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Chateau Rauzan Segla

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Weinbertl

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Chateau Rauzan Segla

BeitragSa 17. Nov 2012, 15:58

Hallo,

gestern konnte ich in einer sehr angenehmen 8er Runde 15 Jahrgänge Chateau Rauzan Segla, Margaux verkosten. Die Weine wurden blind in folgender Reihenfolge serviert. Hier meine Eindrücke und Bewertungen:

1989
leicht dunkelbraun-roter Kern, bräunlich-rot zum Rand hin
Nase: heiße Frucht, klassisches Margaux-Aroma, recht deutliches Holz
Wird mit der Zeit immer ausladender
Gaumen: konzentriert, intensiv, heißes Jahr, Holz, komprimierte Frucht,
noch Reserven. Langer Abgang. 18–18,5/20

2005
sehr tiefes Rot, fast kein Wasserrand.
Nase: komprimiert, dicht, reifes Lesegut, recht nobel
Gaumen: frische Frucht, konzentriert, schöne dunkle Früchte von
Brombeeren u. ä., leicht überextrahiert, etwas Schärfe im
Abgang, der jedoch von guter Länge ist. 17,5/20

1988
leichter Wasserrand
Nase: etwas schwächlich im Ausdruck, nicht besonders intensiv
Gaumen: recht deutliche Säure, etwas karge Frucht, leicht säuerlich
im Abgang. Deutlich gereift, aber sehr stabil. 17/20

1982
weit gereift, leichter Wasserrand
Nase: zu beginn leicht säuerliche Zwetschge. Wird dann harmonischer mit
sehr schönem süßem Duft. Komplex, edel. Verliert sich dann aber ein
wenig an der Luft. Verführerisches Bouquet, etwas Kümmel.
Gaumen: etwas säuerlich, mittlere Intensität, praktisch kein Tannin mehr
Abang von mittlerer-guter Länge. Nase besser als Gaumen. 17–17,5/20

1959
sehr weit gereifte Farbe, recht hell und orange
Nase: komische Nase nach Patex o. ä.
Gaumen: noch einigermaßen saftige Frucht, jedoch sehr unreif bzw. grün
wahrscheinlich eine schlechte Flasche. Keine Bewertung

1985
Nase: reife, feine, süße Nase. Fehlt ein wenig an Druck, jedoch elegant
und klassisch. Edel, parfümiert.
Gaumen: beerig, noch recht saftige Frucht, auch am Gaumen nicht besonders
druckvoll, sondern eher schmeicherisch, etwas Barrique. Guter Abgang. 17,5–18/20

1997
guter Kern, doch recht deutlicher Wasserrand
Nase: konzentriert, reife Frucht, wirkt langsam gereift, parfumiert
Leicht gebrannte Nase.
Gaumen: sehr harmonisch, schönes Spiel von Frucht und reifer Süße,
hat noch Potential. 18/20

1983
Nase: sehr ungewöhnliche, aus der Reihe tanzende Aromen von Wildbret,
strauchige Frucht, Cabernet Franc.
Gaumen: sehr opulent, süß, reif, fein, lang. 18/20

1994
Nase: Strauchholz, etwas zurückhaltend, jedoch bereits recht fein
braucht noch etwas Zeit
Gaumen: ausgewogen, noch etwas zu jung. Saftige Frucht. Reifes Tannin.
Hat noch ein wenig Potential. 17-17,5/20

1975
gebrannte Farbe, leicht bräunlich
Nase: sehr süßer Duft. Überreif, wiederum kommt ein eigenartiger
Patex-Geruch durch. Büßt an der Luft deutlich ein
Gaumen: ausgewogen, feine Süße, sehr reif, mit der Zeit wird der Wein
etwas penetrant, was deutlich macht, dass der Zenit deutlich
überschritten ist. 16,5/20

2006
Nase: überkonzentriert, jung, aber bereits entwickelte Nase
Gaumen: modern, Neue-Welt-touch, gute Länge. 16,5–17/20

1986
Nase: Klassiche Bordeaux-Nase! Komplex, elegant, fein gewoben
Gaumen: sehr gut ausbalanciert, feinkörniges reifes Tannin, edle Süße
Sehr lang. Perfekter Wein im idealen Reifestadium. 19/20

1991
Nase: recht fein gereift. Etwas viel Barrique, bisschen modern anmutend.
Gaumen: etwas zu viel gewollt, bourgeois. Guter Trinkfluß 16,5/20

1976
Nase: wieder dieser komische Kleber-Geruch, überreif, etwas Kümmel
wird aber mit der Zeit etwas feiner und legt seine unsauberen Töne ab.
Gaumen: Zeigt deutlich mehr als die Nase vermuten lässt, delikate Säure, die gut
eingebunden ist, schön abgerundet. Abgang mittellang. 17–17,5/20

1978
Nase: dem 76er nicht unähnlich, aber schwächer als dieser
Gaumen: noch etwas Zwetschgen aber bereits über Zenit, leicht wässrig. 16/20

Fazit: Der beste Wein des Abends war für mich und manch andere der 86er, der sich momentan geradezu perfekt präsentiert. Für Verblüffung sorgte zweifelsohne der 97er, ein wirklich sehr guter Wein, wohl am meisten unterschätzt. Die größte Enttäuschung war leider der 1959er, aber wahrscheinlich nur eine schlechte Flasche.

Im großen und Ganzen kann behauptet werden, dass in den 80ern auf Rauzan Segla sehr gute Weine erzeugt wurden. Und auch für Rauzan Segla gilt, dass 1983 besser als 1982 war.
Mein besonderer Dank gilt dem Organisator und Gastgeber, Hannes, der nicht nur für
eine sehr angenehme Atmosphäre sondern auch für ein ausgezeichnetes Hirschragout
sorgte ;)

Gruß
Robert
Zuletzt geändert von Weinbertl am So 18. Nov 2012, 11:29, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße
Robert
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innauen

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragSa 17. Nov 2012, 16:47

Hallo,

den 2006er hatte ich letzte Woche im Glas und der ein oder andere hier auch, der sich auf der Mövenpick-Probe aufgehalten hat. Meine Eindrücke stimmen mit Deinen im Groben überein. Neuweltlich erschien mir die Ausgabe, die ich vor mir hatte aber nicht. Dafür aber schon erstaunlich weit geraten:

Bild

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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nougat

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragMo 19. Nov 2012, 10:44

Weinbertl hat geschrieben:
1997
guter Kern, doch recht deutlicher Wasserrand
Nase: konzentriert, reife Frucht, wirkt langsam gereift, parfumiert
Leicht gebrannte Nase.
Gaumen: sehr harmonisch, schönes Spiel von Frucht und reifer Süße,
hat noch Potential. 18/20



Hatte den Wein vor einigen Wochen günstig erworben und probeweise einen aufgezogen. Kam bei mir nicht ganz so gut weg, auch wenn ich ihn vom Charakter her ähnlich empfand.
Brauchte sehr viel Luft, bis er aromatisch von 'grün' auf 'rot' wechselte und sein Wesen offenbarte. Beim Potential bin ich dennoch hin und her gerissen. Wirkt einerseits fest, Tannine sind aber eher schwach ausgeprägt. Jedenfalls werde ich ihn noch einige Zeit liegen lassen bis zum nächsten Versuch.

2006er sah ich bei der Möwe wie ihr. Überraschend konzentrierte reife Nase, wirkte insgesamt warm wie ein 2003er Wein. Nicht das, was man bei einem RS sucht.
Grüße
Martin

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Weinbertl

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragMo 19. Nov 2012, 14:23

nougat hat geschrieben:
Weinbertl hat geschrieben:
1997
guter Kern, doch recht deutlicher Wasserrand
Nase: konzentriert, reife Frucht, wirkt langsam gereift, parfumiert
Leicht gebrannte Nase.
Gaumen: sehr harmonisch, schönes Spiel von Frucht und reifer Süße,
hat noch Potential. 18/20



Hatte den Wein vor einigen Wochen günstig erworben und probeweise einen aufgezogen. Kam bei mir nicht ganz so gut weg, auch wenn ich ihn vom Charakter her ähnlich empfand.
Brauchte sehr viel Luft, bis er aromatisch von 'grün' auf 'rot' wechselte und sein Wesen offenbarte. Beim Potential bin ich dennoch hin und her gerissen. Wirkt einerseits fest, Tannine sind aber eher schwach ausgeprägt. Jedenfalls werde ich ihn noch einige Zeit liegen lassen bis zum nächsten Versuch.

2006er sah ich bei der Möwe wie ihr. Überraschend konzentrierte reife Nase, wirkte insgesamt warm wie ein 2003er Wein. Nicht das, was man bei einem RS sucht.


Hallo Martin,

wir hatten wohl eine sehr gute Flasche erwischt. Andererseits muss ich ganz ehrlich gestehen, wenn ich den Wein nicht blind vorgesetzt bekommen hätte, wäre mein Urteil bestimmt etwas negativer ausgefallen, zu sehr bin ich noch auf dem Trichter, das 97er nicht zu den besseren Jahrgängen und schon gar nicht zu den entwicklungsfähigen gehört. Auf alle Fälle waren sich so gut wie alle am Tisch einig, dass es sich hier um einen sehr guten bis ausgezeichneten Jahrgang handeln muss.

Gruß
Robert
Grüße
Robert
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Der Fränkie

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragDo 22. Nov 2012, 17:03

Hallo Robert,

meine Wertungen der Probe gibt es hier:

http://www.domovino.de/blog/?p=222

LG
Der Fränkie
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harti

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragDo 22. Nov 2012, 19:48

Hallo Robert und Frank,

es ist immer wieder bemerkenswert, wie unterschiedlich die Wertungen innerhalb der gleichen Probe ausfallen. Auch bei unserer Vertikal-Verkostung ( viewtopic.php?f=40&t=1505&hilit=Rauzan&start=10#p40871 ) lagen die Meinungen zum Teil deutlich auseinander.

Ich persönlich kann das harsche Urteil über den 2005er und den 2006er nicht ganz nachvollziehen. Für mich gehören beide Weine zu den Erfolgen in den jeweiligen Jahrgängen. Ich kann auch nicht erkennen, dass RS den Stil im letzten Jahrzehnt dramatisch veränderte hätte. Einen gewissen Bruch gab es mit dem 94er, als man mit dem Engagement von Kolossa begann, konzentriertere, tanninbetontere Weine zu erzeugen. Heute brauchen RS daher etwas mehr Zeit, um sich zu finden. Das zeigt z.B. auch der 2000er, der bei unserer Probe eigentlich nur nach Holz geschmeckt hat. Nach meiner Erfahrung sollte man RS aus guten Jahren entweder jung probieren oder aber eine Weile im Keller vergessen.

Grüße

Hartmut
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Weinbertl

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragDo 22. Nov 2012, 22:44

Hallo Hartmut,

gerade bei den älteren Jg. (der 70er) war ich weit gnädiger als Frank, hat wohl auch viel mit persönlichen Vorlieben zu tun - überreifem Bordeaux (also bereits über Zenit) kann ich immer noch viel abgewinnen. Verstehe aber auch jeden, der da weniger euphorisch bewertet. ;)

Gruß
Robert
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Robert
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Der Fränkie

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Re: Chateau Rauzan Segla

BeitragFr 23. Nov 2012, 19:29

Hallo Hartmut,

ich konnte den aktuellen Rauzan-Segla Jahrgängen weder bei den Primeur-Verkostungen noch bei der Arrivage viel abgewinnen, die Vertikale hat mir das bestätigt (nicht nur bei mir, die Meinung aller Verkoster war ziemlich ähnlich).

Ich könnte fast heulen, wenn ich die aktuellen Jahrgänge im Glas habe und an die Mitte bis End-80er Jahre denke, vor allem an 86 & 88.

Da ist für mich ein Stück "gute alte Bordeaux-Welt" verloren gegangen, nicht das Einzige, aber eben eines, das ich sehr vermisse.

Der Fränkie

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