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Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: So 22. Mai 2022, 17:39
von pessac-léognan
Danke, Stefan, für deine beeindruckenden Berichte und Fotos zu Flora und Fauna des Médoc !

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: Mo 23. Mai 2022, 09:24
von Winedom
Find ich auch toll!
Ein schöner direkter Einblick in das Weinbauleben.
Auch mal mit anderen Facetten.
Schön das die Fledermäuse bei dir einen Platz finden und haben dürfen.
Nicht so wie bei unseren modernen Bauernhöfen. Da haben die z.B Schwalben nicht mehr viel zu suchen. :twisted:

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: Mo 23. Mai 2022, 12:29
von small talk
Nun ja, die Barriques muss ich regelmäßig abfegen. Dafür vertilgen die Fledermäuse enorm viele Insekten und reduzieren ganz ordentlich den Schädlingsdruck - auch im Wein. Das passt dann wieder.
Bei den Schlangen gibt es regelmäßig eine Schrecksekunde. Die Couleuvre ist zwar ungiftig, aber ich erschrecke mich trotzdem, wenn es im Gras plötzlich vor mir raschelt. Wenn die kleinen dann ein neues Revier suchen, verirren sie sich auch schon mal in unsere Wohnräume oder ins Büro. Dann werden sie vorsichtig hinaus begleitet.
Wir leben nun mal in der Natur, die auch ihren Platz braucht.
In der Nacht hatten wir endlich mal etwas Regen. Das wird die Trockenheit erst mal abmildern und besonders den jungen Reben gut tun. Die Linden vor unserem Château fingen schon an Blätter abzuwerfen um Wasser zu sparen.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: So 12. Jun 2022, 11:53
von small talk
Die Vegetationsperiode läuft gut !
Es ist weiterhin ein trockenes Jahr. Wir hatten zwar mal 16 mm Niederschlag aus vorbei ziehenden Gewittern, die sind jedoch schnell aufgesogen. Die Wasserbilanz ist weiter negativ, entsprechend sind die Wasservorräte im Boden sehr knapp. Von den heftigen Gewittern mit desaströsen Hagel blieben wir verschont. Dies ist auch der Nähe zum Wasser zu verdanken. Eine extreme Schwüle baut sich hier nicht ganz so schnell auf – so kann das auch gerne bleiben...
Der Frost vom 04. April hat an einigen Stellen Schäden hinterlassen, die sich nun in verringerter Triebzahl zeigen - nicht alle Knospen haben es geschafft. Durch den späteren Rebschnitt der gefährdeteren Lagen sind die Flächen mit Frostschäden jedoch sehr begrenzt. Insgesamt bleibt der Verlust überschaubar. Die perfekte Witterung im Frühjahr hat die frostbedingten Wachstumsunterschiede ausgeglichen. Die Blüteperiode war auf diesen Flächen nur geringfügig ausgedehnt. Das ist ein sehr gutes Zeichen.
Punktuell zeigt sich etwas Verrieselung sowohl bei Merlot als auch Cabernet. Vor allem für die Cabernets ist das ungewöhnlich und hängt wahrscheinlich mit den gewitterbedingten Temperaturschwankungen zusammen.
Die Pilzkrankheiten lassen sich bei solchen Bedingungen gut kontrollieren. Wie unsere Kontrollparzellen (ganz ohne Pflanzenschutz) zeigen, heißt das nicht, dass auf Pflanzenschutzbehandlungen verzichtet werden kann. Hier frisst sich Mehltau und Schwarzfäule durch den Bestand.
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Schwarzfäule in der Kontrollparzelle

Der Fruchtansatz ist soweit aktuell beobachtbar hervorragend. Es deutet sich eine gute ausgeglichene Ernte an. Der Vegetationsverlauf zeichnet eine frühe Lese vor.

Mit dem ersten Preis für ökologisches Wirtschaften beim ‚Concours Générale‘ sind doch einige auf unsere Bewirtschaftung der schönen Wiesen aufmerksam geworden. Für den Parc Naturel Régional du Médoc hatte ich hier schon Führungen gemacht. Da waren auch Politiker dabei und die Diskussionen waren vernünftig und sinnvoll. Wissenschaftler/Forscher haben sich auch schon angemeldet. Wirklich etwas ändern wird das kaum etwas, aber vielleicht ja die gedanklichen Entwicklungen etwas ablenken von den Phantastereien mit denen die landwirtschaftliche Tätigkeit allzu regelmäßig konfrontiert wird.

Ein Stieglitz Pärchen brütet in einer der Linden vor unserem Château. Den Anflug kann ich gut vom Schreibtisch beobachten.
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Stieglitz

Der Kauz sitzt nicht weit entfernt in der Zeder und wird sich die Jungvögel holen, die zu früh aus dem Nest gehüpft sind und noch nicht richtig fliegen können. Damit füttert er dann seinen Nachwuchs…
220529-1198_Kauz-3.JPG
Kauz

Diese Woche konnte ich auch beobachten wie eine vielleicht zweijährige Zornnatter in ihrer Bodenbehausung zwischen den Reben verschwand. Vermutlich hat sie eine Mäusewohnung übernommen.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: So 12. Jun 2022, 12:14
von dylan
Hallo Stefan,

ich war in der vergangenen Woche an der Loire unterwegs. Am Pfingstsonntag muss es dort
schwerste Unwetter mit massivem Hagelschlag (bis zu Tischtennisballgröße) gegeben haben.
Auf einigen Feldern und Weingärten, die ich nahe Saumur "bewundern" durfte, wird es in diesem Jahr keine Ernte geben.
Euch weiterhin viel Glück mit dem Wetter.

Grüße

dylan

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: So 12. Jun 2022, 14:03
von pessac-léognan
Danke, Stefan, für die weiterhin sehr informativen Meldungen aus dem Médoc. Das alles spricht für gut nachvollziehbaren naturnahen Weinbau, ohne anthroposophischen Schnickschnack oder sonstwie suspekte bunte oder schwarze Magie. Lassen wir ruhig Kauz und Stieglitz machen...

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: Do 23. Jun 2022, 15:19
von small talk
Nach der langen Trockenheit und extremer Hitze gab es in dieser Woche heftige Gewitter mit Regen und Abkühlung. In einigen Regionen des Bordelais gab es Hagelschaden – einige Kollegen hat es furchtbar getroffen! Etwa 10.000 ha Reben / 10 % der Anbaufläche sollen betroffen sein. Wir sind hier nicht betroffen von Hagelschäden. Extremwetter-Ereignisse nehmen zu. Das ist schnell geschrieben. Die Auswirkungen sind heftig und lassen sich noch nicht abschätzen.
Voraussichtlich werden diese Tage mit über 70 mm Niederschlägen an der Trockenheit nicht viel ändern, selbst wenn bis Samstag noch 30 mm hinzu kämen. Die Vegetation zieht nun viel Wasser und die Böden waren tiefgründig trocken.
Die aktuelle Feuchte kann zu Pilzbefall der sich entwickelnden Trauben führen; da müssen wir noch auf der Hut sein – das ist machbar. So lange die Traubenfärbung nicht geschafft ist, besteht die Gefahr von Pilzbefall mit Ertrags- und Qualitätsverlusten. Nach aktuellem Stand kann die Traubenfärbung ab Mitte Juli einsetzen. Auch das wäre verhältnismäßig früh.
Aktuell sind wir im Wachstumsstadium ‚Nouaison‘ - die Beeren der Traube füllen sich. Der Regen ist da sehr willkommen und wird auch den weiteren Vegetationsverlauf begünstigen. Bis Samstag soll es noch Gewitter geben – hoffen wir mal, dass wir weiterhin von Hagel verschont bleiben. Für die nächste Woche soll es dann ‚normal‘ weiter gehen.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: Do 23. Jun 2022, 15:43
von Herr S.
Hallo Stefan,

danke für die Wasserstandsmeldung! Ich habe auch schon gehört, dass im nördlichen Médoc hohe Verluste zu beklagen sind (z.B. Sociando-Mallet 100% d.h Totalausfall).
70 mm sind doch immerhin mal etwas! Hier in der Nordpfalz gab es im Mai und Juni nur ca. 15 mm, wir liegen für beide Monate ca. 75% unter dem langjährigen Mittel. Meine zugegebenermaßen jungen Reben zeigen schon ausgeprägte Wuchsdepression.

Viele Grüße,
Björn

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: Di 12. Jul 2022, 12:36
von small talk
Es ist sehr warm und die Temperaturen sollen weiter steigen. Von den Niederschlägen ist nicht mehr viel übrig. Krankheitsdruck ist trotzdem da, jedoch nicht sehr gefährlich. Soweit zeichnet sich eine gute Ernte ab. Es darf nur kein Unwetter kommen…
Die Arbeiten im Weinberg sind heftig. Stellenweise kommt es zu Verbrennungen der Trauben. Laubarbeiten können nicht gemacht werden. Das wäre zu riskant.
Immer wieder finden wir Nester vom Stieglitz in den Reben. Diese hier sind auch bald flügge.
220712-1204_Stieglitz Nest-3.JPG
Stieglitzküken im Nest

Beste Grüße aus Médoc
Stefan

Re: Médoc 2022

BeitragVerfasst: Di 12. Jul 2022, 13:21
von amateur des vins
Schön zu sehen, was da alles bei Dir neben dem Wein lebt! :)