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Bordeaux ganz allgemein!

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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OsCor

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragFr 3. Jun 2022, 16:41

Für Leute mit schlechten Augen: Unbedingt vergrößern :-)
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UlliB

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragFr 3. Jun 2022, 16:49

OsCor hat geschrieben:Für Leute mit schlechten Augen: Unbedingt vergrößern :-)

Einfach aufs Bild klicken, dann solltest auch Du es lesen können... ;)

Ein paar Kenntnisse in Vulgärfranzösisch helfen beim "Grand Cul Cassé" übrigens sehr. Aber der google-Übersetzer geht auch :lol:

Gruß
Ulli
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OsCor

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragFr 3. Jun 2022, 17:58

Ich hab´s ja lesen können und auch verstanden. Aber nachdem vor einiger Zeit die Jahrgänge 2016 und 2010 auf einem Etikett für Verwirrung gesorgt haben… :-)
Man muss eben schon zwei Mal hinschauen und wird nicht schon aus 10 m vor dem Weinregal abgeschreckt. Mein erster Gedanke war allerdings: Hat der seine Etiketten in China drucken lassen? :-)

Gruß
Oswald
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EThC

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSa 4. Jun 2022, 12:30

OsCor hat geschrieben:Man muss eben schon zwei Mal hinschauen und wird nicht schon aus 10 m vor dem Weinregal abgeschreckt.
...das ist ja nur das Rückenetikett, mit dessen provozierender Inschrift Jean-François Ganevat wohl seine Haltung zu den etablierten Appellationssystemen darstellen wollte, im Jura ticken die Wein-Uhren halt doch deutlich anders. Das Frontetikett schaut so aus:

Bild

und hat mich seinerzeit in Beaune (!) magisch angezogen. Ãœbrigens einer der besten Weine, die ich ever im Glas hatte.

Um das mit der Herkunftsidee auf die Spitze zu treiben, hat Ganevat auch noch dieses Zeuch verbrochen:

Bild

Hier kommen die verbauten Sorten aus ganz Frankreich und das Thema Herkunft wurde komplett auf den Kopf gestellt, also ein echter "Vin de France" im wahrsten Sinne des Wortes.

Was das jetzt noch mit dem ursprünglichen Fadenthema zu tun hat? Hauptsächlich, daß das Verständnis um die Wichtigkeit der Herkunft sowie der damit einhergehenden Klassifikation in den französischen Regionen sehr uneinheitlich gelebt wird. Selbst im Burgund oder auch an der Loire gibt's eine mittlerweile recht starke Strömung von Winzern, die selbstbewußt "Vin de France" auf ihre Flaschen schreiben und dennoch anspruchsvollen Stoff zu auch nicht gerade geringen Preisen unter die Leute bringen. Im Bordelais gibt's sowas nach meiner Wahrnehmung ja gar nicht (oder nur unter dem Radar?), möglicherweise mit ein Grund, warum mich diese Region trotz an sich guter Sachen bis dato nicht infizieren konnte...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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Rotundweiss

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSa 11. Jun 2022, 07:05

Moin liebe Bordeaux-Gemeinde,

nach 20 Jahren Subskriptionshistorie ist bei mir nach dem Jahrgang 2020 altersbedingt kein Kellerzugang mehr geplant.

Ungeachtet stilistischer Präferenzen, klimatischer Veränderungen oder preislicher Entwicklungen habe ich in diesen zwei Dekaden wahrgenommen, dass sich die Appellationen bzw. deren Chateaux mit unterschiedlichem Tempo qualitativ positiv entwickelt haben.

Was ich daher gerne einmal zur Diskussion stellen möchte:

Obwohl nicht unbedingt meine Präferenz, sehe ich den qualitativen Fortschritt vor allem in Margaux und Pessac-Leognan. Insbesondere deshalb, weil es in den letzten 20 Jahren Weingüter in´s Rampenlicht geschafft haben, die zuvor doch eher etwas unter dem Radar flogen.

Beispiele Margaux:
- Brane Cantenac
- Cantenac Brown
- Du Tertre
- Durfort Vivens
- Ferriere
- Giscours
- M.S.E.
- Rauzan Segla

Beispiele Pessac-Leognan:
- DdC
- Haut Bailly
- L.C.H.B.
- Malartic Legraviere
- Pape Clement
- SHL

Gewiss, es gibt sie, die Überperformer auch in anderen Regionen. Ob ein B.D.Lagarosse, Canon, T.Mondot, Clinet, C.Segur, P.Canet oder einige andere mehr, auch diese Güter haben sicherlich ebenfalls eine tolle Reise hingelegt.

Wahrscheinlich ist es auch richtig, dass die qualitative Spitze des linken Ufers eher in Pauillac als anderswo zu finden ist. Nur, um bei diesem Beispiel zu bleiben; hier war man schon immer gut, oft auch sehr gut, während die Pace in Margaux und/oder P.Leognan lange Zeit nur von wenigen Gütern gemacht wurde.

Täusche ich mich bei meiner Wahrnehmung ? Freue mich auf eure Erfahrungen....

Schönes Wochenende in die Runde.

VG Georg
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UlliB

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSa 11. Jun 2022, 17:27

Rotundweiss hat geschrieben:nach 20 Jahren Subskriptionshistorie ist bei mir nach dem Jahrgang 2020 altersbedingt kein Kellerzugang mehr geplant.

Bei mir ging das Subskribieren etwas früher los, nämlich mit dem Jahrgang 1986, und so ganz hat es mich immer noch nicht losgelassen, auch wenn es inzwischen fast nur noch um das Verlängern sehr langer Vertikalen geht. Ich hoffe mal, dass ich geistig gesund und mit Verkosterfähigkeiten mindestens 95 werde, dann geht sich das schon aus :lol:
Wobei die 21er ja jung zu trinken sein sollen.
Obwohl nicht unbedingt meine Präferenz, sehe ich den qualitativen Fortschritt vor allem in Margaux und Pessac-Leognan. Insbesondere deshalb, weil es in den letzten 20 Jahren Weingüter in´s Rampenlicht geschafft haben, die zuvor doch eher etwas unter dem Radar flogen.

Was Margaux betrifft, würde ich da zustimmen wollen. Allerdings muss man das schon etwas differenziert betrachten. Das von Dir erwähnte Chateau Rauzan Ségla hat in den 80er Jahren eine ganze Reihe hervorragender Jahrgänge produziert; 83 und 86 zählen zum Besten, was es damals in Bordeaux gab, und gut gelagerte Flaschen vom 86er können auch heute noch viel Spaß machen, auch wenn bei Normalflaschen jetzt (nach 36 Jahren!) so langsam das Ende absehbar ist. Und Brane Cantenac war damals auch gut in Form, auch wenn Parker das nicht so gesehen hat. Beide Güter hatten halt den in Bordeaux weit verbreiteten Einbruch in den 90ern, aber unmittelbar vorher waren die schon Top. Für den Rest stimmt Deine Beobachtung aber schon, wenn man die letzten 50 Jahrgänge betrachtet.

Pessac-Léognan ist nicht so sehr meine Baustelle, aber da scheint mir, dass auch viele klassifizierte Güter immer noch unter ihren Möglichkeiten bleiben. Chateaux wie Bouscaut, Latour-Martillac, Carbonnieux (in rot), Olivier oder Fieuzal sind doch recht obskur, da wird wenig drüber geschrieben, und wenn, dann meistens eher wenig begeistert.
Wahrscheinlich ist es auch richtig, dass die qualitative Spitze des linken Ufers eher in Pauillac als anderswo zu finden ist. Nur, um bei diesem Beispiel zu bleiben; hier war man schon immer gut, oft auch sehr gut, während die Pace in Margaux und/oder P.Leognan lange Zeit nur von wenigen Gütern gemacht wurde.
Diesen Pauillac-Enthusiasmus, den hier einige im Forum teilen, kann ich ganz und gar nicht nachvollziehen. Und die Einschätzung, dass man hier "schon immer sehr gut" war, ist schon ziemlich daneben.

Ok, hier sind drei der vier 1ers der 1855er Klassifikation beheimatet, wenn man Haut Brion ausblendet. Aber der Nachrücker Mouton war seit dem Tod des Barons 1988 über gut zwei Jahrzehnte hinweg aus dem Tritt, und es wuden dort Weine gemacht, die dem Klassifizierungsstatus meistens nicht mehr entsprachen. Richtig aufwärts geht es da wohl erst wieder seit 2015 (wobei ich Mouton aus Jahrgängen danach nicht mehr im Glas hatte).

Aber sonst? Die Comtesse zählt seit einigen Jahren ohne Frage zu den besten Gütern in Bordeaux, aber unter der Lencquesaing- Administration bis 2006 war die Qualität inkonsistent, manche an und für sich guten Jahrgänge wurden versemmelt, und die Flaschenvarianz war außergewöhnlich hoch. Ich hatte aus der Periode wesentlich mehr unbefriedigende Weine im Glas als wirklich gute.

Der Namensvetter von der anderen Straßenseite, Pichon Baron, war bis zum Verkauf Mitte der 80er qualitativ schwach und von seinem nominellen Rang weit entfernt. Richtig gut wurden die Weine hier erst ab der Jahrtausendwende.

Duhart Milon war noch Anfang der 90er schwer vernachlässigt, erst danach hat sich die Lafite-Equipe verstärkt darum gekümmert und den Wein auf den heutigen Stand gebracht. Batailley ist auch erst nach 2000 richtig gut geworden, aber hat dabei eine für einen grand cru eher ungewöhnliche rustikale Note behalten.

Und ganz finster wird es, wenn man bei Pauillac ans untere Ende schaut. Lynch-Moussas, Croizet-Bages und Pédesclaux haben über Jahrzehnte hinweg den Wettbewerb, wer unter den 1855 klassifierten Gütern den schlechtesten Wein produziert, unter sich ausgemacht. Da ist aus den anderen AOCs nur gelegentlich mal Camensac oder Rauzan Gassies reingegrätscht, aber meistens gingen die drei ersten Ränge an Pauillac, gelegentlich mit wirklich grässlichen Weinen, für die sich die guten cru bourgeois geschämt hätten.

Pauillac soll schon immer gut gewesen sein? Nein, war es nicht. Wenn man dreißig Jahre zurückblickt, war da die qualitative Spannweite nicht geringer und das Durchschnittsniveau nicht höher als in Margaux.

Wenn man die letzten 50 Jahrgänge betrachtet, kann kein Zweifel bestehen, welche AOC auf dem linken Ufer über die ganze Zeit das höchste Durchschnittsniveau hatte und qualitativ auch weitgehend konsistent geliefert hat. Das war St. Julien, und nicht Pauillac.

Gruß
Ulli
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSa 11. Jun 2022, 18:33

Da bin ich sehr weitgehend einverstanden, Ulli. Saint-Julien ist, als relativ kleine Appellation, auch meiner Meinung nach seit Jahrzehnten im Médoc am konstantesten, wenn es auch hier langjährige Langweiler gab, etwa Beychevelle, das eine relativ betuchte, aber nicht extrem weinaffine Klientel mit schöner Etikette und nettem, aber den Preis nicht wertem Inhalt erfreute (immerhin außer Konkurrenz bezüglich grässlichstem GC...).
Gruß
Jean
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UlliB

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSa 11. Jun 2022, 18:49

pessac-léognan hat geschrieben:Da bin ich sehr weitgehend einverstanden, Ulli. Saint-Julien ist, als relativ kleine Appellation, auch meiner Meinung nach seit Jahrzehnten im Médoc am konstantesten, wenn es auch hier langjährige Langweiler gab, etwa Beychevelle, das eine relativ betuchte, aber nicht extrem weinaffine Klientel mit schöner Etikette und nettem, aber den Preis nicht wertem Inhalt erfreute (immerhin außer Konkurrenz bezüglich grässlichstem GC...).

Ha, Jean, da hast Du mich kalt erwischt. Beychevelle hatte ich seit mehr als einem Jahrzent nicht mehr im Glas, da mich die hier seinerzeit praktizierte Stilistik überhaupt nicht angesprochen hat. Wobei die Weine technisch völlig einwandfrei waren und eigentlich auch ihrem nominellen Status entsprochen haben.

Seit einigen Jahren soll es ja auch da qualitativ deutlich nach oben gehen, aber ich habe mich ob der Preise nicht durchringen können, es mal mit neueren Jahrgängen zu probieren. Wahrscheinlich solte ich es doch einmal versuchen.

Gruß
Ulli
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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSa 11. Jun 2022, 23:23

Die vergangenen 50 Jahre, also bis Anfang der 70er bewertet, ist klar Pessac die konsistenteste Apellation.
Die Legende es sei St. Julien ist schlichtweg Quatsch.
Wenn man die 2. Gewächse aus St. Julien betracht waren die Leistungen in den 70ern katastrophal, und auch unter Berücksichtigung der 80er war Beychevelle tatsächlich eines der besten Weingüter bis dahin.
Ducru kam tatsächlich es mit Mitte der 90er wieder aus den Puschen, LLC liefert erst relevant seit 82.
Leo Barton ist ein Liebhabernischenprodukt mit ups and downs und im Grunde erst seit 2000 konsistent unterwegs und Poyferre ist erst seit dem 90er hot und der war dann auch mit Ausnahme des 96ers bis 2000 ein qualitativer Solitär.
Zu Pessac fällt meine Bilanz da deutlich konsistent besser aus.....und das liegt nicht nur an den den beiden adligen Geschwisterweingütern.
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Rotundweiss

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Re: Bordeaux ganz allgemein!

BeitragSo 12. Jun 2022, 07:37

Moin zusammen,

herrlich, bislang wurden also zwei meiner Behauptungen schonmal einkassiert :o .

So soll´s auch sein, schließlich war´s mir ja auch wichtig, euren persönlichen Erfahrungsschatz dsbgl. anzuzapfen.

Paulliac war also in den 80/90igern offensichtlich in der Breite weniger gut/konsistent, als ich dachte.
Womöglich entspringt es dann ebenso (m)einem Irrglaube, dass L.Bages lange Zeit als ein "Wert" galt,
der Verlässliches für überschaubares Geld bot !? Verstanden habe ich, dass "Kleineres" (und nicht selten auch "Größeres") aus Pauillac vor der Jahrtausendwende eher selten vergnügungssteuerpflichtig war.
Offensichtlich war es dann also kein Fehler, sich (erst) die letzten 20 Jahre in Paulliac engagiert zu haben.

Pessac-Leognan vor der Jahrtausendwende konsistenter als St.Julien ?
Interessant. Wäre ich im Leben nicht draufgekommen.
Dachte immer, die drei Leovilles und im Gefolge auch noch 3-4 andere hätten schon längere Zeit gut abgeliefert.
Pessac Leognan jedenfalls ist bei mir offen gestanden erst in den letzten < 10 Jahren in den Fokus gerückt.
Wüsste nicht, dass man zuvor z.B. die Brause von LCHB oder die Holzsuppe von Pape Clement unfallfrei durch den Hals bekommen hätte ;).

...noch andere Stimmen ?

Vielen Dank dafür und euch einen sonnigen Sonntag.

Georg
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