist heterogen und es gilt seine Weine zu entdecken, wie man dies eigentlich gewohnt ist. Wie man vielleicht bemerken konnte, halte ich mich da an den Leitspruch meines Grossvaters: "die grösste Qualität eines guten Burgunders ist, dass er, auch wenn noch in jungen Jahren befindlich, dennoch bekömmlich und trinkanimierend ist." Bisher bin ich immer gut gefahren mit ein paar Ausnahmen, ich werde es auch dieses Jahr wieder beherzigen.