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Weinrallye #92 - Farbe bekennen

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Gerald

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Weinrallye #92 - Farbe bekennen

BeitragFr 27. Nov 2015, 08:13

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Das Motto der Weinrallye des Monates November lautet „Farbe bekennen“, Veranstalter ist der Blog Hauptsache Wein von Christin Jordan. Das Thema ist – vermute ich einmal – eher im übertragenen Sinne gemeint. Gerade jetzt gibt es ja genügend Themen von trauriger Aktualität, wo es unter den Fingernägeln brennt, seine Meinung dazu kundzutun.

Aber eigentlich könnte man das Thema auch durchaus wörtlich verstehen, gerade im Bezug auf Wein.

Was bedeutet die Farbe eines Weins eigentlich für uns?

Die gängigen Bewertungssysteme nehmen immer auch Bezug auf das Aussehen des Weins, vor allem die Farbe, auch wenn dieser Faktor nur zu einem geringen Teil in die Gesamtbewertung einfließt. Davon abgesehen wird es überhaupt nur selten zu einer Abwertung durch die Farbe kommen, denn ob ein Wein jetzt groß ist oder ein einfachster Tropfen, wird man wohl nur sehr selten an der Farbe erkennen können.

Die meisten von uns können sich an die legendäre Szene in Louis de Funès meisterhafter Komödie „Brust oder Keule“ erinnern, wo der Hauptdarsteller als Charles Duchemin aufgrund eines plötzlichen Verlustes von Geruchs- und Geschmackssinn einen berühmten Bordeaux allein durch seinen optischen Eindruck erkennt. Leider dürfte diese Szene aber in der Realität kaum nachzuvollziehen sein.

https://www.youtube.com/watch?v=NxxseFSK45Q

Zumindest für uns Menschen, da unser Sehsinn ja von der Natur für ganz andere Zwecke vorgesehen ist und daher geringfügige Farbnuancen eher schwer unterscheiden kann. In der Vergangenheit war es vermutlich wichtiger, eine Jagdbeute oder eine essbare Frucht schon von fern zu erkennen (oder im umgekehrten Sinn einen sich nähernden Säbelzahntiger), bei Früchten musste man aber optisch nur zwischen nahrhaft, ungenießbar oder sogar giftig differenzieren. Ob dieser Granatapfel jetzt Durchschnittsqualität oder doch ein „Grand Cru“ Granatapfel war, dem der Ur-Ur-…..-Urahn von Robert Parker in 235. Generation schon damals glatte 100 Punkte gegeben hätte (falls sein Zahlensystem diese Zahl überhaupt enthalten hat)? Nun, für das nackte Überleben dürfte eine solche Erkenntnis keine allzu große Bedeutung gehabt haben.

Aber zurück zum Wein. Auch wenn die Farbe selbst – wie wir gerade festgestellt haben – nicht immer der beste Indikator für die Weinqualität ist, so gibt sie uns aber doch in vielen Fällen Hinweise auf den Reifefortschritt, ganz besonders bei Weißweinen, deren Farbe sich im Rahmen der Reifung von (meist) einem sehr hellen Gelb oder Gelbgrün im Lauf der Zeit in ein tiefes Dunkelgelb bis Braun verwandelt. Man könnte also, ohne die Flasche zu öffnen, allein durch die Farbe den Reifezustand eines Weißweins einigermaßen zuverlässig abschätzen.

Ja, man könnte, hätten die meisten Weingüter nicht die spaßige Angewohnheit entwickelt, ihre Weine in dunkelgrüne Flaschen zu füllen, sodass die Farbe nicht mehr so leicht zu erkennen ist. Das hat sicherlich gute Gründe, zum Beispiel um unerwünschte Veränderungen durch eindringendes Tageslicht durch die dunkle Flasche zu verhindern oder zumindest stark abzuschwächen. Aber für die Frage nach dem Reifezustand ist die dunkle Flasche eindeutig ein Hindernis.

Doch wenn das menschliche Auge sich hier schwertut, vielleicht kann uns moderne Technik bei dieser Aufgabe helfen. In der analytischen Chemie werden schon seit langer Zeit sogenannte Spektralphotometer eingesetzt, die in der Lage sind zu messen, wie viel Licht von einer Probe (z.B. einer Flüssigkeit) verschluckt wird – und das noch dazu bei verschiedenen Wellenlängen. Wenn die Probe je nach Wellenlänge (entsprechend einer Farbe des Regenbogens) unterschiedlich stark das Licht absorbiert, sieht sie für uns gefärbt aus.

Mit einem solchen Spektralphotometer könnten wir durch eine grüne Flasche messen, wie viel Licht absorbiert wird. Und wenn wir die zur Messung verwendete Wellenlänge (Lichtfarbe) geschickt wählen oder am besten mehrere Messungen bei unterschiedlichen Wellenlängen vornehmen, kann man bestimmt auch durch grün gefärbtes Glas messen, ob der Wein hell oder schon dunkelfarbig ist.

Leider werden Spektralphotometer – obwohl eigentlich nicht allzu aufwändig aufgebaut – wie fast alle Laborgeräte nur in geringen Stückzahlen hergestellt und sind daher im Vergleich zu technisch komplexeren Konsumprodukten wie Smartphones oder Digitalkameras sehr teuer, die Preise liegen meistens im vierstelligen Euro-Bereich. Für unsere Zwecke also wohl ein bisschen zu teuer.

Aber ein sehr einfaches Spektralphotometer ist für einigermaßen geschickte Elektronik-Bastler durchaus für wenig Geld herstellbar, indem man statt der teuren optischen Bauteile, um die Wellenlänge des Lichts einstellbar zu machen (Monochromator), einfach kostengünstige Leuchtdioden einsetzt, die es inzwischen in vielen unterschiedlichen Farben gibt. Damit kann man natürlich nicht jede beliebige Wellenlänge wählen, sondern muss sich für eine der Leuchtdioden entscheiden. Bei z.B. 6 verschiedenen Farben (nahes Infrarot, rot, orange, gelb, grün, blau) hat man aber schon eine gewisse Auswahl, die für viele Anwendungen ausreichen dürfte.

Auf der entgegengesetzten Seite benötigt man einen Sensor, der die Intensität des Lichts misst, das die Probe (z.B. unsere Weinflasche) durchstrahlt hat. Hierfür eignen sich kostengünstige Fotodioden (vom Bauprinzip einer Solarzelle ähnlich).

Fehlt nur noch die Elektronik, um die Leuchtdioden zu steuern und die von der Fotodiode gemessene Lichtintensität auszuwerten. Hierbei hat sich in den letzten Jahren glücklicherweise viel getan, es gibt nun verschiedenste preiswerte Kleinstcomputer, die man selbst programmieren kann und die auch die entsprechenden Anschlüsse für solche Mess- und Steuerungsaufgaben haben. Die größte Verbreitung dürften zur Zeit der Raspberry Pi sowie die Arduino-Geräte haben.

Ich persönlich würde mich für diese Aufgabe für einen Raspberry Pi entscheiden, da er eigentlich schon alle notwendigen Komponenten eines „großen“ Computers (Desktop oder Laptop) hat, nur natürlich in nicht so leistungsfähiger Ausführung. Tastatur, Maus und Bildschirm kann man direkt anschließen und auch die Einbindung in ein Netzwerk bzw. das Internet ist problemlos möglich.

Anders als die großen „Verwandten“ ist er aber auch mit einer ausreichenden Zahl digitaler Anschlüsse ausgestattet, über die wir die Leuchtdioden ansteuern bzw. das Signal der Fotodiode messen können. Die Programmierung ist auch recht einfach, da es für die Steueraufgaben fertige Bibliotheken bzw. Funktionen gibt, die über verschiedenen Programmiersprachen (z.B. C/C++ oder aber Python) angesprochen werden können.

Ich würde das Projekt in etwa folgendermaßen realisieren (siehe Schaltbild): die verschiedenen Leuchtdioden (z.B. rot, grün und blau) werden einzeln über entsprechende Digitalausgänge ein- oder ausgeschaltet. Auf der anderen Seite befindet sich unsere Fotodiode, deren Strom (sehr gering, aber proportional zur einfallenden Lichtstärke) durch einen Operationsverstärker in ein passendes Spannungssignal verstärkt und von einem Analog-Digital-Wandler (hier: MCP3204 - 12 bit, SPI-Interface) in ein serielles Signal umgewandelt wird, das wir dann direkt über die entsprechenden Eingänge des Raspberry Pi einlesen können.

RPiFotometer.jpg

Das Betriebsprogramm würde sinnvollerweise im schnellen Takt die verschiedenen Leuchtdioden ein- und ausschalten (immer nur eine aktiv) und dann das Lichtsignal auf der anderen Seite der Probe (Weinflasche) messen. Man müsste das System kalibrieren (möglichst gleichartige Weinflasche, aber mit Wasser gefüllt) und den Unterschied zur tatsächlichen Probe messen. Wenn man davon ausgeht, dass gereifter Weißwein vor allem dunkelgelb bis braun ist, sollte der größte Unterschied sich in der Komplementärfarbe – also blau – zeigen.

Natürlich muss man das gesamte System vom Tageslicht abschirmen, zum Beispiel indem man Leuchtdioden und Fotodiode im unteren Teil einer lichtundurchlässigen Box platziert, in die man die Weinflasche hineinstellt. Den Einfluss von Streulicht könnte man rechnerisch entfernen, indem man auch eine Phase programmiert, in der gar keine Leuchtdiode aktiv ist und das zu diesem Zeitpunkt gemessene Lichtsignal von allen anderen Werten abzieht.

Wohlgemerkt, das Projekt ist derzeit noch nicht realisiert, ich kann daher leider auch noch nicht sagen, wie zuverlässig die Messung tatsächlich funktioniert. Vielleicht gibt es einmal in der inzwischen – nach einem ungewöhnlich warmen November - doch noch einsetzenden kalten Jahreszeit die Gelegenheit, das Projekt tatsächlich umzusetzen. Stay tuned, ich werde natürlich berichten …



Die Weinrallye ist ein derzeit monatlich stattfindendes Blogevent. Jeweils ein anderer Blog bestimmt ein Thema und ruft die Blogosphäre dazu auf, zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Sinn und Zweck einer Weinrallye sind einzig und alleine Spaß und Motivation, schöne Themen aufzuarbeiten. Bei der Weinrallye darf jeder mitmachen, egal ob Weinblogger oder nicht. Auch Nichtbloggern bieten die Gastgeber immer die Möglichkeit ihre Beiträge auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Auch hier im Weinforum kann man seine Beiträge einstellen.
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Re: Weinrallye #92 - Farbe bekennen

BeitragDi 1. Dez 2015, 08:37

Grüezi Gerald
Ein Novum bei der Weinrallye, ein technischer Beitrag, der – auch für einen Weinfreak – Sinn macht. Nur: in der technischen Konkretisierung – für mich – ein Buch mit sieben Siegeln. Zwar gedanklich nachvollziehbar, doch in der technischen Nomenklatur ein Ding nur für Eingeweihte. Wäre schön, wenn ein geübter Bastler so ein „Farbenprüfer“ herstellen könnte, würde. Bis es soweit ist, muss ich mich halt auf mein Auge – auch nicht mehr das schärfste – verlassen und auf die Grünglasdurchsicht ganz verzichten.
Herzlich
Peter, der Sammlerfreak
:geek:

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