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Libanon

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Kle

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Re: Libanon

BeitragDo 18. Nov 2021, 20:52

...meine Flaschen stammen aus derselben Quelle wie die von Jonas und ich habe über ihren Werdegang schon gerätselt.
Auf den neuwertigen Etiketten stehen fürsorgliche Angaben wie Extract cork using a 2-prong wine opener

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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albarello

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Re: Libanon

BeitragMi 19. Jan 2022, 21:56

Guten Abend,

Ich muss mich für meine späte Reaktion bzgl. Musar entschuldigen: Die letzten beiden Monate waren (in schöner, wie in trauriger Hinsicht) sehr intensiv und haben leider wenig Raum für das schönste meiner Hobbies gelassen.

Ich habe mich aber sehr über die Rückmeldungen gefreut, insbesondere natürlich darüber, dass Kle fast zeitgleich auch ein solch herausragendes Erlebnis mit dem '98er gehabt und dieses auch ausführlich geschildert hat. Bei mir war die Flasche leider (zu) schnell leer, bei der nächsten werde ich mich etwas zurückhalten - offenbar hat der Wein ja durchaus noch Reserven.

@Nora: An den weissen Musar habe ich mich nie getraut - da waren meine Vorurteile wohl zu gross, scheinbar aber nicht ganz unbegründet. Aber ja, Fans wird's wohl geben..

@Michael: Hoffentlich ist dir mit der nächsten Flasche ein eindrücklicheres Erlebnis beschieden.

Cheers, Albarello
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Michl

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Re: Libanon

BeitragSa 26. Mär 2022, 20:10

Als ich als Student „Alles über Wein“ gelesen und sehnsüchtig erwartet hatte, wofür mich meine Freunde derbe aufzogen (Recht hatten sie: Ein furchtbar bieder-elitäres Hochglanzmagazin, in dem aber dann doch immer wieder tolle Tipps vom Team Diel/Payne zu finden waren), gab es für mich ein Weingut, das im klassischen Sinn romantische Assoziationen weckte: Chateau Musar. Allein der Libanon als Ursprung schien mir „jenseitig“ zu sein. Leisten konnte ich mir den Wein nicht und bis zum heutigen Tag hatte ich ihn noch nicht im Glas.
Jetzt hat mich Carsten eingeladen, an einem reifen Exemplar teilzuhaben, und um das Fazit vorwegzunehmen: Ich bin mehr als dankbar dafür! Heute habe ich mit dem 98er eines meiner schönsten Weinerlebnisse überhaupt!

Carsten hat den Wein aus zwei Flaschen abgefüllt und gleich angekündigt, dass er deutliche Flaschenvarianzen sieht. So auch ich…
Die erste Flasche wunderbar ätherisch, mit einer für mich völlig unbekannten Duftkomposition, die ich keiner Rebsorte zuordnen könnte (am ehesten reifem Nebbiolo), deutlich und herrlich rotfruchtig, gerösteter Sesam, aber insgesamt extrem verwoben und für mich nicht wirklich in einzelne Komponenten zerlegbar, als Gesamteindruck durchaus etwas orientalisch, aber nicht so, wie ich das für mich sonst im Kontext von Weinen aus der Rioja verwende. Ich kann meine Eindrücke einfach nicht angemessen kommunizieren. Die zweite Flasche zeigt für mich etwas Kuhstall, aber nicht unangenehm, eher etwas verstörend, was aber ganz und gar nicht abwertend gemeint ist, weil die Aromatik nur als sanfter Oberton stehen bleibt.
Im Mund unerwartet zart, sehr feminin, aber dennoch mit großer, schlanker (sic!) Intensität. Ich liebe das! Im besten Sinne tertiär, ganz wunderbar, schwebend und fein mit herrlich abgeschmolzenem Tannin und vordergründig zurückhaltender, aber sehr edler und letztlich den Wein wunderbar aufrichtender Säure. Die 2. Flasche ist etwas extraktsüßer und gewichtiger, auch etwas fahriger und weniger beschwingt-expressiv, dennoch wunderschön.

Jetzt lese ich Alex (marzeminos) VKN und bin wieder einmal ganz baff, wie treffend er den Wein beschrieben hat. Ich zitiere hier einmal ein paar Begriffe, die ich für sehr aussagekräftig halte: Pfeifentabak in der Nase (Anm. von mir: aber der feinsten Art!), Dattelsüße, Malzbonbon und vor allem lasziv! Dieses Adjektiv beschreibt extrem treffend den Wein und meine Stimmung, die der Wein auslöst. Alex, wie machst du das nur immer mit deinen VKN? Das ist so großartig, wie du Wein beschreiben kannst (und wer Tocotronic zitiert, hat sowieso immer recht!).
Nur den Mangel an Säure und die alkoholische Wärme kann ich so nicht wahrnehmen. Etwas Brand bleibt im Abgang durchaus stehen, aber für mich eher kühl und nicht unangenehm warm. Die Säure finde ich sogar ziemlich genial, weil so hintergündig edel und expressiv.

Und ja, ich „verfalle“ (wie Axel schreibt) dem Wein sehr. Das ist so absolut ganz mein Weintyp und für mich in der besten Trinkreife. Ich sehe ihn bei 95 P und mir ist es schnups, dass bspw. auf cellartracker die Bewertungen z.T. deutlich niedriger ausfallen (bei allgemein hoher Heterogenität). Ich könnte sogar nachvollziehen, wenn jemand noch höher punktet.
Vielen herzlichen Dank, Carsten! Das war (und ist noch angesichts deiner Generosität) ein ganz wunderbares und bereicherndes Weinerlebnis. Jetzt genieße ich den Rest des Abends…
(Und jetzt, als ich meine Gedanken hier reinkopieren möchte, lese ich, was du, Carsten bereits zum 98er geschrieben hast: Ja! Das ist eine Art "religiöses" Erlebnis! Da öffnet sich etwas, das man als "Himmel" assoziieren kann. Vor allem die eine Flasche ist genial!)
Viele Grüße

Michl
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Kle

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Re: Libanon

BeitragSo 27. Mär 2022, 11:49

Michl hat geschrieben:Vor allem die eine Flasche ist genial!)

den Unterschied der beiden Abfüllungen sehe ich genau wie Du, Michl. "Ätherisch“ und „beschwingt-expressiv“ beschreiben die eine für mich genau. Nun muss ich noch eine dritte berücksichtigen, meine allererste Flasche Musar 98 vom letzten Jahr. Und sie war die allergenialste…
Die Verwirrung ist groß. Deine und Alex Beschreibungen passen für mich nämlich fast noch besser auf jenen Wein, den ihr nicht getrunken habt. Abgesehen von dessen sehr ältlicher Anmutung ganz zu Beginn, die, glaube ich, über Deine Wahrnehmung von Tertiäraromatik noch hinausging. Sie wurde aber rasch abgestreift und alle drei Musar habe ich als sehr frisch empfunden. Dass ich jetzt nicht ganz so fasziniert war und „religiös“ ein zu großes Wort wäre, kann ja verschiedenste Gründe haben - für mich ein wieder sehr schönes Beispiel, welch großen Einfluss die Verschiebung weniger Parameter oft auf den Gesamteindruck hat.
Eine der beiden jetzigen Abfüllungen war mit ihren dunklen eingelegten, aber auch frischfröhlichen Früchten, Kaffee und etwas Likör, ihrem festen Kern bei zugleich Schmiegsamkeit ein schöner gereifter Wein, bei dem ich nicht mit Nase und Mund darauf gestoßen wurde, dass er eine lange Entwicklung hinter sich hat. Die andere besaß ein durchaus göttliches schwebendes Moment… Die Aromen lösten sich von ihrer Basis ähnlich wie impressionistische Farben, überaus lebendig, doch ohne die Struktur aufzuheben. Am zweiten Tag glichen sich die Weine mehr an.
Alex Bemerkung über ein „Übermaß an süßem Schmelz und alkoholischer Wärme" hatte für mich eine besondere Bedeutung… Vielleicht wegen der unterschiedlichen Lagerung und Luftzufuhr der Flaschen habe ich eher ein delikates, alkoholisiertes Dessert wahrgenommen. Aber auch „kritisch". Denn die wohlige Eindeutigkeit bedeutete einen Bruch mit dem flirrenden Zauber meines allerersten Musar 98.
Mein Ziel war ursprünglich nicht ein „Konterflaschentest“, sondern die Möglichkeit, eine ausreichende Menge dieses eigensinnigen Weines über längere Zeit zu beobachten. Nun haben sich Differenziertheit und Transformation noch anders als erwartet gezeigt. Es kommt mir vor, als ob der Versuch, mehr Bilder von einem Gesicht zu machen, um es zu verstehen, dazu führt, immer mehr Gesichter verstehen zu müssen.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Michl

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Re: Libanon

BeitragSo 27. Mär 2022, 18:35

Kle hat geschrieben:Es kommt mir vor, als ob der Versuch, mehr Bilder von einem Gesicht zu machen, um es zu verstehen, dazu führt, immer mehr Gesichter verstehen zu müssen.

Schönes Bild, Carsten! Bei mir haben sich die Weine dann im Laufe des Abends etwas angeglichen. Ehrlich bgesagt wollte ich irgendwann dann auch nicht mehr Differenzen wahrnehmen, sondern habe nur noch genossen.
Noch einmal herzlichen Dank! Das war gestern ein ganz bedeutendes Erlebnis für mich, auch weil der Wein mir stilistisch so ungemein zusagte!
Viele Grüße

Michl
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Zürcher

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Re: Libanon

BeitragDo 11. Aug 2022, 20:31

Hallo zusammen,
Ein schöner, lauer Sommerabend und zur Grillade (Lammspiessli) gab's einen aus dem Bekaa Valley, château Barka, Barka rouge Tallyia, quasi der Basiswein, welche die Selection Schwander importiert. Ist aus dem Jahr 2016, aber noch recht in Form. Würzig wie so was aus dem Süden Frankreichs. Wuchtig, aber passend zur Grillade. Hab ihn leicht gekühlt, habe immer noch 25 Grad da draussen, und das war gut so. Für das Preis-/Leistungsverhältnis ein hervorragender Wein.
Grüsse aus Zürich, Sacha
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champussi

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Re: Libanon

BeitragMi 15. Feb 2023, 15:56

Es gibt sie! Die großen Weine aus 1972. Wenn auch ganz ganz selten! :( Chateau Musar: Ein Geburtstagsgeschenk von meinem besten Freund! Cabernet Sauvignon, Cinsault, Merlot, Carignan - 14 % Alk./Vol. Eine Flasche aus der Chateau-Reserve. Irgendwann während der letzten 10 Jahre (geschätzt nach Ansicht des Korkens) auf dem Weingut aufgefüllt, neu verkorkt und etikettiert! Bezogen über einen der wenigen deutschen Direktimporteure. Ein Glücksfall !!! - Unfassbar frisch, gleichzeitig warm und rund, rote bis lila ganz leicht eingekochte Früchte, Unterholz, Tabak, würzig, mit schöner feiner Süße. Ein seidiger Rest Gerbstoff. Etwas ganz eigenes, mir fällt nichts vergleichbares ein. Diese Rebsortenkombination wird es ja auch, wenn überhaupt, nicht so häufig geben. Trotzdem immer wieder Assoziationen an die südliche Rhone. Durchaus vollmundig, dabei überhaupt nicht schwer! Mit beachtlicher Länge. Wunderschön!! Aus solchen Flaschen locker noch 10 Jahre! Für mich bisher der Gipfel des Olymp´s aus 1972. Danke Frank! :mrgreen:
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Kle

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Re: Libanon

BeitragSo 5. Mär 2023, 14:16

Eine weitere Flasche Château Musar 1998 öffnete ich in Sorge, dass der Wein vielleicht bald seinen Reiz verliert, und dann war er frischer als die bisher getrunkenen. Farblich ähnlich einem Burgunder und etwas trüb - nichts Bräunliches wie aus meiner allerersten Flasche. Geschmacklich drängen sich auch weniger die Alterstöne von damals auf, die Assoziationen an Unterholz, welkes Blattwerk und brackiges Wasser hervorriefen. Die Früchte hingegen stärker ausgeprägt, frisch und keck. Anfangs wirkt der Wein geradezu etwas vordergründig primärfruchtig, wird mit mehr Luft dann vielschichtiger. Ich habe mir keine Mühe gegeben, Namen für den Strauß blauer Früchte zu suchen, vielleicht wäre das auch falsch. Zumal dauernd auch Assoziationen an gelbe Früchte auftauchten. Ähnlich schwer fiel es, die Altersnoten zu benennen, die erdig und wie Angekohltes permanent im Hintergrund waren, fast wie ein Rückgrat des Weines und nie unangenehm. Intensiveres Hineinschmecken brachte aber doch bitter-bissige und morbide verfallene Aromen zutage. Besser ist es, sich auf das feine Netzwerk zu konzentieren, das der Wein zwischen Frucht, säuerlich-lustigen Noten und Reifetönen immer wieder knüpft. Veränderungen vollziehen sich über Tage nur langsam. Die Frucht wird voller, üppiger, süßer - mal wie ein leichtes Dessert, mal in Richtung Kompott und Rumtopt. Wenn sich dazu auch Degeneriertes verdichtet, entsteht eine weniger angenehme Brühe. Aber wie die Erfahrung mit Musar zeigt, bietet sich bald wieder eine andere Wahrnehmung.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Kle

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Re: Libanon

BeitragSo 5. Mär 2023, 23:26

champussi hat geschrieben:Unfassbar frisch, gleichzeitig warm und rund, rote bis lila ganz leicht eingekochte Früchte, Unterholz, Tabak, würzig, mit schöner feiner Süße. Ein seidiger Rest Gerbstoff. Etwas ganz eigenes, mir fällt nichts vergleichbares ein. Diese Rebsortenkombination wird es ja auch, wenn überhaupt, nicht so häufig geben. Trotzdem immer wieder Assoziationen an die südliche Rhone. Durchaus vollmundig, dabei überhaupt nicht schwer!

Erstaunlich, wie nah die Beschreibung des 72er dem 98er ist, den kein zusätzlicher Tag an der Luft älter macht, eher im Gegenteil. Von Rumtopf nichts mehr zu schmecken und der besondere Reiz liegt darin, wie die Frucht zuerst rund und manchmal wie im Süßwein anmutet und dann in säuerlichen, zartbitterbeerigen und rauchigen Aromen ausläuft.
Übrigens ist dies für mich so ein Fall, wo die Faszination nicht automatisch eine extrem hohe Punktzahl generiert.
Allenfalls 93 würde ich ihm wegen der vergleichsweise limitierten Mittel geben, durch die er erfreut.
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Tristram Shandy
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Re: Libanon

BeitragSa 3. Feb 2024, 14:25

...Rosé aus dem Libanon? Gar nicht mal schlecht!

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Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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