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Bio-Weingüter in Bordeaux

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Elah

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSa 21. Jan 2023, 01:13

small talk hat geschrieben:Was soll ich dazu nur sagen…
Wie es ist?
Also ich konnte mich nicht für eine Bio-zertifizierung im Wein bau entscheiden. Aus schlicht einfachen Grund: Es wäre un-ökologisch. Es wäre viel weiter weg von der naturnahen Bewirtschaftung, wie ich sie jetzt realisiere.
Nicht bio geht durchaus sehr naturnah.
Das heißt jetzt nicht, dass ich gegen ‚bio‘ bin. Ganz im Gegenteil. Schließlich ist unsere Grünland- und Viehwirtschaft bio-zertifiziert. Diese Zertifizierung kostet übrigens so um die 800 € jährlich und nur wenige Kunden haben dafür Verständnis, dass auch dies Kosten sind, die über den Verkauf der Produkte gedeckelt werden müssen.
Bei dem jetzigen Instrumentarium für biologischen Weinbau in Kombination mit unseren Frühjahrswetterlagen, halte ich den ‚bio-Weinbau‘ hier nicht für ökologisch-nachhaltig, weil schlicht zu häufige Kupferapplikationen notwendig sind. Es wird höchste Zeit, dass sich da etwas tut, dann wäre ich auch dabei. Stattdessen greife ich in der Regel auf eine Kombination von ‚bio‘-zugelassenen, und ‚bio-contrôle‘ Produkten zurück. Das klappt ganz gut ist aber nicht ‚bio‘. Schade.
Die Regeln der höchsten Umweltzertifizierung einzuhalten macht mir keine Umstände. (Diese Umweltzertifizierung kostet auch wieder …) Oft wird mir da bei den Kontrollen gesagt, dass ich ja fast bio wäre. Bin ich aber nicht und das Risiko von Umweltschäden und Rückständen wäre mir hier als bio-Winzer zu hoch. Denn auch bio – Pflanzenschutz kann zu Rückständen führen. Es ist nun mal nicht so einfach. Auch da kann Mist gebaut werden. Es ist immer das Beste, wenn man weiß, woher die Ware kommt. Ganz ohne Vertrauen geht es nun mal nicht.
Primär geht es mir darum, dass in meinem Wein keine Rückstände sind, die Bewirtschaftung der Natur Freiraum lässt und meine Mitarbeiter und ich nicht gefährdet werden. Das schließt natürlich diverse Produktkategorien vollständig aus. Ist aber machbar. Da muss ich meine Rebenkultur natürlich sehr gut beobachten und trotzdem kommen auch Schäden durch Krankheiten vor.
Mir ist übrigens auch klar, dass einige Kollegen es furchtbar übertreiben mit dem Pflanzenschutz und Herbiziden.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan


Interessante Ausführungen, Stefan, danke dafür!
Ich finde sie nicht schlüssig, denn sie mögen für deinen Betrieb zutreffen, aber kaum für die ganze Branche.

Die Wein-Industrie wird doch nicht ökologischer, weil sie auf eine Bio-Zertifizierung verzichtet – umgekehrt wird ein Schuh draus. Die Landwirtschaft ist ja nicht für einen besonders sorgsamen Umgang mit der Natur bekannt, wenn man sie nur einfach machen lässt. Dabei hat die Landwirtschaft/Weinbau durch die Arbeit in und mit der Natur eine besondere Verantwortung für einen schonenden Umgang mit dieser. Die Mehrzahl der Betriebe wird dem nicht gerecht, sonst wären wir jetzt nicht da wo wir sind. Eine Bio-Zertifizierung scheint mir zumindest ein Schritt in die richtige Richtung zu sein.
Darüber hinaus muss noch viel mehr für die Natur getan werden, nur mit dem Verzicht auf Spritzmittel oder Kupfer werden wir unser Ökosystem nicht erhalten. Das ist natürlich eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, aber die Innovationen dafür müssen aus der Landwirtschaft kommen.

Aus Verbrauchersicht will ich gerne einen nachhaltigen und schonenden Anbau unterstützen und kann nur über meine Kaufentscheidung Einfluss auf die Anbaumethoden nehmen. Im Zweifel ist mir da ein Bio-Zertifikat mehr Wert, als „da wirst du mir schon Vertrauen“ müssen.
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diogenes

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSa 21. Jan 2023, 11:46

small talk hat geschrieben:Was soll ich dazu nur sagen…
Wie es ist?
Also ich konnte mich nicht für eine Bio-zertifizierung im Wein bau entscheiden. Aus schlicht einfachen Grund: Es wäre un-ökologisch. Es wäre viel weiter weg von der naturnahen Bewirtschaftung, wie ich sie jetzt realisiere.
Nicht bio geht durchaus sehr naturnah.
Das heißt jetzt nicht, dass ich gegen ‚bio‘ bin. Ganz im Gegenteil. Schließlich ist unsere Grünland- und Viehwirtschaft bio-zertifiziert. Diese Zertifizierung kostet übrigens so um die 800 € jährlich und nur wenige Kunden haben dafür Verständnis, dass auch dies Kosten sind, die über den Verkauf der Produkte gedeckelt werden müssen.
Bei dem jetzigen Instrumentarium für biologischen Weinbau in Kombination mit unseren Frühjahrswetterlagen, halte ich den ‚bio-Weinbau‘ hier nicht für ökologisch-nachhaltig, weil schlicht zu häufige Kupferapplikationen notwendig sind. Es wird höchste Zeit, dass sich da etwas tut, dann wäre ich auch dabei. Stattdessen greife ich in der Regel auf eine Kombination von ‚bio‘-zugelassenen, und ‚bio-contrôle‘ Produkten zurück. Das klappt ganz gut ist aber nicht ‚bio‘. Schade.
Die Regeln der höchsten Umweltzertifizierung einzuhalten macht mir keine Umstände. (Diese Umweltzertifizierung kostet auch wieder …) Oft wird mir da bei den Kontrollen gesagt, dass ich ja fast bio wäre. Bin ich aber nicht und das Risiko von Umweltschäden und Rückständen wäre mir hier als bio-Winzer zu hoch. Denn auch bio – Pflanzenschutz kann zu Rückständen führen. Es ist nun mal nicht so einfach. Auch da kann Mist gebaut werden. Es ist immer das Beste, wenn man weiß, woher die Ware kommt. Ganz ohne Vertrauen geht es nun mal nicht.
Primär geht es mir darum, dass in meinem Wein keine Rückstände sind, die Bewirtschaftung der Natur Freiraum lässt und meine Mitarbeiter und ich nicht gefährdet werden. Das schließt natürlich diverse Produktkategorien vollständig aus. Ist aber machbar. Da muss ich meine Rebenkultur natürlich sehr gut beobachten und trotzdem kommen auch Schäden durch Krankheiten vor.
Mir ist übrigens auch klar, dass einige Kollegen es furchtbar übertreiben mit dem Pflanzenschutz und Herbiziden.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan


Danke.
Genau so, sehe ich das auch.
Durch Verordnungen werden wir schon genug gegängelt, und Zertifikate sind in den meisten Fällen, lediglich ein erfolgreiches Geschäftsmodell.
carpe vinum!
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EThC

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSa 21. Jan 2023, 16:50

Elah hat geschrieben:Aus Verbrauchersicht will ich gerne einen nachhaltigen und schonenden Anbau unterstützen und kann nur über meine Kaufentscheidung Einfluss auf die Anbaumethoden nehmen. Im Zweifel ist mir da ein Bio-Zertifikat mehr Wert, als „da wirst du mir schon Vertrauen“ müssen.
...wenn ich im Supermarkt Obst, Gemüse etc. einkaufe, entscheide ich mich im Zweifelsfall auch eher für die Bio-Varianten, soweit verfügbar. Da man da in aller Regel keine Chance hat, sich über die tatsächliche Herkunft und die Umstände der Kultivierung zu informieren, hilft da natürlich so ein Bio-Siegel ein bißchen weiter. Hole ich mein Obst und Gemüse aber von einem mir bekannten Erzeuger aus der Umgebung, kann ich mich entsprechend informieren und mir dann meine Meinung bilden, ob im Falle eines nicht zertifizierten Betriebes an dessen Betriebsphilosophie glaube oder nicht, ist halt eine Frage des Vertrauens.

Beim Wein ist das letztlich genauso, hier traue ich der Aussage über die Betriebsführung eines nicht-zertifizierten Betriebes in der Regel mehr als z.B. einem Bio-Label auf einem Supermarktwein, zu dem ich über die tatsächliche Herkunft aufgrund kryptischer oder gar keinen Angaben im Unklaren gelassen werde; auch im Bio-Bereich wird gerne geschummelt, insbesondere wenn's um Massenware geht.
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
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Jochen R.

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSa 21. Jan 2023, 19:33

Frage an den Bio-Bordeaux-Fanclub:
Welche Weine kauft ihr denn so?

Danke und viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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Winedom

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSa 21. Jan 2023, 22:29

Mal mein Kellerbuch durchsucht:
Clos Puy Arnaud, La Lagune, Le Pin Beausoleil, Chateau Mazeyres, Grand Corbin Despagne, La Tour Figeac,
Clos du Jaugueyron, Fonplégade, La Dauphine, Durfort Vivens, Fonroque.
Und tatsächlich die meisten noch nicht probiert da noch zu jung.
Viele Grüße
Rainer
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Jochen R.

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSo 22. Jan 2023, 14:42

Danke Rainer für die Übersicht! Bin mal gespannt, was
Elah so zu berichten weiß

Ich habe spontan etwas 2020 nachbestellt. Die Lagune
war in der engeren Auswahl, aber da haben mich die 14 %
Alk einfach genervt.
Auslöser für die Bestellung war ein weiterer schicker 20er,
Lafon Rochet, am Freitag. Dort hat man ja den umgekehrten
Weg eingeschlagen. Wenn man mit seinem Beruf Geld und
seinen Lebensunterhalt verdienen muss ...

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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Elah

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragMo 23. Jan 2023, 15:47

Jochen R. hat geschrieben:Frage an den Bio-Bordeaux-Fanclub:
Welche Weine kauft ihr denn so?

Danke und viele Grüße,
Jochen


Habe unter anderem Pontet-Canet und Smith Haut Lafitte als Bio-Bordeaux.
In meinem Kaufverhalten ist es auch noch ein weiter Weg zur wirklichen Nachhaltigkeit, aber ich achte immer stärker drauf. Ein anderer Weg zu mehr Nachhaltigkeit sind auch leichtere Flaschen, im Gespräch mit Winzern werde ich das auch ansprechen und vielleicht einen Prozess zur Veränderung anstoßen – wer weiß…
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Winedom

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Re: Bio-Weingüter in Bordeaux

BeitragSa 14. Okt 2023, 01:07

Organic Bordeaux: how things stand in 2022

Überblick von Gemma Hadley
https://janeanson.com/organic-bordeaux- ... nd-in-2022

Bordeaux und die umliegende 84.000 km² große Region Nouvelle-Aquitaine verzeichneten einen kontinuierlichen Anstieg der Weinberge, die auf biologische und biodynamische Anbauflächen umgestellt wurden. Das Departement Gironde umfasst Bordeaux, Médoc, Graves, Libournais und Entre Deux Mers und ist mit über 27.000 Hektar Bio-Weinbergen führend in der Region.

Die neuesten von der Organisation für ökologischen Landbau Agence BiO veröffentlichten Zahlen besagen, dass die Region Frankreichs zweitgrößter Produzent von Bio-Wein ist und sich im Jahr 2022 32.000 Hektar Weinbaufläche der Nachhaltigkeit verschrieben haben..........
Viele Grüße
Rainer
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