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Bordeaux 2001

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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harti

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSa 11. Sep 2021, 16:09

Hallo miteinander,

Vor knapp zwei Wochen gab’s in einer Blindprobe drei 2001er Pomerol und dazu mit Reignac einen Piraten, der als Jungwein in verschiedenen Prof-Verkostungen gehörig Furore gemacht hat. (Und der, wie man dem vorangehenden Beitrag entnehmen kann, nicht allen zusagt ;) ).

2001 La Conseillante Pomerol

Süße Nase, sehr holzgeprägt, etwas Kokos, dazu ein Mix aus roten und dunklen Beeren, sehr animierend, aber auch etwas ordinär, am Gaumen saftig, sehr ausgewogen, mit schöner Säurestruktur, dabei recht elegant, ein sehr schöner Wein, der jetzt auf dem Höhepunkt scheint (93 P)

2001 Gazin Pomerol

Sehr expressive Nase mit sehr schönen Holznoten, leicht laktisch, sehr verführerisch, auch hier schöner Saft, dazu viel Druck, Tiefe, Harmonie und ein ellenlanger Abgang, großartig, macht bereits sehr viel Spaß, hat aber noch ein langes Leben vor sich (96 P.)

2001 Latour à Pomerol

Sehr verhaltene Nase, rote Johannisbeeren, später auch etwas Paprika, geschmeidig am Gaumen, mildes Tannin, angenehmer Abgang, ein feiner Pomerol, aber insgesamt etwas harmlos, scheint den Reifehöhepunkt schon langsam zu überschreiten (91 P)

2001 Reignac (die frühere Cuvée Prestige) Bordeaux Supérieur

Konnte mit den Pomerol locker mithalten, was sage ich, war der Conseillante und dem Latour überlegen, dunkelbeerig (eher Brombeere als Cassis), klassische Bordeaux-Nase, etwas Tabak, sehr druckvoll, schöne Säure, noch leicht trocknendes Tannin, seriöser Wein, der noch reifen kann (94 P)

Insgesamt eine Probe, die sehr viel Spaß gemacht hat.

Grüße

Hartmut

20210911_151040.jpg
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port_ellen

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSo 12. Sep 2021, 21:04

moin hartmut,

vielen dank für die schönen probennotizen !

ich hatte den reignac im februar auch blind neben den pontet canet gestellt und lange hin und her probiert, bis ich mich (dann richtig) festgelegt hatte, welcher welcher ist.
die unterschiede auch in der qualität waren sehr gering, vielleicht kommt das nicht so raus aus meinen notizen, und die unterschiede in der aromatik wurden dann mit luft / zeit / temperatur etwas deutlicher.
was mich gewundert hatte war, dass es noch keine tertiäraromatik gab, auch bei beiden wenig komplexität.

unser eindruck unterscheidet sich beim volumen der weine: du sprichst von "druckvoll", das habe ich bei beiden nicht gesehen, eher mittelgewichtig, aber trotzdem noch lange nicht am ende.

ich hab' noch von beiden, ansonsten in 2001 nur noch montrose und la tour carnet, die sollten alle noch problemlos die nächsten 10 jahre halten, sodass es spannend bleibt.

gruss, matthias
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Kle

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Re: Bordeaux 2001

BeitragMo 20. Sep 2021, 18:35

Château La Louvière, Pessac-Léognan: Komisch, aber das Bukett erinnert mich zuerst angenehm an die frühesten von mir getrunkenen Bordeaux, obwohl ich die ganz jung geöffnet habe (die tiefdunkelrote Farbe passt ebenfalls). Dann ein unglaublicher Duftsog weg von Früchten, hin zu minzigen und ledrigen Noten, im Hintergrund Kuhstall. Niemals enden wollend und unendlich wandelbar, wie es scheint, Spiegelkabinett für die Nase. Das Mundgefühl dann überraschend leicht, aromatisch frisch und super. Ich schmecke Himbeere in einem charmanten Balsam, der sich allmählich verdichtet und eckiger wird und dann mit Säure, Tannin und Kirsche auch wie ein klassischer Bordeaux schmeckt. Die zartbeerige Seite kehrt immer wieder zurück (ich denke an Erdbeere, obwohl da bestimmt nichts nach Erdbeere schmeckt) wie als Kontrast zu einer mir gewohnteren BDX-Welt, die mit herrlich pfeffriger und gerösteter Paprika dabei ist, dann auch eingelegte Peperoni, Tabak (im Kopf, und nur dort, eine lieblich kokelnde Zigarrenkiste).
Manchmal habe ich das Gefühl, Bordeaux vor 2005 schmecken mir am besten.

Gruß, Kle
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duhart09

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Re: Bordeaux 2001

BeitragMo 20. Sep 2021, 20:25

Kle hat geschrieben:Château La Louvière, Pessac-Léognan: Komisch, aber das Bukett erinnert mich zuerst angenehm an die frühesten von mir getrunkenen Bordeaux, obwohl ich die ganz jung geöffnet habe (die tiefdunkelrote Farbe passt ebenfalls). Dann ein unglaublicher Duftsog weg von Früchten, hin zu minzigen und ledrigen Noten, im Hintergrund Kuhstall. Niemals enden wollend und unendlich wandelbar, wie es scheint, Spiegelkabinett für die Nase. Das Mundgefühl dann überraschend leicht, aromatisch frisch und super. Ich schmecke Himbeere in einem charmanten Balsam, der sich allmählich verdichtet und eckiger wird und dann mit Säure, Tannin und Kirsche auch wie ein klassischer Bordeaux schmeckt. Die zartbeerige Seite kehrt immer wieder zurück (ich denke an Erdbeere, obwohl da bestimmt nichts nach Erdbeere schmeckt) wie als Kontrast zu einer mir gewohnteren BDX-Welt, die mit herrlich pfeffriger und gerösteter Paprika dabei ist, dann auch eingelegte Peperoni, Tabak (im Kopf, und nur dort, eine lieblich kokelnde Zigarrenkiste).
Manchmal habe ich das Gefühl, Bordeaux vor 2005 schmecken mir am besten.

Gruß, Kle


Einfach wunderbar!!

Gruß
Uli
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Kle

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSa 18. Dez 2021, 20:08

Am dritten Tag am besten war: Phélan Ségur 
Farblich tief dunkelrot, nichts Ältliches. Himmlischer, frischer BDX-Duft.
Geschmacklich macht sich aber sofort Reife durch die harmonische Sanftmut des Weines bemerkbar. Die Tannine samtig abgeschliffen. Wirkt ausgemalt mit ganz zarter, fast lieblich anmutender Beerenfrucht. Das
ist reizvoll und auf Dauer monoton. Substanz ist deutlich, die aber nichts mehr ausspielt. Wer will, kann einiges hineinschmecken, mir fehlte dazu meist die Motivation… Und dann zieht der Wein sich sogar noch zurück, wird nicht hinfällig, doch fahl.
Dann das eindrucksvolle Comeback— als ob allmählich Blut in klamme Finger zurückkehrt. Die zarte Beerenfrucht voluminöser und schön mit Säure unterlegt. Die abgeschliffene, gelöste Struktur gibt dem Wein jetzt etwas reizvoll Diffuses, Impressionistisches. Mehr Schattierungen tauchen auf und ich vermisse keinen „größeren“ Wein. Im Gegenteil. Nach der schon sicher geglaubten Enttäuschung fasziniert, wie entspannt und wie aus seiner eigenen Stimmung heraus er sich zeigt.
Allerdings wie ein Sportler, der in kürzeren Distancen naja ist, und erst beim Marathon plötzlich ganz vorne. Auch beim nächsten Mal?

Gruß, Kle
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port_ellen

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSa 18. Dez 2021, 21:33

hallo kle,

man merkt, es weihnachtet so langsam - die guten gereiften flaschen kommen auf den tisch...

ich habe mir den 1989er phelan sgeur zurechtgelegt, evtl. auch den 2003.
2001 hab ich nicht, aber deine notiz macht spass und lust auf gereifte bdx.

der trinkspass mit den gereiften flaschen ist, dass sie aromatisch transparent sind, unaufgeregt, gut lesbar und im geschmack nicht mehr von hohen alkoholgraden, tanninen und holz verdeckt sind. so klingt jedenfalls deine notiz.

bin gespannt, was du an weihnachten sonst noch aufmachst, bei mir werden's noch 86 poujeaux und 90 la dauphine...

gruss, matthias
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Kle

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSo 19. Dez 2021, 11:50

Hallo Matthias,

port_ellen hat geschrieben:der trinkspass mit den gereiften flaschen ist, dass sie aromatisch transparent sind, unaufgeregt, gut lesbar und im geschmack nicht mehr von hohen alkoholgraden, tanninen und holz verdeckt sind

eine auch hilfreiche Beschreibung. Vielleicht habe ich gerade deshalb für Weihnachten bislang nicht an besonders Gereiftes gedacht, da oft die Muße fehlt und leicht dem Wein die Schuld gegeben wird. Vielleicht gibt es weniger Besinnliches von Huet, Joly, Kühn oder L'Ostal Levant. In einem Nachbarthread las ich allerdings von Nora, dass Pegau 2006 zurzeit sehr schön sei. Da überlege ich heftig, eine meiner wenigen Flaschen zu öffnen.
Ich hoffe, Du berichtest, insbesondere über Phélan Ségur.

Gruß, Kle
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSa 25. Dez 2021, 19:02

pessac-léognan hat geschrieben:Château Doisy-Védrines Grand Cru Classé de Sauternes 13.5°
Demie Bouteille (0.375)

Farbe: wunderschönes, sattes Gelb, bei Weitem nicht in Bernstein foncierend wie der unlängst getrunkene de Malle 2002.
Kork: Wie neu, kaum Zucker
Nase: Im Antrunk sehr deutliche Botrytisnoten, fast ein wenig retsinierende Begleitnote. Sofort aber abgelöst von feinen Tönen halbgetrockneter Früchte: Aprikosen, wenig Ananas, daneben Zitrusfrüchte, leicht ankandiert.
Gaumen: eine Wucht frischer gelber Früchte, reif, doch keineswegs überreif. Mirabellen, wie ich sie letzten Sommer so oft in schöner Reife ass. Keine Spur von Klebrigkeit, nichts Zuckriges.
Abgang: minutenlang nachhallend. Die sublimiert liquide Frucht von 18 Jahren.
Dieser Sauternes, der sich auch gestern Abend noch, nach mehr als einer Woche, als kleiner Rest im Glas so unglaublich frisch wie am ersten Tag präsentierte, hat noch viele Jahre vor sich. Ich bin froh, die Kiste erst angetrunken zu haben.
Großartiger Sauternes-Jahrgang, zu Recht hoch gelobt
95 Punkte


Auch 2 Jahre später kann ich das über Doisy Védrines 2001, nunmehr genau 20-jährig, Gesagte nur wörtlich wiederholen: ein grandioser Sauternes!
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bordeauxschwalbe

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSo 26. Dez 2021, 17:14

port_ellen hat geschrieben:
ich habe mir den 1989er phelan ségur zurechtgelegt, evtl. auch den 2003.
2001 hab ich nicht, aber deine notiz macht spass und lust auf gereifte bdx.



wir hatten den phélan 03 am 24.12. zusammen mit poujeax und lafon rochet 03.
ich war überrascht wie unnahbar und verschlossen alle 3 waren. der poujeaux hat wenigstens am nächsten tag was hergezeigt. ich würde also warten (aus kühlem keller).
lg aus wien,
philipp

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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux 2001

BeitragSo 26. Dez 2021, 17:42

Die Hoffnung stirbt zuletzt....
Der Phelan 03 war bei der Arrivage vom 08er auf der Pro Wein in 2011 eigentlich schon durch.
Harsch, unharmonisch und austrocknend mittlerweile..... das kann mann auch als Verschlussphase interpretieren....muss man aber nicht.
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