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Bordeaux 2023

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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UlliB

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Re: Bordeaux 2023

BeitragDo 2. Mai 2024, 15:34

Trotte Vieille ist im Handel, zu 78,30 €. Der 2022er lag bei 86 €, der Abschlag beträgt hier also gerade einmal 9 %. Die haben da letztes Jahr einen neuen Keller in Betrieb genommen, der muss jetzt natürlich abbezahlt werden 8-)

Die Cuvée ist für einen St. Emilion recht ungewöhnlich: 53% CF, 44% M, 3% CS.

Gruß
Ulli
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la-vita

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Re: Bordeaux 2023

BeitragDo 2. Mai 2024, 21:13

Hier nochmal Gedanken von Thorsten Görke vom Weinhandel Bürgerheim (https://www.derweinhandel.de/ueberuns.php) in Essen:

"Bordeaux Jahrgang 2023 – dont belive the hype
April 2024 – von Torsten Görke

Liebe Weinfreunde,
gerade frisch aus Bordeaux zurück habe ich eine Woche mit sogenannten "en primeur" Verkostungen hinter mir. Ich nehme seit 2007, also dem 2006er Jahrgang an der en primeur Woche teil und beschränke mich seit vielen Jahren ausschließlich auf die Weine, die sich wirklich lohnen en primeur zu kaufen.
Als interessierter Weinliebhaber werden Sie über Mails, Kataloge und Social media wahrscheinlich mit Tipps und Empfehlungen, unbedingt 2023 zu kaufen, überhäuft. Ich rate Ihnen alles eher vorsichtig zu prüfen, es ist nicht alles Gold was glänzt.

Die en primeur oder zu deutsch Subskriptionsverkäufe sind der Verkauf des Jahrgangs 2023 im Faß, also Vorverkauf. Sie ordern und bezahlen die Weine jetzt und bekommen die Lieferung Ende 2026. Somit ist der en primeur Verkauf ein riesen Geschäft für
die Chateaus, sie bekommen ihr Geld 18 Monate Vorkasse
die Bordelaiser Negoce (Großhändler), die in dieser Zeit ihre größten Umsätze tätigen
die deutschen Händler, denn die durchschnittliche Rechnung pro Kunde ist deutlich höher
Der Vorteil für Sie als Kunde ist, die Weine im Vorverkauf zu deutlich besseren Preisen zu erwerben. Das war auch Jahr für Jahr kontinuierlich der Fall ……………. bis 2008.

Ab 2009 gab es nur wenige Jahre, in denen es sich insgesamt gelohnt hat en primeur zu kaufen. Zum Beispiel 2012, 2015, teilweise 2016 und 2019. In allen restlichen Jahren konnte man die Weine auch 2-5 Jahre später zum gleichen Preis kaufen. Speziell die letzten 3 Jahre, also 2020-2022 haben gezeigt, dass sich der en primeur Kauf nicht wirklich gelohnt hat.

Wie ist nun der 2023er Jahrgang?
2023 ist für mich ein guter bis sehr guter aber kein großer Jahrgang.
Das Jahr war kein einfaches für die Chateaus, viel Regen im Frühjahr, danach viel Hitze aber weniger Sonne, ein etwas kühlerer Juni, dann im Juli viel Feuchtigkeit und relativ viel falscher Mehltau, eine Pilzkrankheit, die Blätter und Trauben befällt, in 2023 speziell den Merlot. Danach im August eine extreme Hitzewelle.Noch vor 20 Jahren wäre das ein schwieriges Jahr gewesen, aber die Technik und das Wissen um die Reben und Weinberge ist in den letzten Jahren so vorangeschritten, dass es eigentlich keine wirklich schlechten Jahre mehr gibt.

Die Weine hatten eine sehr schöne Tanninstruktur, reife und kompakte Tannine, sehr präsent, die sich aber sehr gut integrieren werden. Die guten Weine hatten eine klare pure Frucht, eine gut eingebundene Säure und eine sehr trinkige Frische.Es gab auch einige Ausfälle, für mich deutlich mehr wie 2022. Man kann bei 2023 nicht pauschal zuschlagen.In meinem Ranking ordne ich den 2023er im Mittefeld ein. Mein Ranking aus Sicht der en primeur Verkostung der letzten Jahre:

1. 2010 9. 2023
2. 2016 10. 2012
3. 2019 11. 2017
4. 2009 12. 2014
5. 2020 13. 2011
6. 2018 14. 2021
7. 2015 15. 2013
8. 2022

Die Bewertungen der meisten Journalisten kann ich nicht nachvollziehen, für mich sind die viel zu hoch gegriffen. Allen voran James Suckling , der an die 100 Weine mit 95 und mehr Punkten hat. Die für mich realistische Einschätzung kommt vom Wine Advocat, die mit Dr. William Kelly einen würdigen Nachfolger von Robert Parker gefunden haben, der ständige Wechsel der letzten Jahre erinnerte mehr an die Trainersuche bei den Bayern. Kelly/Parker hat ca 30 Weine mit 95 und mehr Punkten, da kann ich mich anschließen.

Lohnt sich der Kauf en primeur?
Für mich nur bedingt. Die Euphorie meiner Händlerkollegen kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin Weinhändler und ich verkaufe Ihnen gern Wein, jedoch ist unsere Philosophie auch objektiv zu beraten und nicht auf Teufel komm raus zu verkaufen. Spannend wird es beim Preis, es wurde angekündigt, dass die Preise auf das Niveau der 2019er sinken werden. Seit Montag sind schon die ersten 30 Weine rausgekommen, aber nur teilweise auf dem Niveau der 2019er. Ein weiterer Grund nicht pauschal alles zu kaufen.

Deshalb ist es meiner Meinung nach wichtig gerade jetzt den Bordeaux Markt im Detail zu durchleuchten:
Die Vertriebsstruktur in Bordeaux ist weltweit einzigartig und zur Zeit der Klassifizierung entstanden, also vor ca 150 Jahren. Damals gehörte ein Großteil der Chateaus dem Adel und dieser machte sich die Hände nicht mit verkaufen schmutzig. Das überließ man den Courtiers, die die Ernte auf verschiedene Negoce, also Großhändler allokierten, also aufteilten. Bis vor 15 Jahren gab es 50-90 Negoce, heute 300.

Die letzten en primeur Kampagnen, speziell 2021 und 2022, sind gefloppt, d.h. es haben sich nur noch 25-30 starke Marken wie Lafite Rotschild oder Pichon Comtesse verkauft. Somit hat ein Großteil der kleineren Weingüter, teilweise auch Grand Cru Classes, nicht mehr wie sonst üblich 80 % Ihrer Ernte über en primeur verkauft, sondern nur noch ca 20-30 %. Das wird mehr und mehr dazu führen, dass die Chateaus nicht mehr nur über Negoce verkaufen sondern auch an Händler wie mich direkt. Das spart natürlich einen Margenschritt.

Zusätzlich haben die Negoce in Bordeaux Ihre Zuteilungen komplett wahrgenommen, aber die kleineren Weine nicht verkauft. Somit liegen Millionen von Flaschen immer noch in Bordeaux. Diese werden zu sehr guten Preisen auf den Markt kommen. Somit besteht nicht unbedingt der Druck für Sie als Kunde en primeur zu kaufen.

Beachten Sie auch, dass der 2023er Jahrgang in ca 15 Jahren gut trinkbar sein wird. Ich werde dieses Jahr 60 und lege mir keine Weine mehr hin, die ich frühestens mit 75 trinken kann. Ich lese einige Einschätzungen, man könne den 2023er in 6-8 Jahren trinken, diese Einschätzung teile ich nicht. Der für mich zurzeit erste schön trinkbare Jahrgang ist 2012, also 12 Jahre alt.

In Deutschland gibt es darüber hinaus eine besondere Situation:
Die Generation der heute 75-jährigen und älteren Weinsammler hat über die letzten 30 Jahre viel zu viel gesammelt und zu wenig getrunken. Zurzeit kommen große Mengen gereifter Bordeaux zu fairen Preisen auf den Markt, teilweise deutlich unter den aktuellen en primeur Preisen.

Zusammenfassend meine Tipps für den 2023er Jahrgang:
schlagen Sie selektiv zu, Preis und Qualität müssen stimmen. Bei den Bewertungen am Ehesten Parker folgen.
prüfen Sie für sich selbst, ob das Trinkfenster 2040 für Sie passt.
bei kleineren Weinen besteht nicht der Druck en primeur zu kaufen, es sein denn, Sie möchten Großflaschen. Ansonsten keine Sorge, es kommen immer wieder gute Angebote.
wenn Sie langfristig in Wein investieren möchten bieten sich 2023 einige gute Gelegenheiten.
Wenn Sie an einer Subspriktion des Jahrgangs 2023 interessiert sind, die kompletten Bewertungen der Journalisten einsehen möchten und einige persönliche Kauftipps erhalten wollen, schreiben Sie uns an. Einzelne Kaufempfehlungen werden wir Ihnen in den nächsten Tagen auch punktuell über unseren Newsletter anbieten.

Herzlichst,
Ihr Torsten Görke"
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2023

BeitragDo 2. Mai 2024, 21:39

Vielen Dank für diesen Bericht, ich sehe mich in meiner Vorsicht bestätigt, bisher nichts gekauft zu haben.
Selektiv kommt vielleicht etwas in Frage, aber auf breiter Front wie noch 2019 und 2020, kommt da sicher nicht in Frage.
Das viele Chateau, gerade aus der Mittelklasse, in 2021 und 2022 gerade mal 25-30% ihrer Weine en primeur abgesetzt haben, ist schon überraschend und ein Indiz für die herrschenden Problematik, für den Endverbraucher könnte es in Zukunft doch wieder erschwinglicher werden, da wäre es schon ein Fehler, in der Sub 2023 auf breiter Front zuzuschlagen.

Gruß Heiko
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Bradetti

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 08:28

Ich halte mich zu 2023 auch zurück. 2022 hatte ich en primeur auch nur noch sehr selektiv gekauft. Am meisten (für meine Verhältnisse...) gekauft hab ich 2019, und ich staune, dass da auch noch so viel am Markt verfügbar ist.
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 08:45

Verfügbarkeit ist ja das eine, die aufgerufenen Preise das andere, gerade aus 2019, aber selektive Wahl ist schon richtig.
Mal schauen was heute so rauskommt.
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UlliB

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 09:00

Sauternes hat geschrieben:Mal schauen was heute so rauskommt.
Laut Release-Kalender Talbot und La Lagune, beides Weine, die man nicht subskribieren muss, die wird man auch später noch zum selben Preis bekommen. Talbot ist auch schon im Handel, es gibt Angebote zu 50 € EVP, das sieht immerhin nach einem sehr anständigen Abschlag gegenüber dem 22er aus.

Gruß
Ulli
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Dominik Mueller

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 09:10

la-vita hat geschrieben:Hier nochmal Gedanken von Thorsten Görke vom Weinhandel Bürgerheim...

Danke für den differenzierten Kommentar von Herrn Görke. Zwar reicht meine eigene Subs-Erfahrung nicht so weit zurück, aber für die Jahre seit 2020 kann ich bestätigen, dass die Subs für mich nicht nötig gewesen wäre. Ausnahme wie immer Sonderformate, aber dazu hatte ich an anderer Stelle schon geschrieben. Entsprechend halte ich mich 2023 diszipliniert zurück, hatte ich eigentlich 2022 auch schon vorgehabt ;)
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UlliB

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 09:37

Nachtrag zu Talbot: 36 € ex nego, minus 25 % auf 2022. Etwas teurer als der 19er ep (33,60 €).

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 10:18

La Lagune, 25,50 € ex nego, ebenfalls minus 25 % auf 2022. Auch hier etwas teurer als 2019 ep (24 €). Im Handel zu 35,50 €.

Gruß
Ulli
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2023

BeitragFr 3. Mai 2024, 12:36

la-vita hat geschrieben:Hier nochmal Gedanken von Thorsten Görke vom Weinhandel Bürgerheim (https://www.derweinhandel.de/ueberuns.php) in Essen:

"Bordeaux Jahrgang 2023 – dont belive the hype
April 2024 – von Torsten Görke
(...)
Mein Ranking aus Sicht der en primeur Verkostung der letzten Jahre:
1. 2010 9. 2023
2. 2016 10. 2012
3. 2019 11. 2017
4. 2009 12. 2014
5. 2020 13. 2011
6. 2018 14. 2021
7. 2015 15. 2013
8. 2022

Die Bewertungen der meisten Journalisten kann ich nicht nachvollziehen, für mich sind die viel zu hoch gegriffen. Allen voran James Suckling , der an die 100 Weine mit 95 und mehr Punkten hat. Die für mich realistische Einschätzung kommt vom Wine Advocat, die mit Dr. William Kelly einen würdigen Nachfolger von Robert Parker gefunden haben, der ständige Wechsel der letzten Jahre erinnerte mehr an die Trainersuche bei den Bayern. Kelly/Parker hat ca 30 Weine mit 95 und mehr Punkten, da kann ich mich anschließen.
(...)
Herzlichst,
Ihr Torsten Görke"


Interessant. Anfang (1-3) und Schluss (13-15) der obigen Rangliste sind m.E. nicht so überraschend. Eher überraschen mag, dass die gehypten Jahrgänge 2020 und 2022 eher mäßig abschneiden (in denen die Exzesse einiger Profi-Verkoster, nicht nur JS (!), besonders Blüten getrieben haben) und dass 2012 (direkt hinter 2023!) vor 2017 und 2014 figurieren...
Gruß
Jean
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