Aktuelle Zeit: Sa 27. Apr 2024, 12:00


Médoc 2023

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
  • Autor
  • Nachricht
Offline

schneesurfer

  • Beiträge: 300
  • Registriert: Di 11. Jan 2011, 14:30
  • Wohnort: Stuttgart BC

Re: Médoc 2023

BeitragMi 18. Okt 2023, 14:02

small talk hat geschrieben:Es ist weiterhin sehr trocken und tagsüber warm bis an die 30°C. Jetzt kündigt sich ein Wetterwechsel an. Regen wäre gut…
Beste Grüße aus Médoc
Stefan


Stefan,
bei deinem Wunsch nach Regen geht es da um die Erholung der Pflanzen, richtig?


small talk hat geschrieben:An der Mg-Versorgung für die Reben werde ich im nächsten Frühjahr noch was tun müssen.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan


Woran machst du deine erwähnte Korrektur an Mn fest? Blattfarbe und -zustand?

Grüsse
Frank
Gruß
Schneesurfer

Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiss, ob sie wiederkommen.
Oscar Wilde 1854-1900
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragDo 19. Okt 2023, 15:58

Hi Frank,
einen Zweitwein mache ich nicht. Wenn mal eine Charge nicht meinen Qualitätsanforderungen entspricht, verkaufe ich diese als Tankware. Das kommt jedoch nur sehr selten vor, da ich schon sehr früh in die Ertragsbegrenzung gehe und zwischen 40 und 45 hl je ha anstrebe. Das Terroir und die alten Reben tun ihr übriges. Dazu die Bewirtschaftung mit der die organische Substanz im Boden deutlich anstiegen ist und in der Folge verschiedene Mykorrhiza stabil etabliert sind. Mir war nicht klar, das damit auch Wildschweine angezogen werden. Diese Entwicklung erhöht die Stressresistenz der Reben enorm, wobei auch das Grenzen hat. Unsere Reben stecken auf Hitze- und Trockenstress gut weg. Dieses Jahr war besonders der Trockenstress hier in Médoc sehr ausgeprägt (gilt nicht für andere Gebiete des Bordelais).
Regen wird dringend gebraucht für die Natur. Im Boden hat sich der Wassermangel seit zwei Jahren akkumuliert. Den Bäumen geht es nicht gut, die haben schon einiges an Laub verloren – teilweise komplett. Den Reben wird Regen jetzt nach der Lese bei der Nährstoffrückverlagerung helfen. Das gibt dann für das nächste Jahr einen guten Start.
An den Blättern der Reben lassen sich verschiedene Nährstoff-Mangel sehr gut fest machen Kalium und Phosphor konnte ich so schon gut korrigieren. Bei zwei Blättern in der linken Hälfte auf dem Bild zeigt typische Muster von Magnesium (Mg) Mangel.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragDo 19. Okt 2023, 18:11

Kleiner Nachtrag noch;
Vor der Lese Mitte September hatten wir 40 mm Regen. Das hat die Reife-Blockade bei den jungen Reben gelöst. Die Pausen zwischen den Lagen waren nur kurz.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragDo 26. Okt 2023, 14:24

Seit dem Wochenende nun Dauerregen, wie schon sehr lange nicht mehr.
Die 100 mm Marke ist schon überschritten und die nächsten Tage soll es so weiter gehen.
Da kann ich nur froh sein, dass uns so etwas nicht während der Lese erwischt hat.
Der 2023er blubbert noch vor sich hin.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
Offline
Benutzeravatar

EThC

  • Beiträge: 8224
  • Bilder: 27
  • Registriert: Fr 27. Feb 2015, 17:17
  • Wohnort: ...mal hier, mal dort...

Re: Médoc 2023

BeitragDo 26. Okt 2023, 14:44

small talk hat geschrieben:Da kann ich nur froh sein, dass uns so etwas nicht während der Lese erwischt hat.
...na und? Einfach den Hubschrauber zum Traubentrocken ordern :!: :mrgreen:
(soll bei Petrus ja schon praktiziert worden sein...)
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragFr 27. Okt 2023, 14:09

Sowas toppen wir längst mit Raketenstarts. Der Elon würde richtig neidisch werden, wenn der das sieht. Selbstverständlich werden die Pflücker standardmäßig mit Hitzeschildern ausgestattet.
Hauptsache medienwirksam…
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragSo 5. Nov 2023, 11:00

Die Atmosphäre ist sehr unruhig. Die Niederschläge der letzten zwei Wochen überschreiten in der Summe bald die 300 mm – Marke. Das ist mehr als im gesamten Jahr vor dieser Regenperiode gefallen ist.
Dazu nun die Atlantikstürme, die zu dieser Jahreszeit zwar dazu gehören, jedoch heftiger ausfallen als gewöhnlich. Vom zweiten Sturm haben wir diese Nacht das Zentrum frontal abbekommen. In der Nacht mussten wir einige Bienenkästen wieder aufrichten und so gut es eben ging sichern. Regentropfen fühlen sich bei so einem Sturm hart wie Hagelkörner an. Es hat einige Bäume zerfetzt und umgelegt. Gestresst von Trockenheit und Pilzbefall – 2023er Paradox – waren die umgefallenen Bäume schon an Teilen der Basis morsch und hatten den Böen von etwa 150 kmh nicht viel entgegen zu setzen. Der heftige Wind sollte sich über Tag legen, dann werde ich die Schäden weiter durchgehen.
Immerhin haben wir Strom und Internet.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragDi 12. Dez 2023, 15:01

Ist das noch Wetter oder schon Klima,
2022 und 2023 waren hier in Médoc trockene Jahre. Selbst die Winter 21/22 und 22/23 waren relativ trocken und die Wasserreserven im Boden wurden extrem knapp. Nach dieser zweijährigen ‚ariden‘ Phase hört es nun seit 7 Wochen kaum mehr auf zu regnen. Mit der Nässe lassen die milden Temperaturen die Kräuter und Gräser wachsen. Selbst einige Bäume waren drauf und dran die Knospen zu öffnen. Ein leichter Kälteschub hat das gerade noch verhindert.
Die oberen Bodenschichten sind schon lange mit Wasser durchgesättigt und bei der guten Drainage der Böden des Médoc hat sich auch der Grundwasserspiegel schnell erholt.
231212-1281_Marais blanc-9.JPG
Marais blanc

Unsere Marais/Feuchtwiesen laufen nun regelmäßig voll und voller. Weil sich das Licht auf der Wasserfläche spiegelt wird diese Flutung hier 'Marais blanc' genannt. Für mich ein neuer Rekord zu sehen wie hoch wie das Wasser dort heute steht. Die nächsten Tage soll der Regen nachlassen; das wurde und jedoch auch schon häufiger versprochen.
Mit der Vinifikation des 2023er bin ich immer noch nicht ganz fertig. Bei zwei Lagen / Chargen sorgen die hohen Alkoholgrade immer noch für Restzucker - mittlerweile unter 6 Gramm. Erlaubt sind 3 Gramm; mein Ziel ist unter 0,2 Gramm – wie üblich.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
Offline

pessac-léognan

  • Beiträge: 842
  • Registriert: Fr 11. Jan 2019, 11:57

Re: Médoc 2023

BeitragDi 12. Dez 2023, 17:09

Danke, Stefan, für deinen Bericht und das Bild. Eigentlich ein sehr schönes Bild. Ein richtiger Sumpf. Auch das hat das Médoc zu bieten! Meines Wissens hat die Gegend jeweils im nächsten Jahr auch sehr nasse Winter schon sehr gut "verdaut" und gute bis sehr gute Jahrgänge geliefert. Oder könnte das mit der zunehmenden Tendenz, dass in Frankreich jeweils auf 8-10 aride Monate 2-4 Monsunmonate folgen (bei uns im Morvan seit nun mindestens 5 Jahren und ausschließlich im Winter, der keiner mehr ist), für die Reben irgendwann auch problematisch werden? Wie siehst du das?
Gruß
Jean
Offline
Benutzeravatar

small talk

  • Beiträge: 252
  • Registriert: Mi 19. Feb 2020, 11:04
  • Wohnort: Bégadan (F)

Re: Médoc 2023

BeitragDi 12. Dez 2023, 19:47

Der übermäßige Regen jetzt im Winter schadet den Reben tatsächlich nicht. Ein paar Wochen Trockenheit und das Wasser ist vergessen. Der Rebstock 'schläft' jetzt, dann ersticken die Wurzeln so schnell nicht. In der Vegetationsperiode wäre eine solche Nässe, wie wir sie nun schon seit Wochen haben, allerdings heikel. Besser ist es, wenn die Gräben, die jetzt überlaufen, noch bis in den Sommer hinein voll bleiben, das hatten wir die letzten zwei Sommer nicht.
Die spürbare Klimaveränderung stecken die Reben bisher gut weg. Da sieht es bei den Bäumen ganz anders aus.
Bei den Eschen, die in den Hecken neben unseren Reben oder auf den Wiesen stehen, fallen mitten im Sommer mal 15cm starke Äste ab; voll belaubt und eigentlich gesund aussehend. Das ist mir völlig unerklärlich. Die geringen Wasservorräte im Boden reichen für die Bäume gegen Ende des Sommers nicht mehr aus. Dieses Jahr fing der Laubabwurf schon im August an. Einige Eichen waren Anfang September komplett braun. Viele Bäume hatten nur noch etwa die Hälfte an Blattmasse. Das macht Stress und eine Nährstoffrückverlagerung schwierig.
Bei den Reben hatten wir dieses Jahr das Phänomen, dass die relativ hohe Luftfeuchtigkeit – ausgelöst durch den ungewöhnlich warmen Atlantik – den Mildiou-Krankheitsdruck enorm erhöht hat. Da wurde ich an einigen Stellen, wo die Nachbar-Parzellen aufgegeben wurden, kalt erwischt. Solche Situationen können 2024 durchaus wieder vorkommen. Ein Kollege hat mir erklärt, dass er nun im 5 Tagesrhythmus Pflanzenschutz ausbringt. Er ist auch besser davongekommen. Andere Kollegen habe sehr heftige Mittel genommen… Also die Wahl zwischen Pest, Cholera oder Ernteverlusten…
Das grundsätzliche Problem sehe ich in den Extremwetterlagen, die offensichtlich zu neuen Normalität werden. Das macht auch eine Einschätzung der Kulturmaßnahmen schwierig. Da ist es ein außerordentlicher Glücksfall, dass ich über die letzten 12 Jahre die Humusbilanz deutlich gesteigert habe was auch die Pflanzengesellschaft in unseren Rebanlagen sichtbar verändert hat, was wiederum ein deutliches Zeichen für eine gesunde und vielfältige Mykorrhiza ist. Der magere Kies unserer Lagen mit weniger als 10 cm Oberboden macht es der Mykorrhiza schon schwer genug. Leider sind die Wildschweine sehr scharf auf diese Pilze und pflügen den Boden zwischen den Reben regelrecht durch. Das macht richtig Schaden.
Der Wetter/Klima-Stress wird weiter zunehmen. Bisher sind wir hier im Südwesten noch gut damit zurechtgekommen – dank der Pufferwirkung des Atlantik. Es ist jedoch sehr schwer abzuschätzen wo die Veränderungen hingehen und die Rebenkultur ist nun mal sehr wettersensibel.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
VorherigeNächste

Zurück zu Bordeaux und Umgebung

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 40 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen

cron