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Di 12. Nov 2013, 10:23
Fragt man Männer, was sie an Frauen am meisten stört, man kann sicher sein, dass unter den ersten drei Antworten der Stoßseufzer "Warten!" angeführt wird.
Schenkt man Männern im Allgemeinen und Herrn susa im Besonderen Glauben, dann besteht sein halbes Leben daraus, auf mich zu warten. Wenn wir ins Kino, ins Theater oder zum Fußball wollen, die Szenen gleichen sich. Er steht fertig angekleidet, bereits in Mantel oder Jacke mit vorwurfsvoll schwingendem Autoschlüssel in der Türe. Und ich flitze noch durchs Haus, weil ich vielleicht doch lieber den beigen Pullover anziehe oder zum Heimspiel meiner ruhmreichen Borussia keinesfalls die rote Windjacke tragen kann, was selbstverständlich noch den Austausch des gewählten T-Shirts mit sich bringt. Oder meine Frisur entspricht noch nicht dem Anlass. Oder ich sollte doch besser vorher noch mal aufs Klo...
Nun denke niemand, ich sei unorganisiert.
Wenn z.B. ein Essen mit Freunden ansteht, dann geht das absolut planmäßig vonstatten. 10 Tage vorher mache ich einen Menüplan und quäle Herrn susa damit, doch endlich die Weine dazu auszuwählen (da besteht er drauf, das ist Hausherrenjob). Und dann mache ich einen Einkaufzettel. Und dann stelle ich fest, dass in unserer verschwiegenen Diaspora dieses oder jenes nicht zu bekommen ist und ich disponiere um. Und es gibt eine MS-Project Tabelle mit der Definition ausgewählter Meilensteine und Zeitreserven, die bis ins kleinste regelt, wann der Hefeteig fürs Begleitbrot angesetzt und das Gemüse blanchiert wird, wann der Tisch gedeckt wird und wann ich dusche, mich umziehe und style.
Ich kann also locker anderthalb Stunden vor dem Ereignis fertig sein, meine Füße hoch legen und mich vor der großen Schlacht noch ein wenig ausruhen, schließlich wird der Abend lang, bei sieben bis acht Gängen und fast ebenso vielen Weinen dazu.
Wenn ich mich an meinen Plan halten würde …
Aber dann fällt mir noch ein, dass ich vielleicht noch eine Hippe fürs Dessert backen könnte, was den Backofen für länger blockiert (vor allem, weil die erste Serie zu dunkel geraten ist) und dass ich vielleicht noch einen kleinen Zwischengang mit Pilzen einschiebe, wo ich heute morgen auf dem Markt zwar keine Navetten bekommen habe, dafür aber wunderbare Steinpilze. Und die Babyoctopusse (~octopi?) lachten mich auch an. Steinpilz-Zitronen-Ravioli mit Babyoctopus, klingt gut, das muss dringend noch zwischen die warme Vorspeise und den Fisch. Und Herr susa muss sich noch einen Wein dazu einfallen lassen (der ruht sich allerdings gerade vorsorglich aus, der Herr susa).
Und auch beim Thema Dekoration kann ich mich dann im Endspurt wunderbar verzetteln; vor allem weil ich eher ein Freund von "less is more" bin und dann am Ende die Hälfte der Gimmicks wieder vom Tisch schmeiße und anderweitig im Haus verteile. Mir wurde schon für die wunderbaren Blumen- und Kerzenarrangements auf der Gästetoilette höchster Beifall gezollt.
Spätestens das ist der Moment, an dem Herr susa vorwurfsvolle Blicke auf seine Armbanduhr werfend in der Tür steht. "Kann ich was helfen? Damit das hier endlich mal voran geht!"
Und so kennen meine Gäste das nicht anders. Wenn sie ankommen, ist alles fertig, nur ich stehe noch im Bad und gebe meinen Haaren den letzten Schliff und muss dann nur noch schnell in den Keller an den Schuhschrank, weil Haussandalen doch nicht ganz die richtige Ergänzung zum Cocktailkleid sind.
Puhhh, und dann bin ich endlich fertig. Jetzt wäre ein halbes Stündchen Füße hochlegen nicht schlecht.
Herr susa hat mittlerweile den Begrüßungswein geöffnet, ich habe endlich auch die Gäste begrüßt (vorher schnell noch unauffällig einen übersehenen Lockenwickler in der Küchenschublade verschwinden lassen) und jetzt kann der Abend beginnen.
Nach all den französischen Weinen der letzten Zeit ist uns nach was anderem und im Keller fand sich noch eine (leider letzte) Flasche
2007 Wallufer Walkenberg Riesling Auslese
J.B. Becker, Rheingau
Mann Mann, ist die gut. Da muss ich mir erst mal ein paar Augenblicke Zeit nehmen und diesen wunderbar eleganten mineralischen Duft aufnehmen, zart begleitet von Pfirsich- und Kräuternoten.
Daran erkennt man übrigens, dass ich kein Profi bin. Wein verkosten, also so richtig reinschmecken und alle Aromen, die Textur, das Gesamtbild aufnehmen und dazu noch Smalltalk, das geht nicht. Bzw. das kann ich nicht. Also schweige ich noch ein wenig. Ich red eh immer zu viel, wahrscheinlich empfinden die Gäste das eher als angenehm, sie wollen ja schließlich auch mal zu Wort kommen.
"Prost, schön, dass Ihr da seid. Auf einen schönen Abend!"
(Dabei Herr susa streng flüsternd zu mir: "Wieso finde ich einen Lockenwickler in der Korkenzieherschublade? Ich finde das unhygienisch!" - Pfff, die Haare waren frisch gewaschen. So what!)
Pling! Die Tradition des Anstoßens wird weiterhin gepflegt.
Endlich bekomme ich etwas in den Mund. So fein, so kräftig, so elegant, so vielschichtig und so wunderbar trocken. Geschliffen klar, dabei cremig, Pfirsich, Birne und Zitrusfrüchte, feines Mineral, Rauch, ein wunderbar langer Abgang. Ein mitreissender Wein! Hach, geht's uns gut.
"Das geht ja kaum noch besser" meinte Herr susa, und "so kann ich auch mit Riesling was anfangen." Er hat's ja nicht so mit dem Riesling.
Es sollte aber doch noch ein wenig besser gehen mit dem Riesling an diesem Abend, nämlich mit dem 2011 Nussbrunnen Riesling Erstes Gewächs vom Weingut Balthasar Ress, aber das ist wieder eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.
Schenkt man Männern im Allgemeinen und Herrn susa im Besonderen Glauben, dann besteht sein halbes Leben daraus, auf mich zu warten. Wenn wir ins Kino, ins Theater oder zum Fußball wollen, die Szenen gleichen sich. Er steht fertig angekleidet, bereits in Mantel oder Jacke mit vorwurfsvoll schwingendem Autoschlüssel in der Türe. Und ich flitze noch durchs Haus, weil ich vielleicht doch lieber den beigen Pullover anziehe oder zum Heimspiel meiner ruhmreichen Borussia keinesfalls die rote Windjacke tragen kann, was selbstverständlich noch den Austausch des gewählten T-Shirts mit sich bringt. Oder meine Frisur entspricht noch nicht dem Anlass. Oder ich sollte doch besser vorher noch mal aufs Klo...
Nun denke niemand, ich sei unorganisiert.
Wenn z.B. ein Essen mit Freunden ansteht, dann geht das absolut planmäßig vonstatten. 10 Tage vorher mache ich einen Menüplan und quäle Herrn susa damit, doch endlich die Weine dazu auszuwählen (da besteht er drauf, das ist Hausherrenjob). Und dann mache ich einen Einkaufzettel. Und dann stelle ich fest, dass in unserer verschwiegenen Diaspora dieses oder jenes nicht zu bekommen ist und ich disponiere um. Und es gibt eine MS-Project Tabelle mit der Definition ausgewählter Meilensteine und Zeitreserven, die bis ins kleinste regelt, wann der Hefeteig fürs Begleitbrot angesetzt und das Gemüse blanchiert wird, wann der Tisch gedeckt wird und wann ich dusche, mich umziehe und style.
Ich kann also locker anderthalb Stunden vor dem Ereignis fertig sein, meine Füße hoch legen und mich vor der großen Schlacht noch ein wenig ausruhen, schließlich wird der Abend lang, bei sieben bis acht Gängen und fast ebenso vielen Weinen dazu.
Wenn ich mich an meinen Plan halten würde …
Aber dann fällt mir noch ein, dass ich vielleicht noch eine Hippe fürs Dessert backen könnte, was den Backofen für länger blockiert (vor allem, weil die erste Serie zu dunkel geraten ist) und dass ich vielleicht noch einen kleinen Zwischengang mit Pilzen einschiebe, wo ich heute morgen auf dem Markt zwar keine Navetten bekommen habe, dafür aber wunderbare Steinpilze. Und die Babyoctopusse (~octopi?) lachten mich auch an. Steinpilz-Zitronen-Ravioli mit Babyoctopus, klingt gut, das muss dringend noch zwischen die warme Vorspeise und den Fisch. Und Herr susa muss sich noch einen Wein dazu einfallen lassen (der ruht sich allerdings gerade vorsorglich aus, der Herr susa).
Und auch beim Thema Dekoration kann ich mich dann im Endspurt wunderbar verzetteln; vor allem weil ich eher ein Freund von "less is more" bin und dann am Ende die Hälfte der Gimmicks wieder vom Tisch schmeiße und anderweitig im Haus verteile. Mir wurde schon für die wunderbaren Blumen- und Kerzenarrangements auf der Gästetoilette höchster Beifall gezollt.
Spätestens das ist der Moment, an dem Herr susa vorwurfsvolle Blicke auf seine Armbanduhr werfend in der Tür steht. "Kann ich was helfen? Damit das hier endlich mal voran geht!"
Und so kennen meine Gäste das nicht anders. Wenn sie ankommen, ist alles fertig, nur ich stehe noch im Bad und gebe meinen Haaren den letzten Schliff und muss dann nur noch schnell in den Keller an den Schuhschrank, weil Haussandalen doch nicht ganz die richtige Ergänzung zum Cocktailkleid sind.
Puhhh, und dann bin ich endlich fertig. Jetzt wäre ein halbes Stündchen Füße hochlegen nicht schlecht.
Herr susa hat mittlerweile den Begrüßungswein geöffnet, ich habe endlich auch die Gäste begrüßt (vorher schnell noch unauffällig einen übersehenen Lockenwickler in der Küchenschublade verschwinden lassen) und jetzt kann der Abend beginnen.
Nach all den französischen Weinen der letzten Zeit ist uns nach was anderem und im Keller fand sich noch eine (leider letzte) Flasche
2007 Wallufer Walkenberg Riesling Auslese
J.B. Becker, Rheingau
Mann Mann, ist die gut. Da muss ich mir erst mal ein paar Augenblicke Zeit nehmen und diesen wunderbar eleganten mineralischen Duft aufnehmen, zart begleitet von Pfirsich- und Kräuternoten.
Daran erkennt man übrigens, dass ich kein Profi bin. Wein verkosten, also so richtig reinschmecken und alle Aromen, die Textur, das Gesamtbild aufnehmen und dazu noch Smalltalk, das geht nicht. Bzw. das kann ich nicht. Also schweige ich noch ein wenig. Ich red eh immer zu viel, wahrscheinlich empfinden die Gäste das eher als angenehm, sie wollen ja schließlich auch mal zu Wort kommen.
"Prost, schön, dass Ihr da seid. Auf einen schönen Abend!"
(Dabei Herr susa streng flüsternd zu mir: "Wieso finde ich einen Lockenwickler in der Korkenzieherschublade? Ich finde das unhygienisch!" - Pfff, die Haare waren frisch gewaschen. So what!)
Pling! Die Tradition des Anstoßens wird weiterhin gepflegt.
Endlich bekomme ich etwas in den Mund. So fein, so kräftig, so elegant, so vielschichtig und so wunderbar trocken. Geschliffen klar, dabei cremig, Pfirsich, Birne und Zitrusfrüchte, feines Mineral, Rauch, ein wunderbar langer Abgang. Ein mitreissender Wein! Hach, geht's uns gut.
"Das geht ja kaum noch besser" meinte Herr susa, und "so kann ich auch mit Riesling was anfangen." Er hat's ja nicht so mit dem Riesling.
Es sollte aber doch noch ein wenig besser gehen mit dem Riesling an diesem Abend, nämlich mit dem 2011 Nussbrunnen Riesling Erstes Gewächs vom Weingut Balthasar Ress, aber das ist wieder eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
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