Médoc 2022
Verfasst: So 20. Mär 2022, 17:54
An dieser Stelle werde ich zu den Entwicklungen des Jahrgangs 2022 schreiben. Da sich vieles auf unser Chateau hier in Médoc bezieht, habe ich auch im Titel diese Eingrenzung gemacht.
Der Winter war sehr trocken. Es gab eine kleine Regenperiode im Dezember und nochmal 20 mm im Februar. Das ist viel zu wenig. Seit dem Februar-Regen sind die Gräben zwar voll, mit Beginn der Vegetation ist das aber schnell aufgebraucht. Nachts gab es Fröste, jedoch keinen tagsüber – den ganzen Winter war es nicht wirklich kalt … Trockene Böden wärmen sich schneller auf – kühlen jedoch auch schneller wieder ab.
Jetzt es geht los. Die ersten Knospen öffnen sich. In 10 Tagen werden die ersten Blätter entfaltet sein.
Im Enclos blühen auch schon die ersten Orchideen zwischen den Reben.
Bisher ist alles im normalen zeitlichen Rahmen.
Für die nächsten Tage sind milde Temperaturen von 16 bis 20° angekündigt und es soll weiter trocken bleiben.
Im Markt tun sich erhebliche Verwerfungen auf.
Nachdem während der letzten zwei Jahre die Gastronomie durch Corona-Maßnahmen als Marktsegment so gut wie ausgefallen ist kam es durch Verschiebungen in der Weinnachfrage zu teils erheblichen Verwerfungen zwischen den Segmenten (Zuhause wird wenn überhaupt anderer Wein getrunken als im Restaurant). Der Großhandel am ‚Place Bordeaux‘ hatte die Preise gedrückt, für alles was nicht zu den Grand Crus Classé gehört. Da blieb einem nicht-GCC nur der Verkauf teils unter Gestehungskosten oder die Verabschiedung von diesem Handelsplatz. Kollegen, die sich ausschließlich auf diesen Handelsplatz verlassen hatten, stecken entweder in ernsthaften Schwierigkeiten oder haben aufgegeben. Einige Châteaux haben die Bewirtschaftung eingestellt andere wurden verkauft.
Jetzt – zu Beginn 2022 – finden wir uns mit einem völlig anderen wirtschaftlichen Umfeld wieder. Die Kostensteigerungen für Produktionsmittel scheinen außer Kontrolle zu sein. Steigerungen von 5 % sind harmlos, 15 – 40 % ist das neue ‚normal‘ und es dürfen auch schon mal 100 oder mehr % sein - sky ist the limit…
Das ist bei dieser Nachfragesituation eine weitere ganz andere Verwerfung auf der Angebotsseite. Wie soll das noch zusammenpassen?
Schon jetzt ist offensichtlich ist, dass der 2022er Jahrgang mit einer Kostensteigerung von 20-35 % in der Produktion belegt wird. Daran können die Châteaux nix machen. Bei den GCC sollte das im ‚Grundrauschen‘ verschwinden (können), denn mit produktionswirtschaftlicher Realität haben dort die Preisgestaltungen schon länger nichts zu tun. Ein Aufkäufer riet mir mit dem Barriqueausbau aufzuhören, dann könnte ich den Wein zu einem niedrigeren Preis anbieten und doch noch am Place Bordeaux verkaufen. Diese Einstellung macht klar, dass mit zweierlei Messlatten gearbeitet wird, die diese Diskrepanz nur vergrößern. Die eigenen Vorstellungen durchzusetzen ist nicht immer einfach, aber wenigstens weiß man dann, wo der Hase im Pfeffer liegt.
Zuversichtlich gehe ich diesen 2022er an.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Der Winter war sehr trocken. Es gab eine kleine Regenperiode im Dezember und nochmal 20 mm im Februar. Das ist viel zu wenig. Seit dem Februar-Regen sind die Gräben zwar voll, mit Beginn der Vegetation ist das aber schnell aufgebraucht. Nachts gab es Fröste, jedoch keinen tagsüber – den ganzen Winter war es nicht wirklich kalt … Trockene Böden wärmen sich schneller auf – kühlen jedoch auch schneller wieder ab.
Jetzt es geht los. Die ersten Knospen öffnen sich. In 10 Tagen werden die ersten Blätter entfaltet sein.
Im Enclos blühen auch schon die ersten Orchideen zwischen den Reben.
Bisher ist alles im normalen zeitlichen Rahmen.
Für die nächsten Tage sind milde Temperaturen von 16 bis 20° angekündigt und es soll weiter trocken bleiben.
Im Markt tun sich erhebliche Verwerfungen auf.
Nachdem während der letzten zwei Jahre die Gastronomie durch Corona-Maßnahmen als Marktsegment so gut wie ausgefallen ist kam es durch Verschiebungen in der Weinnachfrage zu teils erheblichen Verwerfungen zwischen den Segmenten (Zuhause wird wenn überhaupt anderer Wein getrunken als im Restaurant). Der Großhandel am ‚Place Bordeaux‘ hatte die Preise gedrückt, für alles was nicht zu den Grand Crus Classé gehört. Da blieb einem nicht-GCC nur der Verkauf teils unter Gestehungskosten oder die Verabschiedung von diesem Handelsplatz. Kollegen, die sich ausschließlich auf diesen Handelsplatz verlassen hatten, stecken entweder in ernsthaften Schwierigkeiten oder haben aufgegeben. Einige Châteaux haben die Bewirtschaftung eingestellt andere wurden verkauft.
Jetzt – zu Beginn 2022 – finden wir uns mit einem völlig anderen wirtschaftlichen Umfeld wieder. Die Kostensteigerungen für Produktionsmittel scheinen außer Kontrolle zu sein. Steigerungen von 5 % sind harmlos, 15 – 40 % ist das neue ‚normal‘ und es dürfen auch schon mal 100 oder mehr % sein - sky ist the limit…
Das ist bei dieser Nachfragesituation eine weitere ganz andere Verwerfung auf der Angebotsseite. Wie soll das noch zusammenpassen?
Schon jetzt ist offensichtlich ist, dass der 2022er Jahrgang mit einer Kostensteigerung von 20-35 % in der Produktion belegt wird. Daran können die Châteaux nix machen. Bei den GCC sollte das im ‚Grundrauschen‘ verschwinden (können), denn mit produktionswirtschaftlicher Realität haben dort die Preisgestaltungen schon länger nichts zu tun. Ein Aufkäufer riet mir mit dem Barriqueausbau aufzuhören, dann könnte ich den Wein zu einem niedrigeren Preis anbieten und doch noch am Place Bordeaux verkaufen. Diese Einstellung macht klar, dass mit zweierlei Messlatten gearbeitet wird, die diese Diskrepanz nur vergrößern. Die eigenen Vorstellungen durchzusetzen ist nicht immer einfach, aber wenigstens weiß man dann, wo der Hase im Pfeffer liegt.
Zuversichtlich gehe ich diesen 2022er an.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan