Auf ein Glas ..... 2009 Los Balancinas, Finca de Matanegra

[susa]

Wie schweißt man eine Gruppe zusammen? Das ist ganz einfach. Man definiere einen gemeinsamen Feind, den man nur besiegen kann, wenn man alle gegenseitigen Animositäten hintan stellt und gemeinsam gegen den Gruppenfeind kämpft. Das funktionierte schon im Schullandheim so, das funktioniert auch heute.

Small talk, zusammen gewürfelte Runde. Über irgendwen muss man klagen, auf irgendwen muss man schimpfen; Klagen und Schimpfen sind sozusagen die Basisdisziplin einer gepflegten Kommunikation.

Wäre es heute, würde ich über den Telekomtechniker klagen und dass er nicht kommt, obwohl ich ein 1a Ticket habe UND die Zusage, er käme zwischen 08:00 und 12:00 Uhr und würde etwa 15 Minuten vorher anrufen. Auch twice …

Und dann ging's auch schon los. Ihr ahnt gar nicht, welche schrecklichen Dinge einem bei dem einfachen und verständlichen Wunsch, mit seiner Umwelt zu kommunizieren, passieren können. Drei Monate ohne Telefon und Internet scheint bei einem Providerwechsel eher die Regel als die Ausnahme (ein Grund, warum ich in Treue fest zum rosa Riesen stehe, nur keine Experimente…), unerklärliche und ungerechtfertigte Rechnungen in fünfstelliger Höhe werden gnadenlos vollstreckt und wenn man endlich sein Geld wieder zurück hat, ist es dank Inflation höchstens noch die Hälfte wert. Von unnötig aufgeschlagenen Wänden und zufällig getroffenen Wasserleitungen will ich gar nicht erst anfangen.

Und immer dieses negative Kompetenzgerangel "Nein, bis zu diesem Abzweig ist die Telekom zuständig" und gleichzeitig "Nix da, hier wenden Sie sich an ihren Anbieter, da machen wir nichts." Leute hatten schon zwei Abgesandte der unterschiedlichen Unternehmen im Haus, die sich über die letzten 3.74 cm (im Leitungsnetz) nicht einig werden konnten und gut, dass wenigstens Omas Handy noch funktionierte.

So ist die nächste halbe Stunde Konversation gerettet und dann tritt jemand hinzu, greift ins Gespräch ein, stellt sich als Mitarbeiter eines namhaften Telekommunikationsunternehmens vor und erzählt natürlich ohne Namensnennung aus dem Nähkästchen, was manche Kunden den Unternehmen so antun.

Irgendwie ist die Stimmung dann im Eimer.

Das hilft nur eins, die Stimmung muss gerettet werden, erstens durch ein bisschen was zu trinken und zweitens vielleicht durch einen neuen gemeinsamen Feind. Vielleicht einen Dornfelder. Von Dornfelder distanziert sich heutzutage jeder, vor allem wenn er aus dem Barrique kommt, oder? Der arme Dornfelder kann sich auch nicht wehren, dabei sind manche noch nicht mal so übel, einige sogar richtig gut.

Der gute Gastgeber hat natürlich keinen Dornfelder, sondern "was aus Spanien", aber das sei sicher eher was für die Herren, für Kenner sowieso, das sei ein ziemlich fetter Bursche, 96 Punkte im Guía Peñin. Guía Peñin? Ja das ist so was wie der Parker. Das mit dem fetten Burschen lassen sich die Damen doch nicht zwei Mal sagen. Damenwein, so ein Blödsinn, diese süßliche Plörre mag doch kein Mensch, nein bitte gerne auch ein Glas vom

2009 Los Balancinas
Finca de Matanegra, Ribera del Guadiana

Tiefschwarzes Rot und ein fast unendlich scheinendes Aromenbündel für die Nase, Brombeeren, Johannisbeeren, Cassislikör, Veilchenlakritz, Vanille, Leder, Marzipan. Ein Wein fast zum Sattriechen. Eine Nasenschönheit, sagt Frau s. Sag so was nicht, sagt Herr s., das klingt so negativ. Finde ich gar nicht, im Gegenteil, eine solche Wucht, mit der die verschiedenen Aromen auf die Nase treffen, das ist schon außergewöhnlich.

Am Gaumen wirkt der Wein noch ein wenig rau, er ist ja auch bestimmt noch viel zu jung und sollte vielleicht noch ein paar Jahre im Keller reifen. Aber nach kurzer Zeit spielen die Veilchen- und Beerenaromen auch mit Zunge und Gaumen, Noten von Zigarrenkiste und wiederum Marzipan schwingen fein mit, begleitet von ziemlich kräftigem etwas kratzigem Tannin und recht dominanter Säure.

Der Abgang ist wuchtig und lang.

Und die Damen zeigen sich samt und sonders begeistert, auch wenn die eine oder andere offen zugibt: Mehr als ein Glas schaff ich davon nicht. Natürlich nicht, Schatz, Du musst ja noch fahren.