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Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa

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Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 10:23

Das Internet, wir wissen es alle, ist ein absolut unerschöpflicher Informationsquell. Und wer schon immer schnell vom Hölzchen aufs Stöckchen kam, der kann sich hier vollends verlieren. Dazu muss man nur den Links folgen.

Eine beliebte Verlinkung in Shopsystemen ist ja die "Kunden, die … kauften, kauften auch …"-Information. Es liegt ja auf der Hand, dass nach dem Ankauf einer sagen wir mal Bügelstation auch noch gerne drei Staffeln der Fernsehserie "Desperate Housewives" gekauft wurden. Schließlich ist Bügeln eine nervtötende Angelegenheit, bei der jede Abwechslung willkommen ist. Als ich einmal nach der Friedhofssatzung der Stadt Bonn, Stichwort Liegezeiten, googelte, bekam ich die Anzeige eines Partnervermittlungsinstitutes angezeigt. Wie die Person gestrickt ist, die DEN Algorithmus programmiert hat, möchte ich mir lieber nicht ausmalen.

In manchen Bereichen funktioniert das aber ganz gut. Der Musikversender uV hat wohl ein ganz gutes Profil unseres Musikgeschmacks erstellt (obwohl ich auch einmal "die beliebtesten Volksmusikhits" und "Weihnachten mit dem Montanara-Chor" für die beste Haushaltshilfe von allen bestellt habe), das passt.

Auch bei Wein sollte man meinen, funktioniert das. Jedoch die Information, dass Kunden, die einen Restposten 2001 Lamothe Bergeron gekauft haben, auch einen toskanischen Sangiovese-Rosé aus dem Jahre 2009 gekauft haben, lässt wohl eher auf Schnäppchenjagd und Restpostenkauf schließen, als auf eine wie auch immer geartete Affinität zwischen den beiden Weinen.

Im RL (was man zwar korrekterweise mit "real life" übersetzen sollte, ich bevorzuge aber das "richtige Leben"), also im richtigen Leben funktioniert das mit dem Wein besser, wenn man es mit einem vernünftigen Händler durchexerziert. Wir haben das immer am allerliebsten mit "Madame" gemacht.

Ich muss jetzt wieder ein wenig abschweifen. Madame war die Weinhändlerin unseres Vertrauens am Urlaubsort. Unsere erste Amtshandlung im Urlaub besteht darin, sie bzw. einen Weinladen aufzusuchen, über die neusten Neuigkeiten der lokalen Weinszene, den letzten Jahrgang und das Leben im Besonderen und im Allgemeinen zu plaudern und erst einmal von all unseren Lieblingsweingütern ein paar Probeflaschen zu erstehen. Madame unterhielt mit vielen von ihnen gute Geschäftsbeziehungen und bot viele Weine zu ab-Château-Preisen an.

Das Ende eines jeden Verkaufsvorganges war, dass wir Madame baten, uns einen Wein, einzupacken, den wir noch nicht kannten – weil sie unsere Vorlieben ja gut genug kannte –, und von dem sie meinte, dass wir ihn einmal probiert haben sollten. Schließlich möchten wir immer wieder gerne etwas Neues kennenlernen.

Darin war Madame unübertroffen. Hatten wir beispielsweise einen reinen Rotweinkauf getätigt, dann konnte ich sicher sein, dass sie zu einem Weißwein griff. So haben wir u.a. dank Madame unsere Kenntnisse des Weinbaus auf der Presqu'île de St. Tropez und in der Provence verte entschieden vertieft. Und unsere nicht unbeträchtliche Sammlung an Magnen Château Pibarnon sind fast allesamt bei Madame erstanden.

Und daran, so denke ich, erkennt man auch einen guten Weinhändler. Wer einem bei der Gelegenheit versucht, einen überteuerten und überlagerten Ladenhüter anzudrehen, der hat wohl bestimmte Kunden einmal und dann nimmermehr gesehen.

Leider hat Madame vor drei (ach, inzwischen sind es ja schon vier) Jahren ihren Laden verkauft und ihr Nachfolger hat aber nun so gar nichts von ihrem Weinverstand und ihrem Geschäftssinn. Und selbst nach drei Jahren kann er die Kreditkartenmaschine noch nicht richtig bedienen. Und Beratung – na ja. Wenn wir den Laden überhaupt noch mal betreten, dann beraten wir uns selber. Überraschungsempfehlungen sind auch Fehlanzeige, das Sortiment schrumpft kontinuierlich. Ich bin sehr gespannt, ob der Laden noch existiert, wenn wir in diesem Urlaub wieder da sind. Das wäre aber nicht so schlimm (aus meiner Konsumentensicht), weil die beste Angestellte von Madame sich nur ein paar Häuser weiter mit einem kleinen Restaurant und angeschlossenem Weinhandel selbständig gemacht hat (allerdings legt diese den Schwerpunkt auf Rosé, wir sind ja in der Provence, und Herr susa und Rosé … tja).

Einer der Weine, den wir in jedem Jahr probieren, und der meistens sehr positiv aus der doch manchmal eher vernachlässigbaren Qualität herausragt, ist der

2011 Château de Rimauresq Cru Classé rouge
AOC Provence


Die Basiscuvée bestand 2011 aus 37% Mourvèdre, 25% Syrah, 18% Grenache und 17% Carignan (Angaben gem. Datenblatt des Château, wo die restlichen 3% bleiben, weiß ich nicht). Die Zusammensetzung schwankt jahrgangsbezogen immer etwas. (Die gehobenen Qualitäten, der R., und die immer schnell ausverkaufte Cuvée Quintessence bestehen nur aus Mourvèdre, Cabernet Sauvignon und Syrah in unterschiedlichen Anteilen.) Das Gut liegt in Pignans bei Toulon im Schutz des höchsten Gipfels im Maurenmassiv bei der alten Pilgerkapelle Notre Dame des Anges und schon in der Nähe zu Bandol, den Weinen ist diese "Verwandtschaft" durchaus anzumerken, nicht nur wegen der Mourvèdre sondern weil sie insgesamt doch kräftiger und komplexer sind. Übrigens, das von mir an anderer Stelle empfohlene Gut Château Barbeiranne ist ebenfalls in Pignans beheimatet. Während ich bei letzterem vor allem Fan der Weißweine bin, bevorzuge ich bei Rimauresq die Roten.

Ich hab ja so meine Wahrnehmung, dass es entweder Rotwein- oder Weißweinwinzer gibt, einer der beides gleich gut kann, ist verdammt selten.

Das Wappenzeichen des Hauses ist übrigens ein Pelikan, was es damit auf sich hat, muss ich mal erfragen. Seinen Namen hat Rimauresq von einem kleinen Flüsschen, dass seine Weinfelder durchzieht, das Real Mauresque heißt. Im Sommer ist es allerdings meistens ausgetrocknet.

Die Bezeichnung Cru Classé hatte in der AOC Provence jahrelang praktisch so gut wie nichts mehr zu bedeuten. Sie wurde irgendwann in den 50iger Jahren des vorigen Jahrtausends einmal festgelegt und hat den damaligen Status Quo dargestellt. Die allermeisten Güter haben es nicht unbedingt als Verpflichtung zu einer besonderen Qualität verstanden (da bildete Rimauresq und vielleicht noch eine Handvoll anderer eine lobenswerte Ausnahme). Es ist erfreulich zu beobachten, dass sich dieses Bewusstsein bei vielen Gütern inzwischen wandelt und dass sie den zwei Worten auf dem Etikett auch Taten bzw. Qualität folgen lassen wollen (erfreuliches Beispiel ist die Domaine de la Croix, die nach kontinuierlichem qualitativen Niedergang in den 80er und 90er Jahren jetzt unter neuer Leitung wieder an gute alte Zeiten anknüpft).

Der einfache Rote des Hauses Rimauresq ist von dunkler Farbe und duftet nach roten Früchten, getrockneten Kräutern und ein wenig balsamisch, am Gaumen kräftig, straff, ein wenig rustikal, es zeigt sich noch ein Hauch Bitterschokolade und recht gute Länge. Vor allem ist er ein wunderbarer Begleiter zu den einfachen kräftig gewürzten lokalen Gerichten, wie der Daube, gegrillten Merguez und selbst ein kräftig gegrillter Fisch passt noch.
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Markus Vahlefeld

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 11:53

So viele kleine Weisheiten auf engstem Raum... unglaublich!

Jeder Weinhändler sollte das auswendig lernen.
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thvins

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 13:16

Hallo Susa,

wie immer schön zu lesen - und mal wieder servierst Du mir einen guten alten Bekannten.

Wie du ja weißt, bin ich eher im Languedoc "groß" geworden, als nebenan in der Provence, aber Bauer Pioch in Aniane, dem ich durchaus erste interessante Midi-Weine zu verdanken hatte (er verkaufte neben eigenem Bio- Obst und Gemüse und diversen Pasten, herzhaften, wie süßen Brotaufstrichen und Würzmischungen auch immer Weine von befreundeten Winzern - das meiste war natürlich von umme Ecke, aber dabei war dann auch immer ein Winzer aus (ich erinnere mich nur an weiß und rot, aber nicht an den Rosé) der Provence - eben Rimaurecq. Und ich mochte den schon Anfangs der 90er - ich nahm sogar immer mal ein Fläschchen davon mit nach Deutschland...

Insofern ein Erinnerungsauslöser für mich - Bauer Pioch in Aniane... - schade, begreifen zu müssen, wie endlich alles ist - irgendwann war plötzlich der Laden zu und es gibt nichts, was ihn mir annähernd hätte ersetzen können, seinen Caviar d´Aubergine und all die anderen Würzmischungen vermisse ich schon sehr, selber machen ist hier auch nicht immer die Alternative...
Beste Grüße

Torsten

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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 13:55

Wie es sich in der Provence gehört, macht Rimauresq natürlich auch Rosés und die sind gar nicht mal so übel, vor allen nicht so himbeerbonbonig, wie so manche, über die man lieber den Mantel des Schweigens deckt. Aber die Roten haben den Ruf des Gutes begründet.

Caviar d'Aubergines. Welch netter Zufall, in meiner Küche liegen gerade Auberginen und warten darauf, zu besagtem Aufstrich verarbeitet zu werden. Dieser auf geröstetes Landbrot gestrichen, dazu muss schon fast ein Rosé her, gerne der rosé R. von Rimauresq, der ist wunderbar geschliffen und elegant.

Ich hab mal mein Rezept hier eingegeben, vielleicht hilft es Dir ein wenig bei Deinen Erinnerungen. Auberginenkaviar kann man wenigstens selber machen, aber meine Madame bleibt mir jetzt unwiederbringlich verloren so wie Dir Dein Bauer Pioch. :(

http://www.verkostungsnotizen.net/rez_d ... php?ID=141

Ich bevorzuge den caviar d'aubergines noch ein wenig stückig und nicht zu musig.

lieben Gruß
susa
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Moulis

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 14:38

Ich war ja letzten Sommer auch auf dem Weingut und hatte neulich nochmal den R 2004 im Glas.
Wieder großartig. Ich bin froh, dass ich einige Flaschen verschiedener Jahrgänge mitgenommen habe :)
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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 14:49

Hast Du auch noch 2007? Der ist auch richtig gut! Daran erkennt man übrigens ziemlich zuverlässig die besseren Betriebe da unten, die haben immer noch einige ältere Jahrgänge vorrätig und probierbereit.

lg
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Moulis

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 16:08

Ich meine ich hätte nur 2004, 2009 und Rose 2011 mitgenommen.
Muss ich mal heute nachschauen.
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thvins

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 16:47

Hallo Susa,

danke für das Rezept - das werde ich gern mal nachkochen - das einzige, was mich schon heute daran hindert ist der derzeit fehlende Piment d´ Espelette - muss ich erst wieder in Frankreich nach schauen in etwa zwei Wochen...

Sonst würde ich nur normales Paprikapulver nehmen können,

... aber dann kommst du mir wie der Barkeeper dem Jackie Leven als dieser ihn fragte, ob man beim Death Chopper (Part Wodka, Part Sea-water, Part Human blood) statt des Wodkas auch Gin nehmen könnte - der Barkeeper antwortete darauf: That would ruin it... :mrgreen:
Beste Grüße

Torsten

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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 17:56

Nun, da Ducasse persönlich in seinem Rezept auf das PdE verzichtet, würde ich mutig voranschreiten nach dem Motto "die wahre Kunst liegt im Weglassen" ;). Falls Du Pimenton de la Vera hast, das kann ich mir auch gut vorstellen.

lg
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Gerald

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Domaine de Rimauresq rouge

BeitragDi 9. Apr 2013, 18:03

Wie ich schon direkt beim Rezept geschrieben habe, kenne ich den Auberginenkaviar eigentlich ganz schlicht aus Auberginen, Olivenöl, Salz, Pfeffer, Knoblauch und etwas Zitronensaft. Habe auch mit ein paar anderen Gewürzen/Kräutern herumprobiert, bin aber irgendwie doch immer bei der "Basisvariante" geblieben.

Die im Ofen gegarten Auberginen finde ich auch für andere Gerichte (wo sie eigentlich klassischerweise in Scheiben gebraten werden) ziemlich toll, z.B. für den Papeton d'Aubergines.

Grüße,
Gerald
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