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Deutschland 2013

Berichte, Erfahrungen, Prophezeiungen
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Gerald

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Re: Deutschland 2013

BeitragFr 2. Mai 2014, 13:35

Hallo Markus,

sehr interessanter Bericht. Eine Passage habe ich aber nicht verstanden:

Peter Jakob Kühn lehnt es ab, in den Weg, den der Most bis hin zum Wein im Keller durchlaufen will, einzugreifen. Diese Art der antiautoritären Erziehung führt vor allem in Jahren, in denen die Trauben eine hohe Säure vorweisen, dazu, dass der Wein von alleine die Äpfelsäure in milde Milchsäure umwandelt. So auch in 2013.


Gerade wenn der BSA von selbst (also ohne zugesetzte Bakterienkulturen) starten soll, dann geschieht das doch umso schlechter, je niedriger der pH-Wert ist. Also wenn ohnehin schon viel Säure vorhanden ist, startet der BSA kaum von selbst. Da wird dann vorher eine chemische Entsäuerung empfohlen, siehe z.B. hier: http://www.dlr-rnh.rlp.de/Internet/glob ... enDocument

Wenn also - wie ich annehme - PJK weder Bakterienkulturen noch chemische Entsäuerung verwendet, dann passt das Statement oben nicht so richtig ... :?

Soweit ich weiß, kann man ja auch noch mit den Stellrädchen Temperatur, Schwefelung etc. den BSA begünstigen oder verhindern, aber ohne Eingriff sollte die Sache doch genau umgekehrt verlaufen. Also je weniger Säure vorhanden ist, desto leichter startet der BSA. Oder habe ich da etwas übersehen?

Grüße,
Gerald
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Markus Vahlefeld

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Re: Deutschland 2013

BeitragFr 2. Mai 2014, 16:20

Hallo Gerald,

mein Kenntnisstand ist der, dass eigentlich jeder Wein, der lange auf der Hefe liegt und keiner Temperaturkontrolle unterliegt, recht natürlich einen BSA durchläuft. Doppelslaz-Entsäuerung, Schwefel, Kälte sind die großen Verhinderer eines BSA.

Kühn wendet nach seiner Aussage nichts dergleichen an. Auch selbstredend nichts, was den BSA künstlich begünstigt.

Ich denke, beim BSA ist es wie beim Barrique. Mit den Jahren kommt die Erfahrung und der passende Einsatz.

Außerdem: bist Du sicher, dass ein niedriger PH-Wert - tendenziell also höhere Säure - einen BSA eher verhindert? Ich dachte, niedriger PH-Wert und BSA hätten keine Korrellation.
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Gerald

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Re: Deutschland 2013

BeitragFr 2. Mai 2014, 16:24

Außerdem: bist Du sicher, dass ein niedriger PH-Wert - tendenziell also höhere Säure - einen BSA eher verhindert? Ich dachte, niedriger PH-Wert und BSA hätten keine Korrellation.


meines Wissens nach (bin natürlich kein Önologe) ja. Allgemein mögen die meisten Bakterien am liebsten neutrale pH-Werte, saure Medien machen ihnen das Leben schwer, ähnlich wie sehr hohe Zuckerkonzentrationen etc.. Außerdem wirken viele Konservierungsmittel (z.B. Sulfit, aber auch organische Säuren wie Essigsäure oder Sorbinsäure) erst bei niedrigen pH-Werten so richtig.

Grüße,
Gerald
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MichaelWagner

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Re: Deutschland 2013

BeitragFr 2. Mai 2014, 23:14

Hallo zusammen,

Der BSA startet bei ph-Werten >3 (Faustregel, ohne jetzt zu tief einzutauchen) spontan, meist schon parallel zur alkoholischen Gärung. PH-Wert-technisch lagen die Moste da auch 2013 im grünen Bereich (bei selektioniertem Lesegut, was in 2013 bedeutete: nicht die Faulen raus, sondern die Grünen - wird auch häufig falsch gedacht) Beim BSA ist dann wenig Zauberei im Spiel - es passiert einfach. Lässt man die Weine lange auf der Feinhefe ausreifen, läuft er weiter. Frühe Schweflung/Abstich ist dann natürlich Tabu, da damit alle Prozesse gestoppt werden. Der Weinstil wird dadurch weniger fruchtbetont, dafür etwas mehr in die "Kräuterrichtung" (was ich persönlich bevorzuge...) Größter Fehler in säurebetonten Jahren wie 2013: scharfe Vorklärung, frühe Schwefelung und Abstich. Wird meist gemacht weil das Lesegut ja "so schmutzig" aussah - fehlgeleitete deutsche Reinlichkeit in dem Fall.

Gruß, Michael
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Rainer Kaltenecker

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Erste Einschätzung Riesling Jahrgang 2013

BeitragSa 3. Mai 2014, 09:40

Hallo Zusammen,
wir waren in Mainz fleißig und haben gut 60 Rieslinge des Jahrganges 2013 verkostet sowie beschrieben:

http://toaster.wordpress.com/2014/05/02 ... angs-2013/

Wir waren positiv überrascht über die präsentierten Qualitäten. Die Winzer kamen mit den Widrigkeiten des Jahrganges viel besser zurecht, also noch 2003 oder 2006. Bis auf wenige Ausnahmen (zu resche Säure und zu viel Botrytis) zeigten sich die Weine frisch und klar. Sicher muss man die pikantere Säure mögen und vermutlich brauchen die Rieslinge länger Zeit auf der Flasche bis sie sich beruhigt haben, aber auch 2004 machte zu Beginn nicht so viel Freude und präsentiert sich heute zuweilen sehr ansprechend.

Besonders gut empfanden wir die Kollektionen von Prinz, Kühn, Emrich-Schönleber, Wagner-Stempel (auch sein Silvaner ist gelungen), Kühling-Gillot, Bürklin-Wolf und Christmann. Bei den Restüßen stach für mich Von Hövel hervor. Aber wir konnten natürlich nur eine kleine Auswahl probieren.

Was meint Ihr?

Viele Grüße
Rainer Kaltenecker
Rainer Kaltenecker
www.weintasting.de
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Oberpfälzer

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Re: Deutschland 2013

BeitragSa 7. Jun 2014, 10:08

Gestern im Glas Riesling Steinadel 2013 von Battenfeld-Spanier. Einerseits tolle glockenklare Rieslingcharakteristik. Aber die Säure ist derart gewaltig, dass sie mich überfordert. Habe ihn für heute Abend auf Wiedervorlage gesetzt :D Evtl. morgen mehr Infos dazu.
Servus
Wolfgang
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Charlie

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Re: Deutschland 2013

BeitragSo 8. Jun 2014, 00:23

Habe 2013 getauft: Refluxjahrgang
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Don Miguel

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Re: Deutschland 2013

BeitragSo 8. Jun 2014, 20:43

UlliB hat geschrieben:Gewissermaßen die Kehrseite der von Stephan beklagten "Jahrgangspauschaliererei" ist die von manchen Händlern propagierte Meinung, dass der Jahrgang so gut wie gar keine Bedeutung mehr hat.

Die einfachste Variante ist die, ganz einfach jeden Jahrgang als besser als seinen jeweiligen Vorgänger zu bezeichnen, worauf man dann auch gleich das Argument dafür hat, dass der aktuell beworbene Wein "der beste jemals erzeugte XY" ist. Diese Methode wird z.B. von einem nicht ganz unbekanntem Händler aus dem fernen Westen der Republik kontinuerlich verfolgt. An und für sich müsste das Vorgehen auf längere Sicht zu einer Glaubwürdigkeitskrise führen - die Tatsache jedoch, dass die Kunden diese Masche offensichtlich seit vielen Jahren "fressen", spricht dafür, dass auch eine dämlich gestrickte Werbemethode durchaus ihre Klientel findet :mrgreen:

Etwas subtiler ist die Methode einiger Händler, zuzugeben, dass in bestimmten Jahren die äußeren Bedingungen nicht so ganz einfach waren, aber dabei darauf hinzuweisen, dass ihre (und nur ihre) jeweiligen Winzer auf Grund perfekter Weinbergsarbeit, gnadenloser Selektion und gerade dem richtigen Maß an kontrolliertem Nichtstun im Keller den widrigen Umständen getrotzt haben und (mal wieder) einen großen Wein in die Flasche gezaubert haben. Das ist schon etwas subtiler als Variante 1.

Und schließlich gibt es natürlich noch die Variante für die echten Kenner. Der Händler, der diese beliefern möchte, bestreitet überhaupt nicht, dass es erhebliche stilistische Jahrgangsunterschiede gibt. Aber seinen Winzern gelingt es jedes Jahr, das Terroir im exakten Kontext der jeweiligen Jahrgangsbedingungen perfekt herauszuarbeiten, wodurch der echte Kenner die Freude hat, die göttliche Kontinuität des Terrois vor dem Hintergrund der natürlichen Variabilität der Jahrgänge erkennen zu können. Das erweitert den Anspruch von Kategorie 2 in nicht unerheblichem Umfang und dürfte bei der ins Auge gefassten Zielgruppe gut verfangen.

Alle drei Kategorien blenden aus, dass es tatsächlich gute und weniger gute Jahrgänge gibt, und sich kein Winzer wirklich schlechten äußeren Bedingungen vollständig entziehen kann, was man den Weinen am Ende auch deutlich anmerkt.

Dass man mitunter nicht sofort erkennen kann, welche Qualitäten ein Jahrgang hat (und welche nicht), ist davon unbenommen.

Gruß
Ulli

Hallo Uli,
Ich habe deinen Beitrag erst jetzt mit leichter Verzögerung :oops: gelesen, aber ich finde diese Analyse einfach genial und auf dem Punkt! den Beitrag drucke ich mir als Erinnerungsstütze für künftige Jahrgangsdiskussionen aus ;)

Mit anerkennenden Grüßen
Don
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innauen

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Re: Deutschland 2013

BeitragDi 10. Jun 2014, 14:07

Ich finde Stephans Ranking wirklich überzeugend. Ich orientiere mich immer mehr nach den Winzern. Wobei auch dann die Jahrgänge nicht unbedeutend sind, denn 2011 zB gehört für mich schnell getrunken.

In der Händlerreklame steht die Jahrgangsbeschreibung auch deshalb vor der Winzerlobpreisung, weil die Kunden Weine nach wie vor gerne nach Jahrgangseinschätzungen kaufen. Ich habe das früher auch gemacht. In meiner ersten Phase zwischen 2003-2009 habe mich mangels Trinkerfahrung sehr stark nach den Jahrgängen gerichtet. Völlig falsch bin ich damit nicht gefahren. Aber die Orientierung am Winzer gibt dauerhaft mehr Halt.

Und soll man den Händlern verübeln, dass sie in jedem Jahr eine Bilanz schreiben und Umsätze ausweisen müssen? Ein Händler, der sagt "2011 empfehle ich nichts, der Jahrgang hat nur wenige Lichtblicke und zu denen zählen die Winzer, mit denen ich langfristige Lieferbeziehungen unterhalte, leider nicht" wäre doch mit dem Klammerbeutel gepudert, bald insolvent auch keine echte Empfehlung.

Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Michl

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Re: Deutschland 2013

BeitragDi 30. Jun 2015, 19:48

Ich bin, was Jahrgänge anbelangt, nie aktuell. So langsam fange ich erst an, die einfachen Weine/Gutsrieslinge aus 2013 zu trinken. Manche vertreten ja die Meinung, dass die Rieslinge sich im 2.Jahr etwas problematisch zeigen, was ich so nie fand, vielmehr hat mir der Mix aus Harnonisierung/Beruhigung und jugendlicher Straffheit im 2. Jahr immer besonders gut gefallen (bei den einfachen Weinen). Aber 2013 ist das leider nicht so. Durch die Bank fielen so gut wie alle bisher getrunkenen Weine durch unreif wirkende Säure gepaart mit nicht unharmonischem, ja regelrecht neben dem Wein stehendem Restzucker, der zudem raffiniert schmeckt auf. Bei den Spitzenqualitäten sprechen manche ja mittlerweile von einem Sitzenjahrgang, was ich nicht beurteilen kann. Hab noch nichts getrunken und auch noch nichts gekauft. Wie schätzt ihr mittlerweile den Jahrgang ein?
Viele Grüße

Michl
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