Mo 15. Aug 2022, 09:00
Mo 15. Aug 2022, 14:27
small talk hat geschrieben:Es wäre zu einfach die Problematik alleine auf die Négociants zu schieben, es wäre auch ungerecht und schlicht falsch.
Es ist jedoch auch so, dass in einem mehrstufigen System die Kommunikation zwischen dem Winzer/Weinerzeuger und dem Weingenießer schwierig ist (ein Grund weshalb ich hier schreibe…). Wenn zwischen Winzer und Weingenießer keine Kommunikation mehr stattfindet, dann liegt das bestimmt nicht an fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten. Es liegt auch nicht jedem Winzer oder Weingenießer sich mitzuteilen, manchmal. Nach meiner Erfahrung liegt die Problematik im System der Négoce darin, dass die Kommunikation nicht nur gekappt, sondern den Wert der Kommunikation runtergespielt wird. Das liegt im Interesse des Handels, denn je weniger Anbieter und Nachfrager von einander wissen, desto mehr ‚Spielraum‘ hat der Händler.
Hinzu kommt, dass viele Négociants bei den ‚einfachen‘ Weinen möglichst keine Differenzierung der Qualität, insbesondere Stilistik wollen. Erzeuger mit Einheitsbrei-Weinen lassen sich besser austauschen, da hat dann ein Négoce durch die Auswahlmöglichkeit mehr Spielraum bei den Preisverhandlungen. Wenn nun ausgerechnet da jemand mit Fälschungen ansetzt ist das fatal. Ebenso bietet ein mehrstufiges System mehr Möglichkeiten Fälschungen ‚einzuschleusen‘. Das muss jedoch nicht heißen, dass hier die Ursache liegt. Weine zu fälschen, panschen oder was auch immer, braucht ein hohes Maß an krimineller Energie. Das liegt nicht im Handelssystem selbst begründet.
Zum Glück habe ich gleich zu Anfang auch den direkten Weg sowie den ‚einstufigen‘ Weg mit Direktimporteuren in den Märkten gesucht. Der Austausch ist offener, regelmäßiger und ehrlicher. Es gibt ein Verständnis für das was gebraucht wird und was machbar ist. Als mir ganz zu Anfang einige Négoce beibringen wollten, dass die Qualität egal ist - ‚mach ne schicke Flasche und ich kaufe dir die Ware ab‘ - wurde ich misstrauisch. War ich doch bis dato selbst als Weingenießer ständig auf der Suche nach wirklich guten Weinen. Zum Glück hatte ich eine Ahnung von dem was ich machen wollte.
Fakt ist nun, dass da wo ich zu 100 % auf den Négoce vertraut habe (Château LASSUS), ich nun auch zu 100 % auf den Bauch gefallen bin und nur die anderen Segmente (Châteaux LE REYSSE und CLOS DU MOULIN) mich über Wasser halten. Die Kollegen die solche anderen Segmente nicht haben sind gerade sehr verzweifelt. Das ist furchtbar, weil Existenzen auf dem Spiel stehen. Es war zu lange zu einfach sich auf den Négoce zu verlassen und sie haben es sich sehr einfach gemacht (das ist nur menschlich). Ich hoffe sie halten jetzt durch.
Es jedoch auch so, dass über den ‚Wettbewerb‘ zwischen den Négociants, sowie fehlende Kommunikation der Preisdruck durch billige Fälschungen in die Breite getragen wurde. Auch Winzer und Négociants, die mit Fälschungen nichts zu tun haben, ließen sich vom Wert der Qualität abbringen um beim Preisdumping nicht zu verlieren. Das Ergebnis sind zu viele Weine, die eigentlich niemand haben möchte. Wenn dann auch noch gute Weine, wegen fehlender Differenzierung, mit in diesen Strudel geraten ist das schon tragisch. Sich da wieder herauszumanövrieren wird schwierig für alle Beteiligten.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Mo 15. Aug 2022, 15:32
small talk hat geschrieben:Alleine von einem Betrieb habe ich mehrfach gehört, dass er pro Monat 80.000 Flaschen Wein gefälschter Médoc-Appelationen in den Markt eingeschleust hat.
small talk hat geschrieben:Ich bin mir jedoch sicher, dass die Qualität der Weine ‚auffällig‘ sein sollte. Kollegen hatten einen Billigwein aus Médoc bei einem Discounter gekauft und probiert. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass jemand so etwas trinken kann. Da könnte es sich also durchaus um so eine Fälschung gehandelt haben.
Di 16. Aug 2022, 15:45
Sa 10. Sep 2022, 14:46
UlliB hat geschrieben:stollinger hat geschrieben:Kann man den Kriterienkatalog irgendwo einsehen?
Ich hatte den Kriterienkatalog im Netz entdeckt, als Ausone und Cheval blanc ausgestiegen sind, aber im Moment finde ich ihn leider nicht wieder. Nach meiner Erinnerung war das eine ziemlich kunterbunte Liste, in der die Verkostung einer Reihe jüngerer Jahrgänge durch ein von der INAO bestimmtes Verkosterpanel nur eine Rolle unter vielen spielt und außerdem das Kriterium für eine Einstufung als 1er GCC ziemlich wachsweich war (ich meine mich an einen Punktedurchschnitt von mindestens 16/20 zu erinnern, was ziemlich lächerlich wäre). Ansonsten sind einige weitere Kriterien wie "Qualität des Terroirs" kaum objetiv zu beurteilen.
Ich denke, dass die Klassifikation nach dem Ausstieg von inzwischen vier Toperzeugern mausetot ist, vielleicht folgen auch noch ein paar mehr. Und diejenigen, die im System verbleiben, werden erneut die französische Justiz beschäftigen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, und dabei die INAO und die Mitglieder der lokalen Kommission mit jeder Menge Dreck bewerfen. Immerhin sorgt das für ein wenig Unterhaltung.
Ansonsten gilt für die St.Emilion-Klassifikation das, was für jede Weinklassifikation gilt: als Wegweiser für den Weinkauf ist sie für den Konsumenten unbrauchbar. Ganz egal wie sie am Ende ausfällt.
Gruß
Ulli
So 9. Okt 2022, 16:25
So 9. Okt 2022, 17:20
Naja, nach 2 Stunden hatte die Redaktion die Nase voll und hat die Kommentarfunktion geschlossen… was bringt die Leute nur dazu, am hellichten Tag Kommentare abzugeben, bei denen man sich fragt, was und wieviel sie schon getrunken haben?UlliB hat geschrieben:Interessant, was da so abgelassen wird
So 9. Okt 2022, 18:01
OsCor hat geschrieben:Naja, nach 2 Stunden hatte die Redaktion die Nase voll und hat die Kommentarfunktion geschlossen… was bringt die Leute nur dazu, am hellichten Tag Kommentare abzugeben, bei denen man sich fragt, was und wieviel sie schon getrunken haben?UlliB hat geschrieben:Interessant, was da so abgelassen wird
Geradezu lustig, wie nüchtern und sachlich es in unserem alkoholgeschwängerten Forum zugeht
Gruß
Oswald
Di 11. Okt 2022, 14:58
Mi 2. Nov 2022, 15:10