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Bordeaux - wohin geht die Reise?

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Oberpfälzer

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Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragFr 22. Apr 2011, 19:44

Hallo zusammen,

habe eben einen interessanten Bericht von Mario Scheuermann http://bordeaux.blogg.de/eintrag.php?id=1036 gelesen.

Ist letztlich wohl nicht überraschend aber es gibt mir schon zu denken. Da werde ich mir überlegen, noch einige jüngere BDX-Jahrgänge nachzukaufen. Die Zeiten der "klassischen" BDX-Weine könnte demnach zu Ende gehen. Carmenere, Malbec, Syrah, Mourvedre im BDX? Zumindest gäbe es dann weitere preiswerte Alternativen z.B. aus Südfrankreich :roll:

Was meint ihr?
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Wolfgang
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weinfex

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragFr 22. Apr 2011, 20:20

Ich bin nicht wirklich so oft einer Meinung mit Herrn Scheuermann ;) ,
aber zu diesem Bericht gibt es nichts zu widersprechen, ausser das
es nicht der Jahrgang 2010 ist, "der das Ende der Fahnenstange bedeutet",
sondern das war bereits 2009. 2010 ist nur die logische Konsequenz aus
dem Vorjahr, aufgrund der witterungsbestimmten Umstände...
Grüsse weinfex
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Ingo

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragFr 22. Apr 2011, 21:46

Und 2008 wäre dann noch ein Jahrgang klassischer "alter" Prägung?
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Tannat

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 07:01

Morgen zusammen,

ob das gleich das ENDE bedeutet ???
Würde mal behaupten wird ähnlich laufen wie vor ein paar Jahren mit Weißweinen,
frühere Lesezeitpunkte ev auch nur Nacht´s oder in den frühen Morgenstunden aber
in erste Linie ist doch das Prob. das nach erreichen des optimalen Reifestadiums halt
recht schnell die Ãœberreife eintritt und um alles optimal einzufahren ist es halt im
Bordeaux viel zu viel Fläche.

Denke auch das ist kein Problem das nur Bordeaux hat oder ?

Franzosen sind halt viel emotionaler,
da wird gleich ein Fass aufgemacht,
man geht auf die Strasse,
es brennen Autos oder wird halt gleich auf eine andere Rebsorte umgestellt ;) :lol:



:?: ist eigentlich Cabernet Franc, Petit verdot, Malbec und Carmenere nicht die gleiche Sorte :?:
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vanvelsen

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 07:27

Ich denke, das mit den hohen Alkoholgraden ist schon ein Problem. Nicht nur in Bordeaux.

In der Gegend wo mein kleiner Rebberg im Piemont steht kämpfen die Winzer seit 2003 mit steigenden Alkoholwerten. So macht mein Nachbar, der ohne grosse Qualitäts-Steigerungsmassnahmen im Rebberg agiert, einen Barbera mit 14.0 vol.% während er vor 10 Jahren noch 12.5 vol% erzielt hat. Verändert hat er nichts.

Auch "mein Wein" hat im wirklich schlechten Jahr 2008 14.5 vol.% gemacht während er in guten Jahren bei 15-15.5% liegt. Die Wahl ist: entweder reife Trauben, stimmige Säure und viel Zucker oder aber weniger Zucker dafür grüe Gerbstoffe und zu hohe Säure.

In der Forschungsanstalt "Enosis" von Donato Lanati (http://www.enosis.it/pressroom2.php?id=11) wird seit letzten Jahr herumexperimentiert, wie man den steigenden Alkoholgraden Meister wird. U.a. werden die Fruchtruten bewusst länger gelassen (ca. 13 Augen statt 8-9) wobei die Augen 9-13 wieder vertikal nach oben gebogen und im Sommer dann weggeschnitten werden. Stimmen im Dorf sagen, dass damit die Gradation um ca. 0.5% gesenkt werden konnte.

Zurück zu Bordeaux. Ich glaube schon, dass eine Umstellung im Rebspiegel ein Ansatz sein kann Überreife und hohe Alkoholgrade zu verhindern. Ich jedenfalls bin froh, dass ich in meinem Rebberg neben Barbera den Cabernet Franc (und nicht den Merlot) stehen habe.

By the way. Cabernet Franc, Carmenere, Malbec und Petit Verdot sind eigenständige Rebsorten, welche alle aus Bordeaux stammen. Petit Verdot und Cabernet Franc sind auch heute in vielen Weinen (meist zu kleineren Teilen, der CF bei Cheval Blanc z.B. sogar zu einem substantiellen Teil) enthalten. Carmenere und Malbec wurden ursprünglich in Bordeaux verwendet sind aber nach der Reblauskatastrophe weitgehend gerodet worden. Die Malbec heisst heisst im Bordeaux auch Malbeck oder Pressac und wird (neben Argentinien) heute v.a. im französischen Cahors noch angebaut.

Gruss,

Adrian
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vanvelsen

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 07:35

Ingo hat geschrieben:Und 2008 wäre dann noch ein Jahrgang klassischer "alter" Prägung?


Wenn ich meine letzten Verkostungen von 08, 09 und 10 revue passieren lassen, dann liegt 2008 defintiv deutlich näher an einem "klassischen Jahrgang" als 09 und 10. Die 08er sind in meinen Augen charaktervolle Bordeaux, welche mit viel Frische und stimmiger Säure aufwarten und durchaus das Potential haben, lange und schön zu reifen. Falls von Interesse, hier meine Notizen zu 2008.

http://vvwine.blogspot.com/2011/04/bord ... erstl.html (kleine, zahlbare Bordeaux)

http://vvwine.blogspot.com/2010/11/bord ... -2008.html (auch klassifizierte Güter)

Gruss,

Adrian
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Trinkfreude

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 08:40

Hallo Adrian,

danke für die 08er Notizen, interessante Denkanstöße dabei...

Zur Überreifeproblematik denke ich, daß es schon eine Menge Möglichkeiten gibt, im Weinberg auf eine Begrenzung/Verlangsamung des Zuckeraufbaus hinzuarbeiten. Teilentblätterung (wahrscheinlich mehrfach pro Jahr) zur Reduzierung der Photosyntheseleistung, ggf. in Kombination mit höherer Laubwand und geringeren Zeilenabständen (für eine gegenseitige Beschattung der Zeilen), gezieltes Zulassen höherer Erträge ( :o Teufelszeug, man traut es sich nach all den Jahren des Hoheliedes auf die Ertragsbeschränkung kaum zu sagen...) etc. Sicher wird man sehr vieles davon versuchen, bevor man die Rebsortenmischung, die ja eines der wichtigsten, wenn nicht DAS Charakteristikum der Region ist, radikal umstellt.

Natürlich verursacht das alles Aufwand, manches geht nicht von heute auf morgen und das meiste hat sicher auch anderweitige Nachteile, aber das war früher auch nicht anders, als man noch Sorgen um mangelnde Reife hatte und genau in die entgegengesetzte Richtung gearbeitet hat. Da gibt es sicher noch viel mehr Methoden - die muss man nun eben ausprobieren und erforschen. Vielleicht kann man ja auch von anderen Regionen lernen, die schon länger versuchen, die Qualität und Frische unter Hitze-/Trockenheitsbedingungen zu erhalten.

Schöne Ostertage
Jürgen
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Desmirail

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 08:57

Tannat hat geschrieben:Morgen zusammen,

ob das gleich das ENDE bedeutet ???



Ich finde den Anstoß zur Diskussion (dieser wurde nicht von Herrn Scheuermann gegeben) gut. Dieser wurde meines Wissens vor ca. 6 Jahren gegeben. 2005 hatte man so, wie er wurde, nicht für möglich gehalten (auch aufgrund der z.T. völlig veränderten Kellerlandschaft) ...
Seit dem gibt es hier und da Berichte die sich alle auf die eine oder andere Art damit beschäftigen. Fakt scheint zu sein, dass es keine ausreichenden Erfahrungen im BDX Weinen solcher Konzentration zu geben scheint, woher auch.

Alterungsverhalten etc. lässt sich von uns nur erahnen (und mit UNS meine ich eine ganze Menge von Leute, quasi alle unter 75 Jahren Lebensalter) und nur für noch weniger, also die wenigsten, vergleichen. Wer kann von sich schon behaupten, er habe einen 1961er Palmer im März/April 1962 verkostet um diesen Wein vom Potenzial her einzuschätzen? Richtig: Keiner!

Herr Parker nicht, Herr Scheuermann auch nicht, nicht ein Gabriel, auch wenn er dem Namen nach ein Engel ist, kein NM, keine JR etc. pp!

Vielleicht ein alter Mann aus London, MB.

Trotzdem wird oft "großspurig" von solchen Jahrgängen gesprochen als wären es alte Bekannte die man mit den heutigen Weinen vergleichen könne :lol: ... das nur nebenbei bemerkt.

Grau, grau, grau ist alle Theorie, wichtig is im Glas. :D

Ob es das ENDE der Fahnenstange ist ... das kann keiner Sagen. Sicherlich wird es Veränderungen geben und diese werden wir alle mitmachen und wohin die Reise geht werden wir auch erleben.
Es gibt einiges zu erleben und vielleicht wird 2011 und 2012 so schlecht, das wir diese beiden mit 1987 oder schlimmer vergleichen können.
Das, mit Verlaub, ich wünsche keinem etwas schlechtes, würde die Diskussion, sehr bereichern und auch andere Wonnen mit sich bringen.

So, ich hoffe ich bin keinem auf den Slip getreten ;)


So was finde ich sehr interessant!!
:arrow:
vanvelsen hat geschrieben:In der Forschungsanstalt "Enosis" von Donato Lanati (http://www.enosis.it/pressroom2.php?id=11) wird seit letzten Jahr herumexperimentiert, wie man den steigenden Alkoholgraden Meister wird. U.a. werden die Fruchtruten bewusst länger gelassen (ca. 13 Augen statt 8-9) wobei die Augen 9-13 wieder vertikal nach oben gebogen und im Sommer dann weggeschnitten werden. Stimmen im Dorf sagen, dass damit die Gradation um ca. 0.5% gesenkt werden konnte.
Zuletzt geändert von Desmirail am Sa 23. Apr 2011, 09:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Oberpfälzer

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 08:59

Und es gibt bereits Beispiele für alkoholarme Weine aus südlichen Gebieten wie sie Gerard Gauby, Remy Pedreno u.a.m. ermöglichen. Viel passiert im Weinberg. Ob da auch der Kellermeister seine Finger im Spiel hat weiss ich nicht (glaube ich eher nicht).
Servus
Wolfgang
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vanvelsen

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Re: Bordeaux - wohin geht die Reise?

BeitragSa 23. Apr 2011, 09:04

Trinkfreude hat geschrieben:Hallo Adrian,

danke für die 08er Notizen, interessante Denkanstöße dabei...

Zur Überreifeproblematik denke ich, daß es schon eine Menge Möglichkeiten gibt, im Weinberg auf eine Begrenzung/Verlangsamung des Zuckeraufbaus hinzuarbeiten. Teilentblätterung (wahrscheinlich mehrfach pro Jahr) zur Reduzierung der Photosyntheseleistung, ggf. in Kombination mit höherer Laubwand und geringeren Zeilenabständen (für eine gegenseitige Beschattung der Zeilen), gezieltes Zulassen höherer Erträge ( :o Teufelszeug, man traut es sich nach all den Jahren des Hoheliedes auf die Ertragsbeschränkung kaum zu sagen...) etc. Sicher wird man sehr vieles davon versuchen, bevor man die Rebsortenmischung, die ja eines der wichtigsten, wenn nicht DAS Charakteristikum der Region ist, radikal umstellt.

Natürlich verursacht das alles Aufwand, manches geht nicht von heute auf morgen und das meiste hat sicher auch anderweitige Nachteile, aber das war früher auch nicht anders, als man noch Sorgen um mangelnde Reife hatte und genau in die entgegengesetzte Richtung gearbeitet hat. Da gibt es sicher noch viel mehr Methoden - die muss man nun eben ausprobieren und erforschen. Vielleicht kann man ja auch von anderen Regionen lernen, die schon länger versuchen, die Qualität und Frische unter Hitze-/Trockenheitsbedingungen zu erhalten.

Schöne Ostertage
Jürgen


Hi Jürgen,

du hast natürlich recht, das Auswechseln der Rebsorte sollte sicher NICHT der erste Schritt sein. Deine Ansätze sind richtig und gut. In meinem, Rebberg habe seit 2 Jahren den Ertrag verdoppelt 700-800g statt 400g pro m2 und die Laubwand wird richtig fett zurückgeschnitten. Das hat den pot. Alkoholwert von 16% (2007) auf 15% (2009/2010) gebracht.

Gruss,

Adrian
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