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VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

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EThC

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 15:22

Georg R. hat geschrieben:Mich verwundert es ebenfalls, warum am Schlossberg keine 1.Lagen ausgewiesen wurden.
Am Winklerberg war es möglich, ebenfalls am Burkheimer Feuerberg und die berühmte Bassgeige aus Oberbergen ist ebenso klassifiziert.

Ist die Lage ev. derart zersplittet, dass eine vernünftige oder einvernehmliche Einteilung nicht möglich war?
(Michel selbst besitzt über 70 Parzellen)

...wie das jeweils zustande kommt bzw. "ausg'schnapst" wird, kann ich nicht sagen, aber anscheinend wird da mit den Eignern von Flächen in den Lagen auch entsprechend verhandelt bzw. werden diese zumindest angehört. Bevor Michel zum VDP kam, hatten nur Dr. Heger und Franz Keller Parzellen dort. Dennoch wurde fast die gesamte Lage zur GL erklärt. Bei der Baßgeige ist es eher umgekehrt, da ist der größte Teil EL, nur zwei kleine Ecken sind als GL klassifiziert. Und am Winklerberg ist die Zerfledderung in Große Lagen schon fast grotesk, die kleinste GL, die "Wanne" hat gerade mal 0,5 ha...
UlliB hat geschrieben:Ich habe es mehrfach erlebt, dass VDP-Winzer selber nicht mehr durchgestiegen sind, was sie nun auf ihre Flaschen schreiben dürfen und was nicht, und am Ende klar gegen Regeln verstoßen haben - was sie dann im Folgejahr korrigieren mussten.

Es gab ja auch einige Fälle, in denen die Winzer das Einweinprinzip so verstanden hatten, daß es jeweils für EL und GL getrennt gilt (ging mir übrigens in der Folge auch so) und dementsprechend aus einer Lage je Rebsorte beides vermarktet haben. Das wurde wohl auch eine Zeit lang geduldet. In der Folge werden ja zur Zeit auch einige Lagen umbenannt, z.B. am Randersackerer Sonnenstuhl heißt der GL-Teil jetzt bei den VDPlern "Hohenroth", den Lagennamen gibt's sonst gar nicht. In Escherndorf heißt die EL nach wie vor "Lump", die GL dagegen "Am Lumpen 1655".
Noch abstruser wird's z.B. in RP, vom Morstein (der ja immerhin gut 180 ha groß ist) sind nur ungefähr 25 ha als GL klassifiziert, ungefähr die Hälfte hat den Status einer Ersten Lage. Die wird aber mit den anderen Westofener Ersten Lagen zusammengemanschelt und ein Wein daraus heißt dann VDP-korrekt: "Westhofen aus VDP-Ersten Lagen", quasi ein Ortswein DeLuxe. Häää :?: :o :?
UlliB hat geschrieben:Der VDP redet nur von "klassifizierten Lagen". Zumindest vor Einführung der neuen "Ersten Lagen" mit zeitgleicher Umbenennung der vorhergehenden "Ersten Lagen" zu "Großen Lagen" gab es auch klassifizierte Lagen, die keine "Ersten Lagen" waren, und deren Name auf dem Etikett erscheinen durfte

Ich schätze mal (man beachte meine Wortwahl!), daß die Lagennennung erlaubt ist, wenn die Trauben aus Bereichen stammen, die in "VDP-Weinberg-Online" entsprechend als EL oder GL dargestellt sind. Alles andere (in grün dargestellt) sind für den VDP namenlose "Weinbauflächen"...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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UlliB

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 16:14

EThC hat geschrieben: In der Folge werden ja zur Zeit auch einige Lagen umbenannt, z.B. am Randersackerer Sonnenstuhl heißt der GL-Teil jetzt bei den VDPlern "Hohenroth", den Lagennamen gibt's sonst gar nicht. In Escherndorf heißt die EL nach wie vor "Lump", die GL dagegen "Am Lumpen 1655".

Ah ne, das ist ja nun wirklich ganz logisch... :twisted:

Der VDP hat vor ein paar Jahren eine Änderung im Weinrecht durchgesetzt, die erlaubt, dass (irgendwie) historisch belegbare Parzellennamen innerhalb einer weinrechtlichen Einzellage auf dem Etikett erscheinen dürfen. Das hat dem VDP dann ermöglicht, Einzellagen nach eigenem Gusto in Anteile zu zerlegen, die wahlweise VDP.Erste Lage oder VDP.Große Lage sind.

Dumm ist nur, dass die VDP-Regionalverbände dieses Konzept dann unterschiedlich umgesetzt haben.

Im VDP Franken gilt, dass der Name einer entsprechen untergliederten weinrechtlichen Einzellage für die VDP.Erste Lage verwendet wird, und die Namen von einzelnen Parzellen innerhalb dieser Lage dann als VDP.Große Lage ausgewiesen werden können. Beispiel Rödelsee: weinrechtliche Lage "Rödelseer Küchenmeister" --> VDP.Erste Lage "Rödelseer Küchenmeister"; Parzelle im Küchenmeister namens "Hoheleite" --> VDP.Große Lage "Hohenleite".

Im VDP Pfalz wird das Spiel aber genau anders herum gespielt. Beispiel Birkweiler: weinrechtliche Lage "Birkweiler Kastanienbusch" --> VDP.Große Lage "Kastanienbusch"; Parzelle im Kastanienbusch namens "Taschberg" --> VDP.Erste Lage "Birkweiler Taschberg".

Im VDP Mosel hat man sich um das Thema gleich gar nicht gekümmert, dort gibt es ganz einfach keine "Ersten Lagen", und es wird immer eine gesamte weinrechtliche Lage als VDP.Große Lage klassifiziert.

Alles sehr systematisch... :lol:

Gruß
Ulli
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amateur des vins

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 16:15

EThC hat geschrieben:Noch abstruser wird's z.B. in RP, vom Morstein (der ja immerhin gut 180 ha groß ist) sind nur ungefähr 25 ha als GL klassifiziert, ungefähr die Hälfte hat den Status einer Ersten Lage. Die wird aber mit den anderen Westofener Ersten Lagen zusammengemanschelt und ein Wein daraus heißt dann VDP-korrekt: "Westhofen aus VDP-Ersten Lagen", quasi ein Ortswein DeLuxe. Häää :?: :o :?
Echt? Wieder was gelernt. Wenn sie das mit dem Lagenverbrauch ernst nehmen würden, würde es für mich passen:

Clos de La Roche [Grand Cru] --- Morstein [GG]
Morey-Saint-Denis Premier Cru [Les Blanchards] --- Westhofen aus VDP-Ersten-Lagen ["Nicht-mehr-Morstein"]
Morey-Saint-Denis ("Village") --- Westhofen ("Ortswein")
Bourgogne --- "Rheinhessen" aka "Gutswein"

Wenn sie in der 2. Liga stattdessen "Westhofen Erstes Gewächs [Nicht-mehr-Morstein]" schreiben würden, wären sie ganz nah am Vorbild und müßten keine Verrenkungen machen. Aber welcher "2.-Liga-Winzer" möchte schon freiwillig auf die Gratiswerbung "Morstein" verzichten? Ist halt blöd, wenn die Lagen zu groß werden. Hat jemand "Clos de Vougeot" gerufen? :mrgreen:

Hier sieht man schön den Unterschied zwischen Gesetzgeber und Verein...
Besten Gruß, Karsten
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niers_runner

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 16:26

Bei den restsüßen VDP Prädikatsweinen geht es auch ohne Lagenbezeichnung, das ist dann wohl der Ortswein plus Prädikat. Bei Kai Schätzel gibt es z.B. den Niersteiner Kabi, neben den Niersteiner Lagen Hipping und Pettenthal.
Vielleicht handelt es sich auch um einen Cuvée?

Beste Grüße

Peter
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(Voltaire)
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OsCor

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 18:54

Gerade weil wir bei Michel in diese Diskussion geraten sind, hat sich mir die Frage gestellt, ob der Schritt in den VDP sich (außer in einem eventuellen Renommézuwachs) überhaupt finanziell lohnt.

Gruß
Oswald
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Bernd Schulz

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 20:31

OsCor hat geschrieben:Gerade weil wir bei Michel in diese Diskussion geraten sind, hat sich mir die Frage gestellt, ob der Schritt in den VDP sich (außer in einem eventuellen Renommézuwachs) überhaupt finanziell lohnt.


Genau weiß ich es natürlich nicht, aber ich vermute schon, dass sich der Eintritt in den VDP für einen Betrieb wie Michel auf Dauer finanziell lohnt. Die Preisstruktur ändert sich in der Regel relativ deutlich, und schon zwei, drei Euro mehr pro Flasche machen schnell mal einen sechsstelligen Betrag per anno aus (mir liegen keine Informationen darüber vor, wie viele Pullen Michel aktuell produziert, aber vor etwa 10 Jahren waren es laut Gault Millau knappe 100000).

Insofern ziehe ich meinen Hut ganz besonders vor Winzern, die sich dem VDP trotz Antrag verweigern (Weingart!) oder gar aus dem Laden austreten (Trockene Schmitts, R & C Schneider). Hier scheint es sich um Menschen zu handeln, denen der finanzielle Aspekt in ihrem Beruf nicht alles bedeutet.

Herzliche Grüße

Bernd
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OsCor

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 20:49

Bernd Schulz hat geschrieben:Die Preisstruktur ändert sich in der Regel relativ deutlich, und schon zwei, drei Euro mehr…
…machen bei mir den Unterschied zwischen kaufen und nicht kaufen aus.
Ich habe zum Beispiel im Moment einen Grauburgunder eines Pächters meiner Frau im Glas, den ich nur deshalb gekauft habe, weil der Betrieb hauptsächlich vom (momentan zwangsgeschlossenen) Betrieb der Strauße lebt. Der Preis von 8 € für einen QbA-Wein eines mir hauptsächlich als Massenweinproduzenten (Masse nicht im Sinne von Menge sondern von Qualitätsniveau) bekannten Weingutes hat mich zunächst geschockt. Aber schon nach dem ersten Schluck war ich hellauf begeistert und - o Wunder - meine Frau auch. Es gibt offensichtlich bis zu meinem Lebensende noch so viel zu entdecken, was sich weit außerhalb des VDP bewegt, dass sich das Thema VDP als Synonym für den Kaufanreiz bei qualitativ hochwertigem Wein für mich erledigt hat.

Gruß
Oswald
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Bernd Schulz

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 21:00

OsCor hat geschrieben: Es gibt offensichtlich bis zu meinem Lebensende noch so viel zu entdecken, was sich weit außerhalb des VDP bewegt, dass sich das Thema VDP als Synonym für den Kaufanreiz bei qualitativ hochwertigem Wein für mich erledigt hat.


Ganz genau mein Reden schon seit längerem! :D

Aber viele hier ticken nun mal völlig anders. Die müssen unbedingt etliche Weine von Keller im Keller haben....oder von Van Volxem....oder Huber....

Mich interessieren diese Erzeuger bestenfalls am Rande - suum cuique!

Mit einem schönen Wein von Jochen Clemens (der Rest des großartigen Rieslings von Markus Müller wurde erst einmal für morgen auf Seite gestellt) im Glas grüßt herzlich

Bernd
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UlliB

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 21:15

Bernd Schulz hat geschrieben:
OsCor hat geschrieben:Gerade weil wir bei Michel in diese Diskussion geraten sind, hat sich mir die Frage gestellt, ob der Schritt in den VDP sich (außer in einem eventuellen Renommézuwachs) überhaupt finanziell lohnt.


Genau weiß ich es natürlich nicht, aber ich vermute schon, dass sich der Eintritt in den VDP für einen Betrieb wie Michel auf Dauer finanziell lohnt. Die Preisstruktur ändert sich in der Regel relativ deutlich, und schon zwei, drei Euro mehr pro Flasche machen schnell mal einen sechsstelligen Betrag per anno aus [...]

Es ist ja nicht damit getan, einfach mal die Preise zu erhöhen, weil man plötzlich Mitglied im VDP ist - man muss die Weine ja auch zu dem Preis verkaufen. Ob das Image des VDP ausreicht, um Bestandskunden zu überzeugen, deutlich mehr für die qualitativ ja nicht verbesserten Weine zu bezahlen, erscheint mir doch sehr fraglich. Und ob das VDP-Schild am Haus nun sehr viel solvente Neukunden anlockt, weiß ich auch nicht. Insofern finde ich die Frage schon berechtigt, und ich habe sie mir auch schon öfter gestellt.

Was wahrscheinlich im Verkauf nützt, sind die professionell organisierten großen Präsentationen des VDP. Und im Export öffnet der VDP Türen, die sonst verschlossen bleiben. Aber Export heißt bei Deutschen Weinen eigentlich immer nur: Riesling. Ob dort irgend ein kommerziell wirklich relevantes Interesse an Badischen Burgundern besteht, weiß ich nicht; es erscheint mir aber eher unwahrscheinlich.

Irgendwie glaube ich, dass es da mehr um das Image als um das Betriebsergebnis geht... mein Eindruck ist jedenfalls nicht, dass es VDP-Winzern wirtschaftlich grundsätzlich besser geht als denen, die da nicht im Verein sind. Aber wirklich wissen tue ich das natürlich nicht, in die Bücher hat mich noch keiner schauen lassen ;)

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: VDP-Klassifikation - Sinn und Unsinn

BeitragFr 17. Apr 2020, 21:32

UlliB hat geschrieben:Es ist ja nicht damit getan, einfach mal die Preise zu erhöhen, weil man plötzlich Mitglied im VDP ist - man muss die Weine ja auch zu dem Preis verkaufen. Ob das Image des VDP ausreicht, um Bestandskunden zu überzeugen, deutlich mehr für die qualitativ ja nicht verbesserten Weine zu bezahlen, erscheint mir doch sehr fraglich.


In der Regel läuft es ja nicht darauf hinaus, dass frischgebackene VDPler die Preise von einem Jahr auf das andere drastisch erhöhen. Dass sie damit einen Teil ihrer Stammkundschaft dauerhaft vergraulen könnten, wissen die betreffenden Weingüter schon. Infolgedessen finden die mit der VDP-Neumitgliedschaft verbundenen Preiserhöhungen relativ schleichend statt, aber sie finden trotzdem in einer anderen als sonst zu erwartenden Form statt. Jedenfalls ist das erst einmal meine Wahrnehmung....

Herzliche Grüße

Bernd
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