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Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Mo 15. Nov 2021, 23:25
von Bernd Schulz
Ralf Gundlach hat geschrieben:Denn ich kann mich an keinen Ausreißer nach unten von Birgit Eichinger erinnern.


Auch bei diesem Strasser Hasel aus 2020 handelt es sich nicht um einen deutlichen Ausreißer nach unten. Besonders überzeugend finde ich den Wein trotzdem nicht:

Bild

Diverse Uralt-Diskussionen möchte ich jetzt nicht wieder lostreten, aber..... ich halte diesen Wein mit seinen glatten, streckenweise schon leicht in Richtung Wrigley's Juicy Fruit :twisted: gehenden Aromen nicht nur für keine Glanzleistung, sondern auch für einen sehr typischen Reinzuchti. Aus der Ferne lässt Fanta grüßen.... :mrgreen: :twisted:

So einen tendenziell limonadigen und dementsprechend austauschbaren Grünen Veltliner brauche ich nicht unbedingt im Glas.

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Mo 14. Feb 2022, 23:19
von amateur des vins
Langsam, aber beharrlich verfolge ich weiter die Österreich-Erkundung. Letztens griff ich bei einer Offerte des Weinguts Hirsch zu. Die beiden Rieslinge mußten bereits "dran glauben", die Veltliner dann irgendwann demnächst.

Weingut Hirsch, Ried Gaisberg 1ÖTW 2020
Weingut Hirsch, Ried Heiligenstein 1ÖTW 2020


In der Nase ist der Gaisberg etwas hellfruchtiger und mildzitrischer, der Gaisberg minimal kräftiger und dunkler mit mildem, eher orangem Zitrus, dazu erdiger.
Am Gaumen dito: Hier scheint der Gaisberg deutlich mineralischer. Die Säure ist bei beiden eher unauffällig und mäßig frisch, aber definitiv nicht bissig. Eher zurückhaltender, leiser Charakter.

[+1d] Beide sind heute quasi ununterscheidbar. Ganz leicht bleibt die Tendenz vom ersten Tag, aber blind verkostet könnte das auch Einbildung sein.

[+2-4d] Nicht stark verändert, wieder minimal besser unterscheidbar, leicht abnehmende Frische.

Hmm, das ist schwierig... Für sich sind das wirklich schöne Weine, die auch sicher ihre Anhänger haben werden. Auf mich allerdings wirken sie ein wenig bräsig und spannungsarm. Spontan fällt mir ein Vergleich mit Witmanns Westhofener (ganz anderer Typus!) ein, der für rund 3/4 des Preises wesentlich spannender ist.

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Mi 16. Feb 2022, 22:26
von EThC
Einfach, aber nicht banal, dennoch kein Nachkauf:

Bild

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Fr 1. Apr 2022, 21:43
von amateur des vins
Mit plakativer "Naturweinstilistik" kann ich wenig anfangen, das ist eher nicht meins. Letztens habe ich mir aber 'was Dezentes aus der Ecke besorgt und hatte noch Platz in der Kiste. Zeit für ein Experiment (in mehrerlei Hinsicht!):

Matthias Warnung, Wild Bunch 7 Years In Tibet

Wahrscheinlich könnte man hier vom Jahrgang 2013 sprechen; jedenfalls handelt es sich um "Wein aus Österreich trocken L WB2/13". 13% steht auch noch drauf. Laut Händlerangaben wurde der Wein 7 Jahre im großen Holzfaß nach Art eines Jura non ouillé, also nicht aufgefüllt unter einem Hefeflor, ausgebaut. Und das mir, wo ich Jura doch vor vielen Jahren schon auf die Schwarze Liste gesetzt habe!

Der Wein ist goldgelb. Nach dem Einschenken sieht man für einige Sekunden Kohlensäurebläschen, die jedoch schnell das Weite suchen.
Die Nase ist erstaunlich "zivilisiert": Ich assoziiere Wachsblumen, Birnenschale und im Hintergrund dezent etwas Oranges, vielleicht Physalis. Das ganze ist vivace und leicht würzig.
Auch am Gaumen ganz leichte Kohlensäure, die aber sehr schnell nur noch unterschwellig Frische verleiht. Man schmeckt, daß der Wein "anders" ist, dabei aber nicht penetrant gewollt schräg. Sehr feiner Grip und eine gewisse Herbe, die wieder an die Birnenschalen erinnert, geben zusätzlich Spannung. Beim Schlucken kommt eine ganz leichte Räuchernote hinzu - oder ist das doch mein Forellenbrötchen? :mrgreen:

Ach ja, die Rebsorte wäre Grüner Veltliner. Der Würznote kann man es glauben, wenn man's weiß, aber mich würde wundern, wenn das irgendjemand blind erkennt. Macht aber nix, denn das Zeug ist auch ohne diese Kenntnis ziemlich lekker™. Und entweder ist das, was mir Jura vergrault hat, nicht obligat, oder es war doch Savagnin, den ich nicht mochte - oder Matthias Warnung hat's einfach 'raus. 8-) :lol:

Ups, habe ich das gerade geschrieben? :? Richtig gut jedenfalls, und daher habe ich gerade noch ein paar Flaschen aus anderer Quelle nachgeordert.

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Sa 2. Apr 2022, 15:06
von EThC
amateur des vins hat geschrieben:Und das mir, wo ich Jura doch vor vielen Jahren schon auf die Schwarze Liste gesetzt habe!
...laß es mal dabei, eine weitere Zunahme der FreßTrinkfeinde führt nur dazu, daß ich an so manches Zeugs nur noch schwerer rankomme als eh schon! :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: So 17. Apr 2022, 18:28
von thvins
Hallo Erich,

zumindest vor Ort im Jura ist doch genug für alle da. Außer du suchst bestimmte einzelne Weine spezieller Winzer...

Aber stimmt, der Hype um Jura kann Angst machen... - vor schnellerem Ausverkauf oder vor einer Preisspirale...

Von daher gut, dass sich nicht jeder das Jura "erarbeitet".

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: So 17. Apr 2022, 19:10
von EThC
thvins hat geschrieben:zumindest vor Ort im Jura ist doch genug für alle da. Außer du suchst bestimmte einzelne Weine spezieller Winzer...
...wenn man sich bestimmte Weine von Ganevat einbildet oder generell überhaupt was von Philippe Bornard haben will, muß man schon dauernd schauen und dann recht schnell sein. Ob's in den Fällen vor Ort besser ausschaut?

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Di 26. Apr 2022, 20:51
von Nora
Am Wochenende zum ersten Spargel mit Wiener Schnitzel öffnete ich den

Grünen Veltliner Alte Reben 2006 vom Weingut Willi Bründlmayer.

Ich hatte von diesem Wein im Jahr 2009 18 Flaschen gekauft. Leider stellte sich im Laufe der Jahre heraus, dass ca. jede 2. Flasche einen mal deutlichen, mal weniger deutlichen Korkschmecker hatte. Vor ca. 3 Jahren wandte ich mich mal an das Weiingut Bründlmayer mit der mich interessierenden Frage, ob dieses Problem bekannt sei.
Zu meiner großen Überraschung bekam ich ca. 1 Woche später ein Paket mit 6 hochwertigen Flaschen Wein der Familie Bründlmayer und einem persönlichen Anschreiben, in dem sich die Familie für die Fehlerhaftigkeit der Weine entschuldigte und mir viel Genuss mit den neuen Weinen wünschte. Ich finde das sehr bemerkenswert und überaus freundlich, zumal mein Schreiben gar nicht auf einen Ersatz angelegt war.

Dieses nun war meine letzte Flasche des Weins und die präsentierte sich in einem ganz ausgezeichneten Zustand. Der mittlerweile tief goldgelbe Wein war mundfüllend und schmelzig mit reicher Steinfrucht (insb. Birne), ein paar exotischen Anklängen und einer feinen Honignote. Die Üppigkeit wurde durch eine schöne Mineralität und einer noch immer ausreichend präsenten Säure gepuffert. Erstaunlich, wie gut sich diese Flasche gehalten hatte. Passte perfekt zum Spargel und Schnitzel!

VG, Nora

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Di 26. Apr 2022, 21:49
von EThC
Nora hat geschrieben:Zu meiner großen Überraschung bekam ich ca. 1 Woche später ein Paket mit 6 hochwertigen Flaschen Wein der Familie Bründlmayer und einem persönlichen Anschreiben, in dem sich die Familie für die Fehlerhaftigkeit der Weine entschuldigte und mir viel Genuss mit den neuen Weinen wünschte. Ich finde das sehr bemerkenswert und überaus freundlich, zumal mein Schreiben gar nicht auf einen Ersatz angelegt war.
...tatsächlich reagieren gemäß meiner Erfahrung die meisten Güter so positiv in solchen (bei mir zum Glück eher seltenen) Fällen. Einige wenige haben in der Vergangenheit schlicht gar nicht reagiert, die sind dann auf meine schwarze Liste gewandert... :cry:

Re: Kamptal

BeitragVerfasst: Do 28. Apr 2022, 22:07
von amateur des vins
Nora hat geschrieben:Am Wochenende zum ersten Spargel mit Wiener Schnitzel öffnete ich den

Grünen Veltliner Alte Reben 2006 vom Weingut Willi Bründlmayer.
Ach! Das ist ja witzig...
Gerade heute kam die Kiste aus Österreich mit Bründlmayer-Beifang. Und wir hatten heute auch den allerersten Spargel der Saison, wenn auch in etwas anderer Darreichung. Ich habe fast keine Silvaner im Haus, und überlegte, was dazu wohl gehen könnte. Mit der Erinnerung an den spannungsarmen Riesling Heiligenstein, aber ohne Deinen Beitrag gelesen zu haben, dachte ich, probier' doch mal den

Bründlmayer, Loiser Berg 1ÖTW 2011
         Grüner Veltliner


Zunächst begrüßte mich der berndschulzeskeste elende Bröselkorken meiner bisherigen Weinkarriere: inoperabel atomisiert. Wie gut, wenn man Teefilter im Haus hat... 8-)

Die Robe ist von einem satten Stroh- bis maßvollen Goldgelb.
In der Nase habe ich gelbe Steinfrucht, dann leichte Vanille, anscheinend von exzellent integriertem Holz. Floral; ein Hauch Honig. Opulent, aber nicht breit, und auch nicht unangenehm gealtert.
Auch am Gaumen reif, aber nicht alt: cremig und voll, mit ausreichender milder Säure und etwas feinem Grip. Die leiseste Andeutung grüner Aromatik bekomme ich nicht ganz zugeordnet - vielleicht Tee (aber kein Sencha)? Ganz am Ende kommt ein leichtes Pfefferl, und nach etwa einer Stunde sogar eine Spur Chili, während er zuvor auch als Silvaner oder Chardonnay durchgegangen wäre.

Recht kompakt, nicht übermäßig komplex, aber auch mitnichten ein Simpel. Gefällt mir ziemlich gut! ...und für 20 Ocken geradezu ein Schnäppchen.