Vor kurzem im Glas:
Chateau Gruaud Larose 1986. Der Füllstand der Flasche war
ts, was mich ein wenig beunruhigte - glücklicherweise völlig unnötig.
Schon die Farbe überrascht - im Kern fast schwarz mit schmalem dunkelroten Rand ohne jegliche Brauntöne; in etwa das, was ich von einem 6 oder 7 Jahre alten Bordeaux erwarten würde.
Die Nase ist ein separates Kapitel wert: da ist zunächst einmal die für Gruaud aus den 80ern so ungemein typische, warme Kuhstall-Note (das hört sich negativ an, ist es aber absolut nicht), darauf folgt Aromenwelle auf Aromenwelle: alle möglichen Arten schwarzer Früchte, Teer, Tapenade, Assam-Tee, Tabak - Faszination pur.
Im Gaumen trotz lediglich 12,5%Vol. ein absolutes Powerteil, schiebt mächtig an, immer noch jugendliche Tanninstruktur; enorm vielschichtig; wirkt dabei kein bisschen poliert, sondern in gewissem Sinne rustikal, aber das in ziemlicher Perfektion. Sehr langer, kräftiger Abgang. Nach 24 Stunden in der Karaffe nicht wesentlich verändert, immer noch jugendlich.
Ein eigentlich fast unglaubliches Phänomen: ein 25 Jahre alter Wein, der gerade erst am Anfang seiner Trinkreife angekommen ist und vermutlich noch Jahrzehnte durchhalten wird. Werden solche Weine heute noch hergestellt, hier und anderswo? Und falls ja: war es eine gute Idee, mit Mitte 50 noch 2010er vom gleichen Erzeuger zu subsen?
Parker hat dem Wein bei einer Verkostung im Jahr 2003 96 Punkte gegeben und liegt damit für mich ziemlich richtig. Angesichts der rustikalen Perfektion würde ich vielleicht noch ein Pünktchen drauflegen. Auch wenn das Jahr noch jung ist - der ist schon für meine persönliche Hitliste 2012 gebucht.
Gruß
Ulli