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Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Neusiedlersee-Hügelland, Neusiedlersee, Mittelburgenland, Südburgenland
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Climins

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragDi 6. Dez 2022, 16:24

Ich hatte die letzten Tage einen interessanten Wein aus dem Burgenland im Glas, den ich fordernd fand. Ich hoffe hier ist der richtige Ort ihn vorzustellen:

Rosi Schuster - Aus den Dörfern (weiß) - 2019
(verkostet über 4 Tage)
Ein "Gemischter Satz", der zu 60% aus Grünen Veltliner besteht und zu 40% aus diversen Rebanlagen. Ich meine beim Kauf gelesen zu haben, dass der gemischte Satz aus einem uralten Weingarten kommt, bei dem nicht klar ist, welche Rebbestände eigentlich im Weinberg stehen. Verifizieren kann ich das leider heute nicht mehr.
Im Glas sieht der Wein eher satt und goldgelb aus. Die Nase wartet dann mit Apfelgewitter auf: Cider und Boskoop sind die ersten Assoziationen und ein bisschen erinnert das Ganze an gereifte Schaumweine. Einen etwas grünen Eindruck macht der Wein auch (wenn es schon Apfelassoziationen sein müssen - meinetwegen Granny Smith), zu guter letzt einen Hauch Chemiewerk (Nagellackentferner?). :lol:
Im Mund geht es weiter mit der "Apfelschlacht", aber auch die deutliche Säure kommt zum tragen. Hier wird es spannend und verwirrend: Der Wein hat zwar deutliche Reifenoten (Apfeltarte und im Abgang muss ich an Calvados denken) aber ist auch floral und leicht. Weiße Blüten und etwas Stachelbeere kommen dazu. Außerdem ist das Ganze wirklich von einer mächtigen Säure begleitet. Der Wein erweist sich dabei über die kommenden Tage als total stabil und als guter Speisenbegleiter (Maronensuppe dazu war genial), als Solist ist er auch interessant aber ein bisschen anstrengend.

Ich habe mich gefragt ob diese Kombination aus Reifenoten und ungestümer Jugend eigentlich typisch für (gute?) Gemischte Sätze ist? Leider habe ich da wenig Erfahrungswerte. Weiß hier jemand mehr?
Beste Grüße,
Clemens
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EThC

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragDi 6. Dez 2022, 20:52

Ralf Gundlach hat geschrieben:Bei dem Wein würde mich Erichs Meinung interessieren.
...aller Voraussicht nach werde ich nächstes Jahr mal wieder in der Ecke sein und ein, zwei, drei Weingüter besuchen wollen und Trausdorf wär nicht so weit vom Stützpunkt weg, wer weiß...
Viele Grüße
Erich

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olifant

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMi 7. Dez 2022, 10:23

Climins hat geschrieben:Ich habe mich gefragt ob diese Kombination aus Reifenoten und ungestümer Jugend eigentlich typisch für (gute?) Gemischte Sätze ist? Leider habe ich da wenig Erfahrungswerte. Weiß hier jemand mehr?


Hallo, willkommen im Forum ...

.... die von dir genannte "Apfelschlacht" ist, auch wenn ich diesen gemischten Satz nicht kenne, wohl keineswegs typisch für einen Gemischten Satz, sondern m.E. Ausdruck der Weinbereitung.

Gemischte Sätze hatte ich bisher aus anderen Regionen, wie Wien, Franken oder Südtirol. Deren Geschmack war, um einen gemeinsamen Nenner zu finden, zumeist nicht Rebsortentypisch, manchmal liessen sich einige dominate sortentypische Aromen herausfiltern, im Wesentlichen geht's es jedoch um eine gewisse Komplexität und vorallem aber Authentizität des jeweiligen Weins.

Deine Notiz erinnert mich hingegen an so manchen "Naturwein" und dergleichen. Auf der Homepage von Rosi Schuster wird zwar nicht ausdrücklich ins "Naturwein-Horn geblasen", jedoch dürfte das schon in diese Richtung gehen. Die Weinbereitung klingt eher technik-reduziert, mit Ausagen wie: „Bei mir gibt es keine Schönung, keine Filtration, keine Zusätze wie Enzyme oder Hefen, keine Auf- oder Entsäuerung oder sonstige Eingriffe, die allesamt laut österreichischem Weingesetz möglich wären.“, auch deutlich zur Kenntnis gebracht.

Alles in Allem klingt das Weingut und deren Weine nicht uninteressant.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Gerald

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMi 7. Dez 2022, 12:55

Hallo,

die Beschreibung erinnert mich auch ein bisschen an die Weine der "hardcore" Biodynamiker z.B. aus der Steiermark. Mit minimalem Sulfitzusatz (evtl. noch gar nicht in der Maische, erst später im Keller?) und eher oxidativem Ausbau könnte das Resultat schon so werden. Wenn man den Stil mag, klingt das jedenfalls gar nicht schlecht.

Grüße
Gerald
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Climins

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMi 7. Dez 2022, 17:29

Vielen Dank Ralf und Gerald für eure Antworten! An die Richtung "Naturwein" hatte ich bei Rosi Schuster gar nicht so gedacht, aber so wie ihr es beschreibt, erschließt es sich mir tatsächlich mehr.
Noch zwei Nachträge sind mir eingefallen - Hannes Schuster (der Winzer) empfielt den Wein bei 12-15 Grad zu trinken. Das kann ich nur unterstützen, bei kühleren Temperaturen wirkte der Wein wesentlich weniger harmonisch und die Säure etwas spitz. Und außerdem wollte ich nochmal betonen, wie stabil der Wein über mehrere Tage war. Luftzufuhr verträgt er ganz hervorragend.
Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt auf den Lagenblaufränkisch "St. Margarethen" 2013, den ich auch noch im Keller habe und werde berichten.
Beste Grüße,
Clemens
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Gerald

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMi 7. Dez 2022, 20:25

Hallo,

Climins hat geschrieben:Und außerdem wollte ich nochmal betonen, wie stabil der Wein über mehrere Tage war. Luftzufuhr verträgt er ganz hervorragend.


ja, das ist mir bei Weinen der von mir genannten Machart (wenig oder gar kein Sulfit zugesetzt, eher oxidativ ausgebaut etc.) auch aufgefallen. Ich hätte mir immer gedacht, dass der Wein ohne SO2 sehr schnell altert, tatsächlich aber ist fast das Gegenteil der Fall - zuletzt ein 2008er Chardonnay vom Wg Tauss (minimaler Sulfitzusatz), der im Vorjahr praktisch wie seinerzeit (ca. 10 Jahre früher) gekauft geschmeckt hat.

Vielleicht ist das eine Art "Madeira-Effekt" (Madeira wird ja unter fast "grausamen" Bedingungen oxidativ ausgebaut und ist dann so "abgehärtet", dass man ihn monatelang angebrochen ohne nennenswerten Qualitätsverlust aufheben kann.

Grüße
Gerald
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EThC

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMi 7. Dez 2022, 20:49

Gerald hat geschrieben:ja, das ist mir bei Weinen der von mir genannten Machart (wenig oder gar kein Sulfit zugesetzt, eher oxidativ ausgebaut etc.) auch aufgefallen. Ich hätte mir immer gedacht, dass der Wein ohne SO2 sehr schnell altert, tatsächlich aber ist fast das Gegenteil der Fall - zuletzt ein 2008er Chardonnay vom Wg Tauss (minimaler Sulfitzusatz), der im Vorjahr praktisch wie seinerzeit (ca. 10 Jahre früher) gekauft geschmeckt hat.
...solche schwefelarmen bis schwefelfreien Weinen können sehr stabil sein, ein Selbstläufer ist das aber nicht, kann auch granatenmäßig in die Hose gehen. Art und Dauer des Hefelagers, der Restzuckergehalt sowie die Sauberkeit im Keller sollen dafür u.a. maßgeblich sein (lt. Dirk Würtz zu seinen Zeiten bei Ress). Genial wenn's funktioniert, aber gern auch mal ein Griff ins Klo...
Viele Grüße
Erich

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UlliB

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMo 23. Jan 2023, 09:21

Chardonnay Bergschmallister 2019 (A&H Nittnaus) 13,5%Vol. Leithaberg DAC, biodynamisch erzeugt. Blasses Gelb. Die Frucht zurückhaltend, Zitrus, kühl, rauchig-kalkige Mineralik. Holz ist spürbar, aber nicht dominant. Im Gaumen mit mittlerer Dichte, völlig trocken, auch hier kühler Eindruck, sauberer, langer Abgang.

Das ist ganz klar von einem Könner gemacht und sehr gut, holt mich aber nicht wirklich ab - das ist halt ein Oberklasse-Chardonnay, der auch von sonstwo kommen könnte: Burgund, Oregon, Südafrika, sogar Deutschland (ich hatte kürzlich einen von Friedrich Becker im Glas, der exakt ins gleiche Schema passte). Kann man problemlos trinken, muss ich aber nicht im Keller haben.

Gruß
Ulli
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amateur des vins

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMo 23. Jan 2023, 11:00

UlliB hat geschrieben:Das ist ganz klar von einem Könner gemacht und sehr gut, holt mich aber nicht wirklich ab - das ist halt ein Oberklasse-Chardonnay, der auch von sonstwo kommen könnte: Burgund, Oregon, Südafrika, sogar Deutschland
Aber ist das nicht i'wie im Wesen der Rebsorte begründet? :twisted:
Oder anders gefragt: Wenn die Rebsorte - wie ich behaupte - ziemlich neutral und daher ganz überwiegend ausbaugeprägt ist: Was wären dann Beispiele für Chardonnays, die nicht von sonstwo kommen könnten? /slightlyofftopic
Besten Gruß, Karsten
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Ollie

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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

BeitragMo 23. Jan 2023, 11:13

amateur des vins hat geschrieben:Wenn die Rebsorte - wie ich behaupte - ziemlich neutral und daher ganz überwiegend ausbaugeprägt ist: Was wären dann Beispiele für Chardonnays, die nicht von sonstwo kommen könnten? /slightlyofftopic


Drehen wir das Argument um und suchen nach der Restmenge: Für welche Rebsorte, die für zumindest "anekdotische Statistik" hinreichend weitverbreitet ist, gilt das nicht?

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
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