Winzersekt

Ich fand ihn in der Zeit nicht deutlich verändert. Minimal verbundener vielleicht.

Ich werd' mir wohl gleich noch einen Schluck holen...

So wir haben gerade nach ca. 4½ Stunden den Rest hiegemacht...

Ich würde dem Wein eine deutliche, nicht unbedingt dramatische Entwicklung bescheinigen: Er wirkt auf mich jetzt tatsächlich verbundener, also weniger in Einzelteilen. Er hat auch eine deutlichere kräuterwürzige Note entwickelt. Leider geht diese auch mit einer ebenso deutlicheren Herbe einher. Charmanter ist er dadurch nicht geworden; im Gegenteil.

Ich verstehe, wenn der Wein seine Freunde findet, aber mich holt er nicht ab, obwohl er auf akademische Weise interessant ist.

Ich hatte gerade die Cuvee 203 von Christmann und Kaufmann noch einmal im Glas. Der Sekt ist echt ein Faszinosum. Wieder diese unglaubliche Entwicklung mit Luft. Das ist ein großartiger Sekt, der beim ersten Glas vermeintlich gemessen am Preis und den Namen hinter dem Wein etwas enttäuschen mag, dann aber kaum nachvollziehbar zu sich findet, ernst und ausdrucksstark wird, aber immer kultiviert bleibt und nie vordergründig überwältigen will.

Wobei ich keine Lust hätte, einen Sekt so lange zu lüften.

Carsten, ich weiß nicht, ob es die Luft oder einfach die Eintrinkzeit oder der zunehmende Rausch ist, die für diese Wandlung verantwortlich sind - letztlich ist es halt einfach nur Wahrnehmung und nicht "der Wein" - aber charakterlich gefiel mir der Sekt wieder zu Beginn nur bedingt, schließlich aber sehr, ja, ich war wieder hin und weg. Der Sekt bereichert die deutsche Sektlandschaft ungemein. Vielleicht kannst du ihn ja mal probieren, möglicherweise auch in deiner Runde mit Kle und im Vergleich mit anderen Schaumweinen. Würde mich sehr interessieren, was ihr so denkt...

Zum Vergleich, weil ich einfach einen Referenzpunkt wollte, habe ich noch den jüngsten Blanc de Noirs von BurkhardtSchür aus 2018 aufgemacht (Pinot Noir, Chardonnay, Pinot Meunier), der sicherlich ein richtig guter Sekt ist (88-89 P von mir), der aber in seiner konventionellen Art belanglos wirkte und von der Cuvee 203 regelrecht deklassiert erschien.

toll, dass sich Dein Erlebnis wiederholt hat, Michl! Karstens und Deine Beschreibungen wirken so lebensecht— bin sehr gespannt, wohin ich tendiere.
Ps: mit "überkandidelt" meinte ich übrigens nicht Deine Sinneswahrnehmung, sondern das Phänomen - wie ich es zumindest ab und zu beobachte- dass Weine, die über einen langen Zeitraum eingeschenkt wurden, in eigenwillige Richtungen gehen, die sich später kaum mehr mit ihnen verbinden lassen. Klar ist da auch nicht klar, was für was verantwortlich ist und du bringst mich dazu, im Gegensatz zu dir zu behaupten: Wein IST Wahrnehmung.

Konstantin Baum hat vor kurzem auch einen kleinen Überblick über deutschen Sekt abgeliefert, wer es noch nicht kennt: https://www.youtube.com/watch?v=qTNqccFZFkw

Interessant zu sehen, dass es mit euren Erfahrungen hier eine große Übereinstimmung gibt.
Rebholz vorne mit dabei, Kaufmann gemischt und Raumland hätte ich stärker erwartet.
Wie immer sehr unterhaltsam!

Christmann & Kauffmann gemischt? Man könnte auch sagen: geteilter letzter.
Raumland und Rebholz als heißeste Champagnerkandidaten.
Und rein zufällig am Ende der Champagner klar vorne.

Damit keine Verwirrung aufkommt: Ich unterstelle ihm keineswegs, daß er zugunsten des Champagners manipuliert hätte. Ich könnte mir aber vorstellen, daß er seinen Gaumen eher auf Champagner als auf Sekt trainiert hat.

Insgesamt habe ich ihn selten so unsicher und danebenliegend erlebt, und ich folge ihm schon eine Weile. Und die Raumland-Bewertung schien ihm geradezu peinlich. Auch die kleine Varianz über alle Bewertungen scheint mir von Unsicherheit zu zeugen. Trotzdem interessant.

Gestern hatte ich den neuen Chardonnay Réserve Brut von Raumland aus 2014 im Glas. Nach dem Öffnen war ich ziemlich enttäuscht. Aus Unsicherheit habe ich dann noch den 13er aufgemacht und tatsächlich kommt der 14er nicht an diesen Sekt heran. Die leicht unsauberen Noten haben sich am zweiten Tag zum Glück verflüchtigt oder "integriert", er bleibt jedoch vergleichsweise ein gedeckter und deutlich weniger animierender Sekt. Unverständlich bleibt für mich, warum man ihn höher dosierte als den 13er, vielleicht wollte man etwas "ausgleichen".

Erfrischend ehrlich ist jedoch, wie wenig die Familie Raumland auf ihrer homepage den 14er-Jahrgang zu beschönigen versucht. Für das Geld bleibt der 14er jedoch für mich eine einmalige Erfahrung.

Interessant ist jedoch, dass der neueste Vinum-Führer diesem Wein 94 P gab und als einen der besten Sekte des Jahres bezeichnete. Der 13er bekam 2 Punkte weniger... aber im Führer wird auch Thomas Anders (ja, der von Modern Talking) als Weinpersönlichkeit des Jahres ausgezeichnet

Naja, wenn es ein Jahrgangsproblem ist, wird es die anderen Winzer ja auch betroffen haben, und die "Hackordnung" bleibt bestehen - jedenfalls in erster Näherung.

Aber danke für die Jahrgangswarnung; ich werde mich dann etwas vorsichtiger nähern...

Naja, wenn es ein Jahrgangsproblem ist, wird es die anderen Winzer ja auch betroffen haben, und die "Hackordnung" bleibt bestehen - jedenfalls in erster Näherung..

Nein, im Führer werden ja nicht nur 14er verglichen, sondern alle Sekte die jetzt auf den Markt kamen, die Raumland Reserve lag 90 Mon auf der Hefe und ist damit einer der ältesten Sekte...

Nein, im Führer werden ja nicht nur 14er verglichen, sondern alle Sekte die jetzt auf den Markt kamen

Achso? Ok, kann man so machen.