Auf ein Glas ..... 2002 Château Latour
Verfasst: Di 29. Apr 2014, 08:40
In vielen Köpfen der Weinwelt hält sich hartnäckig die Vorstellung, guter Wein brauche keine Werbung und ein Winzer, der einen solchen erzeugt habe es auch nicht nötig, aktiv um Kunden zu werben. Schließlich spreche ja die Qualität des Produktes für sich. Werbung ist für diese Köpfe etwas eher Unanständiges, fast ein wenig schmuddelig, ein wenig so wie Telefonsex. Und Werbung haben nur die nötig, die etwas eher Minderwertiges zu etwas Hochwertigem hochhypen wollen.
Das kann im Einzelfall soweit gehen, dass eine hochprofessionelle Webseite, ein durchdacht gestaltetes Direktvermarktungsprinzip eher suspekt sind. "Was das wieder gekostet hat, da muss das Geld ja woanders fehlen. Da muss ja am Wein gespart worden sein."
Mich erinnert diese Diskussion ein bisschen an die Musikbegeisterung meiner jungen Jahre, wo es eines jeden Ehrgeiz war, Musik von unbekannten Bands aufzutreiben, die sagenhaft gut waren, die keiner kannte und die alles durften, nur keinen kommerziellen Erfolg haben. Kommerziell war ein Schimpfwort, kommerziell durfte nicht gut sein, weil nicht gut sein kann was nicht gut sein darf. Wenn die Band dann trotz oder wegen unserer Bemühungen schließlich doch ihre Karriere gemacht hatte, konnten wir immerhin stolz behaupten, wir hätten sie ja schon rauf und runter gehört, lange vor Selling England by the Pound oder Ummagumma.
Dass es heutzutage (und eigentlich schon immer) überhaupt nicht reicht, guten Wein zu machen und im stillen Kämmerlein darauf zu warten, dass "der Kunde" es schon merken wirkt und von selber drauf kommt, ist aber doch ein frommer Wunsch.
Das hat auch die Universität Geisenheim bemerkt und den Deutschen Weingutspreis ausgelobt. Den können Weinguter, Genossenschaften, Privatkellereien etc. bekommen aber nicht für ihre Weine sondern für ihre Kundenfreundlichkeit und Kundenorientierung. Es zählen Maßstäbe wie Kundentreue, Kundenzufriedenheit, Beratungsqualität, optisches Erscheinungsbild usw. . Weine werden dabei nicht verkostet.
Da haben wir's wieder, werden die nörgelnden Gesinnungskrokodile gleich wieder sagen, der Wein ist denen vollkommen egal, Hauptsache es gibt einen Flyer mit bunten Bildchen, eine Webseite und ein paar nette Mädel mit tiefem Ausschnitt und zuviel Rouge im Gesicht. Da KANN der Wein ja nix sein. Den kauf ich schon mal nicht, den verkoste ich noch nicht mal. Das sind die Augenblicke, in denen ich Blindproben liebe. Denn meistens sind die Produkte dort gut, wo das Gesamtkonzept stimmt.
Und: Nicht dass die Leute irgendwelche Vorurteile hätten. Nein, die WISSEN das.
Natürlich gibt es Weine, die haben das nicht nötig, denen laufen die Leute nach und ich bin manchmal geneigt anzunehmen, die könnten wirklich mit Alkohol versetzen Johannisbeersaft ausschenken, die Leute würden sie weiterhin anbeten.
So einen hatten wir am Wochenende und natürlich würde sich die Equipe dort niemals einfallen lassen, so etwas Schändliches auch nur zu denken. Noblesse obliege. Château Labour ist der Unspektakulärste unter den Premiers Carus im Bordelais und den dortigen Blue Chips, weil er sich wirklich nicht anbiedert, sondern seinem ganz eigenen Stil treu bleibt. In guten wie in schlechten Jahren.
Natürlich gibt es keine schlechten Jahre, im Bordelais schon dreimal nicht, es gibt klassische Jahre, Restaurantjahrgänge und Jahrhundertjahrgänge.
2002 zählt in diesem Sinne zu den klassischen Jahrgängen, d.h. die allermeisten Bordeaux sollten jetzt langsam weggetrunken werden, es gibt viel an Mittelmaß, einige recht charmante Weine und ein ganz paar wenige wirklich große. Dazu gehört natürlich der
2002 Château Latour
Pauillac, Bordeaux
und er ist klassisch im allerbesten Sinne. Das soll keinesfalls beschönigend verstanden werden, wie sonst häufig im Weinwerbesprech.
Der Wein ist dunkelrot, leicht violette Reflexe und zeigt noch keinerlei Altersnoten weder in der Farbe, noch in Nase und Mund. In der Nase dominieren Noten von Zigarrenkistenholz und Leder vor Heidelbeeren und Johannisbeeren begleitet von Bienenwachs und Waldboden nach einem warmen Sommerregen.
Im Mund zeigt sich kein Tanninmonster auch wenn die Gerbstoffe noch ziemlich kräftig sind, sondern ein geschliffener sehr kraftvoller, komplexer Wein, bei dem vor allem die fast perfekte Harmonie der Aromen und Texturen begeistert. Die intensive Säure gibt ein gutes Gerüst und verspricht noch einige Jahre ungetrübtes Trinkvergnügen auf hohem Niveau.
Faszinierend der lange intensive Abgang, der vor allem die etwas balsamischen und die mineralischen Aspekte betont.
Wir haben dem Wein etwa zwei Stunden Luft gegönnt bevor wir ihn getrunken haben als Begleiter zu gegrillten Lammkoteletts mit provenzalischen Gemüsen und ein wenig Kartoffelpüree. Das beste Glas war allerdings das letzte, nach dem Essen, als wir den Wein dann ganz für uns allein hatten.
Das kann im Einzelfall soweit gehen, dass eine hochprofessionelle Webseite, ein durchdacht gestaltetes Direktvermarktungsprinzip eher suspekt sind. "Was das wieder gekostet hat, da muss das Geld ja woanders fehlen. Da muss ja am Wein gespart worden sein."
Mich erinnert diese Diskussion ein bisschen an die Musikbegeisterung meiner jungen Jahre, wo es eines jeden Ehrgeiz war, Musik von unbekannten Bands aufzutreiben, die sagenhaft gut waren, die keiner kannte und die alles durften, nur keinen kommerziellen Erfolg haben. Kommerziell war ein Schimpfwort, kommerziell durfte nicht gut sein, weil nicht gut sein kann was nicht gut sein darf. Wenn die Band dann trotz oder wegen unserer Bemühungen schließlich doch ihre Karriere gemacht hatte, konnten wir immerhin stolz behaupten, wir hätten sie ja schon rauf und runter gehört, lange vor Selling England by the Pound oder Ummagumma.
Dass es heutzutage (und eigentlich schon immer) überhaupt nicht reicht, guten Wein zu machen und im stillen Kämmerlein darauf zu warten, dass "der Kunde" es schon merken wirkt und von selber drauf kommt, ist aber doch ein frommer Wunsch.
Das hat auch die Universität Geisenheim bemerkt und den Deutschen Weingutspreis ausgelobt. Den können Weinguter, Genossenschaften, Privatkellereien etc. bekommen aber nicht für ihre Weine sondern für ihre Kundenfreundlichkeit und Kundenorientierung. Es zählen Maßstäbe wie Kundentreue, Kundenzufriedenheit, Beratungsqualität, optisches Erscheinungsbild usw. . Weine werden dabei nicht verkostet.
Da haben wir's wieder, werden die nörgelnden Gesinnungskrokodile gleich wieder sagen, der Wein ist denen vollkommen egal, Hauptsache es gibt einen Flyer mit bunten Bildchen, eine Webseite und ein paar nette Mädel mit tiefem Ausschnitt und zuviel Rouge im Gesicht. Da KANN der Wein ja nix sein. Den kauf ich schon mal nicht, den verkoste ich noch nicht mal. Das sind die Augenblicke, in denen ich Blindproben liebe. Denn meistens sind die Produkte dort gut, wo das Gesamtkonzept stimmt.
Und: Nicht dass die Leute irgendwelche Vorurteile hätten. Nein, die WISSEN das.
Natürlich gibt es Weine, die haben das nicht nötig, denen laufen die Leute nach und ich bin manchmal geneigt anzunehmen, die könnten wirklich mit Alkohol versetzen Johannisbeersaft ausschenken, die Leute würden sie weiterhin anbeten.
So einen hatten wir am Wochenende und natürlich würde sich die Equipe dort niemals einfallen lassen, so etwas Schändliches auch nur zu denken. Noblesse obliege. Château Labour ist der Unspektakulärste unter den Premiers Carus im Bordelais und den dortigen Blue Chips, weil er sich wirklich nicht anbiedert, sondern seinem ganz eigenen Stil treu bleibt. In guten wie in schlechten Jahren.
Natürlich gibt es keine schlechten Jahre, im Bordelais schon dreimal nicht, es gibt klassische Jahre, Restaurantjahrgänge und Jahrhundertjahrgänge.
2002 zählt in diesem Sinne zu den klassischen Jahrgängen, d.h. die allermeisten Bordeaux sollten jetzt langsam weggetrunken werden, es gibt viel an Mittelmaß, einige recht charmante Weine und ein ganz paar wenige wirklich große. Dazu gehört natürlich der
2002 Château Latour
Pauillac, Bordeaux
und er ist klassisch im allerbesten Sinne. Das soll keinesfalls beschönigend verstanden werden, wie sonst häufig im Weinwerbesprech.
Der Wein ist dunkelrot, leicht violette Reflexe und zeigt noch keinerlei Altersnoten weder in der Farbe, noch in Nase und Mund. In der Nase dominieren Noten von Zigarrenkistenholz und Leder vor Heidelbeeren und Johannisbeeren begleitet von Bienenwachs und Waldboden nach einem warmen Sommerregen.
Im Mund zeigt sich kein Tanninmonster auch wenn die Gerbstoffe noch ziemlich kräftig sind, sondern ein geschliffener sehr kraftvoller, komplexer Wein, bei dem vor allem die fast perfekte Harmonie der Aromen und Texturen begeistert. Die intensive Säure gibt ein gutes Gerüst und verspricht noch einige Jahre ungetrübtes Trinkvergnügen auf hohem Niveau.
Faszinierend der lange intensive Abgang, der vor allem die etwas balsamischen und die mineralischen Aspekte betont.
Wir haben dem Wein etwa zwei Stunden Luft gegönnt bevor wir ihn getrunken haben als Begleiter zu gegrillten Lammkoteletts mit provenzalischen Gemüsen und ein wenig Kartoffelpüree. Das beste Glas war allerdings das letzte, nach dem Essen, als wir den Wein dann ganz für uns allein hatten.