Deutschland 2023

...wie? Noch keine Vorhersagen für 2023 hier

Ich übernachte regelmäßig im Raum Ingelheim, manchmal auch in Hotels, die ein Wurmfortsatz eines Weinguts sind. Vorgestern wurde mir auf Nachfrage, wie die Lese so läuft (ein Anhänger mit Trester stand vor der Tür), geantwortet, daß man schon fast fertig sei, nur am folgenden Tag wird noch ein kleiner Teil reingeholt. Man sei so früh wie selten durch, auch deswegen, weil der Fäulnisdruck zuletzt sehr hoch gewesen sei, viele Sachen hätte man nicht zum optimalen Zeitpunkt lesen können und man sei nicht so wirklich zufrieden. Zwar nur eine Einzelmeinung aus einem eher unbekannten Weingut, aber vielleicht häufen sich hier ja noch ein paar andere an...

Hallo Forum,

im Faden " welchen Wein habt ihr gerade im Glas " habe ich am 7. September schon meine ersten Eindrücke von der Weinernte 2023 geschildert,; der Essiggeruch im den Weinbergen in der Pfalz war bisweilen schon sehr intensiv.

Seit unserer Fahrradtour dort sind nun schon gut 4 Wochen vergangen, und die Ernte dürfte in weiten Teilen der deutschen Anbaugebiete schon abgeschlossen sein. Im Rekordtempo, Essig läßt grüßen.

Ohne ganz strikte händische Selektion bei der Ernte dürften die Aussichten auf gescheite Qualitäten bei der Lese 2023 nicht allzu groß sein. Und da ja heutzutage ein Großteil der Ernte maschinell eingebracht wird, werden auch wir anspruchsvollen Weinforumianer noch mehr als bisher unsere Geruchs- und Geschmacksorgane bemühen müssen.

Eines scheint mir sicher: es wird ( mit entsprechendem Aufwand ) auch 2023 wieder eine Reihe sehr guter Qualitäten geben, die Mostgewichte und Mostsäuren stehen in guter Balance. Nahe, Mittelrhein und Rheinhessen ( nur da kann ich ein bißchen mitreden ) haben beim Riesling schon einige GG- würdige Partien eingebracht ( was mich besonders freut ), edelsüße Partien dürften sehr rar sein. Von der Mosel haben mir Weinfreunde berichtet,daß dort manche Rieslinganlagen wegen des intensiven Essigbefalls gar nicht erst abgeerntet werden.

Nur wer früh genug mit der Ernte begonnen hat,kann auch auf gesunde Weine hoffen ( auf Kosten einiger Öchslegrade und optimaler physiologischer Reife ).Da können einem die großen Weingüter mit fast oder über 100 ha Rebfläche schon ein bißchen leid tun. Erntebeginn ganz früh und ganz am Ende vielleicht nur noch unbrauchbare Essigtrauben.

Meine persönliche Erwartung: ein sehr gespaltener Weinjahrgang 2023 kommt auf uns zu , Topqualitäten werden noch rarer sein als bisher und ( befürchte ich ) auch noch kostspieliger.

Gruß Ursus

Und da ja heutzutage ein Großteil der Ernte maschinell eingebracht wird, werden auch wir anspruchsvollen Weinforumianer noch mehr als bisher unsere Geruchs- und Geschmacksorgane bemühen müssen.

Mir ist neu, dass bei den Winzern, die uns "anspruchsvolle Weinforumianer" überwiegend bis ausschließlich interessieren, ein Großteil der Ernte maschinell eingebracht wird.

... edelsüße Partien dürften sehr rar sein....

Auszug aus einer Mail von Marianne Müller (Weingut Matthias Müller, Spay):

"Sehr geehrter Herr....,

das Weinjahr 2023 ist ganz nach Ihrem Geschmack.

Hohe Mostgewichte, gepaart mit schöner Säurestruktur.

Wir haben bereits eine TBA, BA, Auslesen und hochkarätige Spätlesen im Keller.

Sie benötigen nur ein paar Monate Geduld und dann können wir sagenhafte Süßweine vorstellen."

Zahlreiche Grüße

Bernd

"in diesem Jahr haben wir, aufgrund der starken Regenfälle, früher mit der Lese begonnen, als ursprünglich gedacht. Mittlerweile sind wir seit genau zwei Wochen in der Lese und ein erstes Bild zeichnet sich ab. Die Ernte ist eine große Herausforderung und wir versuchen uns jeden Tag eine größtmögliche Flexibilität zu bewahren. Die Burgundersorten sind mittlerweile alle im Haus. Kerngesund, dank penibelster Selektion, super aromatisch und angenehm in der Säure. Die Menge ist soweit ganz in Ordnung und die Moste gären gut. Die ersten Rieslinge sind bereits im Haus, darunter auch die ersten Trauben für die großen Lagenweine. Im Orbel und im Pettenthal waren wir – deutlich früher als in den Vorjahren – in der Lage herausragend gute Trauben zu ernten.

Kurzum: Der Herbst ist herausfordern, aber wir haben großen Spaß. Und die gute Nachricht ist: am Ende wird es Wein"

"Der Jahrgang 2023 wird eine Herausforderung. Wir sind viel in den Anlagen gewesen und schaffen Belüftung und Platz, schneiden schlechte Trauben heraus, so dass jede Traube gut reifen kann.
Die Niederschläge waren leider im August recht hoch, so dass in Winzerkreisen gerade etwas Ungeduld bis hin zu Panik aufkommt. Die dichtbepackten Trauben drücken sich ab und platzen auf. Wir haben unsere Anlagen gut vorbereitet und werden ab Mittwoch voll in den Herbst starten. Meine 9 Erntehelfer stehen in den Startlöchern. Drücken Sie bitte uns die Daumen!"

"Gestern sind wir nach fast einem Monat mit der Lese des Jahrgangs 2023 fertig geworden. Die sorgfältige Arbeit unseres Leseteams hat sich bezahlt gemacht, sodass unsere hohen Erwartungen einmal mehr übertroffen wurden und wir sehr zufrieden sind! "

Nur einige Äußerungen von Winzern...

"Das Lesegut, welches wir in diesem Jahr eingebracht haben, war zum großen Teil von unterdurchschnittlicher Qualität. Wir erwarten daher eher mäßige 2023er."

So etwas wird natürlich kein Winzer schreiben. Jeder wird darüber berichten, wie er trotz aller Widrigkeiten dem Jahrgang wieder einmal absolute Topweine abgerungen hat.

Auch insofern sind die Spekulationen über das, was uns aus 2023 erwarten wird, zum jetzigen Zeitpunkt ziemlich müßig.

So etwas wird natürlich kein Winzer schreiben. Jeder wird darüber berichten, wie er trotz aller Widrigkeiten dem Jahrgang wieder einmal absolute Topweine abgerungen hat.

...allenfalls im persönlichen Gespräch wie bei mir (siehe Initialbeitrag), als offizielles Statement wohl kaum...

Ich bin und bleibe ein Skeptiker.

Also wenn ich die Preise erhöhen wollen würde,
würde ich nur positives über die letztendlichen Qualitäten erzählen und auch von vielen
Kraftanstrengungen erzählen, damit der der Kunde sicher ist die Preise sind gerechtfertigt

Same every year.

Sorry will nicht zu kritisch sein
Aber irgendwie liest man doch fast jedes Jahr das Gleiche oder?


PS:
Und ja natürlich glaube ich, dass die Winzer sau viel Aufwand aufwenden !
Ich glaube nur nicht, dass irgendwas was über den Jahrgang offiziell so veröffentlicht wird hilft.

...nachdem's ja ein Mail aus eigenem Antrieb an mich und andere Kunden des Weingut d.b Schmitt in Flörsheim-Dalsheim ist, erlaube ich mir mal, einen Auszug daraus hinsichtlich der 23er Situation aus Sicht des Gutes hier zu posten:

Sehr geehrter Herr ......,

herzliche Grüße mitten aus der Weinlese 2023 und aus dem Alexanderhof! Wir ernten diese Woche unsere letzten Weinberge und Freud und Leid lagen & liegen wie so oft sehr nah beieinander.

Manche haben es vielleicht in den sozialen Medien oder den Nachrichten mitbekommen: Das Wonnegau (der südliche Teil Rheinhessens) hat am 12. September einen heftigen Hagelschlag abbekommen. Gerade mal vier Wochen nach dem ersten Hagel-Unwetter. Von unseren Weinbergen waren die Kriegsheimer Lagen betroffen. Wir haben alle betroffenen Weinberge am 13. September ernten müssen und danken Mutter Natur, dass Sie im Vergleich zu anderen Orten noch Trauben am Stock gelassen hat. Gleichzeitig ist im Frauenberg, eine der bekanntesten Flörsheim-Dalsheimer Lagen, der Mehltau ein Problem, da die Weinberge dort nur sehr langsam abtrocknen.

Aber auch hier sind wir dankbar für die 500 l 2023er Kékfrankos und die eine Bütte Scheurebe, die wir noch gesund und wohlbehalten aus den Weinbergen ernteten und momentan auf der Maische gärt (später im Erdreich).

In diesem 2023er Jahr sind spätreifende Rebsorten in windoffenen, schnell abtrocknenden Jahren klar im Vorteil. Dieses windoffene Mikroklima hat in den heißen Jahren zu Verbrennungen und Trockenstress geführt. Daher ist für uns die natürliche Diversität und das individuelle Kleinklima der Weinberge ein Geschenk und essenziell für unsere tägliche Arbeit jetzt und in den nächsten Jahrzehnten. Die spätreifenden Riesling-Trauben machen uns gerade diese und kommende Woche enorm viel Freude und werden in allen Facetten ein aromatischer Genuss werden. Seid gespannt!

Hallo zusammen,

ich habe auch dieses Jahr wieder bei der Lese geholfen und auch in Rheinhessen gab es Licht und Schatten.
Selbst innerhalb eines Anbaugebiets kam es extrem auf den Standort an.
Die Große Menge an Niederschlag im Aug (>250l) hat dem Spätburgunder das Genick gebrochen. Die Beeren haben sich so mit Wasser vollgesogen dass viele geplatzt, und somit verfault sind. Teilweise waren an einer Traube die eine Hälfte unreif und die andere Hälfte verfault. Hier war es extrem schwierig zu selektieren. Generell haben wir viel Spätburgunder rausgeschnitten. Die Ertragsverluste waren hoch.
Im Gegensatz dazu sah es bei den Klonen bei denen die Beeren lockerer hingen, und an den Standorten mit besser „Belüftung“ der Reben besser aus. Das hat leider die Verluste aber nicht aufgefangen.

Besser sah es bei den Weißen Rebsorten aus. Hier musste nicht so viel rausgeschnitten und selektiert werden, und der Ertrag war gut. Weniger als im Vorjahr, aber wesentlich besser als z.B. 21.
Die Oechslegrade waren alle durchweg OK. Dahingehend ist zumindest alles gut reif geworden.
Bei diesem Winzer war es ein Blitz-Herbst. In weniger als 4 Wochen war alles drin.
Man ist wenigstens vom Hagel verschont geblieben und somit war der Winzer zwar mit dem Ertrag nicht zufrieden, aber dennoch froh, im Gegensatz zu einigen Kollegen keine 20km weiter, überhaupt was zu haben.

Gruss Marko

...ich habe auch dieses Jahr wieder bei der Lese geholfen und auch in Rheinhessen gab es Licht und Schatten.

Danke für diese sachliche Einschätzung.