Administrator
- Beiträge: 4163
- Bilder: 20
- Registriert: Mo 6. Dez 2010, 16:33
- Wohnort: Niederrhein
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Viele Winzer haben ja als nicht unwesentliche Absatzquelle ihre Stammkunden. Man fährt einmal im Jahr zu "seinem Winzer", probiert ein wenig und deckt sich ein. Und das reicht dann für ein Jahr. Auch im Haushalt meiner Eltern war es, was Wein angeht, eher übersichtlich. Es gab einige Regalmeter Moselrieslinge, ein paar Châteauneuf-du-Pâpes, weil mein Vater diesen Wein sehr schätzte (seit er ihn unter recht unglücklichen Umständen nämlich in der Kriegsgefangenschaft kennengelernt hatte), und eine kunterbunte Ansammlung geschenkter Flaschen, was Kunden und Geschäftspartner so zu Weihnachten schickten oder Freunde zu Einladungen mitbrachten.
Und mit den Moselrieslingen funktionierte das so. Da hatten wir auch "unseren Winzer", den Erich, aus Kobern-Gondorf, der in der berühmten Lage Gondorfer Gäns seinen Rebbestand hatte. Erich hatte seinen Kundenstamm und fuhr jedes Frühjahr mit seiner Frau durchs Land und lieferte aus. "Des is unser Urlaub, was anneres kann sisch ein Winzer ja gar ned leiste! Also fun de Zeit her." Bis in den Schwarzwald führten ihn seine Fahrten, worauf er besonders stolz war, denn "die do unne" hatten ja selber ihren Wein vor der Haustür und wenn sie dann den seinen so sehr schätzten, das war schon ein Kompliment.
Und wenn Erich kam, das war immer ein Fest. Mutter kochte auf und buk einen Kuchen, Erich fuhr vor und brachte die Probeflaschen mit rein, man aß und probierte den neuen Jahrgang dazu und da war es vollkommen egal ob es Gulasch, Entenbraten oder Kalbsragout gab. Gleichzeitig wurde der neuste Koberner Tratsch erzählt, dass der "Edö", die angesehene Gastwirtspersönlichkeit des Dorfes, schon wieder angebaut habe und wer "geheirad" hatte und Grüße wurden ausgerichtet und erwidert. Dann erklärte Erich, dass der Riesling doch wieder ganz besonders gut geraten sei und so blieb es nicht aus, dass Kiste um Kiste in den Keller verschwand. Und eine Kiste, 6 Kabinett und 6 Spätlese war immer für mich.
Leider war es Erich nicht vergönnt, seinen Betrieb an einen Erben zu übergeben und so trug er sich einige Zeit mit dem Gedanken, aufzugeben, die Reben zu verpachten oder aber zu verkaufen. Aber für seinen letzten Jahrgang, so erzählte er immer, da habe er sich etwas fest vorgenommen, da wolle er keinen Wein mehr auf die Flasche ziehen "do leg isch mir e Fuder in de Keller und des reischt dann für mich und de Frau, solang mir lebe, dass mir uns grad jeden Abend e Schöppsche hole!"
Ja und dann kam er nicht mehr und irgendwann war die letzte Flasche der Gondorfer Gäns getrunken. Sie hatte sich in einen Winkel in meinem Vorratskeller zurückgezogen und war immer wieder mal übersehen worden. Es hatte sie auch niemand wirklich vermisst. Inzwischen war meine Liebe zu Frankreich, zu den Bordeaux, den Bandols, Burgundern und Rhôneweinen erwacht, Moselrieslinge passten da ohnehin nicht mehr rein.
Natürlich (es muss so um 2003 rum gewesen sein) fand sich die Flasche doch wieder (in einem wohl geordneten Haushalt geht ja nix verloren), zehn oder zwölf Jahre muss der Wein da wohl alt gewesen sein, eine Rieslingsspätlese und wir probierten. "Mann, der ist ja richtig gut! Gibt es da noch was von?" Irgendwie hab ich ihn immer noch in Erinnerung, aber leider gab's nichts mehr. Erich hatte sich zur Ruhe gesetzt und ich hab leider nicht mehr erfahren, ob er seinen Plan mit dem Fuder nur für sich und seine Frau wahr gemacht hat. Ich hoffe es.
Wie jede gute Geschichte hat auch diese zum guten Schluss ein Happy End, denn der Erich hat jemanden gefunden, der weiterhin Rieslinge von seinen Gondorfer Gäns macht und immer, wenn ich mir davon mal eine Flasche leiste, dann denk ich an Erich, seine Frau und das Fuder. Ja und der Nachfolger ist nicht einfach irgendwer, sondern – Kenner der Szene werden es die ganze Zeit geahnt haben – der Andreas Barth, der ja eigentlich gar nicht Winzer werden wollte, aber im Leben kommt es so oft genug anders als man denkt. Und ich glaub, der hat mit dem "Erbe" vom Erich auch einen ganz guten Fang gemacht.
Und weil es bei meinen Eltern zu Hause traditionellerweise immer einen Riesling vom Erich zum ersten Spargel gab, gibt es bei uns nächstes Wochenende zu eben jenem (ganz klassisch mit Hollandaise und Salzkartoffeln und Schinken)
2009 Gondorfer Gäns Alte Reben
Lubentiushof, Mosel
auch wenn das sicher noch ein wenig früh ist, denn die "Gäns" haben ein ordentliches Alterungspotenzial. Der Wein duftet fein nach Steinobst und Birnen und bezaubert durch seine Fülle an fruchtigen und mineralischen Aromen. Er legt sich seidig fein an den Gaumen, zeigt dichten Schmelz und Schliff, zum langen Abgang hin werden noch zarte Kräuteraromen spürbar.
Und dann trink ich ein Glas auf Erichs ganz spezielles Wohl, wo immer er jetzt sein mag!
Prost!
Und mit den Moselrieslingen funktionierte das so. Da hatten wir auch "unseren Winzer", den Erich, aus Kobern-Gondorf, der in der berühmten Lage Gondorfer Gäns seinen Rebbestand hatte. Erich hatte seinen Kundenstamm und fuhr jedes Frühjahr mit seiner Frau durchs Land und lieferte aus. "Des is unser Urlaub, was anneres kann sisch ein Winzer ja gar ned leiste! Also fun de Zeit her." Bis in den Schwarzwald führten ihn seine Fahrten, worauf er besonders stolz war, denn "die do unne" hatten ja selber ihren Wein vor der Haustür und wenn sie dann den seinen so sehr schätzten, das war schon ein Kompliment.
Und wenn Erich kam, das war immer ein Fest. Mutter kochte auf und buk einen Kuchen, Erich fuhr vor und brachte die Probeflaschen mit rein, man aß und probierte den neuen Jahrgang dazu und da war es vollkommen egal ob es Gulasch, Entenbraten oder Kalbsragout gab. Gleichzeitig wurde der neuste Koberner Tratsch erzählt, dass der "Edö", die angesehene Gastwirtspersönlichkeit des Dorfes, schon wieder angebaut habe und wer "geheirad" hatte und Grüße wurden ausgerichtet und erwidert. Dann erklärte Erich, dass der Riesling doch wieder ganz besonders gut geraten sei und so blieb es nicht aus, dass Kiste um Kiste in den Keller verschwand. Und eine Kiste, 6 Kabinett und 6 Spätlese war immer für mich.
Leider war es Erich nicht vergönnt, seinen Betrieb an einen Erben zu übergeben und so trug er sich einige Zeit mit dem Gedanken, aufzugeben, die Reben zu verpachten oder aber zu verkaufen. Aber für seinen letzten Jahrgang, so erzählte er immer, da habe er sich etwas fest vorgenommen, da wolle er keinen Wein mehr auf die Flasche ziehen "do leg isch mir e Fuder in de Keller und des reischt dann für mich und de Frau, solang mir lebe, dass mir uns grad jeden Abend e Schöppsche hole!"
Ja und dann kam er nicht mehr und irgendwann war die letzte Flasche der Gondorfer Gäns getrunken. Sie hatte sich in einen Winkel in meinem Vorratskeller zurückgezogen und war immer wieder mal übersehen worden. Es hatte sie auch niemand wirklich vermisst. Inzwischen war meine Liebe zu Frankreich, zu den Bordeaux, den Bandols, Burgundern und Rhôneweinen erwacht, Moselrieslinge passten da ohnehin nicht mehr rein.
Natürlich (es muss so um 2003 rum gewesen sein) fand sich die Flasche doch wieder (in einem wohl geordneten Haushalt geht ja nix verloren), zehn oder zwölf Jahre muss der Wein da wohl alt gewesen sein, eine Rieslingsspätlese und wir probierten. "Mann, der ist ja richtig gut! Gibt es da noch was von?" Irgendwie hab ich ihn immer noch in Erinnerung, aber leider gab's nichts mehr. Erich hatte sich zur Ruhe gesetzt und ich hab leider nicht mehr erfahren, ob er seinen Plan mit dem Fuder nur für sich und seine Frau wahr gemacht hat. Ich hoffe es.
Wie jede gute Geschichte hat auch diese zum guten Schluss ein Happy End, denn der Erich hat jemanden gefunden, der weiterhin Rieslinge von seinen Gondorfer Gäns macht und immer, wenn ich mir davon mal eine Flasche leiste, dann denk ich an Erich, seine Frau und das Fuder. Ja und der Nachfolger ist nicht einfach irgendwer, sondern – Kenner der Szene werden es die ganze Zeit geahnt haben – der Andreas Barth, der ja eigentlich gar nicht Winzer werden wollte, aber im Leben kommt es so oft genug anders als man denkt. Und ich glaub, der hat mit dem "Erbe" vom Erich auch einen ganz guten Fang gemacht.
Und weil es bei meinen Eltern zu Hause traditionellerweise immer einen Riesling vom Erich zum ersten Spargel gab, gibt es bei uns nächstes Wochenende zu eben jenem (ganz klassisch mit Hollandaise und Salzkartoffeln und Schinken)
2009 Gondorfer Gäns Alte Reben
Lubentiushof, Mosel
auch wenn das sicher noch ein wenig früh ist, denn die "Gäns" haben ein ordentliches Alterungspotenzial. Der Wein duftet fein nach Steinobst und Birnen und bezaubert durch seine Fülle an fruchtigen und mineralischen Aromen. Er legt sich seidig fein an den Gaumen, zeigt dichten Schmelz und Schliff, zum langen Abgang hin werden noch zarte Kräuteraromen spürbar.
Und dann trink ich ein Glas auf Erichs ganz spezielles Wohl, wo immer er jetzt sein mag!
Prost!
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
James Bond in From Russia with Love