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Bordeaux 2015

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Lars Dragl

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Re: Bordeaux 2015

BeitragDi 2. Mai 2023, 19:38

Hallo Adrian,

was ist denn die "Infusion-Technik"?

Herzliche Grüße

Lars
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vanvelsen

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Re: Bordeaux 2015

BeitragDi 2. Mai 2023, 22:14

Lars Dragl hat geschrieben:Hallo Adrian,

was ist denn die "Infusion-Technik"?

Herzliche Grüße

Lars


Siehe hier: https://vvwine.ch/2022/07/3-1415-auf-le ... aut-brion/

Ich bin ja kein Vinifikations-Experte, aber so wie ich das verstanden habe, werden die Trauben (teils entrappt, teils ganz) im Gärtank geschichtet, so dass der Saft auf natürliche Weise durch die von den Stielen gebildete "Architektur" fallen kann. Es geht darum, so wenig wie möglich in die Weinbereitung einzugreifen, nicht zu "pushen" den Wein quasi wie einen Tee-Aufguss zu konzentrieren, anstatt den Saft umzupumpen. Die ganzen Trauben hängen also wie ein Teebeutel in ihrem Saft.

Der Unterschied zwischen Aufguss und Extrakt liegt darin, dass ein Aufguss ein Produkt ist, das aus einer Flüssigkeit besteht, in die andere Bestandteile eingetaucht wurden, um deren nützliche Eigenschaften zu extrahieren, während Extrakt das ist, was extrahiert oder herausgezogen wird. Extrahieren bedeutet "herausziehen, etwas gewaltsam aus einer festen Position entfernen" - die Infusionstechnik ist langsamer, holt primär die feinen Tannine der Traubenhäute heraus - vielleicht vergleichbar mit "Cold Brew" beim Kaffee... ?

Gut möglich, dass hier im Forum jemand mehr Ahnung von dieser Technik hat aber ja, die Gerbstoffe haben bei LCHB einen anderen Charakter als bei den meisten Bordeaux-Weinen... Tipp: Ch. Mangot in St-Emilion wendet diese Technik auch an und ja, die Weine sind ebenfalls "anders", feiner als das Gros der Weine in Brodeaux. Try it - Ch. Mangot kostet übrigens ca. 30 Euro, somit erschwinglich für allle...

Gruss,

Adrian
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small talk

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Re: Bordeaux 2015

BeitragMi 3. Mai 2023, 06:44

Wie das herauslösen der Gerbstoffe während der Vinifikation nun genannt wird, ist mir gleich. Da bleibe ich lieber bei dem Begriff Extraktion, denn nach meinem Verständnis ist es genau das.
Diese Extraktion ist allerdings die sensibelste Tätigkeit. Wichtig sind:
Der Zustand der Trauben;
Je intakter, die Trauben/Beeren, desto schonender die Extraktion bzw. feiner die Gerbstoffe.
Die physikalische Extraktion.
Überschwallen, Delestage etc. Die Maische wird durchgespült um zu extrahieren.
Die Luftzufuhr.
je mehr Sauerstoff die Maische bekommt desto schneller laufen die Fermetationsprozesse. Da muss sich dann auch mit der Extraktion ‚beeilt‘ werden und die Arbeit ist schnell gemacht.
Die Temperatur.
je höher die Temperatur, desto ‚schärfer‘ die Gerbstoffe und desto schneller läuft der Prozess der Vinifikation
Das Zucker-Wasser / Alkohol – Verhältnis
Alkohol ist nun mal ein sehr starkes Lösungsmittel. Gegen Ende der Vinifikation läuft man Gefahr mit den erzielten Alkohlgehalten der Maische zu intensiv zu extrahieren.
Dies nur als Beispiel. Daraus ergeben sich vielfältige Kombinationsmöglichkeiten.

Ich arbeite mit ganzen Trauben/Beeren ohne Rappen – selektiere und sortiere intensiv und verzichte auf die Foulage (Quetschung der Trauben). Die Fermentation findet teilweise innerhalb der unbeschädigten Frucht statt. Die Gerbstoffe werden ins Traubeninnere gelöst. Die physikalische Extraktion mache ich im ersten Drittel extrem intensiv – ganz ohne Luft. Die Temperatur lasse ich im zweiten Drittel sehr hoch steigen – ganz ohne Luft. Im letzten Drittel wird alles runter gefahren – meist ganz ohne Luft. Das ganze dauert dann auch mal 40 Tage...
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2015

BeitragMi 3. Mai 2023, 10:19

small talk hat geschrieben:je mehr Sauerstoff die Maische bekommt desto schneller laufen die Fermentationsprozesse.
Na, eiiin Glück habe ich erst nochmal recherchiert, ehe ich irritiert nachfrage: :mrgreen:
Ich hatte noch gelernt, daß Fermentation anaerob sei (fermentation, c’est la vie sans l’air -- Louis Pasteur). Tatsächlich wird der Begriff heute aber weiter gefaßt und bezeichnet ohne weitere Präzisierung "die mikrobielle oder enzymatische Umwandlung organischer Stoffe in Säure, Gase oder Alkohol" (Wikipedia), unabhängig davon, ob sie aerob oder anaerob abläuft.

Aber Du schreibst ja auch im letzten Absatz:
small talk hat geschrieben:ganz ohne Luft ... ganz ohne Luft ... meist ganz ohne Luft.
d.h. bei Deiner Vorgehensweise ist selbst im ursprünglichen Wortsinn zurecht von Fermentation zu sprechen.

Und daß sowohl einzelne Beeren als auch die Rispen umgangssprachlich "Traube" genannt werden, irritiert mich jedesmal wieder. Ich hab' dann aber doch noch kapiert, was gemeint ist. :D
Besten Gruß, Karsten
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Lars Dragl

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Re: Bordeaux 2015

BeitragMi 3. Mai 2023, 13:19

Hallo!

Vielen Dank Adrian und Stefan. Jetzt kann ich mir was darunter vorstellen. Soweit ich es verstanden habe, ist das also eine Spielart der Kaltmazeration? Intrazelluläre Gärung ist dann wohl auch beteiligt!?

So etwas gibt es auch in deutschen Betrieben, die mit Schichten aus Trauben, Maische und Trockeneis bzw. Kälteplatten arbeiten. Je nach Betriebsphilosophie mit offen oder geschlossenen Gärbehältern. Kaltmazeration ist eigentlich international inzwischen weit verbreitet, oder?
Die Ergebnisse finde ich durchaus überzeugend, weil mehr Frucht im fertigen Wein zu erkennen ist, aber störende Aromen wie bei der reinen macération carbonique und vor allem ein Übermaß an aggressiven Gerbstoffen vermieden werden können.
Das Lesegut muss jedoch wohl einwandfrei sein.

Herzliche Grüße
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small talk

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Re: Bordeaux 2015

BeitragMi 3. Mai 2023, 17:38

Kaltmazeration ist bei dem was ich beschrieben habe nicht dabei – mache ich auch nicht.

Kaltmazeration:
Hierzu wird die Maische sofort nach der Lese im Tank auf unter 10°C gekühlt. Das muss geschehen bevor irgendein Gärungsprozess gestartet hat. In der gekühlten Maische findet keine alkoholische Gärung statt. Da kann dann 'physikalisch' extrahiert werden. Der Vorteil ist das man nun intensiv extrahieren kann, ohne dass entstehender Alkohol ‚scharfe‘ Tannine löst. Die Fruchtaromen treten so in den Vordergrund. Wenn genug extrahiert ist, wird die Maische auf Temperatur gebracht und relativ schnell vergoren (1-3 Tage). So eine Anlage braucht recht viel Energie, weshalb dieses Verfahren gerade etwas teuer ist (die Anlage selbst auch).

Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Lars Dragl

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Re: Bordeaux 2015

BeitragMi 3. Mai 2023, 19:26

Vielen Dank Stefan!

Again what learned!!

Herzliche Grüße
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2015

BeitragFr 11. Aug 2023, 18:39

Château Charmail 2015 Haut-Médoc CB
Ein sehr charmanter um nicht zu sagen gefälliger, leicht merlotdominierter Haut-Médoc, wohl vom Typ everybody's darling, aber was soll's! Hält sich wohl noch 2-3 Jahre auf dem Niveau, ob viel länger, bezweifle ich.
89-90 P.
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thvins

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Re: Bordeaux 2015

BeitragSo 20. Aug 2023, 08:42

pessac-léognan hat geschrieben: Château Charmail 2015 Haut-Médoc CB
Ein sehr charmanter um nicht zu sagen gefälliger, leicht merlotdominierter Haut-Médoc, wohl vom Typ everybody's darling, aber was soll's! Hält sich wohl noch 2-3 Jahre auf dem Niveau, ob viel länger, bezweifle ich.
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Witzigerweise hatte ich diese Woche denselben Wein, nur 10 Jahre älter, aus 2005. Deine Verkostungsnotiz könnte ich inclusive der Punkte nahezu 1 zu 1 übernehmen. Vom Preisniveau her war das damals vergleichbar mit Basispriorats, aber mit fast jedem Basispriorat hätte ich da wohl ein bisschen mehr Freude gehabt. Es war keine Schande, den Wein trinken zu müssen, aber auch nicht das eigentlich erhoffte Vergnügen. Belanglos und ohne Spannung wie deutsche Schlagermusik...

Irgendwann musste ich ihn dann recht schnell weg trinken, denn die anfängliche Gefälligkeit drohte nach einigen Stunden auch noch zu verblassen und einem trocknenden Gefühl am Gaumen Platz zu machen.
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2015

BeitragSo 3. Sep 2023, 19:52

Château de Pressac Saint-Emilion GCC 2015
15% alc
Kurznotiz, da zum wiederholten Mal verkostet
Dieser tiefdunkle Wein ist gewiss kein Filigran-Bordeaux, eher ein Powerwein, allerdings der durchaus angenehm komplexen Art. Die bisher etwas allzu dominanten Weihnachtsgewürze sind nun in den Hintergrund getreten und lassen die Fruchtnoten von Maulbeeren, Zwetschgen und Brombeeren wieder mehr ins Zentrum rücken, zusammen mit frisch geschnittenem Brot und frisch gepflügter lehmiger Erde. Zimt und Anis étoilé nur leise angedeutet.
Langer Abgang auf Schwarzbrot und Holunder.
Der Alkohol ist nicht merkbar, wenn man den Wein nicht über knappe 20° erwärmen lässt. 92(-93) Punkte
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