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Champagner

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Ole

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Re: Champagner

BeitragMo 14. Mär 2022, 13:20

Neulich hieß es: Chardonnay auf die Probe gestellt – und das viermal, aus vier verschiedenen Ecken der Champagne:
André Jacquart: Mesnil Expérience, GC, brut nature (Côte des Blancs)
Im Glas leuchtet helles Gold, fascettiert von feiner Perlage; in die Nase strömt der Duft von Melone, reifer Aprikose und anderen gelben Früchten; am Gaumen dann die Überraschung: Das Früchteversprechen wird nur ganz zu Anfang eingelöst, zudem recht schüchtern, dann forsch durch prägnante Säure ausgebremst, die bis zum durchaus langen Ende das Heft in der Hand behält. Leichte Adstringenz macht sich bemerkbar, wohl von der Holzerziehung stammend, zart mineralische Noten mischen sich ein. Ein Champagner, der klar und straight daherkommt und gleichzeitig sehr karg ist, etwas Raues mitbringt (Malo blockiert!) und daher (?) anstrengend wirkt. Der hat nichts Einschmeichelndes, zeigt vielmehr deutliche Kante, ist nichts für Warmduscher, dennoch irgendwie einnehmend, wenn man ihm und sich Zeit gibt. Er stammt von gut sechzig Jahre alten Reben und lag 72 Monate auf der Feinhefe.
Jacques Lassaigne: Les Vignes de Montgueux (Côte des Bar)
Der ist etwas heller als der Vorgänger und setzt eine sehr feine, lang anhaltende Perlage frei; der Nase bieten sich reife, fast üppige Fruchtnoten, zwischen denen ein Hauch von Tannennadeln und Kräutern aufblitzt; am Gaumen dann ein deutlicher Kontrast zum Jacquart: Hier betört eine wohlige Weichheit, hier ist Cremiges, Samtiges, Flaumiges (Malo realisiert!) – aber ohne alle Kitschigkeit! Wiederum Kräuter, überreifer Apfel, Zitrus, eine Prise Rauch, ein Hauch von Gärnoten, (letztere besonders verleihen dem Champagner einen eigentümlichen Charme); das alles ist fein gefächert und subtil. Obwohl dieser hier ohne Dosage auskommt, (es gibt mitunter auch extra-brut-Ausgaben), wirkt er nie karg und überfordernd, sondern angnehm harmonisch und ausgeprochen attraktiv, fast süffig, die Hand geht von allein zum Glas! – Der Champagner stellt eine Cuvée aus drei aufeinander folgenden Jahrgängen dar, ist spontan vergoren und zu einen Drittel in Holz ausgebaut, reifte 36 Monate ‚sur lattes‘ und wurde ‚à la volée‘, also per Hand degorgiert.
Lamiable: Phéérie, GC, Millésime 2011 (Montagne de Reims)
Guter Auftritt: Gold im Glas, feine Perlage, attraktive, reife, füllige Fruchtnase, aber dann nur verhaltener Applaus: Der Champagner wirkte süß, – zu süß, dabei war er nur mit 6,75g dosiert, stand also gewissermaßen noch mit einem Fuß im extra-brut-Bereich. War er am falschen Ort – hinter den beiden undosierten? Er bot ein durchaus attraktives Mundgefühl und schöne Fruchtnoten, bei feiner, zarter Säure, aber die Süße blieb bzw. wirkte aufgesetzt, aufdringlich. Den müßte man mal solo probieren. Ich hatte ihn als ausgeglichen und fein in Erinnerung. Er hat an die 70 Monate Hefelager.
Perrier-Jouet: Blanc de Blancs (aus diversen Gegenden der Champagne)
Sehr hell, mit zarten Grünreflexen; mittelfeine, hektisch wirkende Perlage; zurückhaltende Nase, die entfernt Blütiges, entfernt Fruchtiges wahrnimmt; am Gaumen stellt sich eine handfeste Säure, dann eine leichte Bitternote in den Vordergrund, die, gepaart mit deutlicher Adstringenz, den Eindruck einer gewissen Derbheit zurückläßt; der Champagner ist wenig nuanciert, hat kaum Frucht, bietet kein Aromenspiel und wirkt – langweilig. Erstaunlich ist, daß er, obwohl mit 8g dosiert, deutlich weniger süß wirkt als der Vorgänger. Er war mit ca. 60€ der teuerste der Runde, die drei anderen lagen preislich zwischen 45€ und 50€.
Ole
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Kle

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Re: Champagner

BeitragMo 14. Mär 2022, 19:57

Hallo Ole,

vielen Dank für die schönen Beschreibungen der Champagner und speziell auch für ihre Inhalte!
Dies war für mich eine Probe der Extreme. Jacquart forderte mit seinen harschen Citrusaromen heraus, Lamiable mit beschwerender Süße, Perrier-Jouet mit seinem unvernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis ( ich wollts nicht glauben, ich habe gegoogelt) und Lassaigne bot eine sehr eigenständige, subtile Raffinesse: immer etwas zurückweichend und die Schlusspointe verweigernd.
Die Geschmacksbilder teils so wenig „klassisch“ (also nie langweilig), dass ich mich eher wie in einer Stillweinprobe unterschiedlicher Anbaugebiete fühlte.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
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Trapattoni

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Re: Champagner

BeitragFr 25. Mär 2022, 12:32

vanvelsen hat geschrieben:Liebes Forum,

Nach zwei Jahren Pandemie tat es gut, wieder einmal ein ganz normales Fest feiern zu können. So geschehen letzten Samstag im Grandhotel Giessbach, einem wunderschönen Belle Epoque Hotel, das ich jedem Forumsteilnehmer von Herzen empfehlen kann, sollte er oder sie in der Schweiz verweilen wollen.

An diesem Wochenende habe ich diverse Champagner probieren dürfen, und von meinen Coup de Coeur Weinen Notizen gemacht. Top gefallen haben mir die Weine von Champagne Robert Moncuit, Champagne Geoffroy, Champagne A. Lamblot, Champagne Leclerc Briant, Champagne Veuve Fourny & Fils, Champagne J. L. Vergnon sowie Champagne Domaine de Bichery.

Von den meisten habe ich Notizen gemacht, die man hier nachlesen kann:
https://vvwine.ch/2022/03/feiern-wie-vor-100-jahren/

Gruss,

Adrian


Der 2013 "Les Vozémieux" von Robert Moncuit bereitet in der Tat sehr, sehr großes Vergnügen. Herzlichen Dank für den Tipp! ;)

Grüße
Dieter
Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind jene, aus denen man trinkt.
(Joachim Ringelnatz)
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EThC

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Re: Champagner

BeitragSa 30. Apr 2022, 14:22

...wenn "Orange" statt "Rosé" auf dem Etikett stünde, würd ich auch nicht meckern:

Bild
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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Ole

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Re: Champagner

BeitragDi 3. Mai 2022, 12:32

Gestern im Glas – Dieboldt-Vallois: Prestige
Dem Auge bietet sich sehr helles Gold und eine extrem feine, nachhaltige Perlage, der Nase eine betörende, überströmende Üppigkeit: reife gelbe Sommerfrüchte, intensiver, fast parfümiger Blütenduft, auch trockene Kräuter; am Gaumen dann keinerlei Üppigkeit, sondern Eleganz, Finesse, Harmonie; Aprikose, reifer Apfel, Orangenschale, exotische Akzente, ein Hauch Mineralik; Frische, Klarheit und Präzision; der Wein entwickelt enorme Komplexität, hat Energie, ist intensiv, bleibt dabei aber stets leichtfüßig tänzelnd, ist von feiner Cremigkeit und – sehr lang: eine Delikatesse!
100% Chardonnay aus Cramant, Chouilly, Le Mesnil; aus drei aufeinander folgenden Jahrgängen, in Edelstahl ausgebaut, dazu kommen etwa 15% Reserveweine aus dem großen Holzfaß; Dosage 6g
Ole
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Jochen R.

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Re: Champagner

BeitragMo 13. Jun 2022, 18:28

Kannte ich bisher noch nicht - seit kurzer Zeit bei "meinem"
Händler vor Ort im Programm ...

Nominé-Renard Brut
In der mittelkräftigen Nase erst mal Brioche, und dann Brioche,
gefolgt von Zitronenkuchen und floralen Noten. Mit der Zeit ein
Hauch Minze im Hintergrund.
Mittlerer Körper, frisch zitrusfruchtig, salzig/würzig/mineralisch,
Trinkfluss, mittellang. Gefällt mir sehr gut, 90 P.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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AmonA

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Re: Champagner

BeitragSo 19. Jun 2022, 15:41

Ich bin ab sofort Robert Moncuit Fan.
Heute den Rosé Les Romarines GC extra brut. Zero Dosage. Degorgiert 2/2021. Das Datum ist wichtig. Wenn ich vorher beim Händler gelesen hätte, dass man diesen Schampus am besten 10 Jahre nach Degorgierdatum genießen sollte, hätte ich die Flasche noch liegen lassen - vielleicht.
Extrem feine Mousseux, Farbe wie poliertes Kupfer, in der Nase Brioche und rote Früchte. Am Gaumen mineralisch, die Perlage ist dezent.
Ich trinke sonste nicht so gerne Rosé Sprudler, aber dieser hier hat mir sehr gut gefallen!

Vor ein paar Wochen hatten wir den Blanc de Blanc GC extra brut Perpetuelle. Gleicher Preis beim Händler wie der Rosé. Etwas ausdrucksstärker in der Nase, viel Brioche und Walnuß. Am Gaumen setzt sich die Walsnussorgie fort, die Mousseux ist phänomenal und sorgt für ein einmaliges Mundgefühl. Auch wieder sehr mineralisch und lang am Gaumen.
Ich bin dann sehr gespannt auf die Jahrgangschampagner Les Vozémieux.
Grüße
AmonA (aka Volker)
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vanvelsen

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Re: Champagner

BeitragMo 20. Jun 2022, 09:20

AmonA hat geschrieben:Ich bin ab sofort Robert Moncuit Fan.
Heute den Rosé Les Romarines GC extra brut. Zero Dosage. Degorgiert 2/2021. Das Datum ist wichtig. Wenn ich vorher beim Händler gelesen hätte, dass man diesen Schampus am besten 10 Jahre nach Degorgierdatum genießen sollte, hätte ich die Flasche noch liegen lassen - vielleicht.
Extrem feine Mousseux, Farbe wie poliertes Kupfer, in der Nase Brioche und rote Früchte. Am Gaumen mineralisch, die Perlage ist dezent.
Ich trinke sonste nicht so gerne Rosé Sprudler, aber dieser hier hat mir sehr gut gefallen!

Vor ein paar Wochen hatten wir den Blanc de Blanc GC extra brut Perpetuelle. Gleicher Preis beim Händler wie der Rosé. Etwas ausdrucksstärker in der Nase, viel Brioche und Walnuß. Am Gaumen setzt sich die Walsnussorgie fort, die Mousseux ist phänomenal und sorgt für ein einmaliges Mundgefühl. Auch wieder sehr mineralisch und lang am Gaumen.
Ich bin dann sehr gespannt auf die Jahrgangschampagner Les Vozémieux.


Das ist wahrlich ein grandioser Winzer - ich habe mich ebenfalls reichlich eingedeckt mit dem Perpetuelle sowie dem Vozémieux :-) Gruss, Adrian
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EThC

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Re: Champagner

BeitragMo 20. Jun 2022, 09:38

AmonA hat geschrieben:Rosé Les Romarines GC extra brut. Zero Dosage.
...trotz zéro Dosage nicht brut natur? Weißt Du, wieviel Restzucker da im Spiel ist? Oder ist dem Winzer die Geschmacksangabe "extra brut" einfach lieber als "brut natur"?
Viele Grüße
Erich

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AmonA

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Re: Champagner

BeitragMo 20. Jun 2022, 16:00

EThC hat geschrieben:
AmonA hat geschrieben:Rosé Les Romarines GC extra brut. Zero Dosage.
...trotz zéro Dosage nicht brut natur? Weißt Du, wieviel Restzucker da im Spiel ist? Oder ist dem Winzer die Geschmacksangabe "extra brut" einfach lieber als "brut natur"?

Tja, da kann ich nur raten...Auf dem Rückenetikett steht nix vom RZ. Auch eine kurze Recherche im Netz hat nicht viel ergeben. Lob schreibt zum Vozémieux 2013: komplett trocken, 1 g Dosage...
Ich hätte den Rosé und den Perpetuelle nicht so loben sollen. Über Nacht hat Lob die Preise um ca. 10 % angehoben :twisted:
Grüße
AmonA (aka Volker)
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