WR #82 - Wein 9

[thvins]

Wein 9 - Blindprobenpaket Spass

(hier werden dann mit dem Aufdecken die Angaben zum Wein 9 gemacht)

Bitte hier in diesem Thread Eure Eindrücke zum Wein 9 wiedergeben!

Geschichte zu Wein Nr. 9: Weinkeller

"Wie oft bist Du in den Weinkellern gestanden, wo berühmte Weine vom Traubensaft zu Wein mutierten. Wie oft hat man Dir erklärt, wie der Prozess verläuft und all die Geräte gezeigt, die dazu gebraucht werden; mit Stolz die Fasskeller (oft auch ganz kleine) präsentiert und die Philosophie des Ausbaus erklärt."
Muss man einen Wein immer erklären, ergründen. Kann er nicht einfach Spass machen. Die Farbe ist noch dunkler - im Kern fast schwarz. Die Aromen noch intensiver: Ich habe den Eindruck den gleichen Wein im Glas zu haben, doch mit einem gewaltigen Kraftschub. Keine neue Noten, eher ausgeprägtere Töne.
"Ich bin aus dem Priorat, merk Dir das. Vergiss all die Technik, die Du schon in Kellern gesehen hast. Vergiss die Mache, die den einen Wein wie den andern werden lässt. Spürst Du nicht meinen eigenen Charakter?"
Ich weiss nicht, ob dies Gewöhnung ist, der Wein ist gesprächig. Noch zeigt er eine gewisse Verschlossenheit, eine vornehme Zurückhaltung. Die Aromen konkretisieren sich: Feigen, Zwetschgen, Zimt, ja Zimt. Ich erinnere mich an all die vielen Weine, die immer (fast) gleich schmecken (ich denke da vor allem an Bordeaux), allzu oft (und immer häufiger) austauschbar sind und sich nur in den feinen Tönen und Ausprägungen, in den Nuancen, unterscheiden. Einheitslook.
"Zu unterscheiden, das das streb ich auch an, nicht nur in Nuancen. Ich versuche meinen Charakter - gescheite Leute sagen Terroir - in den Wein zu bringen. Spürst Du das nicht?"
Doch, doch es dämmert mir, ich beginne Unterschiede - formulierbare Unterschiede - festzustellen. All dies wird aber dominiert von einer, nur schwer zu fassenden Eigenschaft: Charakter. Charakter entsteht dort, wo nicht nur am Schluss gefeilt und getrimmt wird. Charakter entsteht dort, wo eine Auffassung gelebt wird.

Wein 9
Tag 1:
Das Bouquet ist eher verhalten, Kirsche, ein paar Kräuter, eine angenehme Würze. Im Mund zeigt er sich weich und mit einer sehr schönen Süße, ein wenig wärmt der Alkohol. Ein sehr harmonischer Wein, der Spaß macht, der Abgang gestaltet sich ein wenig bonbonartig, aber das stört nicht. 91 Punkte.
Tag 2:
Die Nase wird intensiver und feiner, Kirsche und Waldboden nehme ich wahr. Geschmacklich tritt eine kräftige Säure auf, dazu kommt ein vanilliger Ton, den ich als etwas störend empfinde, im Abgang schmecke ich die mir bekannte Schokolade, der Wein wärmt etwas, später wird das Ganze zunehmend unharmonisch, Säure und Schokolade vertragen sich im Abgang nicht mehr so richtig. 90 Punkte.
Tag 3:
Leider war am dritten Tag nichts mehr in der Flasche...

Reinhard

Nach dem Wein 7 nun die Beschreibung zu Wein 9, den ich in einer Dreierprobe mit Wein 7 und 10 trinke.

Wein 9

Im Glas wesentlich dunkleres und dichteres Rot als Wein 7.

Nase:
Reifer Duft nach Laub, Waldboden, Holz. Frucht ist bei mir am Anfang irgendwie gar nicht da. Etwas medizinisch, kräuterig. So richtig springt bei mir bei der Nase alleine der Funken nicht über.

Mund:
Im Mund kommt anfangs etwas Blaubeer zum Vorschein. Relativ weich. Der Wein strafft sich etwas mit der Zeit. Insgesamt ein stimmiges Bild. Mit mehr Luft kommt dunkle Frucht hinzu. Ich würde hier am ehesten Richtung Pflaume tippen. Nun strafft der Wein sich mit jedem Schluck mehr und wird mineralisch. Schön.

Gesamteindruck:
Ein interessanter, komplexer Wein, der schon anspruchsvoll ist. Meinem Eindruck nach etwas gereift. Ich würde so auf ca. 10 Jahre Reife tippen. Der Wein will, dass man sich mit ihm beschäftigt. Punktemäßig bin ich noch etwas unschlüssig, würde ihn aufgrund der höheren Komplexität etwas höher einschätzen als Wein 9. Von daher zunächst 90 Punkte, auch wenn er sich nicht so leicht trinken lässt wie Wein 7 (aber ich glaube dazu ist er nicht da).

Mein Tipp:
Hier stelle ich mir ein Traditionsweingut vor, alte Keller, viele Holzfässer. Alte Reben stehen in der heißen Sonne. Hier spürt man die Kraft und Sonne Spaniens.

Die Nase arg verschlossen wirkend, zuerst nehme ich Noten von der Holzzuschnittabteilung im Baumarkt wahr, die Frucht ist verwaschen und von den Holtönen überlagert. Am Gaumen dominieren wieder die holzigen Nuancen, die Frucht lässt sich nicht hervorlocken. Auch hier gilt: Warten!

Was 2-3 Stunden Luft ausmachen können. Die Holztöne sind immer noch da, dazu etwas animalisch und schwefelig, Am Gaumen wieder Holz aber auch sehr reife Kirschen sowie ein Hauch Eisbonbon (sagt meine bessere Hälfte, und die muss es wissen ). So richtig warm werde ich mit dem Wein aber nicht, wieder ein passabler Speisebegleiter aber solo eher etwas anstrengend. 87 Punkte und preislich wohl auch um die 20 €uro rum.

[thvins]

Auch diesen Wein darf ich gleich aufdecken, denn ich habe auch hier das Fläschchen für eine in Kürze anstehende 2009er Probe aufgehoben.

Und ja, hier haben wir einen eher klassischen Wein eines alten Traditonsweingutes, es handelt sich um den 2009er L´ Espill vom Celler Cecilio aus Gratallops. Inzwischen arbeitet August Vicent hier mit der jüngeren Generation zusammen, die sich auch entscheidend mit einbringen darf.

http://www.torsten-hammer-priorat-guide ... ratallops/