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Bordeaux 2019

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2019

BeitragDo 29. Sep 2022, 18:42

pessac-léognan hat geschrieben: Château Ferrière Margaux GCC 13.5% alc
Farbe: dunkles, nur am Rand leicht durchscheinendes Purpurgranat
Nase: feinduftig nach réglisse und Cassis, auch etwas frisches Schwarzbrot und nasser Lehm
Gaumen: hier erstaunlich und zunächst fast ausschließlich Blumen : Rosen aller Art, Pfingstrosen, etwas Veilchen, zunächst so gut wie keine Frucht, auch kein Holz. Erst im Nachhall etwas halb reife Heidelbeeren und ein Hauch Kardamom. Im hinteren Gaumen dann auch (endlich) etwas aufrauhende Tannine, die das Alterungspotenzial des Weins, zusammen mit einer gewissen Säure, andeuten
Der edle Kork hat bei dieser Flasche glücklicherweise nicht auf den Wein abgefärbt. Dafür riecht er selber stark nach Vanille!!
Der Wein ist momentan nicht leicht zu 'lesen'. Die Blumigkeit, die man von einem Margaux eher in der Nase erwarten würde, beschränkt sich, dafür hier extrem dominant, auf den Gaumen. Frucht dafür fast vollständig Fehlanzeige.
Dieser Ferrière 2019 kann es zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit dem 18er vor 1 1/2 Jahren aufnehmen. 91(-93) Punkte

48 Stunden später (WKS): Der Wein ist derart bitter, fast ungenießbar, sodass ich ihn nach einigen Schlucken wieder verkorkt in den WKS lege.
72 Stunden später: Es grenzt fast an ein Wunder! Derselbe Wein (eine knappe halbe Flasche) ist plötzlich fast offen, das Bittere ist fast ganz verschwunden und hat einer schönen Säure Platz gemacht. Keine Ahnung, wie das möglich ist. Sogar eine gewisse Fruchtigkeit kommt nun zum Vorschein: Heidelbeeren, Stachelbeeren. Dies im Temperaturbereich von 16/17°. Bei höherer Temperatur zieht sich der Wein wieder ein wenig zurück, ohne in die schiere Untrinkbarkeit von gestern zurück zu tauchen...
Momentan knapp 92 Punkte. Ich mache mir über die verbleibenden 24 Flaschen deutlich weniger Sorgen... Das Material hat Potenzial!
In den nächsten Tagen geht's wohl an den Durfort Vivens, nach euphorischen Notizen auf CT und hier von Ollie...
96 Stunden später: Nach dem DV gab's noch ein letztes Gläschen dieses Ferrière - und wieder ist (fast) alles anders: Der Wein hat schwarze Frucht (Cassis) entdeckt, aber auch Teer, Tabak, etwas schwarzer Pfeffer. Wirkt fast wie ein Pauillac (müsste man also nun HBL probieren?), aber nicht so ganz streng, ein wenig scheint doch noch Margaux durch - im Abgang zeigen sich wieder Anklänge der Rosen vom ersten Tag... (knapp 93 Punkte)
Zuletzt geändert von pessac-léognan am Fr 30. Sep 2022, 19:43, insgesamt 2-mal geändert.
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Winedom

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Re: Bordeaux 2019

BeitragFr 30. Sep 2022, 15:05

Habe mir gestern ein Coravin gezapftes Glas
2019er Chateau Dalem/Fronsac gegönnt.
90% Merlot und 10% Cabernet Franc.
Der Wein war sofort trinkbereit, und wie ich finde, mit einer überragenden Aromatik.
Dunkelfruchtige Kirsche mit etwas Brombeere und unterlegter feiner Würze und milden Tabaknoten.
Der Dalem wurde ja mehrheitlich von den Profis mit 91-94 bewertet, genauso wie im Cellartracker. Das ist schon mal eine Hausnummer für Fronsac. Toller Merlot.
Die Gerbstoffe sind, wie so aufffällig im Vergleich zu früherer Bordeauxjahren,
schon zu Beginn sehr fein und glatt, kaum pelzig.
Macht Freude.
Viele Grüße
Rainer
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2019

BeitragFr 30. Sep 2022, 18:43

Château Durfort-Vivens Margaux GCC
13.5%alc (90% CS / 10% M), P&P bei zunächst 15°

Farbe: Dunkles, am Rand leicht durchscheinendes Purpurgranat
Nase: Feinduftig, nach dem Öffnen zunächst réglisse, rote Kirschen, dann auch schwarze Kirschen, schließlich Brombeeren
Gaumen: Auch hier (i.U. zum kürzlich beschriebenen Ferrière) extrem fruchtig, zuerst auch hier vorwiegend rote und schwarze Kirschen, dann Brombeeren und Maulbeeren, mit der Zeit gegen Rotfruchtigkeit tendierend: Himbeeren, Ribisl, Cranberry-Saft, zwischenzeitlich (schwarzer) Holunderliqueur. Gegen den Abgang hin auch leicht gedörrte Birne. Holz ist nur ganz leise spürbar, wie ein Hauch frisch geschlagenes Holz, den ein Wind aus dem nahen Wald auf die Sommerwiese hinaus trägt, der aber die dominierende Frucht höchstens leise streichelt.
Die Tannine sind präsent, aber nicht erschlagend, von guter Qualität, versprechen zusammen mit der sehr straffen Säure ein hervorragendes Alterungspotenzial.
DV präsentiert sich im Moment deutlich positiver als Ferrière, allerdings ist eine gewisse Familienverwandtschaft unverkennbar. Beides sind nicht Powerweine, sondern präzise und (jung) säurebetonte Weine, Ferrière auf der Suche, vor lauter Blumen fast ohne Frucht, DV dafür gerade jetzt richtig tänzelnd auf der Klaviatur der Frucht.
Ich sehe den Wein, wenn auch ganz anders in der Anmutung, auf derselben Höhe wie den vor 1 1/2 Jahren getesteten Giscours 2019 bei 94-95 Punkten, mit Potenzial bis gegen 96+.
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2019

BeitragFr 30. Sep 2022, 21:01

Meyney 2019:
Tief dunkel im Kern, Aufhellungen am Rand. Mittelkräftige Nase:
erst mal Kirschen mit dezent Kirschjoghurt und viel nasses Leder.
Später florale Noten, Bittermandeln, heller Tabak, ein Hauch
Zitrone. Ständig wechelnde Eindrücke.
Mittlerer Körper mit (Sauer)Kirschen, Cassis und Brombeeren -
wunderbare (cremige) Frucht – würzig/adstringierend und lang mit
fruchtigem Nachhall.

Hervorragendes PLV. 91(-92) P.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 1. Okt 2022, 18:05

pessac-léognan hat geschrieben: Château Durfort-Vivens Margaux GCC
13.5%alc (90% CS / 10% M), P&P bei zunächst 15°

Farbe: Dunkles, am Rand leicht durchscheinendes Purpurgranat
Nase: Feinduftig, nach dem Öffnen zunächst réglisse, rote Kirschen, dann auch schwarze Kirschen, schließlich Brombeeren
Gaumen: Auch hier (i.U. zum kürzlich beschriebenen Ferrière) extrem fruchtig, zuerst auch hier vorwiegend rote und schwarze Kirschen, dann Brombeeren und Maulbeeren, mit der Zeit gegen Rotfruchtigkeit tendierend: Himbeeren, Ribisl, Cranberry-Saft, zwischenzeitlich (schwarzer) Holunderliqueur. Gegen den Abgang hin auch leicht gedörrte Birne. Holz ist nur ganz leise spürbar, wie ein Hauch frisch geschlagenes Holz, den ein Wind aus dem nahen Wald auf die Sommerwiese hinaus trägt, der aber die dominierende Frucht höchstens leise streichelt.
Die Tannine sind präsent, aber nicht erschlagend, von guter Qualität, versprechen zusammen mit der sehr straffen Säure ein hervorragendes Alterungspotenzial.
DV präsentiert sich im Moment deutlich positiver als Ferrière, allerdings ist eine gewisse Familienverwandtschaft unverkennbar. Beides sind nicht Powerweine, sondern präzise und (jung) säurebetonte Weine, Ferrière auf der Suche, vor lauter Blumen fast ohne Frucht, DV dafür gerade jetzt richtig tänzelnd auf der Klaviatur der Frucht.
Ich sehe den Wein, wenn auch ganz anders in der Anmutung, auf derselben Höhe wie den vor 1 1/2 Jahren getesteten Giscours 2019 bei 94-95 Punkten, mit Potenzial bis gegen 96+.

24 h später: Der Wein hat einen Teil seiner Säure bereits gut weggesteckt oder zumindest verborgen, und seine Fruchtseite ist noch üppiger geworden: Maulbeeren bis zum 'Geht nicht mehr' (ich hatte seit meiner Schulzeit keine Maulbeeren, die zwei Bäume vor dem Schulhaus und der Geschmack ihrer Früchte haben sich aber offenbar unvergesslich in mein Gedächtnis gegraben...), das ist eine pure Fruchtbombe, dagegen hat selbst das zweifellos noch vorhandene Tannin keine Chance, die Frucht dominiert bis in den minutenlang sich auffächernden Abgang hinein, hier wieder der gestern kurz auftauchende Unterton von schwarzem Holunderliqueur und außerdem von Brombeersud (ohne Zuckersüße), vielleicht schmecken auch gekochte Maulbeeren so, aber die hatte ich nie gekocht, nur direkt vom Baum von reif bis vielleicht überreif.. und zuallerletzt kommen (fast hätte ich die gestrige Rotfruchtigkeit vergessen) ganz reife Himbeeren durch, 5' nach dem Schlucken, wie wenn man einen ganz feinen Himbeerschnaps, scheinbar fast ohne Alkohol, genippt hätte.
Der Wein mag nun für Margaux untypisch sein, aber diese genussvolle Fruchtbombe ist mir momentan satte 95 Punkte wert!
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2019

BeitragFr 7. Okt 2022, 18:44

Branaire Ducru 2019:
Tief dunkel. Florale Noten, dezent laktisch - Creme de Cassis,
Brombeeren, viel Bittermandeln, Tabak und Leder, ein Hauch
Minze. Ständig wechselnde Eindrücke, alles so etwa mittelkräftig.
Mittlerer Körper, eine Ladung Cassis mit Sauerkirschen, Brombeeren,
würziger Cabernet mit trinkanimierende Säure, kräftige Tannin-
struktur, sehr langer Abgang mit Brombeeren im Nachhall.

Ganz hervorragender St. Julien mit einer Frucht ganz nach meinem
Geschmack und Potential, 93+ P. Scheint mir noch ein Tacken besser
(jedenfalls mal aktuell) als der ebenfalls tolle Lagrange.
Jetzt bin ich mal auf den Gruaud und Leo Poy gespannt - und erst
recht auf unsere Arrivage-Probe nächste Woche!

Viele Grüße,
Jochen
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Zaccetti

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Re: Bordeaux 2019

BeitragFr 7. Okt 2022, 23:37

Ich möchte dir mal danken Jochen für all deine Notizen hier im 19er Thread. Sehr lesenswert und es macht mir extrem viel Spass. Leider habe ich nicht diese riesen Palette wie du gesubt aber es gibt einen guten Eindruck über die 2019er.

P.S Lagrange und Branaire habe ich selber auch und werden wohl in den nächsten Wochen mal verkostet und ja an den Batailley habe ich mich (noch) nicht getraut
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 8. Okt 2022, 08:10

Gerne Zaccetti, und Dank zurück!

Ich habe übrigens nicht alles was hier beschrieben gesubst, da
waren auch einige spontan zugelegte Testflaschen dabei.

So kann ich Branaire Ducru und Lagrange - für meine Geschmack -
blind kaufen, da weiß ich was mich erwartet. Bei einem St. Pierre
z. B. weiß ich das auch :mrgreen: , da ist mir bei manchen Jahrgängen
aber der Holzeinsatz doch zu heftig. Und auch wenn das vielleicht
in 15+ Jahren mal richtig gut wird, brauch ich das bei den Alternativen
dann nicht im Keller. Der Vergleich ist natürlich sehr interessant.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 8. Okt 2022, 11:07

Kurznotiz zum (jetzt erst) frisch eingetroffenen

Batailley 2019

Dichtes, dunkles, noch transparentes Bordeauxrot, minimal bläulich, klar.
Sauerkirsche (ohne sehr sauer zu sein), etwas Cassis. Deutlich Wacholder, ein wenig Pfeffer. Mittelkräftige reife mittelkörnige Tannine, schöne, unauffällige Säure. Aromenprofil eher maskulin, aber ohne jede Rumpeligkeit.
Überraschend: nicht direkt leichtgewichtig, durchaus dicht und kraftvoll, aber irgendwie luftig-transparent. Gefährlicher Trinkfluß; Flasche im Nu leer.

Einer ausgiebigeren Beschäftigung mit dem Wein kam leider 'was dazwischen. Ich hatte bisher nur punktuelle Begegnungen mit Batailley, 2009 gesubst und hier und da in der Gastronomie 'n anderen Jg.: Diese Luftigkeit bei voller Reife und guter Balance kenne ich von Batailley so bisher nicht, das war doch alles kräftiger, auch rustikaler, meine ich.
Besten Gruß, Karsten
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harti

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 8. Okt 2022, 13:11

Zaccetti hat geschrieben:Ich möchte dir mal danken Jochen für all deine Notizen hier im 19er Thread. Sehr lesenswert und es macht mir extrem viel Spass.
Dem Dank kann ich mich nur anschließen, Jochen, deine Verkostungsnotizen sind eine sehr wertvolle Informationsquelle!

Grüße

Hartmut
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