Aktuelle Zeit: Sa 27. Apr 2024, 08:17


Kamptal

Kamptal, Kremstal, Traisental, Weinviertel, Wagram, Thermenregion, Carnuntum
  • Autor
  • Nachricht
Offline

amateur des vins

  • Beiträge: 4309
  • Bilder: 10
  • Registriert: Sa 10. Mär 2012, 22:47
  • Wohnort: Berlin

Re: Kamptal

BeitragFr 24. Feb 2023, 13:04

UlliB hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben: Die Rebsorte [Grüner Veltliner] tendiert eben zur Üppigkeit und hat i.d.R. sehr viel mildere Säure als jener.
Den Eindruck kann man bekommen, wenn man vorwiegend oder ausschließlich im gehobenen oder Top-Segment unterwegs ist.
Confirmation Bias, IIICH?! :shock: :lol:

Danke einmal mehr für die Einordnung bzw. Präzisierung, Ulli! Tatsächlich waren meine ersten Gehversuche mit GV aus einer anderen Liga, aber vorwiegend Federspiele von renommierteren Winzern dürften das auch überwiegend gewesen sein, was dann immernoch nicht den von Dir angesprochenen entspricht. Ich werde aber bei Gelegenheit schauen, ob mir solche über den Weg laufen.

Ich denke aber doch, daß es gerechtfertigt ist zu sagen, daß diese Tendenz zum Barocken beim Grünen Veltliner besteht. Auch andere Rebsorten "genießen" eine entsprechende Behandlung und zeigen doch regelmäßig auch "in der Endstufe" weniger breite Ergebnisse.

Könnte es wohl sein, daß beim GV Zuckersynthese und/oder Säureabbau im Vergleich besonders schnell oder effektiv ausfallen, so daß sich diese Schere erst zum Ende der Reife überproportional öffnet?
Besten Gruß, Karsten
Offline
Benutzeravatar

UlliB

  • Beiträge: 4538
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:27

Re: Kamptal

BeitragFr 24. Feb 2023, 15:27

amateur des vins hat geschrieben:Ich denke aber doch, daß es gerechtfertigt ist zu sagen, daß diese Tendenz zum Barocken beim Grünen Veltliner besteht.

Ja. Aber das ist bei Grauburgunder auch nicht anders, wenn man den sehr reif werden lässt. Oder, um in Österreich zu bleiben, beim Neuburger... ein isoliertes Phänomen, welches nur den Veltliner betrifft, ist das nicht.

Könnte es wohl sein, daß beim GV Zuckersynthese und/oder Säureabbau im Vergleich besonders schnell oder effektiv ausfallen, so daß sich diese Schere erst zum Ende der Reife überproportional öffnet?

Ich würde das nicht nur am Zuckergehalt (bzw. dem daraus resultierenden Alkohol) und der Abnahme des Säuregehaltes festmachen wollen, sondern auch an einer deutlichen Verschiebungs des Aromenprofils, die den Eindruck von Breite (oder, wie du es nennst, das "Barocke") fördert.

Was Geralds Hinweis auf die Federspiele und deinen Kommentar dazu betrifft: gerade bei den renommierten Winzern sind das heute auch schon häufig ziemlich dicke Geschosse, die die maximal erlaubten 12,5%Vol. nur noch unter Ausnutzung der Deklarationstoleranzen einhalten. Die sind nicht das, was ich meine (wobei man mit Glück auch mal etwas leichtere Exemplare finden kann; 2021 könnte dafür ein gutes Jahr sein).

Wenn ich im Handel suchen würde, würde ich mich da doch eher an analytischen Parametern orientieren: deklarierter Alkohol 12,0% oder besser 11,5%, Restzucker <2 Gramm, Säure 6,5 oder höher. Dann könnte es passen.

@Gerald: es gibt schon noch Steinfedern, auch wenn man danach suchen muss. Hirtzberger hat z.B. regelmäßig eine GV-Steinfeder im Sortiment, früher "Donaugarten", heute ohne Lagenangabe. Die ist meistens wirklich gut, allerdings preislich sehr weit weg von der "fünf-bis sechs-Euro-Klasse" und damit zu teuer. Ich würde mich nach dem, was ich meine, nicht in der Wachau umsehen. Östlich davon wird's günstiger ;)

Gruß
Ulli
Offline

Alba

  • Beiträge: 131
  • Registriert: Sa 25. Mär 2017, 10:52
  • Wohnort: Raum Linz - UU

Re: Kamptal

BeitragFr 24. Feb 2023, 22:11

Interessante Diskussion zum GV, nur ein paar Anmerkungen eines bekennenden GV Liebhabers, ja sogar auch die barocken Schwergewichte (dafür kann ich mit schlanken Säuredingern halt nix anfangen).
— Ich glaube dass der hier mal auch genannte Säureabbau äußerst selten (bewusst) durchgeführt wird, Ausnahmen gibt es sicher, so wie manche wenige Winzer den GV auch mit reichlich Neuholz „veredeln“ wollen, kann man – muss man aber nicht wirklich …
— Die heißeren Jahre sind und werden für GV schon zum Problem, W. Bründlmayer hat sich schon vor (geschätzt) 20 Jahren Gedanken gemacht welche Alternativen Sinn machen wenn es am berühmten Heiligenstein ( wir sind ja im Kamptal Faden) für Weißwein (dort zumindest im oberen Bereich klassisch vor allem Riesling) zu heiß wird. Und der GV ist halt mit der geringeren Säure (im Vergleich zu Riesling) und seiner Eigenschaft, in heißen Jahren Gerbstoff einzulagern, (auch hier – manche mögen auch das, Bittertöne) ein wahrscheinlich noch früheres Klimawandelopfer :evil:
— wie genannt, das spannende beim GV ist, dass er von Leichtgewicht bis zu hohen Prädikaten alles kann, ich finde halt die trockene Mittelklasse/ Federspielkategorie und noch mehr die trockene Topklasse / eben Alkohol und Extrakt nochmal höher, als am interessantesten (zuletzt ein FXP 19 Steinertal, Sorry ja ist Wachau, zum Niederknien – Trinkfluss – Mineralik, einfach groß).
Ein paar Gramm Restzucker mehr oder weniger spielen mir, wenn das Ganze harmonisch runtergeht, genau Null Rolle. Ich bin auch nicht sicher ob hier am Gaumen immer zwischen angeblicher Restsüße und hohem Extrakt (Extraktsüße) differenziert werden kann, ich jedenfalls nicht – schaue aber auch selten auf Analysedaten weil ich da einfach zu wenig wissenschaftlichen Zugang habe.
Gruß
Manfred
Offline

amateur des vins

  • Beiträge: 4309
  • Bilder: 10
  • Registriert: Sa 10. Mär 2012, 22:47
  • Wohnort: Berlin

Re: Kamptal

BeitragFr 24. Feb 2023, 22:45

Alba hat geschrieben:Ich bin auch nicht sicher ob hier am Gaumen immer zwischen angeblicher Restsüße und hohem Extrakt (Extraktsüße) differenziert werden kann, ich jedenfalls nicht
Ja, in die Falle bin auch schon hin und wieder getappt. Eigentlich sind mir die reinen Daten auch egal. Aber vorschmeckender Süßeeindruck - ob vom Zucker oder Extrakt - bei niedriger Säure macht das ganze bisweilen etwas träge und unattraktiv für mich.
Besten Gruß, Karsten
Offline

amateur des vins

  • Beiträge: 4309
  • Bilder: 10
  • Registriert: Sa 10. Mär 2012, 22:47
  • Wohnort: Berlin

Re: Kamptal

BeitragMo 13. Mär 2023, 19:46

Das Etikett hätte mich fast vom Kauf abgehalten, aber ich konnte gerade noch davon abstrahieren, und die Neugier obsiegte! :lol:

Schloss Gobelsburg, Ried Heiligenstein 1ÖTW 2020 (13 %)
                Riesling


Strohgelbe Robe.
Die Nase elegant, leicht mineralisch und keine Süße annoncierend...(!). Ananas und ein Hauch Kamille sowie etwas Limette.
Am Gaumen seidige Textur, aber pikante Säure; deutlich Grip. Leichte Reduktion und ziemlich trocken wirkend (Daten sind im Netz keine zu finden). Hier eher milde Zitrone und etwas Mandarine sowie Zitronenmelisse.
Im Abgang ganz leicht herb wie von Grapefruit-Mesokarp, dazu dezente dunkle Kräuter und eine Andeutung von Earl Grey, dabei ziemlich lang.

Auch wenn ich deswegen schon aufgezogen wurde (Insider! :mrgreen:): Auch das ist wieder ziemlich schön! Hinzukommt noch, daß jegliche Süße - sofern vorhanden - nicht aufträgt. Stilistisch bewegen wir uns, wenn wir diese Quervergleiche denn anstellen wollen, irgendwo zwischen Dönnhoff und E-S.
Besten Gruß, Karsten
Offline

Moselaner

  • Beiträge: 345
  • Registriert: Di 26. Jul 2016, 16:53

Re: Kamptal

BeitragDo 13. Apr 2023, 22:08

Hallo,
zuletzt im Glas:
Weingut Fred Loimer: Grüner Veltliner Ried Käferberg 2020:
Ganztraubenpressung und 24 Stunden Maischestandzeit, Spotangärung, anschließend elf Monate auf der Vollhefe ohne Schwefel in Eichenfässern und anschließend weitere neun Monate auf der Feinhefe im Stahltank.
Feine Frucht von Birne und Apfel, auch Anklänge von Orangen, reife, feine Säure und strukturierende
Gerbstoffe.
Feuerstein und Nüsse, sowie helle mineralische Noten.
Endet intensiv salzig und mit Aromen von getrockneten Kräutern.
Verbindet Tiefe und Komplexität mit Feinheit und Eleganz, wird sicherlich von Reife profitieren und ist der beste Grüne Veltliner den ich je trank, bei zugegeben sehr kleiner Stückzahl und damit Erfahrung und Vergleichbarkeit.

Viele Grüße
Patrick
Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens.
Euripides
Offline

Ollie

  • Beiträge: 1929
  • Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Kamptal

BeitragDo 13. Apr 2023, 23:57

Moselaner hat geschrieben:Ganztraubenpressung und Maischestandzeit


Diese begriffliche Verwirrung scheint nun auch Österreich erfasst zu haben. :roll: :lol:

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
Offline

Moselaner

  • Beiträge: 345
  • Registriert: Di 26. Jul 2016, 16:53

Re: Kamptal

BeitragFr 14. Apr 2023, 00:40

Hallo Olli,
so steht beim Herrn Loimer geschrieben, ob und wie das dann in der Praxis von statten geht kann ich leider nicht beurteilen.
Ich erinnere mich aber nach deinem Beitrag an die entsprechende Diskussion.


Viele Grüße
Patrick
Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens.
Euripides
Offline

Ollie

  • Beiträge: 1929
  • Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Kamptal

BeitragFr 14. Apr 2023, 00:58

Hallo Patrick,

kein Problem, ich dachte mir, daß Formulierung vom Winzer kommt, wie damals schon von Tenstedt.

Mittlerweile glaube ich ja, daß bei "Ganztraubenpressung" die Betonung auf "Ganztrauben" sein soll, also die unabgebeerte Rispe. Mit "Pressung" meinte Tenstedt damals ja das leichte Anquetschen der Beeren, und Loimer meint das bestimmt auch so.

Wobei ich seit über 20 Jahren keinen Winzer mehr kenne, der bei der Weißweinerzeugung die Beeren wirklich einmaischt, schon in den 90ern wurden die Beeren nur noch sanft angequetscht. Es also besonders hervorzuheben, erscheint etwas... storytreibend. Umso nerviger ist es, wenn bis zur Fehlerhaftigkeit (absichtlich?) unsauber formuliert wird.

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
Offline

Ollie

  • Beiträge: 1929
  • Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: Kamptal

BeitragDo 15. Jun 2023, 16:22

amateur des vins hat geschrieben:
Bründlmayer, Brut Nature 2017
          BdB


Diese "Große Reserve" (dég. 03/11/2021) zeigt eine goldgelbe Robe.
Ziemlich viel Perlage, recht fein. Kraftvolle, weinige Nase. Feine, nicht überwältigende Hefenoten (Brioche). Getrocknete Aprikose, reife Ananas und allerlei Gelbaromatisches.
Am Gaumen immernoch viel Perlage, aber fein und nicht beißend. Wieder weinig, gelbfruchtig, dicht. Eher weiche Textur, aber doch etwas Mineralik.
Im Abgang ganz feine Kräuterherbe und kaum angeröstete Haselnuß. Ganz zuletzt feine Limettensäure.

Wer einen weingen, kräftigen, nichtintellektuellen und doch nichtbanalen Schäumer sucht, wird hier fündig. Ist allerdings schon recht ambitioniert bepreist, in der Relation aber nicht neben der Spur.


Den hatte ich jetzt anlässlich der vollendeten BDX-2022-Subskription ("... in defeat, I need it.") auch (selbes Dégorgement vom 3.11.21). Grosso modo kann ich all das unterschreiben, was amateur im August 2022 geschrieben hatte.

Die gelbliche Frucht ist nicht super komplex und bleibt etwas unscharf; getrocknete Aprikosen sind tatsächlich die treffendste Beschreibung. Die Brioche ist etwas stark getoastet und hat schon schwarze, leicht verbrannte Ränder, was eine kaffeeröstige (und im Abgang leicht bittere) Note mit sich bringt. Kräftige Säure, zwar reif, aber uneingebunden: Am Gaumen vorne rundfruchtig, dann kommt der Säurehammer, um dann wieder weich und rund auszulaufen. Perlage ist gerade noch fein. Zusammen mit dem recht kräftigen Körper wirkt der Wein insgesamt eher klotzig als feingearbeitet; das Weingut selbst schreibt "dicht und kompakt". "Blanc auffem Bau" sozusagen. Könnte auch ein Franciacorta der Ehrgeizklasse sein, aber als Champagner würde er eher nicht durchehen.

Nicht mein bevorzugter Stil, aber geht: 89-91. Hauptsache, die Dosapo hat nichts gegen einen in der Hand ("drah di net um").

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
VorherigeNächste

Zurück zu Niederösterreich (ohne Wachau)

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen